(19)
(11) EP 3 715 018 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
30.09.2020  Patentblatt  2020/40

(21) Anmeldenummer: 19166261.8

(22) Anmeldetag:  29.03.2019
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B22F 1/00(2006.01)
B22F 3/10(2006.01)
C22C 33/02(2006.01)
B22F 3/22(2006.01)
H02K 15/02(2006.01)
B22F 3/00(2006.01)
B22F 5/00(2006.01)
H01F 41/16(2006.01)
B22F 7/04(2006.01)
B22F 3/24(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: Siemens Aktiengesellschaft
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Krispin, Michael
    85591 Vaterstetten (DE)
  • Rieger, Gotthard
    80636 München (DE)
  • Schuh, Carsten
    85598 Baldham (DE)

   


(54) TEXTURIERUNG VON ELEKTROBLECHEN


(57) Die Erfindung gibt ein Verfahren zur Herstellung eines Elektroblechs (4) mit den Schritten:
a) Aufbringen (S1) einer Paste auf die Oberfläche einer Trägerplatte, wobei die Paste antiferromagnetische, ferrimagnetische und/ oder schwach ferromagnetische Partikel und ein Lösungsmittel enthält,
b) Ausrichten (S2) der Partikel in Richtung einer vorgegebenen magnetischen Flussrichtung,
c) Entfernen des Lösungsmittels (S3) durch Erhitzen,
d) Bereitstellung (S5) des Elektroblechs (4) durch Sintern der ausgerichteten Partikel und
e) Trennen (S6) des Elektroblechs (4) von der Trägerplatte.
Außerdem gibt die Erfindung ein Elektroblech (4) und eine elektrische Maschine (1) an.




Beschreibung

HINTERGRUND DER ERFINDUNG


Gebiet der Erfindung



[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Elektroblechs, ein Elektroblech und eine elektrische Maschine.

Beschreibung des Stands der Technik



[0002] In Elektromotoren kommen in fast allen Ausführungsformen Elektrobleche für die magnetische Flussführung zum Einsatz. Die Bleche sind meist gestapelt und senkrecht zur Motorachse angeordnet. Die Magnetisierung liegt aus physikalischen Gründen bevorzugt in der Ebene des Bleches. Zur Ausbildung des Drehmoments ist es erforderlich, dass der Fluss innerhalb der Ebene des Bleches zur Ausbildung von Polen (Feldgradienten) sowohl im Rotor als auch im Stator entlang bestimmter Pfade geführt wird. Dies kann durch Strukturbildung des Blechs in der Ebene, d.h. üblicherweise subtraktiv, z.B. durch Stanzen erreicht werden. Damit erhält man u.U. einen mechanisch instabilen Aufbau und magnetisch ein System aus hoher (ferromagnetischer) Permeabilität und der Permeabilität von Luft. In gedruckten Blechen ist es dagegen möglich, durch zwei oder mehr Komponenten, z.B. magnetisch - amagnetisch, auf künstliche Hohlräume zu verzichten.

[0003] Beim additiven Aufbau bzw. Drucken von Pulver(-gemischen) ist es zudem möglich, durch Anlegen eines Magnetfeldes während der Deposition intrinsisch anisotrope Kritallite oder anisotrope Partikelgeometrien auszurichten und somit eine lokale Texturierung einzubringen, die das Motor-Drehmoment und/oder die Motor-Effizienz weiter steigern können.

[0004] Das Problem in der Drucktechnik von Bindersystemen mit Eisenbasierten Pulvern stellt sich dergestalt dar, dass uniaxial magnetisierte, z.B. elongierte Eisen-Partikel, aufgrund ihres hohen Momentes stark zur Agglomeration und Kettenbildung neigen, wodurch eine Schichtbildung und Ausrichtung massiv behindert wird. Dies ist insbesondere deshalb der Fall, da während bzw. kurz nach dem Ausrichtevorgang keine Fixierung wie z. B. durch Pressen in einen Grünling erfolgen kann (freies Sintern). Die vorliegende Erfindung zeigt daher eine Lösung auf, wie im Prozessverlauf durch reaktive Umwandlung von Eisen-Oxiden und -Hydroxyden eine Texturierung der gesinterten Bleche möglich wird.

[0005] Im Design eines geschichteten Blechaufbaus (Blechpaket) wird der Blechschnitt üblicherweise durch subtraktive Verfahren (z.B. Stanzen) erzeugt (z.B. Flußsperrenschnitt). Die Vorzugsrichtung ist nur schwach ausgeprägt, da die Bereiche makroskopisch groß sind (Millimeterbereich). Durch Einsatz sogenannter weichmagnetischer Sintermetalle (Soft Magnetic Composites, SMC) auf Basis von Pulvern (Mikrometerbereich) können zwar komplexere Formen erzeugt werden, jedoch ist eine gerichtete Flussführung nur eingeschränkt möglich und die mechanische Stabilität aufgrund der Sprödigkeit unzureichend. Bei gedruckten Dauermagneten wurden jedoch bereits erfolgreich (schwach) anisotrope Eigenschaften nachgewiesen.

ZUSAMMENFASSUNG DER ERFINDUNG



[0006] Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, ein verbessertes Verfahren zur Herstellung von Elektroblechen mit vorgebbarer magnetischer Flussrichtung anzugeben.
Die Erfindung ergibt sich aus den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche. Vorteilhafte Weiterbildungen und Ausgestaltungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche. Weitere Merkmale, Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung.

[0007] Ein Aspekt der Erfindung besteht darin, die Texturierung eines Elektroblechs durch Ausrichtung anisotroper Kristallite bzw. Partikel in einer Vorstufe einer Legierung und anschließender Umwandlung und Sinterung unter Erhalt der anisotropen Gefügestruktur herzustellen.

[0008] Die Erfindung beansprucht ein Verfahren zur Herstellung eines Elektroblechs mit den Schritten:
  1. a) Aufbringen einer Paste auf die Oberfläche einer Trägerplatte, wobei die Paste antiferromagnetische, schwach ferromagnetische und/ oder ferrimagnetische Partikel und ein Lösungsmittel (z.B. Wasser) enthält,
  2. b) Ausrichten der Partikel in Richtung einer vorgegebenen magnetischen Flussrichtung,
  3. c) Entfernen des Lösungsmittels durch Erhitzen (auch als Trocknen bezeichenbar),
  4. d) Bereitstellung des Elektroblechs durch Sintern der ausgerichteten Partikel und
  5. e) Trennen des Elektroblechs von der Trägerplatte.


[0009] Das Aufbringen der Paste kann zum Beispiel durch einen Siebdruck ausgeführt werden. Die Trägerplatte kann eine unmagnetische Substratoberfläche sein. Das Entfernen des Lösungsmittels hat den Vorteil, dass es zu einer Fixierung der aufgebrachten Paste und damit der ausgerichteten Partikel führt.

[0010] In einer weiteren Ausgestaltung können die Partikel zumindest teilweise als Eisenoxide oder Eisenhydroxide ausgebildet sein und zwischen den Verfahrensschritten c) und d) der Sauerstoff des Eisenoxids oder die Hydroxylgruppe des Eisenhydroxides in einer reduktiven Atmosphäre entfernt werden.

[0011] Eisenoxide oder Eisenhydroxide haben den Vorteil, dass während des Sinterns (in H2-Atmosphäre) eine polymorphe Umwandlung zu "Eisen-Stäbchen" erfolgt. So entsteht ein texturiertes Eisen-Zielgefüge mit anisotropen Eigenschaften.

[0012] Die Texturierung des Elektroblechs erfolgt integriert und zweistufig, d.h. durch Abscheidung und Ausrichtung nichtsphärischer Partikel im Bindersystem in einer Vorstufe der Legierung (hier z.B.: Eisen-Oxide/-Hydroxide) und anschließender Umwandlung und Sinterung unter Erhalt der anisotropen Gefügestruktur.

[0013] Das Verfahren bietet den Vorteil, dass sich ein (auch lokal) texturiertes Blech mit magnetisch anisotropen Eigenschaften aufbauen lässt.

[0014] In einer weiteren Ausgestaltung können die Partikel eine Kristallanisotropie und/oder eine anisotrope Form aufweisen.

[0015] In einer weiteren Ausgestaltung können die Partikel elongiert bzw. nadelförmig sein.

[0016] In einer weiteren Ausgestaltung kann das Ausrichten der Partikel mittels Scherung, akustischer Wellen, Oberflächenwellen oder einer auf dielektrischen Eigenschaften basierenden Rotations- und Bewegungsausrichtung durchgeführt werden.

[0017] In einer weiteren Ausgestaltung kann die reduktive Atmosphäre aus Wasserstoff, Wasserstoff und Wasser oder Kohlenmonoxid und/oder Kohlendioxid gebildet sein.

[0018] In einer weiteren Ausgestaltung können ein bis fünf Gewichtsprozent der Partikel der Paste nicht-oxidische Sinteradditive (z.B.: Kalziumsilikat als Zugabe zu Hartferriten) sein. Dies hat den Vorteil, dass die Textur und hohe Dichte konserviert wird/ erhalten bleibt und die mechanische Festigkeit verbessert wird.

[0019] Außerdem besteht die Möglichkeit, durch Zugabe von geeigneten Legierungsadditiven, die Form-Anisotropie durch zusätzliche magnetokristalline Anisotropie zu erhöhen (z.B. Bor, Zinn => Fe3B, Fe3Sn).

[0020] Die Erfindung beansprucht außerdem ein Elektroblech für eine Führung des magnetischen Flusses in einer elektrischen Maschine, aufweisend kristall- und/oder formanisotrope (z.B. nicht-sphärische) als Eisenoxid oder Eisenhydroxid in eine vorgegebene magnetische Flussrichtung ausgerichtete, zu Eisen reduzierte, gesinterte Partikel.

[0021] In einer weiteren Ausgestaltung kann das Elektroblech nach einem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt worden sein.

[0022] Die Erfindung beansprucht außerdem eine elektrische Maschine mit mindestens zwei erfindungsgemäßen Elektroblechen, wobei die Elektrobleche gestapelt und senkrecht zur Maschinenachse in einem Rotor und/ oder einem Stator angeordnet sind.

[0023] Die vorliegende erfindungsgemäße Lösung zeichnet sich durch folgende Vorteile aus:
  • Eine bewegungsbasierte, mechanische Texturierung im Bindersystem aus der antiferromagnetischen oder schwach ferromagnetischen bzw. ferrimagnetischen oxidischen Vorstufe (EisenOxide: Wüstit, Goethit, Maghemit, Magnetit / Eisen-Hydroxid) ist technologisch vorteilhaft. Sie kann durch Nutzung der Strömungsausrichtung, von Scherkräften und / oder akustischen Impulsen (Ultraschall) und / oder Oberflächenwellen erreicht werden.
  • Die dielektrischen Eigenschaften der Oxide ermöglichen gegebenenfalls durch elektrische Polarisation eine geometrische Ausrichtung.
  • Die problematische Ausrichtung der stark magnetisierbaren ferromagnetischen Endlegierung (bzw. Reineisen) wird vermieden.
  • Die Herstellroute ist kosteneffizient, da die angestrebte Texturierung im Zielgefüge durch Kombination forminvarianter Umwandlung durch Reduktion und Sinterung erreicht wird.
  • Es besteht die Möglichkeit, durch Zugabe von geeigneten Additiven, die Form-Anisotropie durch zusätzliche kristalline Anisotropie zu erhöhen (z.B. Bor, Zinn => Fe3B, Fe3Sn).

KURZE BESCHREIBUNG DER ZEICHNUNGEN



[0024] Die Besonderheiten und Vorteile der Erfindung werden aus den nachfolgenden Erläuterungen mehrerer Ausführungsbeispiele anhand von schematischen Zeichnungen ersichtlich.

[0025] Es zeigen
Fig. 1
ein Verfahren zur Herstellung eines Elektroblechs und
Fig. 2
eine elektrische Maschine.

DETAILLIERTE BESCHREIBUNG DER ERFINDUNG



[0026] Fig. 1 zeigt den Ablauf eines Verfahrens zur Herstellung eines Elektroblechs. Das Verfahren beinhaltet die folgenden Verfahrensschritte:
  1. 1) Aufbringen S1 einer Paste auf die Oberfläche einer Trägerplatte, wobei die Paste antiferromagnetische, schwach ferromagnetische und/ oder ferrimagnetische Partikel, die zumindest teilweise als Eisenoxide oder Eisenhydroxide ausgebildet sind, und mindestens ein Lösungsmittel (z.B. Wasser) enthält,
  2. 2) Ausrichten S2 der Partikel in Richtung einer vorgegebenen magnetischen Flussrichtung,
  3. 3) Entfernen des Lösungsmittels S3 durch Erhitzen,
  4. 4) Entfernen des Sauerstoffs S4 des Eisenoxids oder der Hydroxylgruppe des Eisenhydroxides in einer reduktiven Atmosphäre,
  5. 5) Bereitstellung S5 des Elektroblechs durch Sintern der ausgerichteten Partikel und
  6. 6) Trennen S6 des Elektroblechs von der Trägerplatte.


[0027] Die Partikel können eine anisotrope Form haben und z.B. nadelförmig sein. Das Ausrichten S2 der Partikel kann mittels Scherung, akustischer Wellen, Oberflächenwellen oder einer auf dielektrischen Eigenschaften basierenden Rotations- und Bewegungsausrichtung durchgeführt werden. Die reduktive Atmosphäre kann Wasserstoff, Wasserstoff und Wasser oder Kohlenmonoxid und/oder Kohlendioxid sein.

[0028] Fig. 2 zeigt eine elektrische Maschine 1 mit vier Elektroblechen 4, wobei die Elektrobleche 4 gestapelt und senkrecht zur Maschinenachse 5 in einem Rotor 2 und einem Stator 3 angeordnet sind.

[0029] Obwohl die Erfindung im Detail durch die Ausführungsbeispiele näher illustriert und beschrieben wurde, ist die Erfindung durch die offenbarten Beispiele nicht eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann daraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.

Bezugszeichenliste



[0030] 
S1
Aufbringen
S2
Ausrichten
S3
Entfernen des Lösungsmittels
S4
Entfernen des Sauerstoffs
S5
Bereitstellung
S6
Trennen
1
elektrische Maschine
2
Rotor
3
Stator
4
Elektroblech
5
Maschinenachse



Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung eines Elektroblechs (4) mit den Schritten:

a) Aufbringen (S1) einer Paste auf die Oberfläche einer Trägerplatte, wobei die Paste antiferromagnetische, ferrimagnetische und/ oder schwach ferromagnetische Partikel und ein Lösungsmittel enthält,

b) Ausrichten (S2) der Partikel in Richtung einer vorgegebenen magnetischen Flussrichtung,

c) Entfernen des Lösungsmittels (S3) durch Erhitzen,

d) Bereitstellung (S5) des Elektroblechs (4) durch Sintern der ausgerichteten Partikel und

e) Trennen (S6) des Elektroblechs (4) von der Trägerplatte.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Partikel zumindest teilweise als Eisenoxide oder Eisenhydroxide ausgebildet sind und
dass zwischen den Verfahrensschritten c) und d) der Sauerstoff des Eisenoxids oder die Hydroxylgruppe des Eisenhydroxides in einer reduktiven Atmosphäre entfernt (S4) wird.
 
3. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Partikel eine Kristallanisotropie und/oder eine anisotrope Form aufweisen.
 
4. Verfahren nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Partikel elongiert oder nadelförmig sind.
 
5. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Ausrichten der Partikel mittels Scherung, akustischer Wellen, Oberflächenwellen oder einer auf dielektrischen Eigenschaften basierenden Rotations- und Bewegungsausrichtung durchgeführt wird.
 
6. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die reduktive Atmosphäre aus Wasserstoff, Wasserstoff und Wasser oder Kohlenmonoxid und/oder Kohlendioxid gebildet ist.
 
7. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass ein bis fünf Gewichtsprozent der Partikel der Paste nicht-oxidische Sinteradditive sind.
 
8. Elektroblech (4) für eine Führung des magnetischen Flusses in einer elektrischen Maschine (1), aufweisend kristall- und/oder formanisotrope als Eisenoxid oder Eisenhydroxid in eine vorgegebene magnetische Flussrichtung ausgerichtete, zu Eisen reduzierte, gesinterte Partikel.
 
9. Elektroblech (4) nach Anspruch 8, das nach einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7 hergestellt wurde.
 
10. Elektrische Maschine (1) mit mindestens zwei Elektroblechen (4) nach Anspruch 8 oder 9, wobei die Elektrobleche (4) gestapelt und senkrecht zur Maschinenachse (5) in einem Rotor (2) und/ oder einem Stator (3) angeordnet sind.
 




Zeichnung







Recherchenbericht









Recherchenbericht