(19)
(11) EP 3 666 379 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
17.06.2020  Patentblatt  2020/25

(21) Anmeldenummer: 18212800.9

(22) Anmeldetag:  14.12.2018
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B01L 3/02(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: Eppendorf AG
22339 Hamburg (DE)

(72) Erfinder:
  • WILMER, Jens
    22339 Hamburg (DE)
  • SCHNEIDER, Dominik
    22339 Hamburg (DE)

(74) Vertreter: Hauck Patentanwaltspartnerschaft mbB 
Postfach 11 31 53
20431 Hamburg
20431 Hamburg (DE)

   


(54) PIPETTIERKOPF, PIPETTIERVORRICHTUNG UMFASSEND EINEN PIPETTIERKOPF UND VERFAHREN ZUM PIPETTIEREN MITTELS EINES PIPETTIERKOPFES


(57) Pipettierkopf für eine Pipettiervorrichtung umfassend:
- einen Träger,
- mindestens einen an dem Träger gehaltenen Ansatz zum Aufklemmen von Pipettenspitzen und
- zwei auf dem Ansatz gehaltene O-Ringe aus einem Elastomer,
- wobei die beiden O-Ringe und der Ansatz ausgebildet sind, eine Pipettenspitze allein durch Verformung der beiden O-Ringe auf dem Ansatz festzuklemmen.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf einen Pipettierkopf zum Aufnehmen von Pipettenspitzen, auf eine Pipettiervorrichtung umfassend einen Pipettierkopf und auf ein Verfahren zum Pipettieren von Flüssigkeiten mittels eines Pipettierkopfes.

[0002] Pipettiervorrichtungen mit einem Pipettierkopf zum Aufnehmen einer einzigen oder zum gleichzeitigen Aufnehmen einer Vielzahl Pipettenspitzen werden insbesondere in medizinischen, biologischen, biochemischen und chemischen Laboratorien zur Dosierung von Flüssigkeiten verwendet.

[0003] Pipettierköpfe haben mindestens einen Ansatz, der in eine Aufstecköffnung am oberen Ende einer Pipettenspitze eingesetzt werden kann. Durch eine Spitzenöffnung am unteren Ende der Pipettenspitze hindurch wird Flüssigkeit in die Pipettenspitze aufgenommen und aus dieser ausgegeben.

[0004] Nach Gebrauch kann die Pipettenspitze von dem Ansatz gelöst und gegen eine frische Pipettenspitze ausgetauscht werden. Hierdurch werden bei nachfolgenden Dosierungen Kontaminationen vermieden. Pipettenspitzen aus Kunststoff für den einmaligen Gebrauch sind kostengünstig verfügbar.

[0005] Bei der Ausführung als Luftpolsterpipettiervorrichtung ist mindestens eine Verdrängungseinrichtung für Luft in die Pipettiervorrichtung integriert und über ein Verbindungsloch in jeden Ansatz kommunizierend mit einer darauf aufgeklemmten Pipettenspitze verbunden. Mittels der Verdrängungseinrichtung ist ein Luftpolster verlagerbar, sodass Flüssigkeit in die Pipettenspitze eingesogen und daraus ausgestoßen wird. Die Verdrängungseinrichtung ist meistens ein Zylinder mit einem darin verschieblichen Kolben. Bekannt sind aber auch Verdrängungseinrichtungen mit einer Verdrängungskammer und mindestens einer verformbaren Wand, wobei eine Verformung der Wand die Verdrängung des Luftpolsters bewirkt.

[0006] Bei der Ausführung als Direktverdrängerpipettiervorrichtung ist in der Pipettenspitze ein kleiner Kolben angeordnet, der beim Aufstecken der Pipettenspitze auf den Ansatz mit einem Kolbenantrieb der Pipettiervorrichtung gekoppelt wird.

[0007] Die Aufnahme der Flüssigkeit erfolgt bevorzugt in einem einzigen Schritt oder in mehreren kleinen Schritten. Die Abgabe der Flüssigkeit erfolgt beim Pipettieren in einem einzigen Schritt und beim Dispensieren in mehreren kleinen Schritten.

[0008] Die Pipettiervorrichtungen können als manuell oder elektromotorisch angetriebene, handhabbare Mehrkanalpipetten ausgebildet sein, die vom Anwender beim Pipettieren in der Hand gehalten werden ("Handpipetten").

[0009] Bei Dosierstationen ("Pipettierstationen") oder Dosierautomaten ("Pipettierautomaten") ist der Pipettierkopf an einem Roboterarm oder einem anderen Übertragungssystem zum Verlagern des Pipettierkopfes oberhalb einer Arbeitsfläche verlagerbar. Dosierstationen oder Dosierautomaten können mit dem Pipettierkopf frische Pipettenspitzen aus einem Halter aufnehmen, mit den Pipettenspitzen Flüssigkeiten aus Gefäßen aufnehmen und in Gefäße abgeben und gebrauchte Pipettenspitzen in einen Abfallbehälter abwerfen. Pipettierköpfe können Bestandteil von Laborautomaten ("Workstations") sein, die außer dem Dosieren von Flüssigkeiten weitere Behandlungen von Flüssigkeiten durchführen können. Hierzu gehören insbesondere das Mischen, Temperieren und andere physikalische Behandlungen, die chemische oder biochemische Umsetzung und die Analyse von Proben.

[0010] Die Ansätze zum Halten von Pipettenspitzen sind vielfach als konischer, zylindrischer oder teils konischer und teils zylindrischer Vorsprung bezüglich eines Gehäuses oder eines anderen Trägers der Pipettiervorrichtung ausgebildet. Pipettenspitzen sind mit einem Dichtsitz neben einer Aufstecköffnung an ihrem oberen Ende auf einen Ansatz aufklemmbar. Hierfür wird mindestens ein Ansatz in die Aufstecköffnung mindestens einer in einem Halter bereitstehenden Pipettenspitze eingedrückt, sodass sich die Pipettenspitze etwas aufweitet und unter Vorspannung auf dem Ansatz festsitzt. Die für das Aufklemmen aufzubringende Kraft steigt mit der Anzahl der Pipettenspitzen an.

[0011] Zum Lösen der aufgeklemmten Pipettenspitze von dem Ansatz weisen die Pipettiervorrichtungen eine Abwurfeinrichtung mit einer Antriebseinrichtung und einem Abwerfer auf. Durch Betätigen der Antriebseinrichtung wird der Abwerfer so verlagert, dass er die Pipettenspitze von dem Ansatz löst. Die Antriebseinrichtung wird entweder manuell oder von einem Elektromotor angetrieben. Die Abwurfkraft für das Lösen aufgeklemmter Pipettenspitzen vom Ansatz steigt mit der Anzahl der Pipettenspitzen an.

[0012] Für das Aufklemmen von Pipettenspitzen auf 8, 12, 16, 24, 96 oder 384 Ansätze und Abwerfen der Pipettenspitzen von den Ansätzen sind hohe Kräfte aufzubringen.

[0013] Die DE 10 2004 003 433 B4 beschreibt eine Mehrkanalpipette, bei der der Kraftaufwand für das Aufklemmen der Pipettenspitzen auf den Ansätzen und das Lösen der Pipettenspitzen von den Ansätzen dadurch vermindert wird, dass die Ansätze verfedert sind und in axialer Richtung über einen durch den Abwerfer gebildeten Anschlag hinausstehen. Übersteigt beim Aufklemmen von Pipettenspitzen die Aufklemmkraft einen bestimmten Wert, so federn die Ansätze ein, bis die Pipettenspitzen am Abwerfer anliegen. Hierdurch wird die Aufklemmkraft auf einen Wert begrenzt, bei dem die Pipettenspitzen abdichtend auf den Ansätzen gehalten sind. Dementsprechend ist auch die Abwurfkraft begrenzt.

[0014] Die EP 2 735 369 A1 beschreibt eine Mehrkanalpipette, bei der der Abwerfer als Anschlagelement beim Aufschieben der Pipettenspitzen auf die Ansätze dient. Die Abwurfkräfte werden weiter dadurch reduziert, dass der Abwerfer mehrere Kontaktelemente aufweist, die nacheinander auf die Pipettenspitzen treffen, um diese von den Ansätzen abzudrücken.

[0015] Die WO 01/56695 A1 beschreibt einen Pipettierkopf mit 96 Kanälen, wobei die Ansätze am unteren Ende einen größeren Konuswinkel als darüber aufweisen, um die Kraft zum Aufstecken von Pipettenspitzen mit einem Kragen größerer Wandstärke am oberen Ende und einer geringeren Wandstärke unterhalb des Kragens zu verringern. Der Pipettierkopf umfasst eine Anschlagplatte zum Abwerfen der Pipettenspitzen von den Ansätzen. Die Anschlagplatte ist abgestuft, um die Pipettenspitzen nacheinander von den Ansätzen abzudrücken und die Abwurfkraft zu reduzieren. Von der Anschlagplatte stehen Pfosten mit Vorspanneinrichtungen vor. Eine Kolbenplatte, die Kolben in Zylindern verlagert, die mit den Ansätzen verbunden sind, trifft beim Zurückziehen auf die Vorspanneinrichtungen, um das Abwerfen der Pipettenspitzen von den Ansätzen durch die Anschlagplatte auszulösen. Die Konstruktion mit Vorspanneinrichtungen zum Abwerfen von Pipettenspitzen ist aufwendig.

[0016] Die WO 2005/113149 A1 beschreibt eine Vorrichtung zur Aufnahme und Abgabe von Flüssigkeiten mit einem Pipettierkopf, der 96 Ansätze für Pipettenspitzen aufweist. 96 Kolben-Zylinder-Einheiten sind mit den Ansätzen verbunden und mittels einer Antriebsmechanik von Hand betätigbar. Der Pipettierkopf ist entlang einer Vertikalführung verschiebbar, um Pipettenspitzen von einem Pipettenspitzenträger aufzunehmen und Flüssigkeit einzusaugen und abzugeben. Der Pipettierkopf ist mittels eines Übersetzungshebels mit verstärkter Kraft nach unten drückbar, um den erforderlichen Kraftaufwand für das Aufnehmen von 96 Pipettenspitzen aufzubringen. Die Ansätze sind durch Löcher einer Lochplatte hindurchgeführt, die vertikal verlagerbar ist, um die Pipettenspitzen von den Ansätzen abzustreifen.

[0017] Die DE 20 2008 013 533 U1 beschreibt eine Pipettiervorrichtung mit einer Basisplatte und einer diese außen seitlich abdeckenden, elastischen Dichtplatte, wobei durch die Basisplatte und die Dichtplatte eine Vielzahl von in einem vorgegebenen Raster angeordneten Pipettierkanälen hindurchgeführt sind. Ein im gleichen Raster mit Pipettenspitzen, die jeweils einen Bund aufweisen, bestücktes Magazin steht in einer Magazinaufnahme liegend mittelbar über die Bünde und die Dichtplatte mit der Basisplatte kraftschlüssig in Verbindung. Die Magazinaufnahme ist von einem Magazinrahmen gebildet, der über ein Exzentergetriebe von einem Antriebsmotor angehoben und abgesenkt werden kann, um die Pipettenspitzen in abdichtende Anlage an die Dichtplatte zu bringen oder von der Dichtplatte zu lösen.

[0018] Pipettierautomaten, bei denen Pipettenspitzen in einem Magazin in einer Magazinaufnahme aufgenommen und an eine Dichtplatte angepresst werden, werden von der Firma Apricot Designs, Inc, Covina, CA, USA, unter den Produktbezeichnungen "i-Pipette" und "i-Pipette Pro" vermarktet.

[0019] Nachteilig ist, dass diese Pipettierautomaten nur mit speziellen Pipettenspitzen in einem speziellen Magazin zusammenarbeiten können. Ferner ist nachteilig, dass die Bestückung der Magazinaufnahme von Hand erfolgt.

[0020] Die EP 0 337 726 A2 beschreibt eine Vorrichtung zum gleichzeitigen Aufnehmen mehrerer Pipettenspitzen mittels paralleler Ansätze in einer gerade Reihe, die jeweils in einer Ringnut mit einer einstellbaren Nutenbreite einen elastomeren O-Ring aufweisen. Die Ausdehnung der O-Ringe in Umfangsrichtung ist durch Verstellen der Nutenbreiten veränderbar, um die Pipettenspitzen abdichtend auf den Ansätzen festzuklemmen und die Pipettenspitzen von den Ansätzen zu lösen. Zum Einstellen der Nutenbreiten sind die Nuten jeweils durch eine auf den Ansatz geschraubte Gewindehülse begrenzt, die mittels eines angekoppelten Getriebemechanismus auf dem Ansatz drehbar ist. Jede Gewindehülse ist fest mit einem Zahnrad verbunden. Die Zahnräder kämmen mit einer einzigen Zahnstange, die von einem drehbaren Handgriff angetrieben ist. Bei einer alternativen Ausführungsart ist jede einzelne Gewindehülse individuell von einem Elektromotor angetrieben und sind die Elektromotoren für einen gleichlaufenden Betrieb mit einer gemeinsamen Spannungsversorgung verbunden. Der Antrieb zum Festklemmen der Pipettenspitzen auf den Ansätzen ist konstruktiv aufwendig.

[0021] Die DE 199 17 375 C2 beschreibt eine Pipettiereinheit mit einer Pipettenspitze und einem Ansatz, der ein Pipettierrohr mit einer Koppelhülse am unteren Ende, einen auf das Pipettierrohr aufgeschobenen O-Ring aus elastisch verformbarem Material und eine auf das Pipettierrohr aufgeschobene Hülse aufweist. Die Hülse dient zur axialen Quetschung des O-Ringes, sodass sich dieser radial verformt und abdichtend in eine Ringnut am Innenumfang der Pipettenspitze eingreift. Zum Lösen der Pipettenspitze kann der O-Ring entlastet werden. Zum Halten der Pipettenspitze auf dem Ansatz in einer vorbestimmten Stellung weisen Ansatz und Pipettenspitze zusammenwirkende Axialpositionierungsmittel auf. Dadurch, dass der O-Ring in eine Ringnut der Pipettenspitze eingreift, werden die aneinander anliegenden Axialpositionierungsmittel vorgespannt. Zum Abwerfen der Pipettenspitze ist ein beweglicher Abwerfer vorgesehen, der als die Hülse umschließendes Abwerferrohr ausgebildet ist. Der Abwerfer ist hydraulisch oder elektromotorisch betätigbar oder mittels einer Vorspannfeder, die beim Aufsetzen der Pipettenspitze auf die Pipettiereinheit gespannt wird. Die Betätigungsmittel zum Festklemmen und Lösen der Pipettenspitze am Ansatz sind aufwendig und haben einen hohen Platzbedarf. Das Anbringen der Pipettenspitzen in der definierten Kopplungsstellung kann leicht durch Fertigungstoleranzen oder eine ungenaue Positionierung der Pipettenspitze auf dem Ansatz verhindert werden. Die Ringnut und die Axialpositionierungsmittel schränken den Einsatz verschiedener Pipettenspitzen ein.

[0022] Die WO 2018/002254 A1 beschreibt einen Dosierkopf für eine Dosiervorrichtung mit einem Träger, an dem nebeneinander eine Vielzahl paralleler Ansätze zum Aufnehmen von Pipettenspitzen angeordnet ist. Jeder Ansatz weist ein Rohr mit einem am unteren Ende vom Außenumfang nach außen vorstehenden, zumindest teilweise umlaufenden Stützvorsprung, mindestens eine Hülse, die das Rohr umschließt und auf dem Rohr axial verlagerbar ist, und mindestens einen elastomeren O-Ring auf, der das Rohr umschließt und neben dem unteren Ende der Hülse angeordnet ist. Oberhalb der Hülsen ist eine Druckplatte mit einer Vielzahl erster Löcher angeordnet, durch die sich die Rohre hindurch erstrecken, wobei die Druckplatte entlang der Rohre zwischen einer Freigabestellung in einem ersten Abstand von den Stützvorsprüngen und einer Klemmstellung in einem den ersten Abstand unterschreitenden, zweiten Abstand von den Stützvorsprüngen verlagerbar ist, die Druckplatte in der Klemmstellung so gegen den oberen Rand der benachbarten Hülsen sämtlicher Ansätze drückt, dass die Hülsen mit den unteren Enden an die benachbarten O-Ringe angepresst und die O-Ringe aufgeweitet sind, um auf die Ansätze aufgeschobene Pipettenspitzen festzuklemmen. Eine erste Verlagerungseinrichtung ist mit der Druckplatte verbunden und ausgebildet, die Druckplatte zwischen der Freigabestellung und der Klemmstellung zu verlagern.

[0023] Ein simultanes Festklemmen und Lösen einer großen Anzahl Pipettenspitzen wird durch das gleichmäßige Drücken der Druckplatte gegen sämtliche Hülsen und durch das gleichmäßige Entlasten sämtlicher Hülsen ermöglicht. Die Kraftübertragung von der ersten Verstelleinrichtung über die Druckplatte auf die Hülsen begünstigt eine verhältnismäßig einfache, kompakte und leichte Bauweise. Das Festklemmen durch Aufweiten der O-Ringe begünstigt den Einsatz von Pipettenspitzen mit unterschiedlichen Formen und Abmessungen.

[0024] Die DE 10 2006 036 764 schreibt ein Pipettiersystem mit einer Pipettiervorrichtung mit mindestens einem Aufsteckschaft, der einen am Außenumfang umlaufenden Rastwulst und darunter zwei voneinander beanstandete, umlaufende Ringnuten aufweist, die jeweils einen Dichtring aufnehmen. Das Pipettiersystem umfasst eine Pipettenspitze, die mit einer Rastnut auf den Rastwulst aufklemmbar ist und darunter einen Dichtbereich hat, an dem die Dichtringe abdichtend anliegen. Durch die Verrastung wird ein definierter Sitz der Pipettenspitze auf dem Aufsteckschaft erreicht und die Dichtringe dichten die Pipettenspitze gegenüber dem Aufsteckschaft ab. Für das Verrasten von Rastwulst und Rastnut sind verhältnismäßig hohe Aufsteckkräfte erforderlich.

[0025] Davon ausgehend liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, einen Pipettierkopf mit mindestens einem Ansatz zum Aufnehmen mindestens einer Pipettenspitze zur Verfügung zu stellen, der mit verringertem Kraftaufwand und verringertem baulichen Aufwand ein sicheres Aufnehmen und Lösen von Pipettenspitzen ermöglicht.

[0026] Die Aufgabe wird durch einen Pipettierkopf mit den Merkmalen von Anspruch 1 gelöst. Vorteilhafte Ausführungsarten der Erfindung sind in Unteransprüchen angegeben.

[0027] Der erfindungsgemäße Pipettierkopf für eine Pipettiervorrichtung umfasst:
  • einen Träger,
  • mindestens einen an dem Träger gehaltenen Ansatz zum Aufklemmen von Pipettenspitzen, und
  • zwei auf dem Ansatz gehaltene O-Ringe aus einem Elastomer,
  • wobei die beiden O-Ringe und der Ansatz ausgebildet sind, eine Pipettenspitze allein durch Verformung der beiden O-Ringe auf dem Ansatz festzuklemmen.


[0028] Pipettenspitzen sind längliche Röhrchen, die an ihrem unteren Ende eine Spitzenöffnung und neben einer Aufstecköffnung an ihrem oberen Ende einen Dichtsitz aufweisen, mit dem sie auf den Ansatz aufklemmbar sind. Der Innendurchmesser und der Außendurchmesser der Pipettenspitzen vergrößert sich im Allgemeinen von der Spitzenöffnung bis zur Aufstecköffnung. Wird eine Pipettenspitze auf einen Ansatz eines Pipettierkopfes aufgenommen, der keinen O-Ring, nur einen O-Ring oder einen Rastwulst und zwei O-Ringen hat, so entstehen hohe Aufnahmekräfte (Aufsteckkräfte, Aufklemmkräfte), da die Pipettenspitze, die aus Polypropylen, Polyethylen oder einem anderen hartelastischen Kunststoff besteht, beim Aufschieben auf den Ansatz direkt in Kontakt mit dem Ansatz kommt und sich hierbei verformt. Dadurch, dass bei dem erfindungsgemäßen Pipettierkopf die beiden O-Ringe und der Ansatz so ausgebildet sind, dass eine Pipettenspitze allein durch Verformung der beiden O-Ringe auf dem Ansatz festklemmbar ist, kann ein direkter Kontakt der Pipettenspitze mit dem Ansatz vermieden werden und findet beim Aufnehmen der Pipettenspitzen durch den Pipettierkopf eine Verformung allein an den beiden O-Ringen statt. Der Innendurchmesser des Dichtsitzes der Pipettenspitze ist an der Stelle, die einen O-Ring kontaktiert, kleiner als der Außendurchmesser des jeweiligen O-Ringes, damit dieser beim Aufschieben verformt wird und die Pipettenspitze auf dem Ansatz festklemmt. Da die O-Ringe aus einem Elastomer bestehen, können diese leichter verformt werden, als die Pipettenspitze. Hierdurch wird die für das Aufnehmen der Pipettenspitzen erforderliche Aufnahmekraft verringert. Durch die Verringerung der Aufklemmkräfte kann bei einer Handpipette die Belastung für den Anwender beim manuellen Pipettieren verringert werden. Bei einer Pipettierstation, einem Pipettierautomaten oder einem Laborautomaten werden hierdurch die Anforderungen an das Übertragungssystem, insbesondere an seine Festigkeit und die Leistung der Antriebe, herabgesetzt.

[0029] Zusätzlich bewirken die beiden O-Ringe eine genaue Ausrichtung der Pipettenspitzen auf den Ansatz. Dies ist vorteilhaft für die Einführung von Pipettenspitzen in die Öffnungen von Gefäßen, ohne mit den Gefäßen zu kollidieren. Hierdurch kann insbesondere ein Kippen der Pipettenspitze vermieden werden, wenn diese beim Handpipettieren mit dem unteren Ende die Wand des Gefäßes kontaktiert. Dies wird von den Pipettenherstellern empfohlen, damit die Flüssigkeit unter gleichmäßigen Bedingungen aus der Spitzenöffnung abläuft.

[0030] Ein weiterer Vorteil der beiden O-Ringe auf jedem Ansatz ist, dass sämtliche Spitzen so auf den Ansatz aufgeschoben werden können, dass sie nachträglich noch weiter auf dem Ansatz hochschiebbar sind und später weiter in eine Position für das Pipettieren hochgeschoben werden. Alternativ können sämtliche Spitzen bis zu einem Abwerfer oder Anschlag auf dem Ansatz hochgedrückt werden, sodass die aufgeklemmten Pipettenspitzen immer die gleiche Höhe haben.

[0031] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsart sind die Pipettenspitzen abdichtend auf dem Ansatz festklemmbar, sodass der Pipettierkopf dafür verwendet werden kann, mittels mindestens einer aufgeklemmten Pipettenspitze Flüssigkeit aufzunehmen und abzugeben. Hierfür weist der Pipettierkopf mindestens eine Verdrängungseinrichtung auf, die über mindestens eine Leitung mit einem Verbindungsloch am Ende des Ansatzes verbunden ist, um ein Luftpolster zu verdrängen und durch die Spitzenöffnung hindurch Flüssigkeit in eine aufgeklemmte Pipettenspitze aufzunehmen und aus dieser abzugeben. Aufgrund der radialen Verformbarkeit der beiden O-Ringe ist es möglich, Pipettenspitzen mit unterschiedlichen Abmessungen auf demselben Ansatz aufzunehmen und mit den verschieden großen Pipettenspitzen zu pipettieren. Hierdurch kann der Aufwand für die Durchführung verschiedener Pipettieraufgaben reduziert werden. Beispielsweise können die O-Ringe und der Ansatz so ausgebildet werden, dass auf denselben Ansatz Pipettenspitzen mit Nennvolumen von 10 µl und 50 µl oder mit einem Nennvolumen von 300 µl und 1.000 µl abdichtend aufklemmbar sind. Hierfür sind handelsübliche Pipettenspitzen verschiedener Hersteller verwendbar, da diese im Dichtbereich übereinstimmende Abmessungen aufweisen.

[0032] Falls sich die Abmessungen der verschiedenen Pipettenspitzen stärker unterscheiden, kann der Pipettierkopf gegebenenfalls dafür verwendet werden, Pipettenspitzen verschiedener Größen zu transferieren, z.B. von einem Pipettenspitzenträger zu einem anderen Pipettenspitzenträger, da die Pipettenspitzen zwar nicht abdichtend auf den Ansätzen festgeklemmt sind, jedoch so fest auf den Ansätzen sitzen, dass sie mittels des Pipettierkopfs übertragbar sind. Dies kann insbesondere für die automatische Übertragung von Pipettenspitzen in einem Laborautomaten genutzt werden. Beispielsweise können die O-Ringe und der Ansatz so ausgebildet werden, dass mit demselben Ansatz handelsübliche Pipettenspitzen mit einem Nennvolumen von 10, 50, 300 und 1.000 µl aufgenommen und transferiert werden können. Die Erfindung umfasst Pipettierköpfe, die für die Übertragung von Pipettenspitzen herangezogen werden können, nicht jedoch für das Aufnehmen und Abgeben von Flüssigkeiten. Ein derartiger Pipettierkopf zum Übertragen von Pipettenspitzen kann ohne Verdrängungseinrichtung ausgebildet werden und wird nachfolgend auch als Transferkopf bezeichnet.

[0033] Gemäß einer weiteren Ausführungsart sind die O-Ringe aus einem weichen Elastomer hergestellt. Gemäß einer weiteren Ausführungsart sind die O-Ringe aus Gummi, Silikon-Kautschuk, Fluorkautschuk (FEPM - z.B. Viton® von DuPont Performance Elastomers), hydrierter Nitril-Kautschuk (HNBR), Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM) oder einem thermoplastischen Elastomer hergestellt. O-Ringe aus einem weichen Elastomer (Silikon-Kautschuk) werden insbesondere von der Firma C. Otto Gerckens GmbH & Co. KG Dichtungstechnik, Pinneberg, Deutschland unter der Bezeichnung VMQ vermarktet.

[0034] Gemäß einer weiteren Ausführungsart weist der Ansatz Einrichtungen zur axialen Lagesicherung auf, die ausgebildet sind, jeden der beiden O-Ringe in einer bestimmten oberen und in einer bestimmten unteren Position abzustützen und eine Verformung der beiden O-Ringe in radialer Richtung zuzulassen. Hierdurch können die beiden O-Ringe in definierten Positionen oder Bereichen auf dem Ansatz gehalten werden. Diese können auf die Pipettenspitzen abgestimmt werden, die auf dem Ansatz gehalten werden sollen.

[0035] Gemäß einer weiteren Ausführungsart sind die Einrichtungen zur axialen Lagesicherung Ringnuten. Jede Ringnut kann mindestens einen O-Ring teilweise aufnehmen, wobei der O-Ring am Grund der Ringnut auf dem Ansatz geführt ist und durch die beiden Flanken der Ringnut an einer Verlagerung nach oben und nach unten gehindert wird. Die Ringnuten können so bemessen sein, dass jeder O-Ring genau passend, oder mit einem axialen Spiel oder in axialer Richtung etwas komprimiert in der jeweiligen Ringnut gehalten wird. Ferner ist es möglich, in derselben Ringnut beide O-Ringe zu halten. Hierbei stützen sich beiden O-Ringe in derselben Ringnut aneinander ab und wird der obere O-Ring an der oberen Flanke und der untere O-Ring an der unteren Flanke der Ringnut abgestützt.

[0036] Gemäß einer anderen Ausführungsart sind die Einrichtungen zur axialen Lagesicherung durch einen oder mehrere Vorsprünge gebildet, die beidseitig mindestens eines O-Ringes auf dem Umfang des Ansatzes angeordnet sind. Durch den mindestens einen Vorsprung auf beiden Seiten mindestens eines O-Ringes wird eine Verlagerung in axialer Richtung verhindert oder begrenzt.

[0037] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsart weist jeder Ansatz nur zwei O-Ringe auf. Gemäß einer anderen Ausführungsart weist jeder Ansatz mehr als zwei O-Ringe auf. Für jeden O-Ring kann eine gesonderte Ringnut oder andere Einrichtungen zur axialen Lagesicherung vorhanden sein oder mehrere O-Ringe können gemeinsam in derselben Ringnut angeordnet oder von denselben Einrichtungen zur axialen Lagesicherung auf dem Ansatz gehalten sein.

[0038] Gemäß einer weiteren Ausführungsart sind die Einrichtungen zur axialen Lagesicherung einteilig mit dem Ansatz ausgebildet. Gemäß einer anderen Ausführungsart sind die Einrichtungen zur axialen Lagesicherung auf den Ansatz aufgeschobene Hülsen und/oder Ringe, die zwischen sich die O-Ringe aufnehmen, die innen am Ansatz geführt sind. Die Hülsen und/oder Ringe sind entweder auf dem Ansatz fixiert oder lose auf dem Ansatz geführt und durch zusätzliche Mittel zur axialen Lagesicherung daran gehindert, von dem Ansatz abgestreift zu werden. Diese können beispielsweise oben durch den Träger und unten durch einen Sicherungsring gebildet werden, der in einer zusätzlichen Ringnut auf dem Umfang des Ansatzes gehalten ist.

[0039] Gemäß einer weiteren Ausführungsart sind die beiden O-Ringe auf dem Ansatz in einem Abstand voneinander angeordnet. Dies ist besonders vorteilhaft für die genaue Ausrichtung der Pipettenspitzen auf den Ansatz. Ferner kann hierdurch ein besonders sanfter Anstieg der Aufklemmkräfte beim Aufklemmen einer Pipettenspitze erreicht werden.

[0040] Gemäß einer weiteren Ausführungsart weist der Ansatz mindestens einen konischen Abschnitt auf. Dies ist vorteilhaft für ein Aufklemmen von Pipettenspitzen auf den Ansatz unter allmählichem Anstieg der Aufklemmkräfte.

[0041] Gemäß einer weiteren Ausführungsart weist der Ansatz mindestens einen zylindrischen Abschnitt auf. Durch den zylindrischen Abschnitt kann die Führung und die Abdichtung einer Pipettenspitze am Ansatz verbessert werden.

[0042] Gemäß einer weiteren Ausführungsart hat der Ansatz oben einen oberen zylindrischen Abschnitt, unten einen unteren zylindrischen Abschnitt, dazwischen einen sich von oben nach unten verjüngenden konischen Abschnitt und zwischen dem oberen zylindrischen Abschnitt und dem konischen Abschnitt obere Einrichtungen zur axialen Lagesicherung und zwischen dem konischen Abschnitt und dem unteren zylindrischen Abschnitt untere Einrichtungen zur axialen Lagesicherung. Hierdurch kann erreicht werden, dass die Aufklemmkräfte beim Aufklemmen der Pipettenspitze auf den Ansatz allmählich ansteigen und die Pipettenspitze auf dem Ansatz gut geführt und ausgerichtet wird.

[0043] Gemäß einer weiteren Ausführungsart hat der obere O-Ring einen größeren Innendurchmesser und/oder einen Querschnitt mit einem größeren Durchmesser als der untere O-Ring. Dies ist vorteilhaft für einen allmählichen Anstieg der Aufsteckkräfte beim Aufklemmen einer Pipettenspitze auf den Ansatz.

[0044] Gemäß einer weiteren Ausführungsart ist der Durchmesser des Querschnittes des oberen O-Ringes größer als die Tiefe der oberen Ringnut und/oder ist die Breite der oberen Ringnut gleich oder größer als der Durchmesser des Querschnittes des oberen O-Ringes und/oder ist der Durchmesser des Querschnittes des unteren O-Ringes größer als die Höhe der unteren Ringnut und/oder ist die Breite der unteren Ringnut gleich oder größer als der Durchmesser des Querschnittes des unteren O-Ringes. Durch die Tiefe der jeweiligen Ringnut wird erreicht, dass der jeweilige O-Ring durch Aufklemmen einer Pipettenspitze auf den Ansatz in radialer Richtung verformbar ist und/oder durch die Breite der jeweiligen Ringnut wird ein langer Verformungsweg bei geringen Aufklemmkräften erreicht.

[0045] Gemäß einer weiteren Ausführungsart weist der Pipettierkopf in einer oder mehreren Reihen parallel nebeneinander angeordnete Ansätze auf. Hierdurch kann der Pipettierkopf für das gleichzeitige Aufklemmen einer großen Anzahl Pipettenspitzen verwendet werden, wofür er aufgrund der geringen Aufklemmkräfte besonders gut geeignet ist.

[0046] Gemäß einer weiteren Ausführungsart sind die Ansätze fest mit dem Träger verbunden. Durch die beiden O-Ringe können die Aufklemmkräfte niedrig gehalten werden, sodass es hierfür insbesondere nicht erforderlich ist, die Ansätze über Federn am Träger abzustützen. Gemäß einer anderen Ausführungsart des erfindungsgemäßen Pipettierkopfs sind die Ansätze über Federn an dem Träger abgestützt, um hierdurch zusätzlich die Aufsteckkräfte zu begrenzen.

[0047] Gemäß einer weiteren Ausführungsart ist der Träger ein Gehäuse oder ein Teil eines Gehäuses oder ein Chassis oder ein Teil eines Chassis des Pipettierkopfes. Beispielsweise ist der Träger eine untere Gehäusewand des Gehäuses oder ein unteres Teil eines Chassis des Pipettierkopfes. Der Ansatz kann insbesondere durch Einschrauben in einer unteren Gehäusewand oder in einem unteren Teil eines Chassis gehalten sein. Wenn der Ansatz in einem unteren Teil eines Chassis gehalten ist, kann das Gehäuse in einer unteren Gehäusewand ein Durchgangsloch für jeden Ansatz aufweisen oder die untere Gehäusewand ganz fehlen.

[0048] Ferner betrifft die Erfindung eine Pipettiervorrichtung oder eine Transfervorrichtung umfassend einen Pipettierkopf gemäß einem der Ansprüche 1 bis 10 oder einer der vorstehenden Ausführungsarten. Die Pipettiervorrichtung oder Transfervorrichtung kann insbesondere als manuell oder elektromotorisch angetriebene, handhabbare Pipettiervorrichtung oder Transfervorrichtung mit einem oder mehreren Kanälen ausgebildet sein, die vom Anwender beim Pipettieren oder Übertragen von Pipettenspitzen in der Hand gehalten werden kann (Handpipette).

[0049] Ferner betrifft die Erfindung eine Pipettierstation oder einen Pipettierautomaten oder einen Laborautomaten umfassend eine Pipettiervorrichtung und/oder eine Transfervorrichtung gemäß Anspruch 11. Die Pipettierstation oder der Pipettierautomat oder der Laborautomat kann zum (automatischen) Pipettieren oder Übertragen von Pipettenspitzen verwendet werden. Der Laborautomat kann zum automatischen Pipettieren, zum Übertragen von Pipettenspitzen und darüber hinaus für weitere Behandlungen von Flüssigkeiten verwendet werden, beispielsweise zum Temperieren, Mischen, Durchführen chemischer oder biochemischer Reaktionen und anderer physikalischer, chemischer oder biochemischer Behandlungen.

[0050] In einer Pipettierstation, einem Pipettierautomaten oder einem Laborautomaten kann der Pipettierkopf so ausgebildet sein, dass er mittels einer Schnellwechselvorrichtung an der Pipettierstation, dem Pipettierautomaten oder dem Laborautomaten befestigt und davon gelöst werden kann, um daran einen anderen Pipettierkopf (z.B. für andere Pipettenspitzengrößen), ein Greiferwerkzeug zum Transportieren von Laborartikeln (labware) oder ein anderes Werkzeug zu befestigen. Diese Ausführungsart wird auch als Pipettierwerkzeug bezeichnet.

[0051] Ferner betrifft die Erfindung die Verwendung eines Pipettierkopfs gemäß einem der Ansprüche 1 bis 10, einer Pipettiervorrichtung gemäß Anspruch 11 oder einer Pipettierstation oder eines Pipettierautomaten oder eines Laborautomaten gemäß Anspruch 12, bei der
  • auf jeden Ansatz des Pipettierkopfs eine Pipettenspitze aufgeklemmt wird,
  • der Pipettierkopf verlagert wird, bis jede aufgeklemmte Pipettenspitze mit ihrem unteren Ende Kontakt mit einem Gefäß hat, das auf einer Arbeitsfläche bereitgestellt wird,
  • der Pipettierkopf verlagert wird, bis das untere Ende jeder aufgeklemmten Pipettenspitze bis auf einen bestimmten Abstand von einem Boden des Gefäßes entfernt ist und
  • Flüssigkeit aus dem Gefäß in jede aufgeklemmte Pipettenspitze aufgenommen wird.


[0052] Für eine Vielzahl von Anwendungen ist es wünschenswert, die Flüssigkeit in nächster Nähe des Bodens eines Gefäßes in eine Pipettenspitze aufzunehmen. Zu diesen Anwendungen gehören beispielsweise effiziente Waschschritte sowie die optimale Rückgewinnung von Flüssigkeiten unter Phasengrenzen. Dabei gibt es in einer Pipettierstation, einem Pipettierautomaten oder in einem Laborautomaten eine Vielzahl an Toleranzen, welche die endgültige Positionierung der Spitzenöffnung in der vertikalen Richtung beeinflussen. Insbesondere bei der Verwendung von Mehrkanal-Pipettierköpfen, insbesondere in Ausführung mit Schnellwechselvorrichtung (Mehrkanal-Pipettierwerkzeuge), ist die exakte Positionierung der individuellen Pipettenspitzen nicht möglich.

[0053] Die Verwendung eines Pipettierkopfs mit zwei O-Ringen pro Ansatz ermöglicht es, unbekannte Toleranzketten durch geringe Unterschiede des Sitzes der Pipettenspitzen bei gleichbleibender Dosierqualität zu erlauben. Hierfür werden die Pipettenspitzen zunächst mittels eines Pipettierkopfs mit nur einem oder mehreren Kanälen aufgenommen, bis auf sämtliche Ansätze Pipettenspitzen aufgeklemmt sind. Hierbei werden die Pipettenspitzen nicht komplett auf die Ansätze aufgeschoben, d.h. nicht bis zu einem Abwerfer oder einem Anschlag, sodass sie noch weiter nach oben auf die Ansätze aufschiebbar sind. Danach wird der Pipettierkopf verlagert und mit den unteren Enden sämtlicher aufgeklemmter Pipettenspitzen auf das Gefäß aufgesetzt, aus dem Flüssigkeit entnommen oder in das Flüssigkeit abgegeben werden soll. Durch Aufsetzen der unteren Enden der Pipettenspitzen auf die Gefäße werden bekannte und unbekannte Toleranzen ausgeglichen. Hierbei können die Pipettenspitzen etwas weiter nach oben auf die Ansätze aufgeschoben werden, und zwar in unterschiedlichem Ausmaß, je nachdem, ob sie mit ihren unteren Enden früher oder später auf den Gefäßen aufsetzen. Danach werden sämtliche aufgeklemmten Pipettenspitzen in ein Gefäß eingetaucht, bis sie einen kurzen Abstand vom Boden des Gefäßes aufweisen. Hierdurch wird ein kleiner Spalt für die Aufnahme von Flüssigkeiten zwischen der Spitzenöffnung und dem Boden des Gefäßes erzeugt. Der Vorgang kann vollautomatisch erfolgen, sodass kein Mehraufwand für den Anwender entsteht. Der Vorgang kann während eines Programmlaufes eines Laborautomaten erfolgen. Der Sitz der aufgeklemmten Pipettenspitzen kann an die individuellen Gefäßaufnahmen (Kavitäten) der verwendeten Einfach- oder Mehrfachgefäße oder sonstiger Verbrauchsmaterialien (disposables) angepasst werden.

[0054] Gemäß einer Ausführungsart wird der Pipettierkopf verlagert, bis sämtliche aufgeklemmten Pipettenspitzen mit den unteren Enden zugleich Kontakt mit dem Boden eines Gefäßes aufweisen und wird danach der Pipettierkopf verlagert, bis die unteren Enden sämtlicher Pipettenspitzen einen bestimmten Abstand vom Boden des Gefäßes aufweisen. Hierdurch kann ein besonders geringer Spalt zwischen den unteren Enden der jeweils aufgeklemmten Pipettenspitzen und dem Boden der Gefäße erreicht werden. Gemäß einer anderen Ausführungsart wird der Pipettierkopf verlagert, bis die unteren Enden sämtlicher aufgeklemmten Pipettenspitzen Kontakt mit einem anderen Teil der Oberfläche des Gefäßes als dem Boden aufweisen. Hierdurch wird zumindest eine genaue Ausrichtung der Pipettenspitzen auf die Gefäße erreicht, wobei lediglich Toleranzen zwischen der Lage der kontaktierten Oberfläche und dem Boden des Gefäßes nicht ausgeglichen werden.

[0055] Gemäß einer weiteren Ausführungsart ist der Pipettierkopf ein Mehrkanal-Pipettierkopf und ist das Gefäß ein Mehrfachgefäß, insbesondere eine Mikrotestplatte (Mikrotiterplatte). Die Erfindung ist besonders für den gleichzeitigen Ausgleich einer Vielzahl Toleranzen zwischen aufgeklemmten Pipettenspitzen und einer Mikrotestplatte geeignet. Hierbei wird jede Pipettenspitze mit ihrem unteren Ende zunächst in Kontakt mit einer Oberfläche des Mehrfachgefäßes oder mit dem Boden eines Näpfchens (well) oder sonstigen Kavität des Mehrfachgefäßes und danach auf einen geringen Abstand vom Boden der Kavität gebracht.

[0056] Falls es nicht möglich ist, den Pipettierkopf so zu verlagern, dass jede aufgeklemmte Pipettenspitze mit ihrem unteren Ende Kontakt mit einem Gefäß hat, das auf einer Arbeitsfläche bereitgestellt wird, beispielsweise weil das Gefäß mit einer Flüssigkeit befüllt ist, die nicht in Kontakt mit der Pipettenspitze kommen darf, kann der Pipettierkopf auch so verwendet werden, dass sämtliche Pipettenspitzen bis zu einem Abwerfer oder Anschlag auf dem Ansatz hochgedrückt werden, sodass sämtliche aufgeklemmten Pipettenspitzen die gleiche Höhe haben. Hierdurch werden die Fehler aufgrund von Toleranzen reduziert, wenngleich auch nicht in demselben Ausmaß, wie beim Verlagern des Pipettierkopfs so, dass die aufgeklemmten Pipettenspitzen an ihrem unteren Ende Kontakt mit dem Gefäß haben.

[0057] Die Erfindung wird nachfolgend anhand der anliegenden Zeichnungen von Ausführungsbeispielen näher erläutert. In den Zeichnungen zeigen:
Fig. 1
einen Pipettierkopf mit aufgeklemmten Pipettenspitzen in der Vorderansicht;
Fig. 2
denselben Pipettierkopf ohne Pipettenspitzen in der Rückansicht;
Fig. 3
denselben Pipettierkopf mit aufgeklemmten Pipettenspitzen in einem Vertikalschnitt;
Fig. 4
einen Ansatz desselben Pipettierkopfs mit einer aufgeklemmten Pipettenspitze in einem vergrößerten vertikalen Teilschnitt;
Fig. 5
Aufsteckkräfte in Abhängigkeit vom Weg des Pipettierkopfes beim Aufklemmen auf einen herkömmlichen und auf einen erfindungsgemäßen Pipettierkopf in einem Diagramm;
Fig. 6
Toleranzketten und -Summen in einem Dosiersystem in einer grob schematischen Ansicht;
Fig. 7
Ansätze eines Mehrkanal-Pipettierkopfs mit aufgenommenen Pipettenspitzen oberhalb des Bodens einer Mikrotiterplatte in einer grob schematischen Ansicht;
Fig. 8
das Pipettierwerkzeug mit durch Aufsetzen auf den Bodenbereich der Mikrotiterplatte individuell eingestellten Pipettenspitzen in einer grob schematischen Ansicht;
Fig. 9
das Pipettierwerkzeug mit individuell eingestellten Pipettenspitzen zurückgezogen bis auf einen kleinen Abstand vom Bodenbereich der Mikrotiterplatte in einer grob schematischen Ansicht.


[0058] In dieser Anmeldung beziehen sich die Angaben "oben" und "unten", "horizontal" und "vertikal" auf eine Ausrichtung des Pipettierkopfs mit den Ansätzen in vertikaler Richtung, wobei die Ansätze unten und die übrigen Teile des Pipettierkopfs darüber angeordnet sind.

[0059] Bei der Beschreibung verschiedener Ausführungsformen werden für Bauteile mit übereinstimmenden Bezeichnungen dieselben Bezugsziffern verwendet.

[0060] Gemäß Fig. 1 und 2 hat der Pipettierkopf 1 ein Gehäuse 2, das aus einer vorderen und einer hinteren Gehäuseschale 3, 4 gebildet ist, die in einer vertikalen Ebene zusammengefügt sind.

[0061] Von der Unterseite des Pipettierkopfes 1 stehen acht parallele Ansätze 5 (Zapfen) zum Aufklemmen von Pipettenspitzen 6 vertikal nach unten vor (Fig. 3 und 4).

[0062] Auf der Oberseite des Gehäuses 2 ist eine streifenförmige Trägerplatte 7 angeordnet. Von der Trägerplatte 7 steht ein Befestigungszapfen 8 nach oben vor.

[0063] Gemäß Fig. 3 sind in dem Pipettierkopf 1 acht parallele Kolben-Zylindereinheiten 9 in einer Reihe nebeneinander angeordnet. Jede Kolben-Zylindereinheit 9 hat einen Zylinder 10, in dem ein Kolben 11 verschiebbar angeordnet ist.

[0064] Jeder Zylinder 10 hat ein Außengewinde 12, mit dem er in ein entsprechendes Innengewinde 13 in einem Durchgangsloch 14 in einer horizontalen unteren Gehäusewand 15 eingeschraubt ist. Das Einschrauben der Zylinder 10 in die untere Gehäusewand 15 ist durch Absätze 16 am Außenumfang der Zylinder 10 begrenzt, mit denen diese an der Oberseite der unteren Gehäusewand 15 anliegen.

[0065] Der untere Teil der Zylinder 10 steht von der Unterseite der unteren Gehäusewand 15 nach außen vor und bildet dort die Ansätze 5. Somit ist Gehäuse 2 ein Träger für die Ansätze 5.

[0066] Gemäß Fig. 4 weist jeder Ansatz 5 oben einen oberen zylindrischen Abschnitt 17, unten einen unteren zylindrischen Abschnitt 18 und dazwischen einen sich von oben nach unten verjüngenden konischen Abschnitt 19 auf. Auf jedem Ansatz 5 sind zwischen dem oberen zylindrischen Abschnitt 17 und dem konischen Abschnitt 19 obere Einrichtungen zur axialen Lagesicherung 20 in Form einer oberen Ringnut 21 und zwischen dem konischen Abschnitt 19 und dem unteren zylindrischen Abschnitt 18 untere Einrichtungen zur axialen Lagesicherung 22 in Form einer unteren Ringnut 23 vorhanden.

[0067] In jede Ringnut 21, 23 ist ein O-Ring 24, 25 aus einem Elastomer, vorzugsweise aus einem weichen Elastomer, insbesondere aus einem weichen Silikon-Kautschuk, eingesetzt. Jeder O-Ring 24, 25 ist am Grund der Ringnut 21, 23 geführt und hat einen Querschnitt mit einem Durchmesser, der größer ist als die Tiefe der Ringnut 21, 23 und der kleiner ist als die Breite der Ringnut 21, 23, in der er angeordnet ist.

[0068] Der Innenraum 26 jedes Zylinders 10, in den der Kolben 11 von oben eintaucht, erstreckt sich nach unten bis zu einem Verbindungsloch 27 in der unteren Stirnseite des Ansatzes 5.

[0069] Oben ist in jedem Zylinder 10 eine Laufbuchse 28 angeordnet, durch die hindurch jeweils ein Kolben 11 abdichtend in den Zylinder 10 hineingeführt ist.

[0070] Jeder Kolben 11 ist als zylindrische Stange ausgebildet, die oben in eine zentrale Bohrung 29 eines zylindrischen Kolbenkopfes 30 eingesetzt und darin befestigt ist (z.B. eingeklebt oder eingepresst). Jeder Kolbenkopf 30 hat am Außenumfang eine umlaufende Kolbenkopf-Ringnut 31.

[0071] Unterhalb einer horizontalen oberen Gehäusewand 32 ist eine zu dieser parallele, streifenförmige Kolbenplatte 33 angeordnet. Die Kolbenplatte 33 hat an der Unterseite acht nach unten geöffnete Kanäle 34, die parallel zueinander ausgerichtet sind. Jeder Kanal ist durch zwei streifenförmige Kanalwände 35 und durch zwei von den unteren Enden der Kanalwände nach innen vorstehende Kanalschultern 36 begrenzt. Die Kanalwände 35 an den beiden äußeren Rändern der Kolbenplatte 33 begrenzen jeweils nur auf einer Seite einen benachbarten Kanal 34. Die übrigen Kanalwände 35 begrenzen jeweils zwei benachbarte Kanäle 34 auf einer Seite. Zwischen den Kanalschultern 36 hat jeder Kanal eine Schlitzöffnung 37 an der Unterseite der Kolbenplatte 33.

[0072] An den Rändern der Kolbenplatte 33, die parallel zur Vorderseite und Rückseite des Gehäuses 2 ausgerichtet sind, haben die Kanäle 34 Stirnöffnungen 38. Durch die Stirnöffnungen 38 hindurch sind die Kolbenköpfe 30 mit oberen Abschnitten in die Kanäle 34 eingeschoben, sodass die Kanalschultern 36 formschlüssig in die Kolbenkopf-Ringnuten 31 eingreifen. Infolgedessen sind die Kolben 11 durch vertikales Verlagern der Kolbenplatte 33 gemeinsam in den Zylindern verlagerbar.

[0073] Zentral im Befestigungszapfen 8 ist eine axial verlagerbare Gewindemutter 39 angeordnet, deren unteres Ende fest mit der Kolbenplatte 33 verbunden ist, um die Kolbenplatte 33 in Axialrichtung der Zylinder 10 zu verlagern.

[0074] Der Befestigungszapfen 8 hat oben einen zylindrischen oberen Zapfenabschnitt 40. Der obere Zapfenabschnitt 40 trägt am Außenumfang zwei um 180° zueinander versetzte, radial nach außen vorspringende, jeweils teilweise umlaufende Verbindungselemente 41, mit denen eine Bajonett-Verbindung gebildet werden kann. Die Verbindungselemente 41 haben an der Unterseite eine leichte Gewindesteigung zum Verspannen mit einem dazu passenden Verbindungselement in einer Zapfenaufnahme einer Bajonett-Verbindung.

[0075] Angrenzend an den oberen Zapfenabschnitt 40 hat der Befestigungsabschnitt 8 einen zylindrischen mittleren Zapfenabschnitt 42 mit einem größeren Außendurchmesser als der obere Zapfenabschnitt 40.

[0076] Darunter hat der Befestigungszapfen 8 einen konisch sich nach unten erweiternden, unteren Zapfenabschnitt 43. Der untere Zapfenabschnitt 43 ist an seiner Basis fest mit der Trägerplatte 7 verbunden.

[0077] In Längsrichtung des Befestigungszapfens 8 erstreckt sich eine zentrale Bohrung 44. Diese hat zwei diametral einander gegenüberliegende Längsnuten 45.

[0078] In die zentrale Bohrung 44 ist die hülsenförmige Gewindemutter 39 eingesetzt, die mit zwei radial vorspringenden Flügeln 46 an ihrem oberen Ende in den Längsnuten 45 geführt ist.

[0079] Ferner ist in die Gewindemutter 39 eine Spindel 47 eingeschraubt. Diese hat oberhalb ihres Gewindes 48 einen vorstehenden Lagerzapfen 49, an dem sie in einem Kugellager 50 gelagert ist. Das Kugellager 50 ist in einer Lagerbuchse 51 eines Lagerträgers 52 gehalten, der zwei diametral von den Seiten vorstehende Laschen hat, die auf dem oberen Rand des oberen Zapfenabschnittes 40 aufliegen und daran mittels Schrauben fixiert sind.

[0080] An dem über das Kugellager 50 hinausstehenden Teil des Lagerzapfens 49 ist mittels eines radialen Gewindestiftes 53 ein Mitnehmer 54 drehfest fixiert, der an seiner oberen Stirnseite einen radial und axial erstreckten Schlitz 55 zum Einführen eines klinkenförmigen Antriebsorganes aufweist.

[0081] Die Spindel 47 stützt sich an der unteren Stirnseite des Kugellagers 50 ab. Der Mitnehmer 54 stützt sich an der oberen Stirnseite des Kugellagers 50 ab. Die Spindel 47 ist hierdurch axial nicht verlagerbar im Befestigungszapfen 8 gehalten.

[0082] In einem Flügel 46 der Gewindemutter 39 ist ein Zylinderstift 56 fixiert, der parallel zur Mittelachse der Gewindemutter 39 ausgerichtet durch eine Nut des Lagerträgers 52 hindurchgeführt ist und oben aus dem Befestigungszapfen 8 heraussteht.

[0083] Durch Drehen des Mitnehmers 54 verschiebt die axial im Befestigungszapfen 8 festgehaltene Spindel 47 die unverdrehbar in dem Befestigungszapfen 8 geführte Gewindemutter 39 in axialer Richtung. Hierdurch wird die Kolbenplatte 33 verlagert und werden die Kolben 11 in den Zylindern 10 verschoben. Durch Drehen des Mitnehmers 54 in unterschiedlichen Richtungen sind die Kolben 11 in verschiedenen Richtungen in den Zylindern 10 verschiebbar. Durch Abtasten der Lage des Zylinderstiftes 56 ist es möglich, die jeweilige Stellung der Kolben 11 in den Zylindern 10 zu ermitteln.

[0084] Der Befestigungszapfen 8 und der darin integrierte Antrieb mit Gewindemutter 39 und Spindel 47 entsprechen den Ausführungen von Fig. 1 bis 4 sowie 6 gemäß EP 1 407 861 B1. In dieser Hinsicht wird Bezug genommen auf die EP 1 407 861 B1, deren Inhalt hiermit in diese Anmeldung aufgenommen wird.

[0085] Ein Laborautomat ist mit einer komplementären Zapfenaufnahme einer Bajonett-Verbindung versehen, die mit dem Befestigungszapfen verbindbar ist. Vorzugsweise entspricht das komplementäre Verbindungsteil des Laborautomaten dem Werkzeughalter gemäß Fig. 7 bis 10 der EP 1 407 861 B1. In dieser Hinsicht wird Bezug genommen auf die EP 1 407 861 B1, deren Inhalt hiermit in diese Anmeldung aufgenommen wird.

[0086] Unterhalb der unteren Gehäusewand 15 ist eine Abstreifplatte 57 angeordnet, die weitere Durchgangslöcher 58 aufweist, durch die die Zapfen 5 hindurch nach unten vorstehen. Die Abstreifplatte 57 ist auf einer Längsseite mit einem Gestänge 59 verbunden, das in einer Ausbuchtung 60 der hinteren Gehäuseschale 4 nach oben geführt ist, die oben eine Öffnung aufweist, durch die das Gestänge 59 aus dem Gehäuse 2 heraussteht. Vom oberen Ende des Gestänges 59 steht seitlich ein Mitnehmer 61 vor. Mittels einer nicht gezeigten Federeinrichtung wird das Gestänge 59 im Ruhezustand nach oben gedrückt, bis die Abstreifplatte 57 an der Unterseite der unteren Gehäusewand 15 anliegt. Der Laborautomat hat einen Antrieb mit einem Antriebselement, mit dem der Mitnehmer 61 nach unten gedrückt werden kann, wodurch die Abstreifplatte 57 nach unten mitgenommen wird, um Pipettenspitzen 6 von den Ansätzen 5 abzustreifen.

[0087] Gemäß Fig. 3 und 4 sind Pipettenspitzen 6 auf die Ansätze 5 aufgeklemmt. Die Pipettenspitzen 6 sind Röhrchen mit einer Spitzenöffnung 62 am unteren Ende 63 und einer Aufstecköffnung 64 am oberen Ende 65. Der Innendurchmesser und der Außendurchmesser der Pipettenspitze 6 vergrößern sich im Allgemeinen von der Spitzenöffnung 62 zur Aufstecköffnung 64 hin. Im Beispiel haben die Pipettenspitzen 6 mehrere konische Bereiche 64, 65, 66 sowie eine zylindrische Erweiterung 67 in der Nähe des oberen Endes 65. Im Bereich der zylindrischen Erweiterung 67 und in dem Bereich darunter hat die Pipettenspitze im Inneren einen Dichtsitz 68.

[0088] Gemäß Fig. 3 und 4 sind die Ansätze 5 des Pipettierkopfs 1 durch die Aufstecköffnungen 64 in die Pipettenspitzen 6 eingeführt. Die O-Ringe 24, 25 sind auf Höhe des Dichtsitzes 68 angeordnet. Hierdurch werden die O-Ringe 24, 25 etwas in radialer Richtung zusammengedrückt, sodass die Pipettenspitzen 6 auf den Ansätzen 5 festklemmen und gegenüber den Ansätzen 5 abgedichtet sind. Da die O-Ringe 24, 25 aus weichelastischem Material bestehen und die Pipettenspitzen 6 ansonsten keinen Kontakt mit den Ansätzen 5 aufweisen, sind die Aufsteckkräfte zum Aufstecken der Pipettenspitzen 6 auf die Ansätze 5 verhältnismäßig klein.

[0089] In Fig. 5 sind die gemessenen Aufsteckkräfte beim Aufstecken von Pipettenspitzen in Abhängigkeit vom Weg des Pipettierkopfes für einen erfindungsgemäßen Pipettierkopf 1 mit acht Kanälen und zwei O-Ringen 24, 25 auf jedem Ansatz 5 und einen herkömmlichen Pipettierkopf mit acht Kanälen ohne O-Ringe 24, 25 auf den Ansätzen nebeneinander dargestellt. Gemäß den drei Kurven links im Diagramm steigen bei Verwendung eines herkömmlichen Pipettierkopfs die Aufsteckkräfte stark an, bis sie hinreichend fest und abdichtend auf den Ansätzen aufsitzen. Dies ist bei einer Aufsteckkraft von 120 Newton und bei einer Verlagerungen des Pipettierkopfes von 2,2 mm gegeben. Gemäß den rechts in dem Diagramm eingetragenen Kurven wird bereits bei Aufsteckkräften von ca. 30 Newton und einer Verlagerung des Pipettierkopfes von 2 mm eine hinreichend feste und abdichtende Verbindung hergestellt. Hierbei werden allein die O-Ringe 24, 25 elastisch verformt. Oberhalb dieses Wertes steigen die Aufsteckkräfte steil an, da hierfür auch eine Verformung der Pipettenspitzen 6 erforderlich ist.

[0090] Durch die verringerten Aufsteckkräfte sind auch die Kräfte für das Abwerfen der Pipettenspitzen 6 von den Ansätzen 5 verringert.

[0091] Nachfolgend wird anhand der Fig. 6 bis 9 die erfindungsgemäße Verwendung erläutert. Gemäß Fig. 6 hat ein Laborautomat 70 eine Vielzahl Toleranzen, welche die Positionierung der Spitzenöffnung 64 von Pipettenspitzen 6 in vertikaler Richtung beeinflussen. Zu diesen Toleranzen gehören die Toleranzen der Positionierung eines Mehrachsübertragers 71 (Roboterarm oder anderes Übertragungssystem). Hinzu kommen die Toleranzen der Fixierung eines Pipettierkopfes 1 (Pipettierwerkzeugs) in der am Mehrachsübertrager 71 gehaltenen Werkzeugaufnahme 72. Des Weiteren sind Herstellungstoleranzen des Pipettierkopfes 1 zu berücksichtigen. Darüber hinaus weisen die Ansätze 5 zur Aufnahme der Pipettenspitzen 6 und die Pipettenspitzen 6 selber Toleranzen auf. Weitere Toleranzen haben Mikrotiterplatten 73 und Adapter 74 zur Positionierung der Mikrotiterplatten 73 auf einer Arbeitsfläche 75 (Deck) des Laborautomaten 70. Schließlich weist auch die Arbeitsfläche 75 selber Toleranzen auf.

[0092] Insbesondere bei Verwendung von Mehrkanal-Pipettierköpfen 1 ist die exakte Positionierung der einzelnen Pipettenspitzen 6 nicht möglich, da für sämtliche Pipettenspitzen 6 eine gleiche Höhe verwendet werden muss.

[0093] Dies führt bei vielen Zielapplikationen, wie beispielsweise next-generationsequencing (NGS), zu Qualitätseinbußen durch verminderte Effizienz der Waschschritte und/oder verringerter Ausbeuten an Probenmaterial. Im schlimmsten Falle werden Kontaminationen verschleppt, z.B. wenn eine Probe unter einer anderen Phase aspiriert werden soll (z. B. Öl-überlagerte Proben) und Anteile der Überschichtung verschleppt werden.

[0094] Die Verkleinerung von Toleranzbereichen führt zu einer geringeren Prozesssicherheit und damit zu einem erhöhten Risiko eines Probenverlustes. Außerdem löst sie das Problem nur teilweise, da bestimmte Toleranzbereiche nicht zu unterschreiten sind. Oftmals steigt auch der unmittelbare Bedarf an einer sehr genauen Justierung des Gerätes, um einzelne Toleranzen zu minimieren.

[0095] Das "surface-teaching" adressiert bestimmte Toleranzen auf dem System (z. B. Positionierungs-Offset und Tool-Toleranz), ist jedoch sehr arbeitsintensiv für den Anwender und erfordert einen hohen Aufwand. Weiterhin wird eine Vielzahl von Toleranzen nicht durch das surface-teaching abgefangen (z.B. Näpfchen-(Well-)Geometrie, Mikrotiterplattensitz auf Adapter, Pipettenspitzengeometrie, Pipettenspitzensitz, Werkzeugaufnahme usw.), da diese nicht während des Dosiervorgangs erfolgt, sondern im Vorfeld der Anwendung.

[0096] Die Verwendung von zwei O-Ringen 24, 25 auf jedem Ansatz 5 ermöglicht es, unbekannte Toleranzketten durch geringe Unterschiede des Sitzes der Pipettenspitzen bei gleichbleibender Dosierqualität zu erlauben. Das Verfahren besteht aus drei Teilschritten:
Gemäß Fig. 7 werden mehrere Pipettenspitzen 6 auf einem Ein- oder Mehrkanal-Pipettierkopf 1 aufgenommen. Nach erfolgter Aufnahme der Pipettenspitzen 6 auf den Ansätzen 5 des Pipettierkopfes 1 befinden sich alle Pipettenspitzen 6 auf vergleichbarer Höhe und können unter geringem Kraftaufwand noch eine weitere Strecke auf die Ansätze 5 aufgeschoben werden.

[0097] Durch eine dedizierte Bewegung in vertikaler Richtung unter den Bodentoleranzbereich einer Oberfläche (z.B. den Boden einer Mikrotiterplatte 73) werden die Pipettenspitzen 6 unterschiedlich weit auf die jeweiligen Ansätze 5 gedrückt. Bei gleicher Ausrichtung der Ansätze 5 in vertikaler Richtung verfügen die einzelnen Pipettenspitzen 6 nach diesem Schritt über individuelle Höhen, welche durch die unbekannte Bodengeometrie und die Toleranzketten determiniert wurden. Dies ist in Fig. 8 gezeigt.

[0098] Danach wird durch eine kleine Bewegung des Pipettierkopfs 1 nach oben ein Spalt x zwischen den unteren Enden 63 der Pipettenspitzen 6 und der Oberfläche des Gefäßes (z.B. Mikrotiterplatte 73) erzeugt. Dieser Spalt x wird zur Aspiration von Flüssigkeit in die Pipettenspitzen 6 benötigt, um das Blockieren der Pipettenspitzen 6 zu vermeiden. Durch die individuelle Positionierung der Pipettenspitzen 6 haben nach diesem Verfahren die unteren Enden sämtlicher Pipettenspitzen 6 denselben Abstand von der Oberfläche des Gefäßes. Dies ist in Fig. 9 dargestellt.

[0099] Vorteilhaft an diesem Verfahren ist, dass sämtliche (bekannten und unbekannten) Toleranzen bei jedem Dosierschritt vollständig ausgeglichen werden. Ferner erfolgt dieser Prozess automatisch, da er durch den Laborautomaten 70 ohne Mehraufwand für den Benutzer ausgeführt werden kann. Das Verfahren wird während eines Laufes des Laborautomaten 70 mit den individuellen Kombinationen an Pipettenspitzen 6 und den entsprechenden individuellen Kavitäten verwendeten Einfach- oder Mehrfachgefäße (z.B. Mikrotiterplatten 73) durchgeführt.

Bezugszeichenliste



[0100] 
1
Pipettierkopf
2
Gehäuse (Träger)
3, 4
Gehäuseschale
5
Ansatz (Zapfen)
6
Pipettenspitze
7
Befestigungsplatte (Trägerplatte)
8
Befestigungszapfen
9
Kolben-Zylindereinheit
10
Zylinder
11
Kolben
12
Außengewinde
13
Innengewinde
14
Durchgangsloch
15
Gehäusewand
16
Absatz
17
oberer zylindrischer Abschnitt
18
unterer zylindrischer Abschnitt
19
konischer Abschnitt
20
obere Einrichtungen zur axialen Lagesicherung
21
obere Ringnut
22
untere Einrichtungen zur axialen Lagesicherung
23
untere Ringnut
24, 25
O-Ringe
26
Innenraum
27
Verbindungsloch
28
Laufbuchse
29
Bohrung
30
zylindrischer Kolbenkopf
31
Kolbenkopf-Ringnut
32
Gehäusewand
33
Kolbenplatte
34
Kanäle
35
Kanalwand
36
Kanalschulter
37
Schlitzöffnung
38
Stirnöffnung
39
Gewindemutter
40
oberer Zapfenabschnitt
41
Verbindungselement
42
mittlerer Zapfenabschnitt
43
unterer Zapfenabschnitt
44
Bohrung
45
Längsnut
46
Flügel
47
Spindel
48
Gewinde
49
Lagerzapfen
50
Kugellager
51
Lagerbuchse
52
Lagerträger
53
Gewindestift
54
Mitnehmer
55
Schlitz
56
Zylinderstift
57
Abstreifplatte
58
Durchgangsloch
59
Gestänge
60
Ausbuchtung
61
Mitnehmer
62
Spitzenöffnung
63
unteres Ende
64
Aufstecköffnung
65
oberes Ende
64, 65, 66
konische Bereiche
67
zylindrische Erweiterung
68
Dichtsitz
70
Laborautomat
71
Mehrachsübertrager (Roboterarm)
72
Werkzeugaufnahme
73
Mikrotiterplatte
74
Adapter
75
Arbeitsfläche



Ansprüche

1. Pipettierkopf für eine Pipettiervorrichtung umfassend:

- einen Träger (2),

- mindestens einen an dem Träger (2) gehaltenen Ansatz (5) zum Aufklemmen von Pipettenspitzen (6) und

- zwei auf dem Ansatz (5) gehaltene O-Ringe (24, 25) aus einem Elastomer,

- wobei die beiden O-Ringe (24, 25) und der Ansatz (5) ausgebildet sind, eine Pipettenspitze (6) allein durch Verformung der beiden O-Ringe (24, 25) auf dem Ansatz (5) festzuklemmen.


 
2. Pipettierkopf nach Anspruch 1, bei dem die O-Ringe (24, 25) aus einem weichen Gummi, Silikon oder thermoplastischen Elastomer hergestellt sind.
 
3. Pipettierkopf nach Anspruch 1 oder 2, bei dem der Ansatz (5) Einrichtungen zur axialen Lagesicherung (20, 22) aufweist, die ausgebildet sind, jeden der beiden O-Ringe (24, 25) in einer bestimmten oberen und in einer bestimmten unteren Position abzustützen und eine Verformung der beiden O-Ringe (24, 25) in radialer Richtung zuzulassen.
 
4. Pipettierkopf nach Anspruch 3, bei dem die Einrichtungen zur axialen Lagesicherung (20, 22) am Umfang des Ansatzes umlaufende Ringnuten (21, 23) sind, die mindestens einen O-Ring (24, 25) teilweise aufnehmen, oder ein oder mehrere Vorsprünge am Umfang des Ansatzes sind, die zwischen sich mindestens einen O-Ring (24, 25) aufnehmen.
 
5. Pipettierkopf nach einem der Ansprüche 1-4, bei dem der Ansatz (5) mindestens einen konischen Abschnitt (19) aufweist und/oder bei dem der Ansatz (5) mindestens einen zylindrischen Abschnitt (17, 18) aufweist.
 
6. Pipettierkopf nach Anspruch 4 und 5, bei dem der Ansatz (5) oben einen oberen zylindrischen Abschnitt (17), unten einen unteren zylindrischen Abschnitt (18), dazwischen einen sich von oben nach unten verjüngenden konischen Abschnitt (19) und zwischen dem oberen zylindrischen Abschnitt (17) und dem konischen Abschnitt (19) obere Einrichtungen zur axialen Lagesicherung (20) und zwischen dem konischen Abschnitt (19) und dem unteren zylindrischen Abschnitt (18) untere Einrichtungen zur axialen Lagesicherung (22) aufweist.
 
7. Pipettierkopf nach einem der Ansprüche 1-6, bei dem der obere O-Ringe (24) einen größeren Innendurchmesser und / oder einen Querschnitt mit einem größeren Durchmesser als der untere O-Ring (25) aufweist.
 
8. Pipettierkopf nach einem der Ansprüche 1-7, bei dem der Durchmesser des Querschnittes des oberen O-Ringes (24) größer ist als die Tiefe der oberen Ringnut (21) und/oder die Breite der oberen Ringnut (21) gleich oder größer ist als der Durchmesser des Querschnitts des oberen O-Ringes (24) und/oder der Durchmesser des Querschnittes des unteren O-Ringes (25) größer ist als die Höhe der unteren Ringnut (23) und/oder bei dem die Breite der unteren Ringnut (23) gleich oder größer ist als der Durchmesser des Querschnittes des unteren O-Ringes (25).
 
9. Pipettierkopf gemäß einem der Ansprüche 1-8, der in einer oder mehreren Reihen parallel nebeneinander angeordnete Ansätze (5) aufweist.
 
10. Pipettierkopf nach einem der Ansprüche 1-9, bei der die Ansätze (5) fest mit dem Träger (2) verbunden sind.
 
11. Pipettervorrichtung oder Transfervorrichtung umfassend einen Pipettierkopf (1) gemäß einem der Ansprüche 1-10.
 
12. Pipettierstation oder Pipettierautomat oder Laborautomat (70) umfassend eine Pipettiervorrichtung und/oder eine Transfervorrichtung gemäß Anspruch 11.
 
13. Verwendung eines Pipettierkopfs (1) gemäß einem der Ansprüche 1-10, einer Pipettiervorrichtung oder Transfervorrichtung gemäß Anspruch 11 oder einer Pipettierstation, eines Pipettierautomaten oder eines Laborautomaten (70) gemäß Anspruch 12, bei der

- auf jeden Ansatz (5) des Pipettierkopfs (1) eine Pipettenspitze (6) aufgeklemmt wird,

- der Pipettierkopf (1) verlagert wird, bis jede aufgeklemmte Pipettenspitze (6) mit ihrem unteren Ende (63) Kontakt mit einem Gefäß (73) hat, das auf einer Arbeitsfläche (75) bereitgestellt wird,

- der Pipettierkopf (1) verlagert wird, bis das untere Ende (63) jeder aufgeklemmten Pipettenspitze (6) bis auf einen bestimmten Abstand (x) von einem Boden des Gefäßes (73) entfernt ist und

- Flüssigkeit aus dem Gefäß (73) in jede aufgeklemmte Pipettenspitze (6) aufgenommen wird.


 
14. Verwendung nach Anspruch 13, bei der der Pipettierkopf (1) verlagert wird, bis sämtliche aufgeklemmten Pipettenspitzen (6) mit den unteren Enden (63) zugleich Kontakt mit dem Boden des Gefäßes (73) aufweisen und danach der Pipettierkopf (1) verlagert wird, bis die unteren Enden (63) sämtlicher Pipettenspitzen (6) einen bestimmten Abstand vom Boden des Gefäßes (73) aufweisen.
 
15. Verwendung nach Anspruch 13 oder 14, bei der der Pipettierkopf (1) ein Mehrkanal-Pipettierkopf ist und das Gefäß eine Mikrotiterplatte (73) ist.
 




Zeichnung

























Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente