[0001] Die Erfindung bezieht sich auf einen Pipettierkopf zum Aufnehmen von Pipettenspitzen,
auf eine Pipettiervorrichtung umfassend einen Pipettierkopf und auf ein Verfahren
zum Pipettieren von Flüssigkeiten mittels eines Pipettierkopfes.
[0002] Pipettiervorrichtungen mit einem Pipettierkopf zum Aufnehmen einer einzigen oder
zum gleichzeitigen Aufnehmen einer Vielzahl Pipettenspitzen werden insbesondere in
medizinischen, biologischen, biochemischen und chemischen Laboratorien zur Dosierung
von Flüssigkeiten verwendet.
[0003] Pipettierköpfe haben mindestens einen Ansatz, der in eine Aufstecköffnung am oberen
Ende einer Pipettenspitze eingesetzt werden kann. Durch eine Spitzenöffnung am unteren
Ende der Pipettenspitze hindurch wird Flüssigkeit in die Pipettenspitze aufgenommen
und aus dieser ausgegeben.
[0004] Nach Gebrauch kann die Pipettenspitze von dem Ansatz gelöst und gegen eine frische
Pipettenspitze ausgetauscht werden. Hierdurch werden bei nachfolgenden Dosierungen
Kontaminationen vermieden. Pipettenspitzen aus Kunststoff für den einmaligen Gebrauch
sind kostengünstig verfügbar.
[0005] Bei der Ausführung als Luftpolsterpipettiervorrichtung ist mindestens eine Verdrängungseinrichtung
für Luft in die Pipettiervorrichtung integriert und über ein Verbindungsloch in jeden
Ansatz kommunizierend mit einer darauf aufgeklemmten Pipettenspitze verbunden. Mittels
der Verdrängungseinrichtung ist ein Luftpolster verlagerbar, sodass Flüssigkeit in
die Pipettenspitze eingesogen und daraus ausgestoßen wird. Die Verdrängungseinrichtung
ist meistens ein Zylinder mit einem darin verschieblichen Kolben. Bekannt sind aber
auch Verdrängungseinrichtungen mit einer Verdrängungskammer und mindestens einer verformbaren
Wand, wobei eine Verformung der Wand die Verdrängung des Luftpolsters bewirkt.
[0006] Bei der Ausführung als Direktverdrängerpipettiervorrichtung ist in der Pipettenspitze
ein kleiner Kolben angeordnet, der beim Aufstecken der Pipettenspitze auf den Ansatz
mit einem Kolbenantrieb der Pipettiervorrichtung gekoppelt wird.
[0007] Die Aufnahme der Flüssigkeit erfolgt bevorzugt in einem einzigen Schritt oder in
mehreren kleinen Schritten. Die Abgabe der Flüssigkeit erfolgt beim Pipettieren in
einem einzigen Schritt und beim Dispensieren in mehreren kleinen Schritten.
[0008] Die Pipettiervorrichtungen können als manuell oder elektromotorisch angetriebene,
handhabbare Mehrkanalpipetten ausgebildet sein, die vom Anwender beim Pipettieren
in der Hand gehalten werden ("Handpipetten").
[0009] Bei Dosierstationen ("Pipettierstationen") oder Dosierautomaten ("Pipettierautomaten")
ist der Pipettierkopf an einem Roboterarm oder einem anderen Übertragungssystem zum
Verlagern des Pipettierkopfes oberhalb einer Arbeitsfläche verlagerbar. Dosierstationen
oder Dosierautomaten können mit dem Pipettierkopf frische Pipettenspitzen aus einem
Halter aufnehmen, mit den Pipettenspitzen Flüssigkeiten aus Gefäßen aufnehmen und
in Gefäße abgeben und gebrauchte Pipettenspitzen in einen Abfallbehälter abwerfen.
Pipettierköpfe können Bestandteil von Laborautomaten ("Workstations") sein, die außer
dem Dosieren von Flüssigkeiten weitere Behandlungen von Flüssigkeiten durchführen
können. Hierzu gehören insbesondere das Mischen, Temperieren und andere physikalische
Behandlungen, die chemische oder biochemische Umsetzung und die Analyse von Proben.
[0010] Die Ansätze zum Halten von Pipettenspitzen sind vielfach als konischer, zylindrischer
oder teils konischer und teils zylindrischer Vorsprung bezüglich eines Gehäuses oder
eines anderen Trägers der Pipettiervorrichtung ausgebildet. Pipettenspitzen sind mit
einem Dichtsitz neben einer Aufstecköffnung an ihrem oberen Ende auf einen Ansatz
aufklemmbar. Hierfür wird mindestens ein Ansatz in die Aufstecköffnung mindestens
einer in einem Halter bereitstehenden Pipettenspitze eingedrückt, sodass sich die
Pipettenspitze etwas aufweitet und unter Vorspannung auf dem Ansatz festsitzt. Die
für das Aufklemmen aufzubringende Kraft steigt mit der Anzahl der Pipettenspitzen
an.
[0011] Zum Lösen der aufgeklemmten Pipettenspitze von dem Ansatz weisen die Pipettiervorrichtungen
eine Abwurfeinrichtung mit einer Antriebseinrichtung und einem Abwerfer auf. Durch
Betätigen der Antriebseinrichtung wird der Abwerfer so verlagert, dass er die Pipettenspitze
von dem Ansatz löst. Die Antriebseinrichtung wird entweder manuell oder von einem
Elektromotor angetrieben. Die Abwurfkraft für das Lösen aufgeklemmter Pipettenspitzen
vom Ansatz steigt mit der Anzahl der Pipettenspitzen an.
[0012] Für das Aufklemmen von Pipettenspitzen auf 8, 12, 16, 24, 96 oder 384 Ansätze und
Abwerfen der Pipettenspitzen von den Ansätzen sind hohe Kräfte aufzubringen.
[0013] Die
DE 10 2004 003 433 B4 beschreibt eine Mehrkanalpipette, bei der der Kraftaufwand für das Aufklemmen der
Pipettenspitzen auf den Ansätzen und das Lösen der Pipettenspitzen von den Ansätzen
dadurch vermindert wird, dass die Ansätze verfedert sind und in axialer Richtung über
einen durch den Abwerfer gebildeten Anschlag hinausstehen. Übersteigt beim Aufklemmen
von Pipettenspitzen die Aufklemmkraft einen bestimmten Wert, so federn die Ansätze
ein, bis die Pipettenspitzen am Abwerfer anliegen. Hierdurch wird die Aufklemmkraft
auf einen Wert begrenzt, bei dem die Pipettenspitzen abdichtend auf den Ansätzen gehalten
sind. Dementsprechend ist auch die Abwurfkraft begrenzt.
[0014] Die
EP 2 735 369 A1 beschreibt eine Mehrkanalpipette, bei der der Abwerfer als Anschlagelement beim Aufschieben
der Pipettenspitzen auf die Ansätze dient. Die Abwurfkräfte werden weiter dadurch
reduziert, dass der Abwerfer mehrere Kontaktelemente aufweist, die nacheinander auf
die Pipettenspitzen treffen, um diese von den Ansätzen abzudrücken.
[0015] Die
WO 01/56695 A1 beschreibt einen Pipettierkopf mit 96 Kanälen, wobei die Ansätze am unteren Ende
einen größeren Konuswinkel als darüber aufweisen, um die Kraft zum Aufstecken von
Pipettenspitzen mit einem Kragen größerer Wandstärke am oberen Ende und einer geringeren
Wandstärke unterhalb des Kragens zu verringern. Der Pipettierkopf umfasst eine Anschlagplatte
zum Abwerfen der Pipettenspitzen von den Ansätzen. Die Anschlagplatte ist abgestuft,
um die Pipettenspitzen nacheinander von den Ansätzen abzudrücken und die Abwurfkraft
zu reduzieren. Von der Anschlagplatte stehen Pfosten mit Vorspanneinrichtungen vor.
Eine Kolbenplatte, die Kolben in Zylindern verlagert, die mit den Ansätzen verbunden
sind, trifft beim Zurückziehen auf die Vorspanneinrichtungen, um das Abwerfen der
Pipettenspitzen von den Ansätzen durch die Anschlagplatte auszulösen. Die Konstruktion
mit Vorspanneinrichtungen zum Abwerfen von Pipettenspitzen ist aufwendig.
[0016] Die
WO 2005/113149 A1 beschreibt eine Vorrichtung zur Aufnahme und Abgabe von Flüssigkeiten mit einem Pipettierkopf,
der 96 Ansätze für Pipettenspitzen aufweist. 96 Kolben-Zylinder-Einheiten sind mit
den Ansätzen verbunden und mittels einer Antriebsmechanik von Hand betätigbar. Der
Pipettierkopf ist entlang einer Vertikalführung verschiebbar, um Pipettenspitzen von
einem Pipettenspitzenträger aufzunehmen und Flüssigkeit einzusaugen und abzugeben.
Der Pipettierkopf ist mittels eines Übersetzungshebels mit verstärkter Kraft nach
unten drückbar, um den erforderlichen Kraftaufwand für das Aufnehmen von 96 Pipettenspitzen
aufzubringen. Die Ansätze sind durch Löcher einer Lochplatte hindurchgeführt, die
vertikal verlagerbar ist, um die Pipettenspitzen von den Ansätzen abzustreifen.
[0017] Die
DE 20 2008 013 533 U1 beschreibt eine Pipettiervorrichtung mit einer Basisplatte und einer diese außen
seitlich abdeckenden, elastischen Dichtplatte, wobei durch die Basisplatte und die
Dichtplatte eine Vielzahl von in einem vorgegebenen Raster angeordneten Pipettierkanälen
hindurchgeführt sind. Ein im gleichen Raster mit Pipettenspitzen, die jeweils einen
Bund aufweisen, bestücktes Magazin steht in einer Magazinaufnahme liegend mittelbar
über die Bünde und die Dichtplatte mit der Basisplatte kraftschlüssig in Verbindung.
Die Magazinaufnahme ist von einem Magazinrahmen gebildet, der über ein Exzentergetriebe
von einem Antriebsmotor angehoben und abgesenkt werden kann, um die Pipettenspitzen
in abdichtende Anlage an die Dichtplatte zu bringen oder von der Dichtplatte zu lösen.
[0018] Pipettierautomaten, bei denen Pipettenspitzen in einem Magazin in einer Magazinaufnahme
aufgenommen und an eine Dichtplatte angepresst werden, werden von der Firma Apricot
Designs, Inc, Covina, CA, USA, unter den Produktbezeichnungen "i-Pipette" und "i-Pipette
Pro" vermarktet.
[0019] Nachteilig ist, dass diese Pipettierautomaten nur mit speziellen Pipettenspitzen
in einem speziellen Magazin zusammenarbeiten können. Ferner ist nachteilig, dass die
Bestückung der Magazinaufnahme von Hand erfolgt.
[0020] Die
EP 0 337 726 A2 beschreibt eine Vorrichtung zum gleichzeitigen Aufnehmen mehrerer Pipettenspitzen
mittels paralleler Ansätze in einer gerade Reihe, die jeweils in einer Ringnut mit
einer einstellbaren Nutenbreite einen elastomeren O-Ring aufweisen. Die Ausdehnung
der O-Ringe in Umfangsrichtung ist durch Verstellen der Nutenbreiten veränderbar,
um die Pipettenspitzen abdichtend auf den Ansätzen festzuklemmen und die Pipettenspitzen
von den Ansätzen zu lösen. Zum Einstellen der Nutenbreiten sind die Nuten jeweils
durch eine auf den Ansatz geschraubte Gewindehülse begrenzt, die mittels eines angekoppelten
Getriebemechanismus auf dem Ansatz drehbar ist. Jede Gewindehülse ist fest mit einem
Zahnrad verbunden. Die Zahnräder kämmen mit einer einzigen Zahnstange, die von einem
drehbaren Handgriff angetrieben ist. Bei einer alternativen Ausführungsart ist jede
einzelne Gewindehülse individuell von einem Elektromotor angetrieben und sind die
Elektromotoren für einen gleichlaufenden Betrieb mit einer gemeinsamen Spannungsversorgung
verbunden. Der Antrieb zum Festklemmen der Pipettenspitzen auf den Ansätzen ist konstruktiv
aufwendig.
[0021] Die
DE 199 17 375 C2 beschreibt eine Pipettiereinheit mit einer Pipettenspitze und einem Ansatz, der ein
Pipettierrohr mit einer Koppelhülse am unteren Ende, einen auf das Pipettierrohr aufgeschobenen
O-Ring aus elastisch verformbarem Material und eine auf das Pipettierrohr aufgeschobene
Hülse aufweist. Die Hülse dient zur axialen Quetschung des O-Ringes, sodass sich dieser
radial verformt und abdichtend in eine Ringnut am Innenumfang der Pipettenspitze eingreift.
Zum Lösen der Pipettenspitze kann der O-Ring entlastet werden. Zum Halten der Pipettenspitze
auf dem Ansatz in einer vorbestimmten Stellung weisen Ansatz und Pipettenspitze zusammenwirkende
Axialpositionierungsmittel auf. Dadurch, dass der O-Ring in eine Ringnut der Pipettenspitze
eingreift, werden die aneinander anliegenden Axialpositionierungsmittel vorgespannt.
Zum Abwerfen der Pipettenspitze ist ein beweglicher Abwerfer vorgesehen, der als die
Hülse umschließendes Abwerferrohr ausgebildet ist. Der Abwerfer ist hydraulisch oder
elektromotorisch betätigbar oder mittels einer Vorspannfeder, die beim Aufsetzen der
Pipettenspitze auf die Pipettiereinheit gespannt wird. Die Betätigungsmittel zum Festklemmen
und Lösen der Pipettenspitze am Ansatz sind aufwendig und haben einen hohen Platzbedarf.
Das Anbringen der Pipettenspitzen in der definierten Kopplungsstellung kann leicht
durch Fertigungstoleranzen oder eine ungenaue Positionierung der Pipettenspitze auf
dem Ansatz verhindert werden. Die Ringnut und die Axialpositionierungsmittel schränken
den Einsatz verschiedener Pipettenspitzen ein.
[0022] Die
WO 2018/002254 A1 beschreibt einen Dosierkopf für eine Dosiervorrichtung mit einem Träger, an dem nebeneinander
eine Vielzahl paralleler Ansätze zum Aufnehmen von Pipettenspitzen angeordnet ist.
Jeder Ansatz weist ein Rohr mit einem am unteren Ende vom Außenumfang nach außen vorstehenden,
zumindest teilweise umlaufenden Stützvorsprung, mindestens eine Hülse, die das Rohr
umschließt und auf dem Rohr axial verlagerbar ist, und mindestens einen elastomeren
O-Ring auf, der das Rohr umschließt und neben dem unteren Ende der Hülse angeordnet
ist. Oberhalb der Hülsen ist eine Druckplatte mit einer Vielzahl erster Löcher angeordnet,
durch die sich die Rohre hindurch erstrecken, wobei die Druckplatte entlang der Rohre
zwischen einer Freigabestellung in einem ersten Abstand von den Stützvorsprüngen und
einer Klemmstellung in einem den ersten Abstand unterschreitenden, zweiten Abstand
von den Stützvorsprüngen verlagerbar ist, die Druckplatte in der Klemmstellung so
gegen den oberen Rand der benachbarten Hülsen sämtlicher Ansätze drückt, dass die
Hülsen mit den unteren Enden an die benachbarten O-Ringe angepresst und die O-Ringe
aufgeweitet sind, um auf die Ansätze aufgeschobene Pipettenspitzen festzuklemmen.
Eine erste Verlagerungseinrichtung ist mit der Druckplatte verbunden und ausgebildet,
die Druckplatte zwischen der Freigabestellung und der Klemmstellung zu verlagern.
[0023] Ein simultanes Festklemmen und Lösen einer großen Anzahl Pipettenspitzen wird durch
das gleichmäßige Drücken der Druckplatte gegen sämtliche Hülsen und durch das gleichmäßige
Entlasten sämtlicher Hülsen ermöglicht. Die Kraftübertragung von der ersten Verstelleinrichtung
über die Druckplatte auf die Hülsen begünstigt eine verhältnismäßig einfache, kompakte
und leichte Bauweise. Das Festklemmen durch Aufweiten der O-Ringe begünstigt den Einsatz
von Pipettenspitzen mit unterschiedlichen Formen und Abmessungen.
[0024] Die
DE 10 2006 036 764 schreibt ein Pipettiersystem mit einer Pipettiervorrichtung mit mindestens einem
Aufsteckschaft, der einen am Außenumfang umlaufenden Rastwulst und darunter zwei voneinander
beanstandete, umlaufende Ringnuten aufweist, die jeweils einen Dichtring aufnehmen.
Das Pipettiersystem umfasst eine Pipettenspitze, die mit einer Rastnut auf den Rastwulst
aufklemmbar ist und darunter einen Dichtbereich hat, an dem die Dichtringe abdichtend
anliegen. Durch die Verrastung wird ein definierter Sitz der Pipettenspitze auf dem
Aufsteckschaft erreicht und die Dichtringe dichten die Pipettenspitze gegenüber dem
Aufsteckschaft ab. Für das Verrasten von Rastwulst und Rastnut sind verhältnismäßig
hohe Aufsteckkräfte erforderlich.
[0025] Davon ausgehend liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, einen Pipettierkopf mit
mindestens einem Ansatz zum Aufnehmen mindestens einer Pipettenspitze zur Verfügung
zu stellen, der mit verringertem Kraftaufwand und verringertem baulichen Aufwand ein
sicheres Aufnehmen und Lösen von Pipettenspitzen ermöglicht.
[0026] Die Aufgabe wird durch einen Pipettierkopf mit den Merkmalen von Anspruch 1 gelöst.
Vorteilhafte Ausführungsarten der Erfindung sind in Unteransprüchen angegeben.
[0027] Der erfindungsgemäße Pipettierkopf für eine Pipettiervorrichtung umfasst:
- einen Träger,
- mindestens einen an dem Träger gehaltenen Ansatz zum Aufklemmen von Pipettenspitzen,
und
- zwei auf dem Ansatz gehaltene O-Ringe aus einem Elastomer,
- wobei die beiden O-Ringe und der Ansatz ausgebildet sind, eine Pipettenspitze allein
durch Verformung der beiden O-Ringe auf dem Ansatz festzuklemmen.
[0028] Pipettenspitzen sind längliche Röhrchen, die an ihrem unteren Ende eine Spitzenöffnung
und neben einer Aufstecköffnung an ihrem oberen Ende einen Dichtsitz aufweisen, mit
dem sie auf den Ansatz aufklemmbar sind. Der Innendurchmesser und der Außendurchmesser
der Pipettenspitzen vergrößert sich im Allgemeinen von der Spitzenöffnung bis zur
Aufstecköffnung. Wird eine Pipettenspitze auf einen Ansatz eines Pipettierkopfes aufgenommen,
der keinen O-Ring, nur einen O-Ring oder einen Rastwulst und zwei O-Ringen hat, so
entstehen hohe Aufnahmekräfte (Aufsteckkräfte, Aufklemmkräfte), da die Pipettenspitze,
die aus Polypropylen, Polyethylen oder einem anderen hartelastischen Kunststoff besteht,
beim Aufschieben auf den Ansatz direkt in Kontakt mit dem Ansatz kommt und sich hierbei
verformt. Dadurch, dass bei dem erfindungsgemäßen Pipettierkopf die beiden O-Ringe
und der Ansatz so ausgebildet sind, dass eine Pipettenspitze allein durch Verformung
der beiden O-Ringe auf dem Ansatz festklemmbar ist, kann ein direkter Kontakt der
Pipettenspitze mit dem Ansatz vermieden werden und findet beim Aufnehmen der Pipettenspitzen
durch den Pipettierkopf eine Verformung allein an den beiden O-Ringen statt. Der Innendurchmesser
des Dichtsitzes der Pipettenspitze ist an der Stelle, die einen O-Ring kontaktiert,
kleiner als der Außendurchmesser des jeweiligen O-Ringes, damit dieser beim Aufschieben
verformt wird und die Pipettenspitze auf dem Ansatz festklemmt. Da die O-Ringe aus
einem Elastomer bestehen, können diese leichter verformt werden, als die Pipettenspitze.
Hierdurch wird die für das Aufnehmen der Pipettenspitzen erforderliche Aufnahmekraft
verringert. Durch die Verringerung der Aufklemmkräfte kann bei einer Handpipette die
Belastung für den Anwender beim manuellen Pipettieren verringert werden. Bei einer
Pipettierstation, einem Pipettierautomaten oder einem Laborautomaten werden hierdurch
die Anforderungen an das Übertragungssystem, insbesondere an seine Festigkeit und
die Leistung der Antriebe, herabgesetzt.
[0029] Zusätzlich bewirken die beiden O-Ringe eine genaue Ausrichtung der Pipettenspitzen
auf den Ansatz. Dies ist vorteilhaft für die Einführung von Pipettenspitzen in die
Öffnungen von Gefäßen, ohne mit den Gefäßen zu kollidieren. Hierdurch kann insbesondere
ein Kippen der Pipettenspitze vermieden werden, wenn diese beim Handpipettieren mit
dem unteren Ende die Wand des Gefäßes kontaktiert. Dies wird von den Pipettenherstellern
empfohlen, damit die Flüssigkeit unter gleichmäßigen Bedingungen aus der Spitzenöffnung
abläuft.
[0030] Ein weiterer Vorteil der beiden O-Ringe auf jedem Ansatz ist, dass sämtliche Spitzen
so auf den Ansatz aufgeschoben werden können, dass sie nachträglich noch weiter auf
dem Ansatz hochschiebbar sind und später weiter in eine Position für das Pipettieren
hochgeschoben werden. Alternativ können sämtliche Spitzen bis zu einem Abwerfer oder
Anschlag auf dem Ansatz hochgedrückt werden, sodass die aufgeklemmten Pipettenspitzen
immer die gleiche Höhe haben.
[0031] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsart sind die Pipettenspitzen abdichtend auf dem
Ansatz festklemmbar, sodass der Pipettierkopf dafür verwendet werden kann, mittels
mindestens einer aufgeklemmten Pipettenspitze Flüssigkeit aufzunehmen und abzugeben.
Hierfür weist der Pipettierkopf mindestens eine Verdrängungseinrichtung auf, die über
mindestens eine Leitung mit einem Verbindungsloch am Ende des Ansatzes verbunden ist,
um ein Luftpolster zu verdrängen und durch die Spitzenöffnung hindurch Flüssigkeit
in eine aufgeklemmte Pipettenspitze aufzunehmen und aus dieser abzugeben. Aufgrund
der radialen Verformbarkeit der beiden O-Ringe ist es möglich, Pipettenspitzen mit
unterschiedlichen Abmessungen auf demselben Ansatz aufzunehmen und mit den verschieden
großen Pipettenspitzen zu pipettieren. Hierdurch kann der Aufwand für die Durchführung
verschiedener Pipettieraufgaben reduziert werden. Beispielsweise können die O-Ringe
und der Ansatz so ausgebildet werden, dass auf denselben Ansatz Pipettenspitzen mit
Nennvolumen von 10 µl und 50 µl oder mit einem Nennvolumen von 300 µl und 1.000 µl
abdichtend aufklemmbar sind. Hierfür sind handelsübliche Pipettenspitzen verschiedener
Hersteller verwendbar, da diese im Dichtbereich übereinstimmende Abmessungen aufweisen.
[0032] Falls sich die Abmessungen der verschiedenen Pipettenspitzen stärker unterscheiden,
kann der Pipettierkopf gegebenenfalls dafür verwendet werden, Pipettenspitzen verschiedener
Größen zu transferieren, z.B. von einem Pipettenspitzenträger zu einem anderen Pipettenspitzenträger,
da die Pipettenspitzen zwar nicht abdichtend auf den Ansätzen festgeklemmt sind, jedoch
so fest auf den Ansätzen sitzen, dass sie mittels des Pipettierkopfs übertragbar sind.
Dies kann insbesondere für die automatische Übertragung von Pipettenspitzen in einem
Laborautomaten genutzt werden. Beispielsweise können die O-Ringe und der Ansatz so
ausgebildet werden, dass mit demselben Ansatz handelsübliche Pipettenspitzen mit einem
Nennvolumen von 10, 50, 300 und 1.000 µl aufgenommen und transferiert werden können.
Die Erfindung umfasst Pipettierköpfe, die für die Übertragung von Pipettenspitzen
herangezogen werden können, nicht jedoch für das Aufnehmen und Abgeben von Flüssigkeiten.
Ein derartiger Pipettierkopf zum Übertragen von Pipettenspitzen kann ohne Verdrängungseinrichtung
ausgebildet werden und wird nachfolgend auch als Transferkopf bezeichnet.
[0033] Gemäß einer weiteren Ausführungsart sind die O-Ringe aus einem weichen Elastomer
hergestellt. Gemäß einer weiteren Ausführungsart sind die O-Ringe aus Gummi, Silikon-Kautschuk,
Fluorkautschuk (FEPM - z.B. Viton® von DuPont Performance Elastomers), hydrierter
Nitril-Kautschuk (HNBR), Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM) oder einem thermoplastischen
Elastomer hergestellt. O-Ringe aus einem weichen Elastomer (Silikon-Kautschuk) werden
insbesondere von der Firma C. Otto Gerckens GmbH & Co. KG Dichtungstechnik, Pinneberg,
Deutschland unter der Bezeichnung VMQ vermarktet.
[0034] Gemäß einer weiteren Ausführungsart weist der Ansatz Einrichtungen zur axialen Lagesicherung
auf, die ausgebildet sind, jeden der beiden O-Ringe in einer bestimmten oberen und
in einer bestimmten unteren Position abzustützen und eine Verformung der beiden O-Ringe
in radialer Richtung zuzulassen. Hierdurch können die beiden O-Ringe in definierten
Positionen oder Bereichen auf dem Ansatz gehalten werden. Diese können auf die Pipettenspitzen
abgestimmt werden, die auf dem Ansatz gehalten werden sollen.
[0035] Gemäß einer weiteren Ausführungsart sind die Einrichtungen zur axialen Lagesicherung
Ringnuten. Jede Ringnut kann mindestens einen O-Ring teilweise aufnehmen, wobei der
O-Ring am Grund der Ringnut auf dem Ansatz geführt ist und durch die beiden Flanken
der Ringnut an einer Verlagerung nach oben und nach unten gehindert wird. Die Ringnuten
können so bemessen sein, dass jeder O-Ring genau passend, oder mit einem axialen Spiel
oder in axialer Richtung etwas komprimiert in der jeweiligen Ringnut gehalten wird.
Ferner ist es möglich, in derselben Ringnut beide O-Ringe zu halten. Hierbei stützen
sich beiden O-Ringe in derselben Ringnut aneinander ab und wird der obere O-Ring an
der oberen Flanke und der untere O-Ring an der unteren Flanke der Ringnut abgestützt.
[0036] Gemäß einer anderen Ausführungsart sind die Einrichtungen zur axialen Lagesicherung
durch einen oder mehrere Vorsprünge gebildet, die beidseitig mindestens eines O-Ringes
auf dem Umfang des Ansatzes angeordnet sind. Durch den mindestens einen Vorsprung
auf beiden Seiten mindestens eines O-Ringes wird eine Verlagerung in axialer Richtung
verhindert oder begrenzt.
[0037] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsart weist jeder Ansatz nur zwei O-Ringe auf. Gemäß
einer anderen Ausführungsart weist jeder Ansatz mehr als zwei O-Ringe auf. Für jeden
O-Ring kann eine gesonderte Ringnut oder andere Einrichtungen zur axialen Lagesicherung
vorhanden sein oder mehrere O-Ringe können gemeinsam in derselben Ringnut angeordnet
oder von denselben Einrichtungen zur axialen Lagesicherung auf dem Ansatz gehalten
sein.
[0038] Gemäß einer weiteren Ausführungsart sind die Einrichtungen zur axialen Lagesicherung
einteilig mit dem Ansatz ausgebildet. Gemäß einer anderen Ausführungsart sind die
Einrichtungen zur axialen Lagesicherung auf den Ansatz aufgeschobene Hülsen und/oder
Ringe, die zwischen sich die O-Ringe aufnehmen, die innen am Ansatz geführt sind.
Die Hülsen und/oder Ringe sind entweder auf dem Ansatz fixiert oder lose auf dem Ansatz
geführt und durch zusätzliche Mittel zur axialen Lagesicherung daran gehindert, von
dem Ansatz abgestreift zu werden. Diese können beispielsweise oben durch den Träger
und unten durch einen Sicherungsring gebildet werden, der in einer zusätzlichen Ringnut
auf dem Umfang des Ansatzes gehalten ist.
[0039] Gemäß einer weiteren Ausführungsart sind die beiden O-Ringe auf dem Ansatz in einem
Abstand voneinander angeordnet. Dies ist besonders vorteilhaft für die genaue Ausrichtung
der Pipettenspitzen auf den Ansatz. Ferner kann hierdurch ein besonders sanfter Anstieg
der Aufklemmkräfte beim Aufklemmen einer Pipettenspitze erreicht werden.
[0040] Gemäß einer weiteren Ausführungsart weist der Ansatz mindestens einen konischen Abschnitt
auf. Dies ist vorteilhaft für ein Aufklemmen von Pipettenspitzen auf den Ansatz unter
allmählichem Anstieg der Aufklemmkräfte.
[0041] Gemäß einer weiteren Ausführungsart weist der Ansatz mindestens einen zylindrischen
Abschnitt auf. Durch den zylindrischen Abschnitt kann die Führung und die Abdichtung
einer Pipettenspitze am Ansatz verbessert werden.
[0042] Gemäß einer weiteren Ausführungsart hat der Ansatz oben einen oberen zylindrischen
Abschnitt, unten einen unteren zylindrischen Abschnitt, dazwischen einen sich von
oben nach unten verjüngenden konischen Abschnitt und zwischen dem oberen zylindrischen
Abschnitt und dem konischen Abschnitt obere Einrichtungen zur axialen Lagesicherung
und zwischen dem konischen Abschnitt und dem unteren zylindrischen Abschnitt untere
Einrichtungen zur axialen Lagesicherung. Hierdurch kann erreicht werden, dass die
Aufklemmkräfte beim Aufklemmen der Pipettenspitze auf den Ansatz allmählich ansteigen
und die Pipettenspitze auf dem Ansatz gut geführt und ausgerichtet wird.
[0043] Gemäß einer weiteren Ausführungsart hat der obere O-Ring einen größeren Innendurchmesser
und/oder einen Querschnitt mit einem größeren Durchmesser als der untere O-Ring. Dies
ist vorteilhaft für einen allmählichen Anstieg der Aufsteckkräfte beim Aufklemmen
einer Pipettenspitze auf den Ansatz.
[0044] Gemäß einer weiteren Ausführungsart ist der Durchmesser des Querschnittes des oberen
O-Ringes größer als die Tiefe der oberen Ringnut und/oder ist die Breite der oberen
Ringnut gleich oder größer als der Durchmesser des Querschnittes des oberen O-Ringes
und/oder ist der Durchmesser des Querschnittes des unteren O-Ringes größer als die
Höhe der unteren Ringnut und/oder ist die Breite der unteren Ringnut gleich oder größer
als der Durchmesser des Querschnittes des unteren O-Ringes. Durch die Tiefe der jeweiligen
Ringnut wird erreicht, dass der jeweilige O-Ring durch Aufklemmen einer Pipettenspitze
auf den Ansatz in radialer Richtung verformbar ist und/oder durch die Breite der jeweiligen
Ringnut wird ein langer Verformungsweg bei geringen Aufklemmkräften erreicht.
[0045] Gemäß einer weiteren Ausführungsart weist der Pipettierkopf in einer oder mehreren
Reihen parallel nebeneinander angeordnete Ansätze auf. Hierdurch kann der Pipettierkopf
für das gleichzeitige Aufklemmen einer großen Anzahl Pipettenspitzen verwendet werden,
wofür er aufgrund der geringen Aufklemmkräfte besonders gut geeignet ist.
[0046] Gemäß einer weiteren Ausführungsart sind die Ansätze fest mit dem Träger verbunden.
Durch die beiden O-Ringe können die Aufklemmkräfte niedrig gehalten werden, sodass
es hierfür insbesondere nicht erforderlich ist, die Ansätze über Federn am Träger
abzustützen. Gemäß einer anderen Ausführungsart des erfindungsgemäßen Pipettierkopfs
sind die Ansätze über Federn an dem Träger abgestützt, um hierdurch zusätzlich die
Aufsteckkräfte zu begrenzen.
[0047] Gemäß einer weiteren Ausführungsart ist der Träger ein Gehäuse oder ein Teil eines
Gehäuses oder ein Chassis oder ein Teil eines Chassis des Pipettierkopfes. Beispielsweise
ist der Träger eine untere Gehäusewand des Gehäuses oder ein unteres Teil eines Chassis
des Pipettierkopfes. Der Ansatz kann insbesondere durch Einschrauben in einer unteren
Gehäusewand oder in einem unteren Teil eines Chassis gehalten sein. Wenn der Ansatz
in einem unteren Teil eines Chassis gehalten ist, kann das Gehäuse in einer unteren
Gehäusewand ein Durchgangsloch für jeden Ansatz aufweisen oder die untere Gehäusewand
ganz fehlen.
[0048] Ferner betrifft die Erfindung eine Pipettiervorrichtung oder eine Transfervorrichtung
umfassend einen Pipettierkopf gemäß einem der Ansprüche 1 bis 10 oder einer der vorstehenden
Ausführungsarten. Die Pipettiervorrichtung oder Transfervorrichtung kann insbesondere
als manuell oder elektromotorisch angetriebene, handhabbare Pipettiervorrichtung oder
Transfervorrichtung mit einem oder mehreren Kanälen ausgebildet sein, die vom Anwender
beim Pipettieren oder Übertragen von Pipettenspitzen in der Hand gehalten werden kann
(Handpipette).
[0049] Ferner betrifft die Erfindung eine Pipettierstation oder einen Pipettierautomaten
oder einen Laborautomaten umfassend eine Pipettiervorrichtung und/oder eine Transfervorrichtung
gemäß Anspruch 11. Die Pipettierstation oder der Pipettierautomat oder der Laborautomat
kann zum (automatischen) Pipettieren oder Übertragen von Pipettenspitzen verwendet
werden. Der Laborautomat kann zum automatischen Pipettieren, zum Übertragen von Pipettenspitzen
und darüber hinaus für weitere Behandlungen von Flüssigkeiten verwendet werden, beispielsweise
zum Temperieren, Mischen, Durchführen chemischer oder biochemischer Reaktionen und
anderer physikalischer, chemischer oder biochemischer Behandlungen.
[0050] In einer Pipettierstation, einem Pipettierautomaten oder einem Laborautomaten kann
der Pipettierkopf so ausgebildet sein, dass er mittels einer Schnellwechselvorrichtung
an der Pipettierstation, dem Pipettierautomaten oder dem Laborautomaten befestigt
und davon gelöst werden kann, um daran einen anderen Pipettierkopf (z.B. für andere
Pipettenspitzengrößen), ein Greiferwerkzeug zum Transportieren von Laborartikeln (
labware) oder ein anderes Werkzeug zu befestigen. Diese Ausführungsart wird auch als Pipettierwerkzeug
bezeichnet.
[0051] Ferner betrifft die Erfindung die Verwendung eines Pipettierkopfs gemäß einem der
Ansprüche 1 bis 10, einer Pipettiervorrichtung gemäß Anspruch 11 oder einer Pipettierstation
oder eines Pipettierautomaten oder eines Laborautomaten gemäß Anspruch 12, bei der
- auf jeden Ansatz des Pipettierkopfs eine Pipettenspitze aufgeklemmt wird,
- der Pipettierkopf verlagert wird, bis jede aufgeklemmte Pipettenspitze mit ihrem unteren
Ende Kontakt mit einem Gefäß hat, das auf einer Arbeitsfläche bereitgestellt wird,
- der Pipettierkopf verlagert wird, bis das untere Ende jeder aufgeklemmten Pipettenspitze
bis auf einen bestimmten Abstand von einem Boden des Gefäßes entfernt ist und
- Flüssigkeit aus dem Gefäß in jede aufgeklemmte Pipettenspitze aufgenommen wird.
[0052] Für eine Vielzahl von Anwendungen ist es wünschenswert, die Flüssigkeit in nächster
Nähe des Bodens eines Gefäßes in eine Pipettenspitze aufzunehmen. Zu diesen Anwendungen
gehören beispielsweise effiziente Waschschritte sowie die optimale Rückgewinnung von
Flüssigkeiten unter Phasengrenzen. Dabei gibt es in einer Pipettierstation, einem
Pipettierautomaten oder in einem Laborautomaten eine Vielzahl an Toleranzen, welche
die endgültige Positionierung der Spitzenöffnung in der vertikalen Richtung beeinflussen.
Insbesondere bei der Verwendung von Mehrkanal-Pipettierköpfen, insbesondere in Ausführung
mit Schnellwechselvorrichtung (Mehrkanal-Pipettierwerkzeuge), ist die exakte Positionierung
der individuellen Pipettenspitzen nicht möglich.
[0053] Die Verwendung eines Pipettierkopfs mit zwei O-Ringen pro Ansatz ermöglicht es, unbekannte
Toleranzketten durch geringe Unterschiede des Sitzes der Pipettenspitzen bei gleichbleibender
Dosierqualität zu erlauben. Hierfür werden die Pipettenspitzen zunächst mittels eines
Pipettierkopfs mit nur einem oder mehreren Kanälen aufgenommen, bis auf sämtliche
Ansätze Pipettenspitzen aufgeklemmt sind. Hierbei werden die Pipettenspitzen nicht
komplett auf die Ansätze aufgeschoben, d.h. nicht bis zu einem Abwerfer oder einem
Anschlag, sodass sie noch weiter nach oben auf die Ansätze aufschiebbar sind. Danach
wird der Pipettierkopf verlagert und mit den unteren Enden sämtlicher aufgeklemmter
Pipettenspitzen auf das Gefäß aufgesetzt, aus dem Flüssigkeit entnommen oder in das
Flüssigkeit abgegeben werden soll. Durch Aufsetzen der unteren Enden der Pipettenspitzen
auf die Gefäße werden bekannte und unbekannte Toleranzen ausgeglichen. Hierbei können
die Pipettenspitzen etwas weiter nach oben auf die Ansätze aufgeschoben werden, und
zwar in unterschiedlichem Ausmaß, je nachdem, ob sie mit ihren unteren Enden früher
oder später auf den Gefäßen aufsetzen. Danach werden sämtliche aufgeklemmten Pipettenspitzen
in ein Gefäß eingetaucht, bis sie einen kurzen Abstand vom Boden des Gefäßes aufweisen.
Hierdurch wird ein kleiner Spalt für die Aufnahme von Flüssigkeiten zwischen der Spitzenöffnung
und dem Boden des Gefäßes erzeugt. Der Vorgang kann vollautomatisch erfolgen, sodass
kein Mehraufwand für den Anwender entsteht. Der Vorgang kann während eines Programmlaufes
eines Laborautomaten erfolgen. Der Sitz der aufgeklemmten Pipettenspitzen kann an
die individuellen Gefäßaufnahmen (Kavitäten) der verwendeten Einfach- oder Mehrfachgefäße
oder sonstiger Verbrauchsmaterialien (
disposables) angepasst werden.
[0054] Gemäß einer Ausführungsart wird der Pipettierkopf verlagert, bis sämtliche aufgeklemmten
Pipettenspitzen mit den unteren Enden zugleich Kontakt mit dem Boden eines Gefäßes
aufweisen und wird danach der Pipettierkopf verlagert, bis die unteren Enden sämtlicher
Pipettenspitzen einen bestimmten Abstand vom Boden des Gefäßes aufweisen. Hierdurch
kann ein besonders geringer Spalt zwischen den unteren Enden der jeweils aufgeklemmten
Pipettenspitzen und dem Boden der Gefäße erreicht werden. Gemäß einer anderen Ausführungsart
wird der Pipettierkopf verlagert, bis die unteren Enden sämtlicher aufgeklemmten Pipettenspitzen
Kontakt mit einem anderen Teil der Oberfläche des Gefäßes als dem Boden aufweisen.
Hierdurch wird zumindest eine genaue Ausrichtung der Pipettenspitzen auf die Gefäße
erreicht, wobei lediglich Toleranzen zwischen der Lage der kontaktierten Oberfläche
und dem Boden des Gefäßes nicht ausgeglichen werden.
[0055] Gemäß einer weiteren Ausführungsart ist der Pipettierkopf ein Mehrkanal-Pipettierkopf
und ist das Gefäß ein Mehrfachgefäß, insbesondere eine Mikrotestplatte (Mikrotiterplatte).
Die Erfindung ist besonders für den gleichzeitigen Ausgleich einer Vielzahl Toleranzen
zwischen aufgeklemmten Pipettenspitzen und einer Mikrotestplatte geeignet. Hierbei
wird jede Pipettenspitze mit ihrem unteren Ende zunächst in Kontakt mit einer Oberfläche
des Mehrfachgefäßes oder mit dem Boden eines Näpfchens (
well) oder sonstigen Kavität des Mehrfachgefäßes und danach auf einen geringen Abstand
vom Boden der Kavität gebracht.
[0056] Falls es nicht möglich ist, den Pipettierkopf so zu verlagern, dass jede aufgeklemmte
Pipettenspitze mit ihrem unteren Ende Kontakt mit einem Gefäß hat, das auf einer Arbeitsfläche
bereitgestellt wird, beispielsweise weil das Gefäß mit einer Flüssigkeit befüllt ist,
die nicht in Kontakt mit der Pipettenspitze kommen darf, kann der Pipettierkopf auch
so verwendet werden, dass sämtliche Pipettenspitzen bis zu einem Abwerfer oder Anschlag
auf dem Ansatz hochgedrückt werden, sodass sämtliche aufgeklemmten Pipettenspitzen
die gleiche Höhe haben. Hierdurch werden die Fehler aufgrund von Toleranzen reduziert,
wenngleich auch nicht in demselben Ausmaß, wie beim Verlagern des Pipettierkopfs so,
dass die aufgeklemmten Pipettenspitzen an ihrem unteren Ende Kontakt mit dem Gefäß
haben.
[0057] Die Erfindung wird nachfolgend anhand der anliegenden Zeichnungen von Ausführungsbeispielen
näher erläutert. In den Zeichnungen zeigen:
- Fig. 1
- einen Pipettierkopf mit aufgeklemmten Pipettenspitzen in der Vorderansicht;
- Fig. 2
- denselben Pipettierkopf ohne Pipettenspitzen in der Rückansicht;
- Fig. 3
- denselben Pipettierkopf mit aufgeklemmten Pipettenspitzen in einem Vertikalschnitt;
- Fig. 4
- einen Ansatz desselben Pipettierkopfs mit einer aufgeklemmten Pipettenspitze in einem
vergrößerten vertikalen Teilschnitt;
- Fig. 5
- Aufsteckkräfte in Abhängigkeit vom Weg des Pipettierkopfes beim Aufklemmen auf einen
herkömmlichen und auf einen erfindungsgemäßen Pipettierkopf in einem Diagramm;
- Fig. 6
- Toleranzketten und -Summen in einem Dosiersystem in einer grob schematischen Ansicht;
- Fig. 7
- Ansätze eines Mehrkanal-Pipettierkopfs mit aufgenommenen Pipettenspitzen oberhalb
des Bodens einer Mikrotiterplatte in einer grob schematischen Ansicht;
- Fig. 8
- das Pipettierwerkzeug mit durch Aufsetzen auf den Bodenbereich der Mikrotiterplatte
individuell eingestellten Pipettenspitzen in einer grob schematischen Ansicht;
- Fig. 9
- das Pipettierwerkzeug mit individuell eingestellten Pipettenspitzen zurückgezogen
bis auf einen kleinen Abstand vom Bodenbereich der Mikrotiterplatte in einer grob
schematischen Ansicht.
[0058] In dieser Anmeldung beziehen sich die Angaben "oben" und "unten", "horizontal" und
"vertikal" auf eine Ausrichtung des Pipettierkopfs mit den Ansätzen in vertikaler
Richtung, wobei die Ansätze unten und die übrigen Teile des Pipettierkopfs darüber
angeordnet sind.
[0059] Bei der Beschreibung verschiedener Ausführungsformen werden für Bauteile mit übereinstimmenden
Bezeichnungen dieselben Bezugsziffern verwendet.
[0060] Gemäß Fig. 1 und 2 hat der Pipettierkopf 1 ein Gehäuse 2, das aus einer vorderen
und einer hinteren Gehäuseschale 3, 4 gebildet ist, die in einer vertikalen Ebene
zusammengefügt sind.
[0061] Von der Unterseite des Pipettierkopfes 1 stehen acht parallele Ansätze 5 (Zapfen)
zum Aufklemmen von Pipettenspitzen 6 vertikal nach unten vor (Fig. 3 und 4).
[0062] Auf der Oberseite des Gehäuses 2 ist eine streifenförmige Trägerplatte 7 angeordnet.
Von der Trägerplatte 7 steht ein Befestigungszapfen 8 nach oben vor.
[0063] Gemäß Fig. 3 sind in dem Pipettierkopf 1 acht parallele Kolben-Zylindereinheiten
9 in einer Reihe nebeneinander angeordnet. Jede Kolben-Zylindereinheit 9 hat einen
Zylinder 10, in dem ein Kolben 11 verschiebbar angeordnet ist.
[0064] Jeder Zylinder 10 hat ein Außengewinde 12, mit dem er in ein entsprechendes Innengewinde
13 in einem Durchgangsloch 14 in einer horizontalen unteren Gehäusewand 15 eingeschraubt
ist. Das Einschrauben der Zylinder 10 in die untere Gehäusewand 15 ist durch Absätze
16 am Außenumfang der Zylinder 10 begrenzt, mit denen diese an der Oberseite der unteren
Gehäusewand 15 anliegen.
[0065] Der untere Teil der Zylinder 10 steht von der Unterseite der unteren Gehäusewand
15 nach außen vor und bildet dort die Ansätze 5. Somit ist Gehäuse 2 ein Träger für
die Ansätze 5.
[0066] Gemäß Fig. 4 weist jeder Ansatz 5 oben einen oberen zylindrischen Abschnitt 17, unten
einen unteren zylindrischen Abschnitt 18 und dazwischen einen sich von oben nach unten
verjüngenden konischen Abschnitt 19 auf. Auf jedem Ansatz 5 sind zwischen dem oberen
zylindrischen Abschnitt 17 und dem konischen Abschnitt 19 obere Einrichtungen zur
axialen Lagesicherung 20 in Form einer oberen Ringnut 21 und zwischen dem konischen
Abschnitt 19 und dem unteren zylindrischen Abschnitt 18 untere Einrichtungen zur axialen
Lagesicherung 22 in Form einer unteren Ringnut 23 vorhanden.
[0067] In jede Ringnut 21, 23 ist ein O-Ring 24, 25 aus einem Elastomer, vorzugsweise aus
einem weichen Elastomer, insbesondere aus einem weichen Silikon-Kautschuk, eingesetzt.
Jeder O-Ring 24, 25 ist am Grund der Ringnut 21, 23 geführt und hat einen Querschnitt
mit einem Durchmesser, der größer ist als die Tiefe der Ringnut 21, 23 und der kleiner
ist als die Breite der Ringnut 21, 23, in der er angeordnet ist.
[0068] Der Innenraum 26 jedes Zylinders 10, in den der Kolben 11 von oben eintaucht, erstreckt
sich nach unten bis zu einem Verbindungsloch 27 in der unteren Stirnseite des Ansatzes
5.
[0069] Oben ist in jedem Zylinder 10 eine Laufbuchse 28 angeordnet, durch die hindurch jeweils
ein Kolben 11 abdichtend in den Zylinder 10 hineingeführt ist.
[0070] Jeder Kolben 11 ist als zylindrische Stange ausgebildet, die oben in eine zentrale
Bohrung 29 eines zylindrischen Kolbenkopfes 30 eingesetzt und darin befestigt ist
(z.B. eingeklebt oder eingepresst). Jeder Kolbenkopf 30 hat am Außenumfang eine umlaufende
Kolbenkopf-Ringnut 31.
[0071] Unterhalb einer horizontalen oberen Gehäusewand 32 ist eine zu dieser parallele,
streifenförmige Kolbenplatte 33 angeordnet. Die Kolbenplatte 33 hat an der Unterseite
acht nach unten geöffnete Kanäle 34, die parallel zueinander ausgerichtet sind. Jeder
Kanal ist durch zwei streifenförmige Kanalwände 35 und durch zwei von den unteren
Enden der Kanalwände nach innen vorstehende Kanalschultern 36 begrenzt. Die Kanalwände
35 an den beiden äußeren Rändern der Kolbenplatte 33 begrenzen jeweils nur auf einer
Seite einen benachbarten Kanal 34. Die übrigen Kanalwände 35 begrenzen jeweils zwei
benachbarte Kanäle 34 auf einer Seite. Zwischen den Kanalschultern 36 hat jeder Kanal
eine Schlitzöffnung 37 an der Unterseite der Kolbenplatte 33.
[0072] An den Rändern der Kolbenplatte 33, die parallel zur Vorderseite und Rückseite des
Gehäuses 2 ausgerichtet sind, haben die Kanäle 34 Stirnöffnungen 38. Durch die Stirnöffnungen
38 hindurch sind die Kolbenköpfe 30 mit oberen Abschnitten in die Kanäle 34 eingeschoben,
sodass die Kanalschultern 36 formschlüssig in die Kolbenkopf-Ringnuten 31 eingreifen.
Infolgedessen sind die Kolben 11 durch vertikales Verlagern der Kolbenplatte 33 gemeinsam
in den Zylindern verlagerbar.
[0073] Zentral im Befestigungszapfen 8 ist eine axial verlagerbare Gewindemutter 39 angeordnet,
deren unteres Ende fest mit der Kolbenplatte 33 verbunden ist, um die Kolbenplatte
33 in Axialrichtung der Zylinder 10 zu verlagern.
[0074] Der Befestigungszapfen 8 hat oben einen zylindrischen oberen Zapfenabschnitt 40.
Der obere Zapfenabschnitt 40 trägt am Außenumfang zwei um 180° zueinander versetzte,
radial nach außen vorspringende, jeweils teilweise umlaufende Verbindungselemente
41, mit denen eine Bajonett-Verbindung gebildet werden kann. Die Verbindungselemente
41 haben an der Unterseite eine leichte Gewindesteigung zum Verspannen mit einem dazu
passenden Verbindungselement in einer Zapfenaufnahme einer Bajonett-Verbindung.
[0075] Angrenzend an den oberen Zapfenabschnitt 40 hat der Befestigungsabschnitt 8 einen
zylindrischen mittleren Zapfenabschnitt 42 mit einem größeren Außendurchmesser als
der obere Zapfenabschnitt 40.
[0076] Darunter hat der Befestigungszapfen 8 einen konisch sich nach unten erweiternden,
unteren Zapfenabschnitt 43. Der untere Zapfenabschnitt 43 ist an seiner Basis fest
mit der Trägerplatte 7 verbunden.
[0077] In Längsrichtung des Befestigungszapfens 8 erstreckt sich eine zentrale Bohrung 44.
Diese hat zwei diametral einander gegenüberliegende Längsnuten 45.
[0078] In die zentrale Bohrung 44 ist die hülsenförmige Gewindemutter 39 eingesetzt, die
mit zwei radial vorspringenden Flügeln 46 an ihrem oberen Ende in den Längsnuten 45
geführt ist.
[0079] Ferner ist in die Gewindemutter 39 eine Spindel 47 eingeschraubt. Diese hat oberhalb
ihres Gewindes 48 einen vorstehenden Lagerzapfen 49, an dem sie in einem Kugellager
50 gelagert ist. Das Kugellager 50 ist in einer Lagerbuchse 51 eines Lagerträgers
52 gehalten, der zwei diametral von den Seiten vorstehende Laschen hat, die auf dem
oberen Rand des oberen Zapfenabschnittes 40 aufliegen und daran mittels Schrauben
fixiert sind.
[0080] An dem über das Kugellager 50 hinausstehenden Teil des Lagerzapfens 49 ist mittels
eines radialen Gewindestiftes 53 ein Mitnehmer 54 drehfest fixiert, der an seiner
oberen Stirnseite einen radial und axial erstreckten Schlitz 55 zum Einführen eines
klinkenförmigen Antriebsorganes aufweist.
[0081] Die Spindel 47 stützt sich an der unteren Stirnseite des Kugellagers 50 ab. Der Mitnehmer
54 stützt sich an der oberen Stirnseite des Kugellagers 50 ab. Die Spindel 47 ist
hierdurch axial nicht verlagerbar im Befestigungszapfen 8 gehalten.
[0082] In einem Flügel 46 der Gewindemutter 39 ist ein Zylinderstift 56 fixiert, der parallel
zur Mittelachse der Gewindemutter 39 ausgerichtet durch eine Nut des Lagerträgers
52 hindurchgeführt ist und oben aus dem Befestigungszapfen 8 heraussteht.
[0083] Durch Drehen des Mitnehmers 54 verschiebt die axial im Befestigungszapfen 8 festgehaltene
Spindel 47 die unverdrehbar in dem Befestigungszapfen 8 geführte Gewindemutter 39
in axialer Richtung. Hierdurch wird die Kolbenplatte 33 verlagert und werden die Kolben
11 in den Zylindern 10 verschoben. Durch Drehen des Mitnehmers 54 in unterschiedlichen
Richtungen sind die Kolben 11 in verschiedenen Richtungen in den Zylindern 10 verschiebbar.
Durch Abtasten der Lage des Zylinderstiftes 56 ist es möglich, die jeweilige Stellung
der Kolben 11 in den Zylindern 10 zu ermitteln.
[0084] Der Befestigungszapfen 8 und der darin integrierte Antrieb mit Gewindemutter 39 und
Spindel 47 entsprechen den Ausführungen von Fig. 1 bis 4 sowie 6 gemäß
EP 1 407 861 B1. In dieser Hinsicht wird Bezug genommen auf die
EP 1 407 861 B1, deren Inhalt hiermit in diese Anmeldung aufgenommen wird.
[0085] Ein Laborautomat ist mit einer komplementären Zapfenaufnahme einer Bajonett-Verbindung
versehen, die mit dem Befestigungszapfen verbindbar ist. Vorzugsweise entspricht das
komplementäre Verbindungsteil des Laborautomaten dem Werkzeughalter gemäß Fig. 7 bis
10 der
EP 1 407 861 B1. In dieser Hinsicht wird Bezug genommen auf die
EP 1 407 861 B1, deren Inhalt hiermit in diese Anmeldung aufgenommen wird.
[0086] Unterhalb der unteren Gehäusewand 15 ist eine Abstreifplatte 57 angeordnet, die weitere
Durchgangslöcher 58 aufweist, durch die die Zapfen 5 hindurch nach unten vorstehen.
Die Abstreifplatte 57 ist auf einer Längsseite mit einem Gestänge 59 verbunden, das
in einer Ausbuchtung 60 der hinteren Gehäuseschale 4 nach oben geführt ist, die oben
eine Öffnung aufweist, durch die das Gestänge 59 aus dem Gehäuse 2 heraussteht. Vom
oberen Ende des Gestänges 59 steht seitlich ein Mitnehmer 61 vor. Mittels einer nicht
gezeigten Federeinrichtung wird das Gestänge 59 im Ruhezustand nach oben gedrückt,
bis die Abstreifplatte 57 an der Unterseite der unteren Gehäusewand 15 anliegt. Der
Laborautomat hat einen Antrieb mit einem Antriebselement, mit dem der Mitnehmer 61
nach unten gedrückt werden kann, wodurch die Abstreifplatte 57 nach unten mitgenommen
wird, um Pipettenspitzen 6 von den Ansätzen 5 abzustreifen.
[0087] Gemäß Fig. 3 und 4 sind Pipettenspitzen 6 auf die Ansätze 5 aufgeklemmt. Die Pipettenspitzen
6 sind Röhrchen mit einer Spitzenöffnung 62 am unteren Ende 63 und einer Aufstecköffnung
64 am oberen Ende 65. Der Innendurchmesser und der Außendurchmesser der Pipettenspitze
6 vergrößern sich im Allgemeinen von der Spitzenöffnung 62 zur Aufstecköffnung 64
hin. Im Beispiel haben die Pipettenspitzen 6 mehrere konische Bereiche 64, 65, 66
sowie eine zylindrische Erweiterung 67 in der Nähe des oberen Endes 65. Im Bereich
der zylindrischen Erweiterung 67 und in dem Bereich darunter hat die Pipettenspitze
im Inneren einen Dichtsitz 68.
[0088] Gemäß Fig. 3 und 4 sind die Ansätze 5 des Pipettierkopfs 1 durch die Aufstecköffnungen
64 in die Pipettenspitzen 6 eingeführt. Die O-Ringe 24, 25 sind auf Höhe des Dichtsitzes
68 angeordnet. Hierdurch werden die O-Ringe 24, 25 etwas in radialer Richtung zusammengedrückt,
sodass die Pipettenspitzen 6 auf den Ansätzen 5 festklemmen und gegenüber den Ansätzen
5 abgedichtet sind. Da die O-Ringe 24, 25 aus weichelastischem Material bestehen und
die Pipettenspitzen 6 ansonsten keinen Kontakt mit den Ansätzen 5 aufweisen, sind
die Aufsteckkräfte zum Aufstecken der Pipettenspitzen 6 auf die Ansätze 5 verhältnismäßig
klein.
[0089] In Fig. 5 sind die gemessenen Aufsteckkräfte beim Aufstecken von Pipettenspitzen
in Abhängigkeit vom Weg des Pipettierkopfes für einen erfindungsgemäßen Pipettierkopf
1 mit acht Kanälen und zwei O-Ringen 24, 25 auf jedem Ansatz 5 und einen herkömmlichen
Pipettierkopf mit acht Kanälen ohne O-Ringe 24, 25 auf den Ansätzen nebeneinander
dargestellt. Gemäß den drei Kurven links im Diagramm steigen bei Verwendung eines
herkömmlichen Pipettierkopfs die Aufsteckkräfte stark an, bis sie hinreichend fest
und abdichtend auf den Ansätzen aufsitzen. Dies ist bei einer Aufsteckkraft von 120
Newton und bei einer Verlagerungen des Pipettierkopfes von 2,2 mm gegeben. Gemäß den
rechts in dem Diagramm eingetragenen Kurven wird bereits bei Aufsteckkräften von ca.
30 Newton und einer Verlagerung des Pipettierkopfes von 2 mm eine hinreichend feste
und abdichtende Verbindung hergestellt. Hierbei werden allein die O-Ringe 24, 25 elastisch
verformt. Oberhalb dieses Wertes steigen die Aufsteckkräfte steil an, da hierfür auch
eine Verformung der Pipettenspitzen 6 erforderlich ist.
[0090] Durch die verringerten Aufsteckkräfte sind auch die Kräfte für das Abwerfen der Pipettenspitzen
6 von den Ansätzen 5 verringert.
[0091] Nachfolgend wird anhand der Fig. 6 bis 9 die erfindungsgemäße Verwendung erläutert.
Gemäß Fig. 6 hat ein Laborautomat 70 eine Vielzahl Toleranzen, welche die Positionierung
der Spitzenöffnung 64 von Pipettenspitzen 6 in vertikaler Richtung beeinflussen. Zu
diesen Toleranzen gehören die Toleranzen der Positionierung eines Mehrachsübertragers
71 (Roboterarm oder anderes Übertragungssystem). Hinzu kommen die Toleranzen der Fixierung
eines Pipettierkopfes 1 (Pipettierwerkzeugs) in der am Mehrachsübertrager 71 gehaltenen
Werkzeugaufnahme 72. Des Weiteren sind Herstellungstoleranzen des Pipettierkopfes
1 zu berücksichtigen. Darüber hinaus weisen die Ansätze 5 zur Aufnahme der Pipettenspitzen
6 und die Pipettenspitzen 6 selber Toleranzen auf. Weitere Toleranzen haben Mikrotiterplatten
73 und Adapter 74 zur Positionierung der Mikrotiterplatten 73 auf einer Arbeitsfläche
75 (Deck) des Laborautomaten 70. Schließlich weist auch die Arbeitsfläche 75 selber
Toleranzen auf.
[0092] Insbesondere bei Verwendung von Mehrkanal-Pipettierköpfen 1 ist die exakte Positionierung
der einzelnen Pipettenspitzen 6 nicht möglich, da für sämtliche Pipettenspitzen 6
eine gleiche Höhe verwendet werden muss.
[0093] Dies führt bei vielen Zielapplikationen, wie beispielsweise
next-generationsequencing (NGS), zu Qualitätseinbußen durch verminderte Effizienz der Waschschritte und/oder
verringerter Ausbeuten an Probenmaterial. Im schlimmsten Falle werden Kontaminationen
verschleppt, z.B. wenn eine Probe unter einer anderen Phase aspiriert werden soll
(z. B. Öl-überlagerte Proben) und Anteile der Überschichtung verschleppt werden.
[0094] Die Verkleinerung von Toleranzbereichen führt zu einer geringeren Prozesssicherheit
und damit zu einem erhöhten Risiko eines Probenverlustes. Außerdem löst sie das Problem
nur teilweise, da bestimmte Toleranzbereiche nicht zu unterschreiten sind. Oftmals
steigt auch der unmittelbare Bedarf an einer sehr genauen Justierung des Gerätes,
um einzelne Toleranzen zu minimieren.
[0095] Das
"surface-teaching" adressiert bestimmte Toleranzen auf dem System (z. B. Positionierungs-Offset und
Tool-Toleranz), ist jedoch sehr arbeitsintensiv für den Anwender und erfordert einen
hohen Aufwand. Weiterhin wird eine Vielzahl von Toleranzen nicht durch das
surface-teaching abgefangen (z.B. Näpfchen-(Well-)Geometrie, Mikrotiterplattensitz auf Adapter, Pipettenspitzengeometrie,
Pipettenspitzensitz, Werkzeugaufnahme usw.), da diese nicht während des Dosiervorgangs
erfolgt, sondern im Vorfeld der Anwendung.
[0096] Die Verwendung von zwei O-Ringen 24, 25 auf jedem Ansatz 5 ermöglicht es, unbekannte
Toleranzketten durch geringe Unterschiede des Sitzes der Pipettenspitzen bei gleichbleibender
Dosierqualität zu erlauben. Das Verfahren besteht aus drei Teilschritten:
Gemäß Fig. 7 werden mehrere Pipettenspitzen 6 auf einem Ein- oder Mehrkanal-Pipettierkopf
1 aufgenommen. Nach erfolgter Aufnahme der Pipettenspitzen 6 auf den Ansätzen 5 des
Pipettierkopfes 1 befinden sich alle Pipettenspitzen 6 auf vergleichbarer Höhe und
können unter geringem Kraftaufwand noch eine weitere Strecke auf die Ansätze 5 aufgeschoben
werden.
[0097] Durch eine dedizierte Bewegung in vertikaler Richtung unter den Bodentoleranzbereich
einer Oberfläche (z.B. den Boden einer Mikrotiterplatte 73) werden die Pipettenspitzen
6 unterschiedlich weit auf die jeweiligen Ansätze 5 gedrückt. Bei gleicher Ausrichtung
der Ansätze 5 in vertikaler Richtung verfügen die einzelnen Pipettenspitzen 6 nach
diesem Schritt über individuelle Höhen, welche durch die unbekannte Bodengeometrie
und die Toleranzketten determiniert wurden. Dies ist in Fig. 8 gezeigt.
[0098] Danach wird durch eine kleine Bewegung des Pipettierkopfs 1 nach oben ein Spalt x
zwischen den unteren Enden 63 der Pipettenspitzen 6 und der Oberfläche des Gefäßes
(z.B. Mikrotiterplatte 73) erzeugt. Dieser Spalt x wird zur Aspiration von Flüssigkeit
in die Pipettenspitzen 6 benötigt, um das Blockieren der Pipettenspitzen 6 zu vermeiden.
Durch die individuelle Positionierung der Pipettenspitzen 6 haben nach diesem Verfahren
die unteren Enden sämtlicher Pipettenspitzen 6 denselben Abstand von der Oberfläche
des Gefäßes. Dies ist in Fig. 9 dargestellt.
[0099] Vorteilhaft an diesem Verfahren ist, dass sämtliche (bekannten und unbekannten) Toleranzen
bei jedem Dosierschritt vollständig ausgeglichen werden. Ferner erfolgt dieser Prozess
automatisch, da er durch den Laborautomaten 70 ohne Mehraufwand für den Benutzer ausgeführt
werden kann. Das Verfahren wird während eines Laufes des Laborautomaten 70 mit den
individuellen Kombinationen an Pipettenspitzen 6 und den entsprechenden individuellen
Kavitäten verwendeten Einfach- oder Mehrfachgefäße (z.B. Mikrotiterplatten 73) durchgeführt.
Bezugszeichenliste
[0100]
- 1
- Pipettierkopf
- 2
- Gehäuse (Träger)
- 3, 4
- Gehäuseschale
- 5
- Ansatz (Zapfen)
- 6
- Pipettenspitze
- 7
- Befestigungsplatte (Trägerplatte)
- 8
- Befestigungszapfen
- 9
- Kolben-Zylindereinheit
- 10
- Zylinder
- 11
- Kolben
- 12
- Außengewinde
- 13
- Innengewinde
- 14
- Durchgangsloch
- 15
- Gehäusewand
- 16
- Absatz
- 17
- oberer zylindrischer Abschnitt
- 18
- unterer zylindrischer Abschnitt
- 19
- konischer Abschnitt
- 20
- obere Einrichtungen zur axialen Lagesicherung
- 21
- obere Ringnut
- 22
- untere Einrichtungen zur axialen Lagesicherung
- 23
- untere Ringnut
- 24, 25
- O-Ringe
- 26
- Innenraum
- 27
- Verbindungsloch
- 28
- Laufbuchse
- 29
- Bohrung
- 30
- zylindrischer Kolbenkopf
- 31
- Kolbenkopf-Ringnut
- 32
- Gehäusewand
- 33
- Kolbenplatte
- 34
- Kanäle
- 35
- Kanalwand
- 36
- Kanalschulter
- 37
- Schlitzöffnung
- 38
- Stirnöffnung
- 39
- Gewindemutter
- 40
- oberer Zapfenabschnitt
- 41
- Verbindungselement
- 42
- mittlerer Zapfenabschnitt
- 43
- unterer Zapfenabschnitt
- 44
- Bohrung
- 45
- Längsnut
- 46
- Flügel
- 47
- Spindel
- 48
- Gewinde
- 49
- Lagerzapfen
- 50
- Kugellager
- 51
- Lagerbuchse
- 52
- Lagerträger
- 53
- Gewindestift
- 54
- Mitnehmer
- 55
- Schlitz
- 56
- Zylinderstift
- 57
- Abstreifplatte
- 58
- Durchgangsloch
- 59
- Gestänge
- 60
- Ausbuchtung
- 61
- Mitnehmer
- 62
- Spitzenöffnung
- 63
- unteres Ende
- 64
- Aufstecköffnung
- 65
- oberes Ende
- 64, 65, 66
- konische Bereiche
- 67
- zylindrische Erweiterung
- 68
- Dichtsitz
- 70
- Laborautomat
- 71
- Mehrachsübertrager (Roboterarm)
- 72
- Werkzeugaufnahme
- 73
- Mikrotiterplatte
- 74
- Adapter
- 75
- Arbeitsfläche
1. Pipettierkopf für eine Pipettiervorrichtung umfassend:
- einen Träger (2),
- mindestens einen an dem Träger (2) gehaltenen Ansatz (5) zum Aufklemmen von Pipettenspitzen
(6) und
- zwei auf dem Ansatz (5) gehaltene O-Ringe (24, 25) aus einem Elastomer,
- wobei die beiden O-Ringe (24, 25) und der Ansatz (5) ausgebildet sind, eine Pipettenspitze
(6) allein durch Verformung der beiden O-Ringe (24, 25) auf dem Ansatz (5) festzuklemmen.
2. Pipettierkopf nach Anspruch 1, bei dem die O-Ringe (24, 25) aus einem weichen Gummi,
Silikon oder thermoplastischen Elastomer hergestellt sind.
3. Pipettierkopf nach Anspruch 1 oder 2, bei dem der Ansatz (5) Einrichtungen zur axialen
Lagesicherung (20, 22) aufweist, die ausgebildet sind, jeden der beiden O-Ringe (24,
25) in einer bestimmten oberen und in einer bestimmten unteren Position abzustützen
und eine Verformung der beiden O-Ringe (24, 25) in radialer Richtung zuzulassen.
4. Pipettierkopf nach Anspruch 3, bei dem die Einrichtungen zur axialen Lagesicherung
(20, 22) am Umfang des Ansatzes umlaufende Ringnuten (21, 23) sind, die mindestens
einen O-Ring (24, 25) teilweise aufnehmen, oder ein oder mehrere Vorsprünge am Umfang
des Ansatzes sind, die zwischen sich mindestens einen O-Ring (24, 25) aufnehmen.
5. Pipettierkopf nach einem der Ansprüche 1-4, bei dem der Ansatz (5) mindestens einen
konischen Abschnitt (19) aufweist und/oder bei dem der Ansatz (5) mindestens einen
zylindrischen Abschnitt (17, 18) aufweist.
6. Pipettierkopf nach Anspruch 4 und 5, bei dem der Ansatz (5) oben einen oberen zylindrischen
Abschnitt (17), unten einen unteren zylindrischen Abschnitt (18), dazwischen einen
sich von oben nach unten verjüngenden konischen Abschnitt (19) und zwischen dem oberen
zylindrischen Abschnitt (17) und dem konischen Abschnitt (19) obere Einrichtungen
zur axialen Lagesicherung (20) und zwischen dem konischen Abschnitt (19) und dem unteren
zylindrischen Abschnitt (18) untere Einrichtungen zur axialen Lagesicherung (22) aufweist.
7. Pipettierkopf nach einem der Ansprüche 1-6, bei dem der obere O-Ringe (24) einen größeren
Innendurchmesser und / oder einen Querschnitt mit einem größeren Durchmesser als der
untere O-Ring (25) aufweist.
8. Pipettierkopf nach einem der Ansprüche 1-7, bei dem der Durchmesser des Querschnittes
des oberen O-Ringes (24) größer ist als die Tiefe der oberen Ringnut (21) und/oder
die Breite der oberen Ringnut (21) gleich oder größer ist als der Durchmesser des
Querschnitts des oberen O-Ringes (24) und/oder der Durchmesser des Querschnittes des
unteren O-Ringes (25) größer ist als die Höhe der unteren Ringnut (23) und/oder bei
dem die Breite der unteren Ringnut (23) gleich oder größer ist als der Durchmesser
des Querschnittes des unteren O-Ringes (25).
9. Pipettierkopf gemäß einem der Ansprüche 1-8, der in einer oder mehreren Reihen parallel
nebeneinander angeordnete Ansätze (5) aufweist.
10. Pipettierkopf nach einem der Ansprüche 1-9, bei der die Ansätze (5) fest mit dem Träger
(2) verbunden sind.
11. Pipettervorrichtung oder Transfervorrichtung umfassend einen Pipettierkopf (1) gemäß
einem der Ansprüche 1-10.
12. Pipettierstation oder Pipettierautomat oder Laborautomat (70) umfassend eine Pipettiervorrichtung
und/oder eine Transfervorrichtung gemäß Anspruch 11.
13. Verwendung eines Pipettierkopfs (1) gemäß einem der Ansprüche 1-10, einer Pipettiervorrichtung
oder Transfervorrichtung gemäß Anspruch 11 oder einer Pipettierstation, eines Pipettierautomaten
oder eines Laborautomaten (70) gemäß Anspruch 12, bei der
- auf jeden Ansatz (5) des Pipettierkopfs (1) eine Pipettenspitze (6) aufgeklemmt
wird,
- der Pipettierkopf (1) verlagert wird, bis jede aufgeklemmte Pipettenspitze (6) mit
ihrem unteren Ende (63) Kontakt mit einem Gefäß (73) hat, das auf einer Arbeitsfläche
(75) bereitgestellt wird,
- der Pipettierkopf (1) verlagert wird, bis das untere Ende (63) jeder aufgeklemmten
Pipettenspitze (6) bis auf einen bestimmten Abstand (x) von einem Boden des Gefäßes
(73) entfernt ist und
- Flüssigkeit aus dem Gefäß (73) in jede aufgeklemmte Pipettenspitze (6) aufgenommen
wird.
14. Verwendung nach Anspruch 13, bei der der Pipettierkopf (1) verlagert wird, bis sämtliche
aufgeklemmten Pipettenspitzen (6) mit den unteren Enden (63) zugleich Kontakt mit
dem Boden des Gefäßes (73) aufweisen und danach der Pipettierkopf (1) verlagert wird,
bis die unteren Enden (63) sämtlicher Pipettenspitzen (6) einen bestimmten Abstand
vom Boden des Gefäßes (73) aufweisen.
15. Verwendung nach Anspruch 13 oder 14, bei der der Pipettierkopf (1) ein Mehrkanal-Pipettierkopf
ist und das Gefäß eine Mikrotiterplatte (73) ist.