[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Mehrlagen-Lichtbogenschweißen ferritischer
Stähle und zum anschließenden Wärmebehandeln der Schweißstelle sowie eine Vorrichtung
zur Durchführung dieses Verfahrens.
[0002] Beim Schweißen wird die sich an das Schweißgut anschließende Zone des Grundwerkstoffs
einer starken Wärmebeeinflussung unterzogen (sogenannte Wärmeeinflußzone), wobei die
äußere Randschicht dieser Zone sogar bis auf Schmelztemperatur gebracht wird. Da das
Volumen des zu schweißenden Werkstücks im Verhältnis zu dem Volumen der Schweißnaht
im allgemeinen sehr groß ist, kann die im Schweißgut enthaltene Wärmeenergie sehr
schnell vom Grundwerkstoff aufgenommen werden, so daß die Schweißraupe und die sie
umgebende Wärmeeinflußzone mit verhältnismäßig großer Abkühlgeschwindigkeit erkalten.
Dabei kommt es im Schweißgut zur Bildung stark ausgeprägter Stengelkristalle (Dendriten)
mit bevorzugter Wachstumsrichtung senkrecht zu den Schweißkanten. In der hocherhitzten
Wärmeeinflußzone entsteht nach dem Erkalten ein ausgeprägtes Grobkorngefüge, das wesentlich
schlechtere Eigenschaften aufweist als der unbeeinflußte Grundwerkstoff.
[0003] Es ist bekannt, durch Normalglühen einer fertigen Schweißverbindung über den Umwandlungspunkt
Ac
3 (im Eisen-Kohlenstoff-Diagramm: Linie GOS) eine Umkristallisation der dendritischen
Struktur des Schweißgutes zu erreichen und die Grobkornstruktur in der Wärmeeinflußzone
zu beseitigen, und so die Gütewerte der Schweißnaht zu verbessern (vgl. z.B. H. Wirtz:
Das Verhalten der Stähle beim Schweißen, Teil I: Grundlagen, Düsseldorf 1973, ab Seite
135). Das Normalglühen erfordert aber bei großen Werkstücken einen entsprechend hohen
Aufwand. Außerdem macht es beispielsweise bei Behältern und Kesseltrommeln Schwierigkeiten,
die genaue Werkstückform-nach dem Glühvorgang zu erhalten.
[0004] Für große Konstruktionen, die nicht im ganzen geglüht werden können, ist es bekannt,
die aus Schweißnaht und ihrer nächsten Umgebung (im allgemeinen sechsmal der Wanddicke
beiderseits der Schweißnaht) gebildete fertige Schweißverbindung örtlich zu erwärmen.
So können beispielsweise Rundnähte von Rohren und Zylindermänteln durch Ringbrenner,
elektrische Heizmatten oder mit Induktionsspulen erwärmt werden. Bei den bei Mehrlagenschweißverbindungen
üblichen großen Werkstückdicken und entsprechenden Volumina ist es aber meist nicht
möglich, den gesamten Werkstoff örtlich so zu erwärmen und abzukühlen, daß das Material
an der Oberfläche und im Innern des Werkstücks die gleiche Temperatur aufweist. Dies
ist aber zur Erzielung einer gleichmäßigen Gefügestruktur und damit optimaler Eigenschaften
der Schweißkonstruktion absolut notwendig.
[0005] Beim Schweißen von Mehrlagennähten wird zwar durch das Aufschweißen jeder weiteren
Naht die darunter liegende Naht noch einmal erwärmt und damit einer Wärmebehandlung
unterzogen. Die damit bewirkte Wärmebehandlung entspricht aber im Regelfall - zumindest
bei dickeren Schweißraupen - nicht der für den Einzelfall notwendigen Wärmebehandlung,
so daß nur eine unvollständige Umwandlung der Gefügestruktur der jeweils unteren Schweißraupe
eintritt. Außerdem tritt diese Wirkung für die zuletzt aufgeschmolzene obere Lage
bzw. Schweißraupe nicht ein. Es werden deshalb sogar über das konstruktiv notwendige
Maß hinausgehende "Vergütungsraupen" aufgeschweißt und anschließend wieder abgetragen.
[0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung der
eingangs genannten Art anzugeben, mit denen eine kontrollierte, dem vorliegenden Einzelfall
anpaßbare Wärmebehandlung nach dem Schweißen möglich ist.
[0007] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß bei der Wärmebehandlung im
wesentlichen lediglich jeweils die Tiefe einer Schweißraupe bzw. Schweißlage erfaßt
wird. Bei der nach der Erfindung vorgesehenen Wärmebehandlung werden also nur kleine
Wärme- bzw. Kühlleistungen benötigt, um den relativ kleinen Querschnitt einer Schweißraupe
und ihrer Wärmeeinflußzone zu erwärmen bzw. wieder abzukühlen. Dies ist insbesondere
dann der Fall, wenn die Wärmebehandlung nach Anspruch 2 im wesentlichen nur die Breite
einer Schweißraupe erfaßt.
[0008] Wenn die durch das Uberschweißen bewirkte unvollkommene Umkörnung des Gefüges überschweißter
Raupen im Einzelfall als ausreichend angesehen wird, kann es aus wirtschaftlichen
Gründen vorteilhaft sein, die nach dem Schweißen angewandte Wärmebehandlung auf die
letzten, oben angebrachten Schweißraupen zu beschränken. Zumindest sollten aber die
seitlich angebrachten, oben liegenden Schweißraupen der erfindungsgemäßen Wärmebehandlung
unterzogen werden, um gerade das Gefüge der kritischen Stellen der Wärmeeinflußzone
im Ubergangsbereich vom Schweißwerkstoff zum Grundwerkstoff umzuformen.
[0009] Zur Auflösung der dendritischen Gußstruktur des Schweißgutes und der groben Kornstruktur
der Wärmeeinflußzone wird die Schweißraupe vorteilhafterweise bis kurz oberhalb des
Umwandlungspunktes A
C3 erhitzt und anschließend abgekühlt. Um das Verfahren wirtschaftlich gestalten zu
können, wird die Erwärmung der Schweißraupen oberhalb des Umwandlungspunktes Ac
3 zweckmäßigerweise unmittelbar nach Beendigung der Umwandlung aus der Schweißhitze,
also überschläglich bei Erreichen einer Temperatur von etwa 200 °C begonnen. Die Abkühlung
soll dabei zweckmäßigerweise - abhängig vom jeweiligen Grundwerkstoff - derart erfolgen,
daß das durch die Abkühlung von der Temperatur oberhalb des Umwandlungspunktes A
C3 entstehende feinkörnige Gefüge dem des Grundwerkstoffs möglichst nahekommt. Durch
die Beschränkung der Wärmebehandlung auf die relativ kleinen Volumina einer Schweißraupe
lassen sich bei dem erfindungsgemäßen Verfahren auch Abkühlungen, die zur Gefügeanpassung
bei wasservergüteten Stählen erforderlich sind, vornehmen. Bei vergüteten Stählen
ist es zudem vorteilhaft, jede Schweißraupe einer anschließenden Anlaßbehandlung durch
Erwärmen auf eine Temperatur kurz unterhalb des Umwandlungspunktes Ac
1 (im Eisen-Kohlenstoff-Diagramm: Linie PS) zu unterziehen.
[0010] Ein Ausführungsbeispiel des Gegenstandes der Erfindung ist in der Zeichnung dargestellt
und wird im folgenden näher beschrieben. Es zeigen
Fig. 1 eine Vorrichtung zum Schweißen und Wärmebehandeln nach der Erfindung in der
Seitenansicht
Fig. 2 die Induktorspule über einer Schweißstelle im Querschnitt längs der Linie II-II
in Fig. 1.
[0011] Die Vorrichtung zur Wärmebehandlung besteht aus einer induktiven Heizeinrichtung
und aus einer Kühleinrichtung. Die Heizeinrichtung besteht aus einer einwindigen Induktorspule
3, die über Flansche 4 an einen Transformator 5 angeschlossen ist, der von einer nicht
weiter dargestellten Mittelfrequenzanlage 6 betrieben wird. Die Windung der Induktorspule
3 besteht aus einem mit Wasser kühlbaren Hohlprofil 7 aus Kupfer und ist mit einer
dem zu bearbeitenden Werkstück angepaßten Heizwirklinie 8 ausgebildet. Zur Konzentration
der magnetischen Felder ist die Induktorspule 3 an ihrer Heizwirklinie 8 mit von der
Spule wegweisenden U-förmigen Silizium-Eisen-Lamellen 9 bestückt. Es hat sich als
vorteilhaft erwiesen, wenn das die Heizwirklinie 8 bildende Teilstück mindestens 100
mm lang ist, da dann die Schweißnaht bei der Vorschubbewegung nicht plötzlich, sondern
allmählich aufgeheizt wird.
[0012] In bezug auf die Vorschubrichtung V ist im hinteren Drittel der Heizwirklinie 8 ein
berührungslos arbeitender pyrometrischer Temperatur-Meßkopf 12 angeordnet, der über
einen flexiblen Glasfaser-Lichtleiter 13 mit einem Pyrometer 14 verbunden ist. Das
Pyrometer ist wiederum mit einem Proportional-Integral-Differential-Regler (PID-Regler)
15 verbunden, um das pyrometrische Meßsignal für die Leistungssteuerung der Mittelfrequenzanlage
6 verwerten zu können.
[0013] Mit der Induktorspule 3 ist eine Kühlvorrichtung in Form einer Kühlbrause 16 mit
mehreren Düsen 17 und einer Eintrittsleitung 18 gekoppelt. In einfachster Weise kann
diese Kühlbrause mit Druckluft betrieben werden. Beim kontinuierlichen Arbeiten, z.B.
beim Schweißen von Umfangsnähten an zylindrischen Mantelflächen, kann die Heizeinrichtung
und die Kühlvorrichtung vorteilhafterweise mit dem Lichtbogenschweißkopf 19 gekoppelt
sein.
[0014] Aus Fig. 2 ist ersichtlich, wie die aus den Schenkeln 20 der U-förmigen Lamellen
9 austretenden gestrichelt dargestellten Magnetlinien 21 die - im dargestellten Fertigungszustand
- zuletzt geschweißte Raupe 22 einer 60°-V-Nahtfuge 23 und die ihr unmittelbar benachbarte
Wärmeeinflußzone 24 im Grundwerkstoff durchdringen, so daß deren Schweißgut einschließlich
deren Wärmeeinflußzone bis in das Austenitgebiet erhitzt und das Gefüge in der Schweißraupe
und in der WärmeeinfluBzone umgeformt werden kann.
1. Verfahren zum Mehrlagen-Lichtbogenschweißen ferritischer Stähle und zum anschließenden
Wärmebehandeln der Schweißstelle, dadurch gekennzeichnet, daß bei der Wärmebehandlung
im wesentlichen lediglich jeweils die Tiefe einer Schweißraupe bzw. einer Schweißlage
erfaßt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Wärmebehandlung im wesentlichen
jeweils die Breite einer Schweißraupe und deren Wärmeeinflußzone erfaßt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß sich die Wärmebehandlung
lediglich auf die letzten, oben aufgebrachten Schweißraupen erstreckt.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß sich die
Wärmebehandlung lediglich auf die letzten, oben seitlich aufgebrachten Schweißraupen
erstreckt.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Wärmebehandlung
ein Erwärmen des zu behandelnden Materials über die Temperatur des oberen Umwandlungspunktes
Ac3, bei dem eine Umwandlung von ferritischem zu austenitischem Gefüge eintritt, einschließt.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß sich dem Erwärmen auf die
Temperatur des oberen Umwandlungspunktes Ac3 eine Abkühlung mit einer solchen Abkühlgeschwindigkeit anschließt, daß zumindest
Teilbereiche des zu behandelnden Materials aus martenitischer Gefügestruktur entstehen.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß das zu
behandelnde Material auf eine Temperatur unterhalb des unteren Umwandlungspunktes
Ac1, bei dem eine Umwandlung von ferritischem in austenitisches Gefüge.eintritt, erwärmt
wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Wärmebehandlung
unmittelbar nach Beendigung der von der Schweißhitze herrührenden Umwandlung erfolgt.
9. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 8, gekennzeichnet
durch einen Lichtbogenschweißkopf (19) und eine Induktorspule (3), in deren Heizwirklinie
(8) im - in bezug auf die Vorschubrichtung (V) - letzten Drittel ein pyrometrischer
Temperatur-Meßkopf (12) angeordnet ist.
10. Vorrichtung nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß - in bezug auf die Vorschubrichtung
(V) - hinter der Induktorspule (3) eine Kühlbrause (16) angeordnet ist.
11. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 9 oder 10, dadurch gekennzeichnet, daß die
Induktorspule (3) mechanisch mit dem Lichtbogenschweißkopf (19) gekoppelt ist.