(19)
(11) EP 0 072 535 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
23.02.1983  Patentblatt  1983/08

(21) Anmeldenummer: 82107286.5

(22) Anmeldetag:  11.08.1982
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3B61F 3/04, B61C 9/50, B61F 5/22
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH FR GB IT LI

(30) Priorität: 14.08.1981 DE 3132153

(71) Anmelder: THYSSEN INDUSTRIE AG
D-45128 Essen (DE)

(72) Erfinder:
  • Häupl, Otmar
    D-3500 Kassel (DE)
  • Die andere Erfinder haben auf ihre Nennung verzichtet


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Triebdrehgestell für ein Schienenfahrzeug


    (57) Triebdrehgestell für ein Schienenfahrzeug mit zwei je mit einem über Gelenkwellen angetriebenen Achsgetriebe versehenen Radsätzen (2 und 3), wobei jeweils ein Lagergehäuse eines Radsatzes mit dem diagonal gegenüberliegenden Lagergehäuse des anderen Radsatzes über eine Kopplungsstange (10 bzw. 11) verbunden ist. Jedes Achsgetriebegehäuse (8 bzw. 9) ist mit zwei in Drehgestellängsmittenebene übereinander angeordneten Drehmomentstützen (17 und 17' bzw. 18 und 18') an einem zentral in den Raum zwischen den beiden Radsätzen (2 und 3) eintauchenden Wagenkastenbauteil (15) abgestützt, der eine quer zur Drehgestellängsmittenebene angeordnete Durchgangsöffnung (16) für die sich kreuzenden Kopplungsstangen (10 und 11) aufweist. Hierbei werden sowohl die Zug- und Bremskräfte als auch die Reaktionskräfte jedes Achsgetriebes aus dem Drehmoment direkt in den Wagenkasten (14) geleitet. Die nötige Beweglichkeit der Radsätze (2 und 3) gegenüber dem Wagenkasten (14) wird durch raumbewegliche und elastisch ausgebildete Anlenkpunkte sowohl der Drehmomentstützen (17 und 17' bzw. 18 und 18') als auch der Kopplungsstangen (10 und 11) erreicht.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Triebdrehgestell für ein Schienenfahrzeug mit zwei je mit einem über Gelenkwellen angetriebenen Achsgetriebe versehenen Radsätzen, deren Lagergehäuse mit mechanischen Kopplungseinrichtungen versehen sind, wobei das Gegendrehmoment der Achsgetriebegehäuse durch Drehmomentstützen aufgenommen wird.

    [0002] Die Drehmomentstützen haben die Aufgabe, das dem über das Achsgetriebe auf die Radsatzwelle übertragene Drehmoment entsprechende Gegen- oder Reaktionsmoment, das im Sinne einer Drehung des Achsgetriebes um die Radsatzwelle wirkt, abzufangen.

    [0003] Ein Triebdrehgestell mit einer ähnlichen Achsgetriebegehäuseabstützung und einer Kopplungseinrichtung für die zugehörigen Radsatzlagergehäuse ist beispielsweise der DE-AS 10 85 555 zu entnehmen.

    [0004] Die hierbei am Achsgetriebegehäuse befindliche Pendelstütze und die an den beiden Lagergehäusen der zugehörigen Radsatzwelle angeordneten Achslenker sind mit gleicher Entfernung voneinander an Lagerböcke angeschlossen, die sich auf der Ober- bzw. Unterseite des Drehgestellrahmens befinden. Nachteilig ist, daß die Drehmomentstützkräfte, die bekanntlich Druck- oder Zugkräfte sein können, je nachdem ob es sich um ein Anfahr- oder Bremsdrehmoment handelt, von dem auf der Radsatzwelle gelagerten Achsgetriebegehäuse auf den Drehgestellrahmen übertragen werden, was entweder eine Entlastung oder eine stärkere Belastung der benachbarten Radsatzwelle im Drehgestell zur Folge. hat, was unerwünscht ist. Ferner führen die Radsätze Wendebewegungen gegenüber dem Drehgestellrahmen aus, wodurch die Fahrstabilität beeinträchtigt wird.

    [0005] Um derartige, das Laufverhalten der Radsätze störende Auswirkungen zu vermeiden, ist es bei einem Drehgestell für Eisenbahnwagen bekannt, die beiden Lagergehäuse eines Radsatzes mit den jeweils gegenüberliegenden Lagergehäusen des anderen Radsatzes durch diagonale Stangen und Längsstangen unter Verwendung elastischer Zwischenglieder zu verbinden (DE-PS 16 05 826). Bei Anwendung dieser bekannten Maßnahmen auf ein Triebdrehgestell ergeben sich für die Unterbringung der die Druck- und Zugkräfte von den auf die Radsatzwellen gelagerten Getriebegehäusen übertragenden Drehmomentstützen Schwierigkeiten, weil der Raum zwischen den beiden Radsätzen durch die diagonalen Stangen sehr eingeschränkt ist. Darüberhinaus sind sämtliche zwischen den Radsätzen befindlichen Stangen an senkrechte Zapfen der Radsatzlagergehäuse befestigt und somit nur um senkrechte Achsen beweglich.

    [0006] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, bei einem Triebdrehgestell der eingangs genannten Art eine verbesserte Übertragung der Zug- und Druckkräfte zu schaffen, ohne daß die Kopplung zwischen den jeweils diagonal gegenüberl iegenden Radsatzlagergehäusen behindert wird.

    [0007] Diese Aufgabe wird gemäß der Erfindung durch die im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 angegebenen Merkmale gelöst.

    [0008] Weitere Ausgestaltungen und vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind den Unteransprüchen zu entnehmen, für die Schutz nur in Verbindung mit dem Hauptanspruch begehrt wird.

    [0009] Die mit der Erfindung erzielten Vorteile bestehen insbesondere darin, daß die Zug - und Bremskräfte als auch die Reaktionskräfte jedes Achsgetriebes aus dem Drehmoment direkt in den Wagenkasten geleitet werden. Die nötige Beweglichkeit der Radsätze gegenüber dem Wagenkasten wird hierbei durch die mit Gummi- oder Elastomereinlagen versehenen raumbewegllchen Anlenkpunkte sowohl der Drehmomentstützen als auch der Verbindungsstangen zwischen den Radsatzlagergehäusen erreicht. Durch die Ableitung der Reaktionskräfte aus den Antriebs- bzw. Bremsvorgängen von den Achsgetriebegehäusen direkt in den Wagenkasten Ist es möglich, sowohl die unerwünschte Entlastung des einen Radsatzes eines Drehgestelles zu vermeiden als auch die Wahl der Federkonstanten der Primärfederung nur nach laufdynamischen Gesichtspunkten vorzunehmen. Durch die sich kreuzenden Stangen zwischen den Radsatzlagergehäusen und den Drehmomentstützen ergibt sich eine Kopplung der beiden Radsätze in der Weise, daß der Sinuslauf des einen Radsatzes einen Sinuslauf des anderen Radsatzes mit entgegengesetzter Phasenlage erzwingt. Ferner kann die Elastizität in der Kopplung der Radsätze in Verbindung mit den Federkonstanten der Primärfederung und der Achsgetriebegehäuseabstützung zu einer Abweichung von der genauen Phasenlage und damit zu einer Bewegungsdämpfung führen.

    [0010] Aus Laufstabilitätsrechnungen ist es bekannt, daß bei geeigneter Wahl der Federkonstanten der Primärfederung der gegenphasige Sinuslauf der Radsätze eines Drehgestells überhaupt nicht bzw. erst bei höherer Fahrgeschwindigkeit unstabil wird als der gleichphasige Sinuslauf.

    [0011] Dieses wurde für Räder mit Verschleißprofil rechnerisch nachgewiesen. Damit bewirkt diese Kopplung, die den gleichphasigen Sinuslauf unterdrückt eine höhere stabile Fahrgeschwindigkeit. Zusätzlich ermöglicht diese Kopplung der Radsatzlagergehäuse eine radiale Einstellung bei Kurvenfahrt als Folge der an den Radaufstandspunkten wirkenden Schlupfkräfte.

    [0012] Dieser Vorteil hat für ein Schnellverkehrsfahrzeug kaum Bedeutung, kann aber bei Fahrten auf kurvenreichen Strecken außerhalb des reinen Schnellverkehrs zur Verschleißminderung an Rad und Schiene führen.

    [0013] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung schematisch dargestellt und wird im folgenden näher beschrieben. Es zeigen

    Fig. 1 in der Draufsicht ein erfindungsgemäßes zweiachsiges Triebdrehgestell, wobei zwecks besserer Übersicht der Drehgestellrahmen mehrfach unterbrochen und ein Wagenkastenbauteil im Querschnitt gezeichnet sind, und

    Fig. 2 einen Schnitt nach der Linie A - A in Fig. 1 .



    [0014] Beim dargestellten Triebdrehgestell weistder Drehgestellrahmen 1 zwei Radsätze 2 und 3 auf, von denen jeder mit seiner Radsatzwelle 4 bzw. 5 in bekannter Weise an beiden Enden in gegenüber dem Rahmen 1 abgefederten Lagergehäusen 6, 6' bzw. 7, 71 abgestützt ist. Auf jeder Radsatzwelle befindet sich ein über Gelenkwellen angetriebenes Achsgetriebe (nicht dargestellt), welches in einem auf der Radsatzwelle gelagerten Gehäuse 8 bzw. 9 untergebracht ist. Der Anschluß für diese Gelenkwelle am Achsgetriebegehäuse befindet sich auf der dem gegenüberliegenden Achsgetriebegehäuse abgewandten Seite. Die beiden Lagergehäuse eines Radsatzes sind mittels zwei sich kreuzender Stangen 10 und 11 mit den beiden Lagergehäusen des anderen Radsatzes gekoppelt. Die diagonal verlaufenden Kopplungsstangen sind mit ihren Enden an nicht näher bezeichneten horizontalen Ansätzen der Radsatzlagergehäuse angelenkt und im Kreuzungsbereich so gestaltet, daß sie sich bei ihren gegensinnigen Bewegungen nicht berühren. Die Anlenkpunkte 12, 12' bzw. 13, 13l dieser Kopplungsstangen bestehen aus Raumgelenken mit Gummi- oder Elastomereinlagen. Das Übertragungsverhalten dieser Stangen kann durch die Elastizität in den Anlenkpunkten so abgestimmt werden, daß die kritische Fahrgeschwindigkeit den maximalen Wert erreicht. Ein an der Unterseite des Wagenkastens 14 befindlicher Bauteil 15 erstreckt sich zentral in den Raum zwischen den beiden Radsätzen 2 und 3 und ist in seinem unteren Abschnitt als hohler langgestreckter Kasten ausgebildet, des en Längsachse sich in Drehgestellängsmittenebene befindet. Dieser Kasten besitzt etwa in horizontaler Ebene der Radsatzwellen 4 und 5 eine quer zur Drehgestellängsmittenebene angeordnete Öffnung 16, durch die die sich kreuzenden Kopplungsstangen 10 und 11 mit Spiel hindurchgeführt sind. Diese Öffnung ist vorzugsweise auf beiden Austrittsseiten vor und hinter der eigentlichen Bohrung in Horizontalebene der beiden Radsatzwellen konisch gestaltet. Jedes der beiden Achsgetriebegehäuse 8 und 9 ist für das Gegendrehmoment aus dem in das zugehörige Achsgetriebe eingeleitete Drehmoment bzw. zur Aufnahme der Reaktionskraft des Drehmoments über zwei in Drehgestellängsmittenebene übereinander und parallel oder nahezu parallel zueinander sowie auf der dem Gelenkwellenanschluß abgewandten Seite oben und unten am Gehäuse angelenkte Drehmomentstützen 17, 17' bzw. 18, 18' , die mit ihren freien einander zugekehrten Enden am kastenförmigen Wagenkastenbauteil 15 angelenkt sind, gegenüber dem Wagenkasten 14 abgestützt. Sämtliche Anlenkpunkte 19, 19' bzw. 20, 20' und 21 , 21' bzw. 22, 22 der gleich ausgebildeten und gleiche Länge aufweisenden Dreh- momentstützen 17 bzw. 17' und 18 bzw. 18' sind ebenfalls raumgelenkig ausgebildet und in bekannter Weise mit Gummizwischenlagen versehen, welche eine allseitige Beweglichkeit der dadurch gleitfrei gelenkig verbundenen Teile gewährleisten und damit die z.B. beim Durchfahren von Kurven oder beim tieferen Eintauchen des Wagenkastenbauteils 15 in den Drehgestellrahmen 1 auftretenden horizontalen und vertikalen Relativbewegungen zwischen dem Wagenkasten und dem Drehgestell ermöglichen. Die beiden Kopplungsstangen und alle Drehmomentstützen bestehen vorzugsweise aus Vollmaterial. Sie können auch rohrförmig ausgebildet sein oder einen anderen Querschnitt aufweisen.

    [0015] Es versteht sich, daß nicht nur das dargestellte, sondern auch jedes anders gestaltete Drehgestell verwendbar ist, ohne von dem eigentlichen Erfindungsgedanken abzuweichen.


    Ansprüche

    1 . Triebdrehgestell für ein Schienenfahrzeug mit zwei je mit einem über Gelenkwellen angetriebenen Achsgetriebe versehenen Radsätzen, deren Lagergehäuse mit mechanischen Kopplungseinrichtungen versehen sind, wobei das Gegendrehmoment der Achsgetriebegehäuse durch Drehmomentstützen aufgenommen wird, gekennzeichnet durch die Kombination folgender, teilweise für sich bekannter Merkmale,

    a) daß jedes Achsgetriebegehäuse (8 bzw. 9) der beiden Radsätze (2 bzw. 3) über zwei in Drehgestell-Längsmittenebene vertikal übereinander und parallel oder nahezu parallel zueinander angeordnete Drehmomentstützen (17 und 17' bzw. 18 und 18') an einem zentral in den Raum zwischen den beiden Radsätzen (2 und 3) eingetauchten Bauteil (15) des Wagenkastens (14) abgestützt ist,

    b) der Wagenkastenbauteil (15) im unteren Abschnitt als hohler langgestreckter Kasten ausgebildet ist und etwa in horizontaler Ebene der Radsatzwellen (4 und 5) eine quer zur Drehgestellängsmittenebene angeordnete Durchgangsöffnung (16) für die Kopplungselemente der Radsatzlagergehäuse (6, 6' bzw. 7, 7' ) aufweist,

    c) daß jeweils ein Lagergehäuse des einen Radsatzes (2 bzw. 3) mit dem diagonal gegenüberliegenden Lagergehäuse des anderen Radsatzes (3 bzw. 2) über eine Kopplungsstange (10 bzw. 11) verbunden ist,

    d) die beiden Kopplungsstangen (10 und 11) starr ausgebildet und mit ihren Enden an horizontalen Ansätzen der Radsatzlagergehäuse (6, 6' bzw. 7, 7' ) angelenkt sind, und

    e) sämtliche Anlenkpunkte (12, 12' , 13, 13', 19, 19', 20, 20', 21, 21' , 22, 22') der Kopplungsstangen (10 und 11) und Drehmomentstützen (17, 17', 18, 18') raumbeweglich und elastisch ausgebildet sind.


     
    2. Triebdrehgestell nach Anspruch 1 , dadurch gekennzeichnet, daß die raumbeweglichen Anlenkpunkte (12, 12' , 13, 13' , 19, 19', 20, 20' , 21 , 21') mit Gummi- bzw. Elastomereinlagen versehen sind.
     
    3. Triebdrehgestell nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Kopplungsstangen (10, 11) und die Drehmomentstützen (17, 17' , 18, 18' ) unter sich gleich ausgebildet sind und gleiche Länge aufweisen.
     
    4. Triebdrehgestell nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Durchgangsöffnung (16) im Wagenkastenbauteil (15) auf beiden Austrittseiten vor und hinter der eigentlichen Bohrung in horizontaler Ebene der beiden Radsatzwellen (4 und 5) konisch gestaltet ist.
     




    Zeichnung










    Recherchenbericht