(19)
(11) EP 0 166 239 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.01.1986  Patentblatt  1986/01

(21) Anmeldenummer: 85106499.8

(22) Anmeldetag:  25.05.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C21D 8/08, C21D 9/52
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 30.05.1984 CH 2675/84

(71) Anmelder: VON ROLL AG
CH-4563 Gerlafingen (CH)

(72) Erfinder:
  • Elsner, Emil, Dr.
    CH-4563 Gerlafingen (CH)
  • Brehmer, Horst
    CH-4563 Gerlafingen (CH)

(74) Vertreter: EGLI-EUROPEAN PATENT ATTORNEYS 
Horneggstrasse 4
8008 Zürich
8008 Zürich (CH)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung von Betonstahl in Form von Stäben oder Walzdraht


    (57) Für die Herstellung eines Betonstahls mit höherer Streckgrenze bei guter Schweißbarkeit und Zähigkeit werden dem Stahl Mikrolegierungselemente zulegiert, deren Anteil 0,02%-0,06% Vanadium und 0,01%-0,02% Stickstoff beträgt, welche Anteile für die Erreichung einer höheren Streckgrenze von mindestens 450 N/mm2 nicht ausreichen. Diese wird jedoch dann erreicht, wenn das Walzgut während oder nach dem Walzen einer kontrollierten, verhältnismäßig schwachen Abkühlung unterworfen wird, derart, daß die Ausgleichstemperatur des Stahls mindestens 700°C erreicht. Dadurch, daß die Mikrolegierungselemente nur in geringen Mengen zulegiert und verhältnismäßig geringe Wassermengen benötigt werden, kann damit ein wirtschaftlicher Betonstahl hergestellt werden. Zudem ermöglicht das Verfahren das Windungslegen beim Drahtwalzen und ist auch auf andere Walzstahlerzeugnisse anwendbar.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Betonstahl in Form von Stäben oder Walzdraht mit einer Streckgrenze von mindestens 450 N/mm2 bei guter Schweissbarkeit und Zähigkeit.

    [0002] Bei der Herstellung von Betonstahl ist man bestrebt, höhere Streckgrenzen unter Einhaltung guter Zähigkeits-und Schweisseigenschaften zu erreichen. Unter guten Schweisseigenschaften wird in diesem Zusammenhang die Eignung solcher Betonstähle für die hier üblichen Schweissverfahren, wie beispielsweise das Elektro-Lichtbogen-Handschweissen, das Schutzgas-Schweissen, das Abbrenn-Stumpfschweissen und das Widerstands-Punktschweissen verstanden. Ein Mass für die Beurteilung der Schweissbarkeit ist der Kohlenstoffgehalt bzw. das Kohlenstoff-Aequivalent, welche Werte möglichst niedrig sein sollen.

    [0003] Es sind folgende Betonstähle mit höheren Streckgrenzen bekannt:

    1. Naturharte Betonstähle.

    Sie erreichen ihre Streckgrenze durch Zulegieren folgender Legierungselemente: Kohlenstoff etwa 0,4%, Mangan etwa 1,2%, Silizium etwa 0,5%. Diese Stähle sind wegen des hohen Kohlenstoffgehaltes nicht schweissbar.

    2. Naturharte Betonstähle mit Zusatz von Mikrolegierungselementen.

    Eine bedingte Schweissbarkeit wird dadurch erreicht, dass ein Teil des Kohlenstoffes durch beispielsweise Vanadium ersetzt wird, wobei die Legierungselemente folgende Werte aufweisen:

    Kohlenstoff etwa 0,3%, Mangan etwa 1,2%, Silizium etwa 0,5% und Vanadium etwa 0,03%.

    3. Naturharte Armierungsstähle mit erhöhtem Zusatz von Mikrolegierungselementen und erhöhten Stickstoffgehalten.

    Durch die festigkeitssteigernde Wirkung der sich unkontrolliert bildenden Vandiumnitride kann der Kohlenstoffgehalt weiter abgesenkt werden, so dass der Stahl schweissbar wird, Solche Stähle sind beispielsweise in der Firmenschrift der Union Carbide "CARVAN & NITROVAN, Vanadiumträger von Union Carbide für die Stahlherstellung" beschrieben. Sie weisen folgende Legierungselemente auf:

    Kohlenstoff etwa 0,2%, Mangan etwa 1,2%, Silizium etwa 0,5% und Vanadium etwa 0,08%.

    Die Schweissbarkeit wird aber erkauft mit höheren Herstellkosten durch den Vanadiumzusatz.

    4. Kaltverfestigte Betonstähle.

    Diese Stähle erhalten ihre Eigenschaften durch eine Kaltverfestigung, wie beispielsweise Verwinden, Recken oder Ziehen. Vom Kohlenstoff-Aequivalent her sind sie schweissbar und weisen folgende Legierungselemente auf:

    Kohlenstoff gleich oder kleiner 0,2%, Mangan etwa 0,6% und Silizium etwa 0,2%.

    Diese Stähle können sich jedoch beim Schweissen durch zu hohes Wärmeeinbringen wieder entfestigen. Zudem ist der zusätzliche Arbeitsvorgang für die Kaltverfestigung kostensteigernd.

    5. Aus der Walzhitze vergütete Betonstähle.

    Es sind Betonstähle bekannt (z.B. DE-AS 2 353 034 und DD-PS 84615, die ihre höhere Streckgrenze dadurch erreichen, dass sie während oder unmittelbar nach dem Walzen aus der Walzhitze vergütet werden. Dabei wird durch eine intensive Wasserabschreckung eine Härtung der Oberflächenzone des Stabes erreicht, die nach dem Verlassen der Kühlstrecke durch die im Stabkern vorhandene Wärme angelassen wird. Es werden also die bekannten Temperaturprofile genutzt, die sich infolge der schlechten Wärmeleitfähigkeit des Stahles im Vergleich zu andern Metallen normalerweise bei Abkühl- oder Aufheiz-Vorgängen einstellen.

    Wegen des niedrigen Kohlenstoff-Aequivalentes, ähnlich wie beim kaltverfestigten Stahl (Kohlenstoff gleich oder kleiner 0,2%, Mangan etwa 0,6% und Silizium etwa 0,2%), ist dieser Stahl gut schweissbar.

    Für dieses Verfahren sind jedoch hinreichende Kühlwassermengen und Platz in der Walzstrasse für die Kühlstrecke erforderlich. Die Oberfläche des Walzgutes wird auf eine Temperatur von weniger als 200°C abgekühlt, und nach Auflauf auf das Kühlbett beträgt die Ausgleichstemperatur etwa 600°C. Wegen der niedrigen Oberflächentemperatur werden erhöhte Ansprüche an die Warmschere bezüglich Scherkraft und Messerqualität gestellt, und die Transportvorrichtungen zum Kühlbett verschleissen schneller.

    Zudem wird dieses Kühlverfahren bei sehr hohen Walzgeschwindigkeiten, wie sie beispielsweise beim Drahtwalzen auftreten, noch nicht beherrscht. Eine weitere Schwierigkeit tritt beim Windungslegen auf, wenn die Oberflächentemperatur weniger als 200°C beträgt und sich auf nur etwa 600°C wieder aufheizt.



    [0004] In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass sich der Einsatz von Betonstahl in Form von profiliertem Walzdraht in Ringen, insbesondere als Vormaterial für Biegereien, immer mehr durchsetzt.

    [0005] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zur Herstellung eines Betonstahles der eingangs beschriebenen Art mit höherer Streckgrenze und guten Zähigkeits-und Schweisseigenschaften zu finden,

    - nach dem dieser Betonstahl infolge niedriger Gehalte an Mikro- und anderen Legierungselementen kostengünstig herstellbar ist,

    - das keine grossen Wassermengen und Investitionen zur Anwendung im Walzwerk benötigt,

    - das Warmschere und Kühlbettzulauf nicht übermässig beansprucht, und

    - nach dem der Betonstahl in einfacher Weise in Form von profiliertem Walzdraht in Ringen herstellbar ist.



    [0006] Diese Aufgabe wird gemäss der Erfindung dadurch gelöst, dass der Stahl mit nitritbildenden Elementen und Stickstoff mikrolegiert und zudem während und/oder nach dem Walzen einer kontrollierten Abkühlung unterzogen wird, die eine mittlere Ausgleichstemperatur von grösser als 700°C bewirkt, so dass eine bevorzugte Nitridausscheidung unterhalb des Gebietes der Gamma-Alpha-Umwandlung erfolgt.

    [0007] Es hat sich gezeigt, dass bei einem Stahl mit einem niedrigen Kohlenstoff-Aequivalent, dem Mikrolegierungselemente wie Vanadium und Stickstoff in nur geringen Mengen zulegiert werden, der Ausscheidungsprozess der Vanadium-(karbo)nitride in bevorzugter form wirksam erreicht wird, wenn der Stahl während und/oder nach dem Walzen zusätzlich schnell durch eine kontrollierte Abkühlung in den Temperaturbereich unterhalb des Gebietes der Gamma-Alpha-Umwandlung abgekühlt wird. Um einen Betonstahl mit einer Streckgrenze grösser als 500 N/mm2 herzustellen, braucht der Vanadiumgehalt bei tiefem Kohlenstoff-Aequivalent nur 0,04% zu betragen. Hierbei hat sich als für die Ausscheidung vorteilhafter Temperaturbereich eine Ausgleichstemperatur von grösser als 700°C gezeigt. Bei dieser geringen Kühlung hat die Oberfläche des Walzgutes direkt beim Ausgang der Kühlstrecke eine Temperatur grösser als 600°C und heizt sich wegen der geringen Kühlschichtdicke sehr schnell wieder auf eine Temperatur grösser als 700°C auf. Dadurch wird erreicht, dass

    - beim Stabwalzen die Warmschere und der Kühlbettzulauf gegenüber der Herstellung von aus der Walzhitze vergüteten Betonstählen geschont werden und

    - beim Drahtwalzen ein Windungslegen möglich ist.



    [0008] Die Erfindung wird nachstehend anhand von einigen Betriebsergebnissen beispielsweise beschrieben und in den Figuren dargestellt. Es zeigen:

    Fig. 1 ein Diagramm, das den Zusammenhang zwischen Streckgrenze und Ausgleichstemperatur von Betonstahl und verschiedenen Anteilen an Mikrolegierungselementen darstellt,

    Fig. 2 das Schliffbild eines nach der Erfindung hergestellten Betonstahls mit einem Durchmesser von 8 mm, einem V-Gehalt von 0,04% und einer Ausgleichstemperatur von 710°C und

    Fig. 3 das Schliffbild desselben Betonstahls, bei dem jedoch durch eine intensive Wasserabschreckung eine Oberflächenhärtung bei einer Ausgleichstemperatur von 655"C erreicht wird.



    [0009] Nachstehend werden einige Betriebsergebnisse beschrieben und in dem beiliegenden Diagramm dargestellt.

    [0010] An drei Schmelzen mit der Zusammensetzung


    und den üblichen Begleitelementen eines Elektrostahls sowie Vanadium- und Stickstoff-Gehalten von


    wurden an Betonstählen mit kleinen Durchmessern (8 - 12 mm) die in dem Diagramm dargestellten Ergebnisse erzielt:

    Während ohne kontrollierte Abkühlung (Ausgleichstemperatur etwa 900°C) Streckgrenzen von 350, 420 und 450 N/mm erreicht wurden, nehmen die Werte bei kontrollierter Abkühlung zu und betragen bei einer Ausgleichstemperatur von 700°C 440, 530 und 560 N/mm2 (Fig. 1). Bei Ausgleichstemperaturen von kleiner als 700°C machen sich bereits Härtungseffekte bemerkbar (Fig. 3). Diese Temperaturen lägen aber auch im Sinne der Erfindung zu niedrig.



    [0011] Die obere Ausgleichstemperatur ist erfindungsgemäss durch die Gamma-Alpha-Umwandlungstemperatur (Ar3-Punkt) bestimmt. Der Ar3-Punkt ist von der Austenitisierungstemperatur und insbesondere von der Stahlzusammensetzung abhängig. Er liegt im angeführten Beispiel bei etwa 825°C.

    [0012] Die Gamma-Alpha-Umwandlung soll nach dem Walzen auch im Kern möglichst schnell stattfinden. Es ist daher zweckmässig, die Abkühlung so zu steuern, dass einerseits die Gamma-Alpha-Umwandlung im Kern noch beschleunigt wird, andererseits aber die Temperatur der Staboberfläche nicht _- unter den MS-punkt, im angeführten Beispiel 450°C, sinkt. Als gut anwendbar haben sich Ausgleichstemperaturen bis 760°C erwiesen.

    [0013] Als Mass für die kontrollierte Abkühlung wurde die mittlere Wärmeflussdichte ermittelt, die bei den Stabdurchmessern von 8 - 12 mm etwa 11 MW/m2 und bei Stabdurchmesser 20 mm etwa 6 MW/m2 betrug.

    [0014] Unter der mittleren Wärmeflussdichte wird die durch das Kühlmedium abgeführte Wärmemenge, bezogen auf die während der Kühlzeit in der Kühlanlage gekühlte Staboberfläche, verstanden.

    [0015] Aus den Versuchsergebnissen geht hervor, dass bei kontrollierter Abkühlung trotz des niedrigen Kohlenstoff-Aequivalentes und des geringen Gehaltes an Mikrolegierungselementen (Vanadium und Stickstoff) die verlangten hohen Streckgrenzen von Betonstahl gleich oder grösser 500 N/mm2 leicht und kostengünstig eingestellt werden können.

    [0016] Ein Vanadium-Gehalt von 0,04% bei einen Stickstoff-Gehalt von 0,012% (120 ppm) ist dazu hinreichend; eine Erhöhung des Vanadium-Gehaltes auf 0,06% hat nur noch eine vergleichsweise geringe Wirkung.

    [0017] Selbstverständlich lässt sich das Verfahren auch auf andere Produkte und/oder Stahlsorten als Betonstahl in Stäben oder Walzdraht anwenden, z.B. auf Stabstahl und Flachprodukte.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung von Betonstahl in Form von Stäben oder Walzdraht mit einer Streckgrenze von mindestens 450 N/mm2 bei guter Schweissbarkeit und Zähigkeit, der ein niedriges Kohlenstoffäquivalent aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass der Stahl mit nitridbildenden Elementen und Stickstotf mikrolegiert und zudem während und/oder nach dem Walzen einer kontrollierten Abkühlung unterzogen wird, die eine mittlere Ausgleichstemperatur von grösser als 700°C bewirkt, so dass eine bevorzugte Nitridausscheidung unterhalb des Gebietes der Gamma-Alpha-Umwandlung erfolgt.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die mittlere Wärmeflussdichte bei der Kühlung des Walzgutes in Form von Stäben oder Walzdraht etwa 11 MW/m2 bei einem Durchmesser von 8 mm und etwa 6 MW/m2 bei einem Durchmesser von 20 mm beträgt.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Betonstahl zur Erreichung einer Streckgrenze von grösser als 500 N/mm2 folgende Analyse, in Gew.%, aufweist:

    Kohlenstoff 0,10 - 0,25%, Mangan gleich oder grösser als 0,6%, Silizium etwa 0,2%, Vanadium 0,02% - 0,06%, Stickstoff 0,01% - 0,02% bei den üblichen Gehalten an Spurenelementen, Rest Eisen.


     
    4. Vertahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Vanadium-Anteil 0,03% - 0,05% beträgt.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass zur Herstellung von Walzdraht dieser mit einer Temperatur von grösser als 700°C zu Windungen gelegt wird.
     
    6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Walzgut bei einer Temperatur von grösser als 700°C warmgeschert wird.
     
    7. Anwendung des Verfahrens nach Anspruch 1 bis 6 auf andere Produkte und/oder Stahlsorten.
     




    Zeichnung










    Recherchenbericht