(19)
(11) EP 0 038 993 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
04.11.1981  Patentblatt  1981/44

(21) Anmeldenummer: 81102846.3

(22) Anmeldetag:  14.04.1981
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C21D 9/50, B23K 9/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 26.04.1980 DE 3016259

(71) Anmelder: Fried. Krupp Gesellschaft mit beschränkter Haftung
D-45143 Essen (DE)

(72) Erfinder:
  • Peetz, Hans-Jürgen, Dr.
    D-4300 Essen 1 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Wärmebehandeln von Mehrlagen-Schweissverbindungen und Vorrichtung zum Durchführen des Verfahrens


    (57) Dieses Verfahren eignet sich zum Mehrlagen-Lichtbogenschweißen ferritischer Stähle und zum anschließenden Wärmebehandeln der Schweißstelle, insbesondere bei großen Werkstückdicken und ensprechenden Volumina. Es sieht vor, die der Verbesserung der Gefügestruktur dienende Nacherwärmung bis kurz oberhalb des Umwandlungspunktes Ac3 im wesentlichen auf den Bereich der jeweils zuletzt aufgebrachten Schweißraupe und deren Wärmeeinflußzone zu beschränken. Die durch das Schweißen eingebrachte Wärmeenergie kann weitgehend ausgenutzt werden, wenn die Nacherwärmung unmittelbar nach der Beendigung der von der Schweißhitze herrührenden Umwandlung erfolgt. Die anschließende Wärmebehandlung schließt zweckmäßigerweise ein Abkühlen der Schweißnaht ein, wobei die Art der Abkühlung den Forderungen des Einzelfalls angepaßt werden kann.
    Die zur Durchführung des Verfahrens benötigte Vorrichtung weist hinter dem Lichtbogenschweißkopf (19) eine Induktorspule (3) und eine Kühlbrause (16) auf. Im hinteren Drittel der Heizwirklinie (8) der Induktorspule (3) ist ein pyrometrischer Temperatur-Meßkopf (12) angeordnet.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Mehrlagen-Lichtbogenschweißen ferritischer Stähle und zum anschließenden Wärmebehandeln der Schweißstelle sowie eine Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens.

    [0002] Beim Schweißen wird die sich an das Schweißgut anschließende Zone des Grundwerkstoffs einer starken Wärmebeeinflussung unterzogen (sogenannte Wärmeeinflußzone), wobei die äußere Randschicht dieser Zone sogar bis auf Schmelztemperatur gebracht wird. Da das Volumen des zu schweißenden Werkstücks im Verhältnis zu dem Volumen der Schweißnaht im allgemeinen sehr groß ist, kann die im Schweißgut enthaltene Wärmeenergie sehr schnell vom Grundwerkstoff aufgenommen werden, so daß die Schweißraupe und die sie umgebende Wärmeeinflußzone mit verhältnismäßig großer Abkühlgeschwindigkeit erkalten. Dabei kommt es im Schweißgut zur Bildung stark ausgeprägter Stengelkristalle (Dendriten) mit bevorzugter Wachstumsrichtung senkrecht zu den Schweißkanten. In der hocherhitzten Wärmeeinflußzone entsteht nach dem Erkalten ein ausgeprägtes Grobkorngefüge, das wesentlich schlechtere Eigenschaften aufweist als der unbeeinflußte Grundwerkstoff.

    [0003] Es ist bekannt, durch Normalglühen einer fertigen Schweißverbindung über den Umwandlungspunkt Ac3 (im Eisen-Kohlenstoff-Diagramm: Linie GOS) eine Umkristallisation der dendritischen Struktur des Schweißgutes zu erreichen und die Grobkornstruktur in der Wärmeeinflußzone zu beseitigen, und so die Gütewerte der Schweißnaht zu verbessern (vgl. z.B. H. Wirtz: Das Verhalten der Stähle beim Schweißen, Teil I: Grundlagen, Düsseldorf 1973, ab Seite 135). Das Normalglühen erfordert aber bei großen Werkstücken einen entsprechend hohen Aufwand. Außerdem macht es beispielsweise bei Behältern und Kesseltrommeln Schwierigkeiten, die genaue Werkstückform-nach dem Glühvorgang zu erhalten.

    [0004] Für große Konstruktionen, die nicht im ganzen geglüht werden können, ist es bekannt, die aus Schweißnaht und ihrer nächsten Umgebung (im allgemeinen sechsmal der Wanddicke beiderseits der Schweißnaht) gebildete fertige Schweißverbindung örtlich zu erwärmen. So können beispielsweise Rundnähte von Rohren und Zylindermänteln durch Ringbrenner, elektrische Heizmatten oder mit Induktionsspulen erwärmt werden. Bei den bei Mehrlagenschweißverbindungen üblichen großen Werkstückdicken und entsprechenden Volumina ist es aber meist nicht möglich, den gesamten Werkstoff örtlich so zu erwärmen und abzukühlen, daß das Material an der Oberfläche und im Innern des Werkstücks die gleiche Temperatur aufweist. Dies ist aber zur Erzielung einer gleichmäßigen Gefügestruktur und damit optimaler Eigenschaften der Schweißkonstruktion absolut notwendig.

    [0005] Beim Schweißen von Mehrlagennähten wird zwar durch das Aufschweißen jeder weiteren Naht die darunter liegende Naht noch einmal erwärmt und damit einer Wärmebehandlung unterzogen. Die damit bewirkte Wärmebehandlung entspricht aber im Regelfall - zumindest bei dickeren Schweißraupen - nicht der für den Einzelfall notwendigen Wärmebehandlung, so daß nur eine unvollständige Umwandlung der Gefügestruktur der jeweils unteren Schweißraupe eintritt. Außerdem tritt diese Wirkung für die zuletzt aufgeschmolzene obere Lage bzw. Schweißraupe nicht ein. Es werden deshalb sogar über das konstruktiv notwendige Maß hinausgehende "Vergütungsraupen" aufgeschweißt und anschließend wieder abgetragen.

    [0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung der eingangs genannten Art anzugeben, mit denen eine kontrollierte, dem vorliegenden Einzelfall anpaßbare Wärmebehandlung nach dem Schweißen möglich ist.

    [0007] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß bei der Wärmebehandlung im wesentlichen lediglich jeweils die Tiefe einer Schweißraupe bzw. Schweißlage erfaßt wird. Bei der nach der Erfindung vorgesehenen Wärmebehandlung werden also nur kleine Wärme- bzw. Kühlleistungen benötigt, um den relativ kleinen Querschnitt einer Schweißraupe und ihrer Wärmeeinflußzone zu erwärmen bzw. wieder abzukühlen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Wärmebehandlung nach Anspruch 2 im wesentlichen nur die Breite einer Schweißraupe erfaßt.

    [0008] Wenn die durch das Uberschweißen bewirkte unvollkommene Umkörnung des Gefüges überschweißter Raupen im Einzelfall als ausreichend angesehen wird, kann es aus wirtschaftlichen Gründen vorteilhaft sein, die nach dem Schweißen angewandte Wärmebehandlung auf die letzten, oben angebrachten Schweißraupen zu beschränken. Zumindest sollten aber die seitlich angebrachten, oben liegenden Schweißraupen der erfindungsgemäßen Wärmebehandlung unterzogen werden, um gerade das Gefüge der kritischen Stellen der Wärmeeinflußzone im Ubergangsbereich vom Schweißwerkstoff zum Grundwerkstoff umzuformen.

    [0009] Zur Auflösung der dendritischen Gußstruktur des Schweißgutes und der groben Kornstruktur der Wärmeeinflußzone wird die Schweißraupe vorteilhafterweise bis kurz oberhalb des Umwandlungspunktes AC3 erhitzt und anschließend abgekühlt. Um das Verfahren wirtschaftlich gestalten zu können, wird die Erwärmung der Schweißraupen oberhalb des Umwandlungspunktes Ac3 zweckmäßigerweise unmittelbar nach Beendigung der Umwandlung aus der Schweißhitze, also überschläglich bei Erreichen einer Temperatur von etwa 200 °C begonnen. Die Abkühlung soll dabei zweckmäßigerweise - abhängig vom jeweiligen Grundwerkstoff - derart erfolgen, daß das durch die Abkühlung von der Temperatur oberhalb des Umwandlungspunktes AC3 entstehende feinkörnige Gefüge dem des Grundwerkstoffs möglichst nahekommt. Durch die Beschränkung der Wärmebehandlung auf die relativ kleinen Volumina einer Schweißraupe lassen sich bei dem erfindungsgemäßen Verfahren auch Abkühlungen, die zur Gefügeanpassung bei wasservergüteten Stählen erforderlich sind, vornehmen. Bei vergüteten Stählen ist es zudem vorteilhaft, jede Schweißraupe einer anschließenden Anlaßbehandlung durch Erwärmen auf eine Temperatur kurz unterhalb des Umwandlungspunktes Ac1 (im Eisen-Kohlenstoff-Diagramm: Linie PS) zu unterziehen.

    [0010] Ein Ausführungsbeispiel des Gegenstandes der Erfindung ist in der Zeichnung dargestellt und wird im folgenden näher beschrieben. Es zeigen

    Fig. 1 eine Vorrichtung zum Schweißen und Wärmebehandeln nach der Erfindung in der Seitenansicht

    Fig. 2 die Induktorspule über einer Schweißstelle im Querschnitt längs der Linie II-II in Fig. 1.



    [0011] Die Vorrichtung zur Wärmebehandlung besteht aus einer induktiven Heizeinrichtung und aus einer Kühleinrichtung. Die Heizeinrichtung besteht aus einer einwindigen Induktorspule 3, die über Flansche 4 an einen Transformator 5 angeschlossen ist, der von einer nicht weiter dargestellten Mittelfrequenzanlage 6 betrieben wird. Die Windung der Induktorspule 3 besteht aus einem mit Wasser kühlbaren Hohlprofil 7 aus Kupfer und ist mit einer dem zu bearbeitenden Werkstück angepaßten Heizwirklinie 8 ausgebildet. Zur Konzentration der magnetischen Felder ist die Induktorspule 3 an ihrer Heizwirklinie 8 mit von der Spule wegweisenden U-förmigen Silizium-Eisen-Lamellen 9 bestückt. Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, wenn das die Heizwirklinie 8 bildende Teilstück mindestens 100 mm lang ist, da dann die Schweißnaht bei der Vorschubbewegung nicht plötzlich, sondern allmählich aufgeheizt wird.

    [0012] In bezug auf die Vorschubrichtung V ist im hinteren Drittel der Heizwirklinie 8 ein berührungslos arbeitender pyrometrischer Temperatur-Meßkopf 12 angeordnet, der über einen flexiblen Glasfaser-Lichtleiter 13 mit einem Pyrometer 14 verbunden ist. Das Pyrometer ist wiederum mit einem Proportional-Integral-Differential-Regler (PID-Regler) 15 verbunden, um das pyrometrische Meßsignal für die Leistungssteuerung der Mittelfrequenzanlage 6 verwerten zu können.

    [0013] Mit der Induktorspule 3 ist eine Kühlvorrichtung in Form einer Kühlbrause 16 mit mehreren Düsen 17 und einer Eintrittsleitung 18 gekoppelt. In einfachster Weise kann diese Kühlbrause mit Druckluft betrieben werden. Beim kontinuierlichen Arbeiten, z.B. beim Schweißen von Umfangsnähten an zylindrischen Mantelflächen, kann die Heizeinrichtung und die Kühlvorrichtung vorteilhafterweise mit dem Lichtbogenschweißkopf 19 gekoppelt sein.

    [0014] Aus Fig. 2 ist ersichtlich, wie die aus den Schenkeln 20 der U-förmigen Lamellen 9 austretenden gestrichelt dargestellten Magnetlinien 21 die - im dargestellten Fertigungszustand - zuletzt geschweißte Raupe 22 einer 60°-V-Nahtfuge 23 und die ihr unmittelbar benachbarte Wärmeeinflußzone 24 im Grundwerkstoff durchdringen, so daß deren Schweißgut einschließlich deren Wärmeeinflußzone bis in das Austenitgebiet erhitzt und das Gefüge in der Schweißraupe und in der WärmeeinfluBzone umgeformt werden kann.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Mehrlagen-Lichtbogenschweißen ferritischer Stähle und zum anschließenden Wärmebehandeln der Schweißstelle, dadurch gekennzeichnet, daß bei der Wärmebehandlung im wesentlichen lediglich jeweils die Tiefe einer Schweißraupe bzw. einer Schweißlage erfaßt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Wärmebehandlung im wesentlichen jeweils die Breite einer Schweißraupe und deren Wärmeeinflußzone erfaßt.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß sich die Wärmebehandlung lediglich auf die letzten, oben aufgebrachten Schweißraupen erstreckt.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß sich die Wärmebehandlung lediglich auf die letzten, oben seitlich aufgebrachten Schweißraupen erstreckt.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Wärmebehandlung ein Erwärmen des zu behandelnden Materials über die Temperatur des oberen Umwandlungspunktes Ac3, bei dem eine Umwandlung von ferritischem zu austenitischem Gefüge eintritt, einschließt.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß sich dem Erwärmen auf die Temperatur des oberen Umwandlungspunktes Ac3 eine Abkühlung mit einer solchen Abkühlgeschwindigkeit anschließt, daß zumindest Teilbereiche des zu behandelnden Materials aus martenitischer Gefügestruktur entstehen.
     
    7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß das zu behandelnde Material auf eine Temperatur unterhalb des unteren Umwandlungspunktes Ac1, bei dem eine Umwandlung von ferritischem in austenitisches Gefüge.eintritt, erwärmt wird.
     
    8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Wärmebehandlung unmittelbar nach Beendigung der von der Schweißhitze herrührenden Umwandlung erfolgt.
     
    9. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 8, gekennzeichnet durch einen Lichtbogenschweißkopf (19) und eine Induktorspule (3), in deren Heizwirklinie (8) im - in bezug auf die Vorschubrichtung (V) - letzten Drittel ein pyrometrischer Temperatur-Meßkopf (12) angeordnet ist.
     
    10. Vorrichtung nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß - in bezug auf die Vorschubrichtung (V) - hinter der Induktorspule (3) eine Kühlbrause (16) angeordnet ist.
     
    11. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 9 oder 10, dadurch gekennzeichnet, daß die Induktorspule (3) mechanisch mit dem Lichtbogenschweißkopf (19) gekoppelt ist.
     




    Zeichnung










    Recherchenbericht