[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur hydrierenden Aufarbeitung von Altölen zu
Zweitraffinaten in Form von Schmierölen unter Zugabe von Wasserstoff.
[0002] Allein in der Bundesrepublik Deutschland fallen derzeit jährlich etwa 500 000 t
Altöle an, das sind etwa 50 % des im selben Zeitraum eingesetzten Frischöles. Ein
Großteil des Altöles wird zu sogenannten Zweitraffinaten aufbereitet. Die Aufbereitung
von Altöl zu Zweitraffinaten setzt aber voraus, daß das Altöl nur in äußerst geringem
Umfang mit solchen Komponenten kontaminiert ist, die bei der Weiterverwendung des
Zweitraffinates zu Umweltschäden führen. Besonders störend sind Organochlorverbindungen,
insbesondere das PCB (polychlorierte Biphenyle); aus diesen Verunreinigungen können
nämlich die hochgiftigen chlorierten Dibenzodioxine und Dibenzofurane entstehen, wenn
das Zweitraffinat, z. B. als Schmieröl in Brennkraftmaschinen bei niedriger Temperatur
verbrennt. Polychlorierte Biphenyle sind z. B. in Schneidölen, Hydraulikölen, insbesondere
für den Bergbau, Trafoölen u. ä. enthalten, weil die Öle hierdurch unbrennbar werden.
Andererseits ist das PCB mikrobiologisch nicht abbaubar, persistent und ubiquitär;
es hat eine ähnliche Struktur wie DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) und wird auch
in der Nahrungskette, wie in Fischen, in der Muttermilch und dgl. zunehmend aufgefunden.
In dieser oder ähnlicher Weise kontaminierte Altöle, die mehr als 20 mg/kg PCB und/oder
mehr als 0,5 Gew.-% Organochlorverbindungen enthalten, gelten als Abfall und unterliegen
damit den Vorschriften über Abfallbeseitigung. Die Höchstgrenzen werden in Zukunft
sogar noch weiter abgesenkt werden. Altöle mit einer Kontamination oberhalb dieser
Werte müssen als Sonderabfall in einer dafür zugelassenen Sonderabfallbeseitungsanlage,
z. B. einer Hochtemperaturverbrennungsanlage entsorgt werden. Deren Kapazität in
der Bundesrepublik Deutschland ist völlig unzureichend, so daß es schon zu Entsorgungsengpässen
gekommen ist. Bei der Hochtemperaturverbrennung wird das Altöl bei Temperaturen oberhalb
1 200° C und Verweilzeiten von mehr als 0,3 sec verbrannt, wodurch die Entstehung
von Giften, wie Dioxin, unterbunden wird.
[0003] Auch die Aufbereitung von nicht oder weniger kontaminierten Altölen ist problematisch.
Bei dem hierfür an sich geeigneten Schwefelsäure-Bleicherde-Verfahren zur Erzeugung
von Zweitraffinaten entsteht ein Säureharz als ökologisch bedenklicher Rückstand.
[0004] Dieser Nachteil des Schwefelsäure-Bleicherde-Verfahrens wurde durch das KTI-Verfahren
unterbunden, bei dem das Altöl zunächst einer physikalischen Behandlung und anschließend
einem sogenannten Hydrofinishing unterzogen wird. Die physikalische Behandlung besteht
in einem mehrstufigen Reinigungsprozeß, bei dem zunächst unter atmosphärischem Druck
und bei 150° C Wasser und leicht flüchtige Komponenten vom Altöl getrennt werden.
Danach wird in einer zweiten Stufe bei einem Vakuum von 20 mbar und 270° C eine Gasölfraktion
abgetrennt. Hieran schließt sich als dritte Stufe eine Hochvakuum-Kurzweg-Destillation
an, die in einem besonderen Dünnschichtverdampfer bei 310° C und einem Vakuum von
2 mbar unter Anwendung indirekter Wärmeübertragung bei gleichzeitiger hoher Turbulenz
in den Wärmeübergangszonen stattfindet. Hierdurch werden schwere Bestandteile des
Altöls, die aus Additiven, Metallen und Zersetzungsprodukten bestehen, als asphaltartiger
Rückstand abgetrennt. Als vierte Stufe schließt sich das Hydrofinishing an, bei dem
nur noch solche Verunreinigungen in der gereinigten Ölfraktion enthalten sind, die
den gleichen Siedebereich wie die gereinigte Ölfraktion selbst haben - es handelt
sich hauptsächlich um chlor-, sauer-stoff- und stickstoffhaltige Komponenten. Das
Hydrofinishing erfolgt bei Drücken von etwa 50 bar und Temperaturen zwischen 300 und
350° C, wobei die Verunreinigungen als Ammoniumchlorid, Gasöl und Wasser abgetrennt
und evtl. vorhandene Schwefelverunreinigungen als H₂S entfernt werden. Die Anwesenheit
von Organochlorverbindungen oder Äthylenglykolen (aus Frostschutzmitteln) haben
jedoch negative Folgen, indem sie den Wasserstoffverbrauch erhöhen, die Katalysatoren
schneller kontaminieren und darüber hinaus die Verwendung spezieller Katalysatoren
erforderlich machen.
[0005] Davon ausgehend liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum hydrierenden
Aufbereiten von Altölen zu Zweitraffinaten, insbesondere in Form von Schmierölen,
unter Vermeidung ökologisch unerwünschter Nebenprodukte oder Abfälle zu erhalten,
mit dem es insbesondere möglich ist, auch solche Altöle aufzubereiten, die bisher,
insbesondere aufgrund ihres Gehaltes an Organochlorverbindungen und insbesondere des
PCB, nur durch Sonderabfallbeseitigungsanlagen entsorgt werden konnten.
[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren der eingangs genannten Art
gelöst, bei dem das Altöl zunächst von groben Feststoffen befreit und nachfolgend
einer Hydrierung in einer Sumpfphase bei Drücken von 30 bis 300, vorzugsweise 150
bar und Temperaturen von 200 bis 450, vorzugsweise 350° C, unterzogen wird und sodann
eine Trennung der Reaktionsprodukte in das Schmieröl und Nebenprodukte erfolgt.
[0007] Durch die Erfindung werden u. a. folgende Vorteile erzielt:
-Im Gegensatz zur Hochtemperaturverbrennung, bei der die Öle vernichtet werden, können
die durch die Erfindung im Wege der hydrierenden Dechlorierung erzeugten Produkte
als Zweitraffinate einer volkswirtschaftlich sinnvollen Wiederverwendung zugeführt
werden;
- die typischen Produkteigenschaften der Schmieröle bleiben erhalten;
- das Verfahren kann auch zur hydrierenden Aufarbeitung nicht kontaminierter Öle eingesetzt
werden, ohne daß ökologisch schädliche oder bedenkliche, also insgesamt ökologisch
unerwünschte Nebenprodukte oder Abfälle entstehen, wie sie vom Schwefelsäure-Bleicherde-Verfahren
bekannt sind;
- aus dem Altöl können sogenannte Alterungsprodukte des Öles sowie auch Additive nach
dem Hydrierungsschritt in der Sumpfphase problemlos entfernt werden;
- die Trennung in Rückstände und Produktöl ist bei gleichzeitiger Verwendbarkeit
relativ preiswerter Katalysatoren weniger aufwendig als nach bekannten Verfahren,
z. B. dem KTI-Verfahren.
[0008] Unter "Altölen", "Zweitraffinaten", "Befreiung von groben Feststoffen" sowie "Hydrierung
in der Sumpfphase" ist im Sinne der Erfindung folgendes zu verstehen:
[0009] Altöle im Sinne dieser Erfindung sind Öle, die infolge ihres durch den bisherigen Gebrauch
bedingten Zustandes nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet werden können. Neben den
durch den natürlichen Verschleiß und Alterung anfallenden Fremdstoffen können auch
halogenhaltige Verunreinigungen im Öl enthalten sein.
[0010] Zweitraffinate sind Produkte, die nach Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens und nach Zugabe
von üblichen Additiven als Schmieröle wiederverwendet werden können.
Befreiung von groben Feststoffen
[0011] Für den Einsatz des Verfahrens ist es notwendig, die Öle von solchen Feststoffen
wie Putzlappen, Handschuhe, grobe Metallspäne etc. zu befreien, um Störungen z. B.
an Pumpen oder Entspannungsventilen zu vermeiden.
Hydrierung in der Sumpfphase
[0012] Beim Hydrieren in der Sumpfphase befindet sich das Altöl im Reaktionsraum im flüssigen
Zustand.
[0013] Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung erfolgt die Hydrierung in der Sumpfphase,
vorzugsweise in Gegenwart eines schwach hydrieraktiven Katalysators. Hierzu zählen
insbesondere Fe-Katalysatoren, wie Bayermasse (Rotschlamm) oder mit Eisensalzen getränkte
Trägermaterialien.
[0014] Wenn, gemäß einer anderen Weiterbildung der Erfindung, die Hydrierung in der Sumpfphase
unter Zugabe eines Neutralisationsmittels, insbesondere eines Na-Salzes einer schwachen
Säure, wie Natriumsulfid, erfolgt, können auch stärker kontaminierte Altöle, d. h.
solche mit relativ hohem Gehalt an Organochlorverbindungen zu Zweitraffinaten in
Form von Schmierölen aufbereitet werden, ohne daß ökologisch bedenkliche oder schädliche
Neben- oder Abfallprodukte entstehen. Die Zugabe des Neutralisationsmittels erfolgt
vorzugsweise vor Zugabe des Wasserstoffes, insbesondere gemeinsam mit einem Katalysator.
Typische Zugabemengen betragen zwischen der ein- bis dreifachen stöchiometrischen
Menge, bezogen auf Chlor im eingesetzten Altöl.
[0015] Die Trennung der Reaktionsprodukte der Hydrierung in der Sumpfphase in das Schmieröl
bzw. ein Vorprodukt des Schmieröles einerseits und in Nebenprodukte andererseits erfolgt
in einem Heißabscheider, in dem ein die Gase enthaltendes Kopfprodukt von einem die
gesamten Flüssigkeiten und Feststoffe enthaltenden Sumpfprodukt getrennt werden. Ein
solcher Heißabschneider wird in der Regel bei etwa 30 bis 50° C unter der Temperatur
im Sumpfphasenreaktor betrieben.
[0016] Gemäß einer anderen Weiterbildung der Erfindung wird das Sumpfprodukt des Heißabscheiders
vorzugsweise in einer Vakuumkolonne destilliert. Der dabei anfallende Vakuumrückstand
enthält als Feststoffe insbesondere den Katalysator und Natriumchlorid, das sich aus
der Dechlorierung von Organochlorverbindungen gebildet hat. Überraschenderweise ist
es nämlich durch die Erfindung möglich, das Chlor aus besonders problematischen Organochlorverbindungen
wie das PCB, chlorierte Dioxine und Dibenzofurane in ökologisch völlig unbedenkliches
Natriumchlorid vollständig umzuwandeln und abzuscheiden. Die Kopfprodukte der Vakuumkolonne
und des Heißabscheiders werden bevorzugt zur Gewinnung des Schmieröles vereinigt.
[0017] Eine dem Trennschritt der festen Reaktionsprodukte aus der Hydrierung in der Sumpfphase
von den flüssigen Reaktionsprodukten nachgeschaltete Hydrierung in der Gasphase führt
zu einer Qualitätsverbesserung des zu gewinnenden Zweitraffinates in Form von Schmierölen.
Unter einer "Hydrierung in der Gasphase" ist im Sinne der Erfindung eine Hydrierung
der flüssig oder dampfförmig vorliegenden Öle an einem Raffinationskatalysator zu
verstehen. Als Raffinationskatalysatoren werden bevorzugt Nickel/Molybdän- bzw. Kobalt/Molybdän-Katalysatoren
[0018] Das von groben Feststoffen, insbesondere durch Filtration befreite Altöl mit einem
Organochlorgehalt von 0,6 Gew.-% wird zusammen mit 3 Gew.-% Bayermasse als Katalysator
und 2,7 % Na₂S (2-fach stöchiometrische Menge) als Neutralisationsmittel eingesetzt.
Nach Zugabe Von 1000 1 Wasserstoff je kg Altöl wird das zu hydrierende Gemisch vor
Einspeisung in den Sumpfphasenreaktor 2 in einem Vorheizer 1 bei 150 bar auf 350°
C erhitzt und anschließend im Sumpfphasenreaktor 2 bei 150 bar und 350° C hydriert.
[0019] Die Reaktionsprodukte aus der Hydrierung in der Sumpfphase werden in einem Heißabscheider
3 getrennt, wobei die dampfförmig vorliegenden Produkte über Kopf, die Flüssigphase
und die Feststoffe als Sumpfprodukt am unteren Ende des Heißabscheiders 3 abgezogen
werden.
[0020] Das aus dem Heißabscheider 3 abgezogene Sumpfprodukt wird in einer Vakuumdestillationskolonne
4 bei Temperaturen von 350° C und Drücken von 20 mbar in ein flüssiges Kopfprodukt
und in einen möglichst noch pumpfähigen, die Feststoffe enhaltenden Vakuumrückstand
getrennt. Dabei werden die in der Hydrierung in der Sumpfphase als Chlor abgespaltenen
und als Natriumchlorid gebundenen Organochlorverbindungen sowie in dem Altöl enthaltene
Additive und Alterungsprodukte abgetrennt. Die Kopfprodukte aus dem Heißabscheider
3 und der Vakuumdestillationskolonne 4 werden nachfolgend in einem Gasphasereaktor
5 unter folgenden Arbeitsbedingungen hydriert:
Druck 100 bar
Temperatur 350° C
Als Katalysator wird ein Nickel/Molybdän-Katalysator auf - Al₂O₃ eingesetzt.
[0021] In einem dem Gasphasereaktor 5 nachgeschalteten Kaltabscheider 6 wird bei Temperaturen
von etwa 300° C und Drücken von 100 bar das Reaktionsprodukt der Hydrierung in flüssige
und gasförmige Bestandteile getrennt. Das anfallende Gas, vorzugsweise Wasserstoff,
wird nach Gasreinigung recyclisiert. Die Flüssigphase wird entspannt und das Produktöl
abgezogen.
[0022] Aus 1 kg eine Altöles wurden auf diese Weise 0,8 kg eines chlorfreien Öles gewonnen,
das nach Zugabe von Additiven als Schmieröl verwendet werden kann.
1. Verfahren zum hydrierenden Aufarbeiten von Altölen zu Zweitraffinaten in Form
von Schmierölen unter Zugabe von Wasserstoff, dadurch gekennzeichnet, daß das Altöl zunächst von groben Feststoffen befreit und nachfolgend einer Hydrierung
in einer Sumpfphase bei Drücken von 30 bis 300 bar und Temperaturen von 200 bis 450°
C unterzogen wird und sodann eine Trennung der Reaktionsprodukte in das Schmieröl
und Nebenprodukte erfolgt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Hydrierung in der Sumpfphase in Gegenwart eines gering hydrieraktiven Katalysators
erfolgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Hydrierung in der Sumpfphase unter Zugabe eines Neutralisationsmittels erfolgt.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Reaktionsprodukte aus der Hydrierung in der Sumpfphase in einem Heißabscheider
in ein Flüssigkeiten und Feststoffe enthaltendes Sumpfprodukt und ein dampfförmiges
Kopfprodukt getrennt werden.
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Sumpfprodukt in einer Vakuumkolonne destilliert wird.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Kopfprodukte von Vakuumkolonne und Heißabscheider vor der Gewinnung des
Schmieröles vereinigt werden.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die flüssigen Reaktionsprodukte aus der Hydrierung in der Sumpfphase in der
Gasphase bei Drücken von 50 bis 200 bar und Temperaturen von 300 bis 400° C an Raffinationskatalysatoren
hydriert werden.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß als Raffinationskatalysatoren Nickel/Molybdän- und Kobalt-Molybdän-Katalysatoren
verwendet werden.