[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Triebdrehgestell für ein Schienenfahrzeug mit
zwei je mit einem über Gelenkwellen angetriebenen Achsgetriebe versehenen Radsätzen,
deren Lagergehäuse mit mechanischen Kopplungseinrichtungen versehen sind, wobei das
Gegendrehmoment der Achsgetriebegehäuse durch Drehmomentstützen aufgenommen wird.
[0002] Die Drehmomentstützen haben die Aufgabe, das dem über das Achsgetriebe auf die Radsatzwelle
übertragene Drehmoment entsprechende Gegen- oder Reaktionsmoment, das im Sinne einer
Drehung des Achsgetriebes um die Radsatzwelle wirkt, abzufangen.
[0003] Ein Triebdrehgestell mit einer ähnlichen Achsgetriebegehäuseabstützung und einer
Kopplungseinrichtung für die zugehörigen Radsatzlagergehäuse ist beispielsweise der
DE-AS 10 85 555 zu entnehmen.
[0004] Die hierbei am Achsgetriebegehäuse befindliche Pendelstütze und die an den beiden
Lagergehäusen der zugehörigen Radsatzwelle angeordneten Achslenker sind mit gleicher
Entfernung voneinander an Lagerböcke angeschlossen, die sich auf der Ober- bzw. Unterseite
des Drehgestellrahmens befinden. Nachteilig ist, daß die Drehmomentstützkräfte, die
bekanntlich Druck- oder Zugkräfte sein können, je nachdem ob es sich um ein Anfahr-
oder Bremsdrehmoment handelt, von dem auf der Radsatzwelle gelagerten Achsgetriebegehäuse
auf den Drehgestellrahmen übertragen werden, was entweder eine Entlastung oder eine
stärkere Belastung der benachbarten Radsatzwelle im Drehgestell zur Folge. hat, was
unerwünscht ist. Ferner führen die Radsätze Wendebewegungen gegenüber dem Drehgestellrahmen
aus, wodurch die Fahrstabilität beeinträchtigt wird.
[0005] Um derartige, das Laufverhalten der Radsätze störende Auswirkungen zu vermeiden,
ist es bei einem Drehgestell für Eisenbahnwagen bekannt, die beiden Lagergehäuse eines
Radsatzes mit den jeweils gegenüberliegenden Lagergehäusen des anderen Radsatzes durch
diagonale Stangen und Längsstangen unter Verwendung elastischer Zwischenglieder zu
verbinden (DE-PS 16 05 826). Bei Anwendung dieser bekannten Maßnahmen auf ein Triebdrehgestell
ergeben sich für die Unterbringung der die Druck- und Zugkräfte von den auf die Radsatzwellen
gelagerten Getriebegehäusen übertragenden Drehmomentstützen Schwierigkeiten, weil
der Raum zwischen den beiden Radsätzen durch die diagonalen Stangen sehr eingeschränkt
ist. Darüberhinaus sind sämtliche zwischen den Radsätzen befindlichen Stangen an senkrechte
Zapfen der Radsatzlagergehäuse befestigt und somit nur um senkrechte Achsen beweglich.
[0006] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, bei einem Triebdrehgestell der eingangs
genannten Art eine verbesserte Übertragung der Zug- und Druckkräfte zu schaffen, ohne
daß die Kopplung zwischen den jeweils diagonal gegenüberl iegenden Radsatzlagergehäusen
behindert wird.
[0007] Diese Aufgabe wird gemäß der Erfindung durch die im kennzeichnenden Teil des Anspruchs
1 angegebenen Merkmale gelöst.
[0008] Weitere Ausgestaltungen und vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind den Unteransprüchen
zu entnehmen, für die Schutz nur in Verbindung mit dem Hauptanspruch begehrt wird.
[0009] Die mit der Erfindung erzielten Vorteile bestehen insbesondere darin, daß die Zug
- und Bremskräfte als auch die Reaktionskräfte jedes Achsgetriebes aus dem Drehmoment
direkt in den Wagenkasten geleitet werden. Die nötige Beweglichkeit der Radsätze gegenüber
dem Wagenkasten wird hierbei durch die mit Gummi- oder Elastomereinlagen versehenen
raumbewegllchen Anlenkpunkte sowohl der Drehmomentstützen als auch der Verbindungsstangen
zwischen den Radsatzlagergehäusen erreicht. Durch die Ableitung der Reaktionskräfte
aus den Antriebs- bzw. Bremsvorgängen von den Achsgetriebegehäusen direkt in den Wagenkasten
Ist es möglich, sowohl die unerwünschte Entlastung des einen Radsatzes eines Drehgestelles
zu vermeiden als auch die Wahl der Federkonstanten der Primärfederung nur nach laufdynamischen
Gesichtspunkten vorzunehmen. Durch die sich kreuzenden Stangen zwischen den Radsatzlagergehäusen
und den Drehmomentstützen ergibt sich eine Kopplung der beiden Radsätze in der Weise,
daß der Sinuslauf des einen Radsatzes einen Sinuslauf des anderen Radsatzes mit entgegengesetzter
Phasenlage erzwingt. Ferner kann die Elastizität in der Kopplung der Radsätze in Verbindung
mit den Federkonstanten der Primärfederung und der Achsgetriebegehäuseabstützung zu
einer Abweichung von der genauen Phasenlage und damit zu einer Bewegungsdämpfung führen.
[0010] Aus Laufstabilitätsrechnungen ist es bekannt, daß bei geeigneter Wahl der Federkonstanten
der Primärfederung der gegenphasige Sinuslauf der Radsätze eines Drehgestells überhaupt
nicht bzw. erst bei höherer Fahrgeschwindigkeit unstabil wird als der gleichphasige
Sinuslauf.
[0011] Dieses wurde für Räder mit Verschleißprofil rechnerisch nachgewiesen. Damit bewirkt
diese Kopplung, die den gleichphasigen Sinuslauf unterdrückt eine höhere stabile Fahrgeschwindigkeit.
Zusätzlich ermöglicht diese Kopplung der Radsatzlagergehäuse eine radiale Einstellung
bei Kurvenfahrt als Folge der an den Radaufstandspunkten wirkenden Schlupfkräfte.
[0012] Dieser Vorteil hat für ein Schnellverkehrsfahrzeug kaum Bedeutung, kann aber bei
Fahrten auf kurvenreichen Strecken außerhalb des reinen Schnellverkehrs zur Verschleißminderung
an Rad und Schiene führen.
[0013] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung schematisch dargestellt
und wird im folgenden näher beschrieben. Es zeigen
Fig. 1 in der Draufsicht ein erfindungsgemäßes zweiachsiges Triebdrehgestell, wobei
zwecks besserer Übersicht der Drehgestellrahmen mehrfach unterbrochen und ein Wagenkastenbauteil
im Querschnitt gezeichnet sind, und
Fig. 2 einen Schnitt nach der Linie A - A in Fig. 1 .
[0014] Beim dargestellten Triebdrehgestell weistder Drehgestellrahmen 1 zwei Radsätze 2
und 3 auf, von denen jeder mit seiner Radsatzwelle 4 bzw. 5 in bekannter Weise an
beiden Enden in gegenüber dem Rahmen 1 abgefederten Lagergehäusen 6, 6' bzw. 7, 7
1 abgestützt ist. Auf jeder Radsatzwelle befindet sich ein über Gelenkwellen angetriebenes
Achsgetriebe (nicht dargestellt), welches in einem auf der Radsatzwelle gelagerten
Gehäuse 8 bzw. 9 untergebracht ist. Der Anschluß für diese Gelenkwelle am Achsgetriebegehäuse
befindet sich auf der dem gegenüberliegenden Achsgetriebegehäuse abgewandten Seite.
Die beiden Lagergehäuse eines Radsatzes sind mittels zwei sich kreuzender Stangen
10 und 11 mit den beiden Lagergehäusen des anderen Radsatzes gekoppelt. Die diagonal
verlaufenden Kopplungsstangen sind mit ihren Enden an nicht näher bezeichneten horizontalen
Ansätzen der Radsatzlagergehäuse angelenkt und im Kreuzungsbereich so gestaltet, daß
sie sich bei ihren gegensinnigen Bewegungen nicht berühren. Die Anlenkpunkte 12, 12'
bzw. 13, 13
l dieser Kopplungsstangen bestehen aus Raumgelenken mit Gummi- oder Elastomereinlagen.
Das Übertragungsverhalten dieser Stangen kann durch die Elastizität in den Anlenkpunkten
so abgestimmt werden, daß die kritische Fahrgeschwindigkeit den maximalen Wert erreicht.
Ein an der Unterseite des Wagenkastens 14 befindlicher Bauteil 15 erstreckt sich zentral
in den Raum zwischen den beiden Radsätzen 2 und 3 und ist in seinem unteren Abschnitt
als hohler langgestreckter Kasten ausgebildet, des en Längsachse sich in Drehgestellängsmittenebene
befindet. Dieser Kasten besitzt etwa in horizontaler Ebene der Radsatzwellen 4 und
5 eine quer zur Drehgestellängsmittenebene angeordnete Öffnung 16, durch die die sich
kreuzenden Kopplungsstangen 10 und 11 mit Spiel hindurchgeführt sind. Diese Öffnung
ist vorzugsweise auf beiden Austrittsseiten vor und hinter der eigentlichen Bohrung
in Horizontalebene der beiden Radsatzwellen konisch gestaltet. Jedes der beiden Achsgetriebegehäuse
8 und 9 ist für das Gegendrehmoment aus dem in das zugehörige Achsgetriebe eingeleitete
Drehmoment bzw. zur Aufnahme der Reaktionskraft des Drehmoments über zwei in Drehgestellängsmittenebene
übereinander und parallel oder nahezu parallel zueinander sowie auf der dem Gelenkwellenanschluß
abgewandten Seite oben und unten am Gehäuse angelenkte Drehmomentstützen 17, 17' bzw.
18, 18' , die mit ihren freien einander zugekehrten Enden am kastenförmigen Wagenkastenbauteil
15 angelenkt sind, gegenüber dem Wagenkasten 14 abgestützt. Sämtliche Anlenkpunkte
19, 19' bzw. 20, 20' und 21 , 21' bzw. 22, 22 der gleich ausgebildeten und gleiche
Länge aufweisenden Dreh- momentstützen 17 bzw. 17' und 18 bzw. 18' sind ebenfalls
raumgelenkig ausgebildet und in bekannter Weise mit Gummizwischenlagen versehen, welche
eine allseitige Beweglichkeit der dadurch gleitfrei gelenkig verbundenen Teile gewährleisten
und damit die z.B. beim Durchfahren von Kurven oder beim tieferen Eintauchen des Wagenkastenbauteils
15 in den Drehgestellrahmen 1 auftretenden horizontalen und vertikalen Relativbewegungen
zwischen dem Wagenkasten und dem Drehgestell ermöglichen. Die beiden Kopplungsstangen
und alle Drehmomentstützen bestehen vorzugsweise aus Vollmaterial. Sie können auch
rohrförmig ausgebildet sein oder einen anderen Querschnitt aufweisen.
[0015] Es versteht sich, daß nicht nur das dargestellte, sondern auch jedes anders gestaltete
Drehgestell verwendbar ist, ohne von dem eigentlichen Erfindungsgedanken abzuweichen.
1 . Triebdrehgestell für ein Schienenfahrzeug mit zwei je mit einem über Gelenkwellen
angetriebenen Achsgetriebe versehenen Radsätzen, deren Lagergehäuse mit mechanischen
Kopplungseinrichtungen versehen sind, wobei das Gegendrehmoment der Achsgetriebegehäuse
durch Drehmomentstützen aufgenommen wird, gekennzeichnet durch die Kombination folgender,
teilweise für sich bekannter Merkmale,
a) daß jedes Achsgetriebegehäuse (8 bzw. 9) der beiden Radsätze (2 bzw. 3) über zwei
in Drehgestell-Längsmittenebene vertikal übereinander und parallel oder nahezu parallel
zueinander angeordnete Drehmomentstützen (17 und 17' bzw. 18 und 18') an einem zentral
in den Raum zwischen den beiden Radsätzen (2 und 3) eingetauchten Bauteil (15) des
Wagenkastens (14) abgestützt ist,
b) der Wagenkastenbauteil (15) im unteren Abschnitt als hohler langgestreckter Kasten
ausgebildet ist und etwa in horizontaler Ebene der Radsatzwellen (4 und 5) eine quer
zur Drehgestellängsmittenebene angeordnete Durchgangsöffnung (16) für die Kopplungselemente
der Radsatzlagergehäuse (6, 6' bzw. 7, 7' ) aufweist,
c) daß jeweils ein Lagergehäuse des einen Radsatzes (2 bzw. 3) mit dem diagonal gegenüberliegenden
Lagergehäuse des anderen Radsatzes (3 bzw. 2) über eine Kopplungsstange (10 bzw. 11)
verbunden ist,
d) die beiden Kopplungsstangen (10 und 11) starr ausgebildet und mit ihren Enden an
horizontalen Ansätzen der Radsatzlagergehäuse (6, 6' bzw. 7, 7' ) angelenkt sind,
und
e) sämtliche Anlenkpunkte (12, 12' , 13, 13', 19, 19', 20, 20', 21, 21' , 22, 22')
der Kopplungsstangen (10 und 11) und Drehmomentstützen (17, 17', 18, 18') raumbeweglich
und elastisch ausgebildet sind.
2. Triebdrehgestell nach Anspruch 1 , dadurch gekennzeichnet, daß die raumbeweglichen
Anlenkpunkte (12, 12' , 13, 13' , 19, 19', 20, 20' , 21 , 21') mit Gummi- bzw. Elastomereinlagen
versehen sind.
3. Triebdrehgestell nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Kopplungsstangen
(10, 11) und die Drehmomentstützen (17, 17' , 18, 18' ) unter sich gleich ausgebildet
sind und gleiche Länge aufweisen.
4. Triebdrehgestell nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Durchgangsöffnung
(16) im Wagenkastenbauteil (15) auf beiden Austrittseiten vor und hinter der eigentlichen
Bohrung in horizontaler Ebene der beiden Radsatzwellen (4 und 5) konisch gestaltet
ist.