(19)
(11) EP 3 653 755 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
20.05.2020  Patentblatt  2020/21

(21) Anmeldenummer: 18206021.0

(22) Anmeldetag:  13.11.2018
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
C23C 24/04(2006.01)
C23C 28/04(2006.01)
C23C 28/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: Siemens Aktiengesellschaft
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Schuh, Carsten
    85598 Baldham (DE)

   


(54) HERSTELLUNG EINES FORMKÖRPERS MITTELS AEROSOLABSCHEIDUNG


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Formkörpers (1), bei dem mehrere übereinanderliegende Materialschichten (A1, A2, ..., An) mittels eines Aerosolabscheideverfahrens in einer Mehrzahl aufeinanderfolgender Teilschritte aufgebaut werden. Bei jedem Teilschritt werden dabei Aerosolpartikel zu einer festen Schicht verfestigt. Jeweils zwischen der Abscheidung zweier benachbarter Materialschichten (Ai, Ai+1) wird eine Zwischenschicht (Bi) zum Abbau mechanischer Spannungen im Formkörper (1) aufgebracht. Die Zwischenschichten (B1, B2, ..., Bn-1) bestehen aus einem anderen Material als die abgeschiedenen Materialschichten (A1, A2, ..., An). Die Erfindung betrifft ferner einen solchen Formkörper (1) .




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Formkörpers, bei dem mehrere übereinanderliegende Materialschichten mittels eines Aerosolabscheideverfahrens in einer Mehrzahl aufeinanderfolgender Teilschritte aufgebaut werden, wobei jeweils zwischen der Abscheidung zweier benachbarter Materialschichten eine Zwischenschicht zum Abbau mechanischer Spannungen im Formkörper aufgebracht wird. Die Erfindung betrifft ferner einen nach diesem Verfahren hergestellten Formkörper.

[0002] Das Aerosolabscheideverfahren (englisch: Aerosol Deposition Method, ADM) ist ein neuartiges Verfahren zur Erzeugung dichter anorganischer Schichten, z.B. metallischer oder keramischer Schichten. Beim Aerosolabscheideverfahren wird zunächst ein geeignetes Pulver in ein Aerosol überführt. Anschließend werden durch ein in der Beschichtungskammer erzeugtes Grobvakuum (in der Regel zwischen 1 mbar und 50 mbar) und dem daraus resultierenden Druckunterschied die Aerosolpartikel in einer Düse auf mehrere 100 m/s beschleunigt und auf ein Substrat abgeschieden. Dabei erfolgt neben einer plastischen Verformung des Substrats auch ein Aufbrechen der Aerosolpartikel in Bruchstücke im Sub-Mikrometer-Bereich, welche sich zu einer dichten und gut haftenden Schicht anordnen. Ein sich daran anschließendes Sintern der Schicht bei hohen Temperaturen ist nicht notwendig, was ein wichtiger Vorteil des Aerosolabscheideverfahrens gegenüber alternativen Herstellungsverfahren ist. Das Aerosolabscheideverfahren kann in der Regel vollständig bei Raumtemperatur durchgeführt werden.

[0003] Durch den im Aerosolabscheideverfahren genutzten Wirkungsmechanismus des mechanischen Impulses hochbeschleunigter Aerosolpartikel auf ein Substrat mit nachfolgender Verdichtung zu einem hochdichten, meist nanokristallinem Gefüge (in-situ-Sintern) kommt es regelmäßig zur Ausbildung hoher mechanischer Spannungen sowohl im Substrat als auch in der generierten Schicht. Dies hat in der Regel zum einen die Ausbildung von Deformationen im Schichtverbund und zum anderen zumindest partielle Schichtablösungen zur Folge.

[0004] Als Konsequenz davon erscheint die Aerosolabscheidung ungeeignet, größere Schichtdicken, d.h. Schichtdicken größer als beispielsweise 100 µm, erzeugen zu können. Es hängt dabei vom Material der abgeschiedenen Schicht ab, bei welchen Schichtdicken es typischerweise zu einer Ablösung der Schicht kommt. Aluminiumoxid (Al2O3) ist beispielsweise allgemein schlecht in der Lage, die auftretenden mechanischen Spannungen auszugleichen bzw. abzubauen, so dass hier derzeit nur eine maximale Schichtdicke von ca. 50 µm möglich ist. Bei Zirconiumoxid hingegen, welches etwas besser die induzierten mechanischen Spannungen ausgleichen bzw. abbauen kann, sind Schichtdicken bis zu ca. 150 µm möglich. Generell erscheint das Aerosolabscheideverfahren jedoch ungeeignet, als generatives Fertigungsverfahren (englisch: Additive Manufacturing) zu dienen.

[0005] Daraus ergibt sich die Aufgabe, ein Konzept zu entwickeln, um doch mittels Aerosolabscheidung stressarme und damit mechanisch langzeitstabile makroskopische Formkörper bauen zu können.

[0006] Die Erfindung ergibt sich aus den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche. Vorteilhafte Weiterbildungen und Ausgestaltungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche. Weitere Merkmale, Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung und der Abbildung.

[0007] In dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Herstellung eines Formkörpers werden mehrere übereinanderliegende Materialschichten mittels eines Aerosolabscheideverfahrens in einer Mehrzahl aufeinanderfolgender Teilschritte aufgebaut. Bei jedem Teilschritt werden dabei Aerosolpartikel zu einer festen Schicht verfestigt. Zwischen der Abscheidung zweier benachbarter Materialschichten wird dabei jeweils eine Zwischenschicht zum Abbau mechanischer Spannungen im Formkörper aufgebracht. Die Zwischenschichten bestehen aus einem anderen Material als die abgeschiedenen Materialschichten.

[0008] Die Aerosolpartikel, die typischerweise eine Geschwindigkeit von über 100 m/s beim Auftreffen auf das Substrat, auf das sie abgeschieden werden, aufweisen, bewirken lokal eine plastische Verformung des Substrats. Dies führt in der Regel zu mechanischen Spannungen im Substrat sowie oftmals auch in der abgeschiedenen Schicht. Als Folge kommt es herkömmlicherweise zu Deformationen im Schichtverbund und in manchen Fällen auch zu einem Abplatzen der Schicht.

[0009] Hier setzt die vorliegende Erfindung an. Kernpunkt der Erfindung ist der Aufbau des herzustellenden Formkörpers in mehreren übereinanderliegenden Materialschichten und das Vorsehen von jeweils einer Zwischenschicht zwischen zwei benachbarten Materialschichten. Die Materialschichten bilden das eigentliche konstruktive Baumaterial des späteren dreidimensionalen Körpers und werden deswegen im Rahmen dieser Patentanmeldung auch als "konstruktive Materialschichten" bezeichnet. Sie tragen zu einer vorbestimmten gewünschten Funktion dieses Körpers im überwiegenden Maße bei. Beispiele für eine solche Funktion sind die mechanische Festigkeit, elektrische Isolation, piezoelektrische Aktivität oder das Agieren als Diffusionssperre. Die Materialschichten weisen vorzugweise eine mittlere Dichte zwischen 1 µm und 20 µm auf.

[0010] Die Zwischenschichten haben die Funktion, intrinsisch mechanische Spannungen im Formkörper abzubauen. Dies wird durch eine oder mehrere der folgenden Eigenschaften erreicht, die die Zwischenschichten vorteilhafterweise aufweisen:
Erstens ist hier eine hohe elastische Nachgiebigkeit der Zwischenschichten zu nennen, wie sie beispielsweise Polymere oder poröse anorganische Materialien in der Regel aufweisen.

[0011] Zweitens weisen die Zwischenschichten vorteilhafterweise eine hohe irreversible plastische Deformierbarkeit auf. Eine solche Eigenschaft weisen typischerweise Metalle, insbesondere Edelmetalle, und Legierungen auf.

[0012] Drittens kann die Eigenschaft, auftretende mechanische Spannungen im Formkörper abzubauen, durch eine Änderung des Dipolmoments und, damit verbunden, der Geometrie der Kristallstrukturen erreicht werden. Hierfür sind piezoelektrische Stoffe als Material für die Zwischenschichten geeignet.

[0013] Viertens erscheint eine irreversible Veränderung der Domänenstrukturen, wie sie beispielsweise von Ferroelektrika erreicht werden, ein geeignetes Mittel zum Abbau der inneren mechanischen Spannungen.

[0014] Fünftes kann die Zwischenschicht auch so an die angrenzenden Materialschicht angepasst bzw. darauf abgestimmt werden, dass sich daraus ein fest-fest Phasenübergang unter Änderung der Kristallstruktur ergibt. Vorteilhafterweise erfolgt dabei auch eine Änderung des Volumens der Elementarzelle. Beispiele für solch eine Änderung der Elementarzelle in der (konstruktiven) Materialschicht ist der Wechsel von Hochquarz zu Tiefquarz, von γ-Al2O3 zu α-Al2O3 oder von unstabilisiertem zu teilstabilisiertem ZrO2.

[0015] Die Zwischenschichten weisen vorzugweise eine mittlere Dicke zwischen 0,5 µm und 5 µm auf.

[0016] Die Zwischenschichten können, wie die konstruktiven Materialschichten, mittels des Aerosolabscheideverfahrens abgeschieden werden. Dies hat den Vorteil, dass dieselbe Anlage, die für die Abscheidung der Materialschichten verwendet wird, auch für die Herstellung der Zwischenschichten verwendet werden kann. Insbesondere muss der im Aufbau befindliche Formkörper zwischen den einzelnen Teilschritten nicht aus der Abscheidekammer hinausbewegt werden, da die Zwischenschichten prinzipiell in derselben Abscheidekammer abgeschieden werden können.

[0017] Alternativ können die Zwischenschichten auch mittels eines Sprühverfahrens, beispielsweise eines suspensions- oder lösungsbasierten Sprühverfahrens, auf die konstruktiven Materialschichten aufgetragen werden. Ein Sprühverfahren ist beispielsweise dann sinnvoll, wenn das aufzubringende Material der Zwischenschicht gar nicht oder nur mit großem Aufwand als Pulver, wie für das Aerosolabscheideverfahren erforderlich, erhältlich ist.

[0018] Falls die Zwischenschichten mittels des Aerosolabscheideverfahrens auf das Substrat bzw. die konstruktiven Materialschichten abgeschieden werden, kann ein Tempern der Zwischenschichten einen vorteilhaften Effekt haben.

[0019] Der Begriff Tempern beschreibt allgemein das Erhitzen eines Materials über einen längeren Zeitraum. Mit einem solchen Verfahren ist es beispielsweise möglich, die Verteilung mechanischer Spannungen in einem Bauteil zu kontrollieren bzw. zu optimieren. Typischerweise liegt die Temperatur, bei der ein Material getempert wird, im Bereich zwischen 50% und 70% seiner Schmelztemperatur.

[0020] Auch ein Tempern der Materialschichten hat im Allgemeinen einen vorteilhaften Effekt, indem durch das Tempern die aufgrund der Aerosolabscheidung induzierten mechanischen Spannungen im Formkörper reduziert werden.

[0021] Angenommen, ein Formkörper bestehe aus der folgenden Schichtfolge: Substrat - erste Zwischenschicht - erste Materialschicht - zweite Zwischenschicht - zweite Materialschicht - dritte Zwischenschicht - dritte Materialschicht usw. Für den Fall, dass die mechanischen Spannungen in den abgeschiedenen Schichten relativ gering sind und beispielsweise keinerlei sichtbare Deformationen und Schichtablösungen vorliegen, kann es ausreichend sein, alle Teilschritte des Herstellungsverfahrens nacheinander auszuführen und anschließend in einem finalen Verfahrensschritt die abgeschiedenen Material- und Zwischenschichten zu tempern. Werden aufgrund des Aerosolabscheideverfahren dagegen relativ hohe mechanische Spannungen in den abgeschiedenen Schichten oder dem Substrat erzeugt, kann es dagegen vorteilhaft oder sogar erforderlich sein, mehrere Temperschritte durchzuführen. Ein erster Temperschritt kann beispielsweise nach dem Abscheiden der ersten Zwischenschicht und der ersten Materialschicht erfolgen, ein zweiter Temperschritt nach dem Abscheiden der zweiten Zwischenschicht und der zweiten Materialschicht, ein dritter Temperschritt nach dem Abscheiden der dritten Zwischenschicht und der dritten Materialschicht, usw. Allgemein erscheint es jedoch in jedem Fall vorteilhaft, wenn während des Temperschritts eine konstruktive Materialschicht "oben" aufliegt, das heißt, wenn sich die zu tempernde(n) Zwischenschicht(en) zwischen konstruktiven Materialschichten befindet/befinden.

[0022] Optional kann zwischen der Abscheidung der Materialschichten und dem Aufbringen der Zwischenschichten jeweils eine Verbindungsschicht zum weiteren Abbau mechanischer Spannungen und/oder zur Verbesserung des Stoffschlusses zwischen einer Materialschicht und einer Zwischenschicht aufgebracht werden. Es kann dabei sowohl auf beiden Seiten der Zwischenschicht jeweils eine Verbindungssicht aufgebracht werden; es kann aber auch beispielsweise nur auf einer Seite der Zwischenschicht eine Verbindungsschicht zu der angrenzenden Materialschicht aufgebracht werden.

[0023] Die Verbindungsschicht kann die Funktion haben, Dotieratome für die Zwischenschicht oder die Materialschicht bereitzustellen. In anderen Worten kann die Verbindungsschicht Dotieratome aufweisen, die ab einer gewissen Temperatur, die üblicherweise über der Raumtemperatur liegt, in signifikantem Maß in die Zwischenschicht oder die Materialschicht diffundieren. Dadurch werden potenziell mechanische Spannungen in der Zwischenschicht oder der Materialschicht weiter abgebaut beziehungsweise ausgeglichen.

[0024] Alternativ oder zusätzlich kann die Verbindungsschicht die Funktion haben, eine stoffschlüssige Verbindung der Zwischenschicht und der Verbindungsschicht mit der Materialschicht zu verbessern.

[0025] In beiden Fällen ist es vorteilhaft, dass ein Temperschritt durchgeführt wird, der die Diffusion der Dotierstoffe aus der Verbindungsschicht in die Zwischenschicht und/oder die Materialschicht bzw. die stoffschlüssige Verbindung zwischen beiden Schichten ermöglicht.

[0026] Die Verbindungsschichten weisen vorzugsweise eine mittlere Dicke zwischen 0,05 µm und 1 µm auf.

[0027] Analog zu der Herstellung der Zwischenschichten kann auch die Verbindungsschicht mittels eines Sprühverfahrens, insbesondere eines suspensions- oder lösungsbasierten Sprühverfahrens, hergestellt werden. Alternativ kann die Verbindungsschicht auch mittels eines Aerosolabscheideverfahrens auf der Materialschicht bzw. der Zwischenschicht abgeschieden werden.

[0028] Die erste Materialschicht kann auf einem Substrat abgeschieden werden, das beispielsweise aus Glas oder Metall besteht. In diesen Fällen erscheint es jedoch vorteilhaft, nicht direkt auf dem Glas- oder Metallsubstrat abzuscheiden, sondern zunächst eine Zwischenschicht vorzusehen. Hierfür eignet sich z.B. eine Polyimid-Folie, wie die unter dem Markennamen "Kapton" bekannte Folie der Firma DuPont.

[0029] Neben dem Herstellungsverfahren eines Formkörpers mittels Aerosolabscheidung betrifft die Erfindung auch einen derartigen Formkörper, der mehrere übereinanderliegende Materialschichten aufweist, die mittels eines Aerosolabscheideverfahrens aufgebaut wurden. Der Formkörper weist dabei mehrere Zwischenschichten zum Abbau mechanischer Spannungen auf, wobei sich jeweils eine Zwischenschicht zwischen zwei benachbarten Materialschichten befindet. Die Zwischenschichten bestehen aus einem anderen Material als die abgeschiedenen Materialschichten.

[0030] Eigenschaften der Material- oder Zwischenschichten, die im Zusammenhang mit dem Herstellverfahren genannt wurden, gelten auch für den Formkörper selbst. Insbesondere wird hier auf die genannten durchschnittlichen Dicken oder deren strukturelle Eigenschaften auf das genannte Herstellungsverfahren verwiesen.

[0031] Der Formkörper kann optional auch eine Verbindungsschicht zwischen einer Materialschicht und einer angrenzenden Zwischenschicht aufweisen, wobei die Verbindungsschicht die Funktion hat, mechanische Spannungen im Formkörper weiter abzubauen und/oder den Stoffschluss zwischen der Materialschicht und der Zwischenschicht zu verbessern.

[0032] Es werden im Folgenden beispielhaft Materialkombinationen für die konstruktive Materialschicht und die Zwischenschicht genannt, die vorteilhaft erscheinen.

[0033] Als erstes Beispiel kann die Materialschicht aus Aluminiumoxid (Al2O3) und, dazugehörig, die Zwischenschicht aus einem piezoelektrischen Material bestehen. Als Beispiel für ein piezoelektrisches Material ist ein sogenanntes weiches Piezokeramikmaterial, wie etwa mit Neodym dotiertes Blei-Zirkonat-Titanat, Pb1-xNdx(Zr, Ti)O3, zu nennen.

[0034] Ein zweites Bespiel für eine vorteilhafte Materialkombination ist Zirkonoxid für die Materialschicht und ein Metall, beispielsweise Stahl, für die Zwischenschicht.

[0035] Ein drittes Beispiel für eine vorteilhafte Materialkombination ist Wolfram als konstruktive Materialschicht und eine Nickelbasislegierung (z.B. von der Firma Special Metals Corp. unter der Marke "Inconel" bekannt) zu nennen.

[0036] Für die optionale Verbindungsschicht kommen beispielsweise sogenannte Lotwerkstoffe in Frage. Unter einem Lotwerkstoff wird eine Legierung verstanden, die aus einem bestimmten Mischungsverhältnis von Metallen besteht; hauptsächlich Blei, Zinn, Zink, Silber und Kupfer. Ein Lotwerkstoff dient dazu, geeignete Metalle und Legierungen, wie Kupfer, Bronze, Messing, Tombak, Neusilber, Silber, Gold, Hartblei, Zink, Aluminium aber auch Eisen zu verlöten, indem sie sich als Schmelze oberflächlich mit diesen verbinden bzw. legieren und nach Abkühlung erstarren. Die Legierbarkeit des Lotwerkstoffes mit den Material- bzw. Zwischenschichten ist die Voraussetzung für eine dauerhafte, feste und stoffschlüssige Lötverbindung. Der Schmelzpunkt des jeweiligen Lotwerkstoffes liegt generell niedriger als der der zu verbindenden Werkstoffe.

[0037] Lotwerkstoffe erscheinen geeignet, eine intermetallische Verbindung im Formkörper zu ermöglichen, wenn sie eine niedrigschmelzende Phase aufweisen.

[0038] Zusammenfassend weist die vorliegende Erfindung folgende Vorteile auf:
Es können komplexe dreidimensionale Strukturen und Körper erzeugt werden.

[0039] Diese können Gefüge-Merkmale aufweisen, die nicht über Schmelzen bzw. Sintern, wie es sonst bei additiven Fertigungsverfahren nötig ist, darstellbar sind. Als Beispiel ist dafür eine nanokristalline Mikrostruktur zu nennen.

[0040] Des Weiteren lassen sich Strukturen und Körper mit Materialien erzeugen, die sich durch Schmelzen bzw. Sintern nicht mit dichten und/oder homogenen Gefügen darstellen lassen. Hierbei sind beispielsweise inkongruent schmelzende Stoffe, Refraktärmetalle (z.B. Wolfram), Refraktärlegierungen und Hochtemperaturkeramiken wie Zirkonoxid oder Aluminiumoxid zu nennen.

[0041] Schließlich lassen sich Materialien, die sich aufgrund ihrer Empfindlichkeit bzw. chemischen Reaktivität in sauerstoffhaltigen bzw. feuchten Atmosphären nicht in kostengünstiger Weise über alternative Prozesstechniken verarbeiten lassen, mittels der Aerosolabscheidetechnik verarbeiten. Auch lassen sich dadurch Komposite aus mehreren Materialien, die physikochemisch insbesondere bei hohen Schmelz- bzw. Sintertemperaturen oder einem großen Anwendungstemperaturbereich nicht miteinander kompatibel sind, herstellen. Hier sind beispielsweise chemische reaktive Materialien, wie Oxide mit Carbiden oder Oxide mit Nitriden oder Materialien mit großen Unterschieden im thermischen Ausdehnungskoeffizienten zu nennen.

[0042] Die vorgenannten Formkörper können zum Beispiel zum Schutz von Szintillationsmaterial (z.B. Caesiumiodid) gegenüber Feuchtigkeit verwendet werden, da hier hermetisch dichte Schichten, d.h. Schichten, die undurchlässig für Feuchtigkeit sind, benötigt werden.

[0043] Die vorgenannten Formkörper können auch als Verschleißschutz verwendet werden. Hierfür werden beispielsweise Komponenten eines Kugellagers mit einer 500 µm dicken mehrschichtigen Schutzschicht beaufschlagt, die aus einem dichten, erfindungsgemäß hergestellten Formkörper besteht.

[0044] Auch als Korrosionsschutz sind die vorgenannten Formkörper einsetzbar.

[0045] Die vorgenannten Formkörper können auch als Mikrosystem verwendet werden. Unter einem Mikrosystem (englisch: Microelectromechanical Systems, MEMS) werden dabei ein miniaturisiertes Gerät, eine Baugruppe oder ein Bauteil, dessen Komponenten kleinste Abmessungen im Bereich von 1 Mikrometer haben und als System zusammenwirken, verstanden. Üblicherweise besteht ein Mikrosystem aus einem oder mehreren Sensoren, Aktoren und einer Steuerungselektronik auf einem Substrat bzw. Chip. Dabei bewegt sich die Größe der einzelnen Komponenten im Bereich von wenigen Mikrometern.

[0046] Sehr feine, d.h. sehr dichte Metallkeramikkomposite, sind ohne Sintern ebenfalls anderweitig kaum möglich.

[0047] Nachfolgend wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels unter Bezugnahme auf die angehängte Zeichnung beschrieben, in der
Fig. 1
einen mehrschichtigen Formkörper mit Verbindungsschichten und Zwischenschichten darstellt.


[0048] Die Fig. 1 zeigt einen Formkörper 1, der drei konstruktive Materialschichten A1 - A3, zwei Zwischenschichten B1, B2 und vier Verbindungsschichten C1 - C4 zeigt. Die erste Materialschicht A1 wurde auf einem Substrat mittels eines Aerosolabscheideverfahrens abgeschieden (das Substrat ist in Fig. 1 nicht gezeigt). In einem anschließenden Schritt wurde eine erste Verbindungsschicht C1, ebenfalls mittels eines Aerosolabscheideverfahrens, auf die erste Materialschicht A1 aufgebracht. Daran anschließend wurde eine erste Zwischenschicht B1 und wiederum eine Verbindungsschicht, nämlich eine zweite Verbindungsschicht C2, abgeschieden. In dem beispielhaften Ausführungsbeispiel wird auch die erste Zwischenschicht B1 mittels eines Aerosolabscheideverfahrens abgeschieden. Es folgt die Abscheidung einer zweiten konstruktiven Materialschicht A2. Da die mechanischen Spannungen in den Materialschichten und der Zwischenschicht relativ groß sind, wurde im nächsten Schritt der bereits abgeschiedene Stapel an Schichten getempert. Dies kann in der Regel in der Abscheidekammer stattfinden. Nach dem Tempern wurde eine dritte Verbindungsschicht C3, eine zweite Zwischenschicht B2, eine vierte Verbindungsschicht C4 und eine dritte Materialschicht A3 abgeschieden. Daran schließt sich wiederum ein Temperschritt an, um mechanische Spannungen im Formkörper 1 abzubauen.


Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung eines Formkörpers (1), bei dem

- mehrere übereinanderliegende Materialschichten (A1, A2, ..., An) mittels eines Aerosolabscheideverfahrens in einer Mehrzahl aufeinanderfolgender Teilschritte aufgebaut werden,

- wobei bei jedem Teilschritt Aerosolpartikel zu einer festen Schicht verfestigt werden,

- wobei jeweils zwischen der Abscheidung zweier benachbarter Materialschichten (Ai, Ai+1) eine Zwischenschicht (Bi) zum Abbau mechanischer Spannungen im Formkörper (1) aufgebracht wird und

- wobei die Zwischenschichten (B1, B2, ..., Bn-1) aus einem anderen Material als die abgeschiedenen Materialschichten (A1, A2, ..., An) bestehen.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem zwischen der Abscheidung der Materialschichten (A1, A2, ..., An) und dem Aufbringen der Zwischenschichten (B1, B2, ..., Bn-1) jeweils eine Verbindungsschicht (C2(i-1)) zum weiteren Abbau mechanischer Spannungen im Formkörper und/oder zur Verbesserung des Stoffschlusses zwischen einer Materialschicht (Ai) und einer Zwischenschicht (Bi) aufgebracht wird.
 
3. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei die Schichten (A1, A2, ..., An; B1, B2, ..., Bn-1; C1, C2, ..., C2(n-1)) nach ihrer Bildung getempert werden.
 
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei die Zwischenschichten (B1, B2, ..., Bn-1) durch ein Sprühverfahren, insbesondere durch ein suspensionsbasiertes oder lösungsbasiertes Sprühverfahren, aufgebracht werden.
 
5. Verfahren nach Anspruch 2,
wobei die Verbindungsschichten (C1, C2, ..., C2(n-1)) durch ein Sprühverfahren, insbesondere durch ein suspensionsbasiertes oder lösungsbasiertes Sprühverfahren, aufgebracht werden.
 
6. Formkörper (1), umfassend

- mehrere übereinanderliegende Materialschichten (A1, A2, ..., An), die mittels eines Aerosolabscheideverfahrens aufgebaut wurden und

- mehrere Zwischenschichten (B1, B2, . . . , Bn-1) zum Abbau mechanischer Spannungen im Formkörper (1), wobei sich jeweils eine Zwischenschicht (Bi) zwischen zwei benachbarten Materialschichten (Ai, Ai+1) befindet,

- wobei die Zwischenschichten (B1, B2, ..., Bn-1) aus einem anderen Material als die abgeschiedenen Materialschichten (A1, A2, ..., An) bestehen.


 
7. Formkörper (1) nach Anspruch 6,
wobei die Materialschichten (A1, A2, ..., An) eine durchschnittliche Dicke im Bereich von 1 µm bis 20 µm aufweisen.
 
8. Formkörper (1) nach einem der Ansprüche 6 oder 7,
wobei die Zwischenschichten (B1, B2, ..., Bn-1) eine durchschnittliche Dicke im Bereich von 0,5 µm bis 5 µm aufweisen.
 
9. Formkörper (1) nach einem der Ansprüche 6 bis 8,
wobei der Formkörper (1) ferner jeweils eine Verbindungsschicht (C2(i-1)) zwischen einer Materialschicht (Ai) und der angrenzenden Zwischenschicht (Bi) zum weiteren Abbau mechanischer Spannungen im Formkörper (1) und/oder zur Verbesserung des Stoffschlusses zwischen der Materialschicht (Ai) und der Zwischenschicht (Bi) aufweist.
 
10. Formkörper (1) nach Anspruch 9,
wobei die Verbindungsschichten eine durchschnittliche Dicke im Bereich von 0,05 µm bis 1 µm aufweisen.
 
11. Formkörper (1) nach einem der Ansprüche 9 oder 10,
wobei die Verbindungsschichten (C1, C2, ..., C2(n-1)) einen Dotierstoff zur Dotierung der angrenzenden Zwischenschichten (B1, B2, ..., Bn-1) aufweisen.
 
12. Formkörper (1), der nach einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5 hergestellt wurde.
 




Zeichnung







Recherchenbericht












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