(19)
(11) EP 0 338 419 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.10.1989  Patentblatt  1989/43

(21) Anmeldenummer: 89106583.1

(22) Anmeldetag:  13.04.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B22D 27/11, B22D 18/02, B21J 5/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE ES FR GB IT

(30) Priorität: 16.04.1988 DE 3812740

(71) Anmelder: WEHAG LEICHTMETALL GMBH
D-5628 Heiligenhaus (DE)

(72) Erfinder:
  • Bürger, Friedhelm
    D-5628 Heiligenhaus (DE)
  • Tönnissen, Horst-Peter
    D-4100 Duisburg (DE)

(74) Vertreter: Selting, Günther, Dipl.-Ing. et al
Patentanwälte von Kreisler, Selting, Werner Postfach 10 22 41
50462 Köln
50462 Köln (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Giess-Schmiede-Verfahren


    (57) Das Gieß-Schmiede-Verfahren zeichnet sich dadurch aus, daß das Untergesenk (10) sowohl zum Gießen als auch zum Schmieden benutzt wird. Das Untergesenk (10) bildet zusammen mit der oberen Gießformhälfte (11) den Gießhohlraum (15,16) und zusammen mit dem Obergesenk (12) die Schmiedeform (15,17). Nach dem Verfahren können hochwertige Metallteile mit hoher Formgenauigkeit und hoher Festigkeit schnell und mit geringem maschinellen Einsatz hergestellt werden.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Gieß-Schmiede-Verfahren nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 sowie eine Vor­richtung zur Durchführung des Verfahrens.

    [0002] Formteile aus Nichteisen-Metallen (NE-Metallen), an die hinsichtlich der Korrosionsbeständigkeit, der Maß­haltigkeit und der Festigkeit hohe Anforderungen ge­stellt werden, wie z.B. Formteile für Hydrauliksysteme, werden durch Schmieden in einer Schmiedepresse her­gestellt. Als Vorformling wird in der Regel ein Ab­schnitt aus stranggepreßtem Material benutzt. Dieser Vorformling wird in der Schmiedepresse zwischen Unter­gesenk und Obergesenk zu dem gewünschten Formteil ver­formt. Nachteilig ist hierbei, daß die Form des strang­gepreßten Materials häufig in keiner Weise auf die Form des herzustellenden Formteils abgestimmt ist, so daß während des Schmiedevorgangs komplexe Materialflüsse auftreten, wobei es vorkommen kann, daß sich eine un­gleichmäßige Materialverteilung oder Materialdichte einstellt. Bei diesem Verfahren, bei dem ein Rohling aus stranggepreßtem Material durch Schmieden verformt wird, besteht eine erhebliche Einschränkung bei der Materialwahl darin, daß nur solches Material verwendbar ist, das für das Strangpressen geeignet ist.

    [0003] Bekannt ist ferner ein kombiniertes Gieß-Schmiede-­Verfahren (Prospekt "AUTOFORGE" der Firma IWK Pressen GmbH). Bei diesem kombinierten Verfahren werden die Vorformlinge nicht von einem Materialstrang abgetrennt, sondern in einer Gießform gegossen. Hierbei kann der Vorformling besser an das herzustellende Formteil an­gepaßt werden. Im Anschluß an den Gießprozeß erfolgt in derselben Maschine ein Umsetzen der Vorformlinge in eine Schmiedepresse, in der eine Verdichtung und die endgültige Formgebung des Formteils durch Schmieden stattfinden. Das bekannte Gieß-Schmiede-Verfahren hat den Nachteil, daß eine aufwendige Maschine erforderlich ist, die die Vorformlinge nach dem Gießen aus der Gieß-­form entnimmt und dann in die Schmiedepresse umsetzt. Das Umsetzen ist ein Vorgang, der einerseits Zeit er­fordert und andererseits eine aufwendige Transport­vorrichtung benötigt.

    [0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Gieß­Schmiede-Verfahren der im Oberbegriff des Patent­anspruchs 1 angegebenen Art sowohl vom Verfahrensablauf als auch von der maschinellen Einrichtung her zu ver­einfachen.

    [0005] Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt erfindungsgemäß mit den im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1 an­gegebenen Merkmalen.

    [0006] Nach der Erfindung wird eine der beim Gießen benutzte Formhälften zugleich als Gesenk beim Schmieden benutzt. Dies bedeutet, daß für die Durchführung des Verfahrens nur drei Formhälften erforderlich sind, nämlich eine Formhälfte, die sowohl beim Gießen als auch beim Schmieden benutzt wird, eine Gießformhälfte und eine Schmiedeformhälfte. Die Gießformhälfte und die Schmiedeformhälfte werden abwechselnd zusammen mit der kombinierten ersten Formhälfte benutzt. Anstelle der früher für das Gießen und das Schmieden erforderlichen vier Formhälften werden bei dem erfindungsgemäßen Ver­fahren nur drei Formhälften benötigt. Von besonderem Vorteil ist ferner, daß das Werkstück nach dem Gießen in der kombinierten ersten Formhälfte verbleibt und nicht umgesetzt werden muß. Dabei ist zugleich sicher­gestellt, daß das Werkstück (der Vorformling) im Schmiedegesenk eine definierte Position einnimmt, so daß die beim Schmieden auftretende Verformung in defi­nierter Weise reproduzierbar abläuft.

    [0007] Die Vorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens zeichnet sich dadurch aus, daß ein Unter­gesenk vorgesehen ist, das Bestandteil einer Presse ist und das wahlweise entweder mit einer oberen Gießform­hälfte einen Gieß-Hohlraum bildet oder mit einem Ober­gesenk eine Schmiedeform bildet. Ein solche Vorrichtung entspricht in ihrem Aufbau grundsätzlich einer Schmiedepresse, wobei lediglich eine Zustellvorrichtung benötigt wird, die bei hochgefahrenem Obergesenk die obere Gießformhälfte seitlich in die Maschine einführt und auf das Untergesenk absenkt. Dies kann mit einem einfachen Manipulator erfolgen, dessen Arm nur Be­wegungen in zwei Richtungen ausführen muß.

    [0008] Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich insbesondere für die Verarbeitung von Aluminiumlegierungen zu korrosionsbeständigen hochfesten und maßgenauen Form­teilen. Obwohl die untere Formhälfte sowohl beim Gießen als auch beim Schmieden benutzt wird und der Vor­formling im Bereich dieser unteren Formhälfte durch den Gießvorgang bereits annähernd seine entgültige Form erhält, findet beim Schmieden dennoch eine Material­verschiebung bzw. ein Materialfluß in der unteren Form­hälfte statt. Insbesondere wird wegen der beim Schmieden erfolgenden Volumenverkleinerung eine Materialverdichtung bewirkt, die auch im Bereich der unteren Formhälfte stattfindet. Außerdem ist zu berück­sichtigen, daß beim Abkühlen nach dem Gießen ein Materialschwund eintritt, so daß die Form des Vor­formlings beim Schmiede ohnehin nicht mehr vollständig der betreffenden Gießformhälfte entspricht. Über­raschenderweise werden die Materialverdichtung und die übrigen durch das Schmieden erreichbaren Vorteile auch dann erreicht, wenn der Vorformling in der einen Hälfte der Schmiedeform gegossen wurde. Die Volumenreduzierung der Schmiedeform gegenüber der Gießform ist hierbei natürlich auf die obere Formhälfte konzentriert.

    [0009] Ein besonderer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht in der Energieeinsparung, da die beim Gießen vorhandene Wärme zugleich für den Schmiedeprozeß mit­benutzt wird und keine zusätzliche Erwärmung für das Schmieden erforderlich ist.

    [0010] Das Verfahren eignet sich auch für die Verarbeitung von Metallen oder Legierungen, die Verstärkungsfasern ent­halten.

    [0011] Im folgenden werden unter Bezugnahme auf die Zeichnungen Ausführungsbeispiele der Erfindung näher erläutert.

    [0012] Es zeigen:

    Fig. 1 eine Darstellung des Gieß-Schmiede-Verfahrens,

    Fig. 2 eine Darstellung des gleichen Verfahrens mit angewandelten Formen,

    Fig. 3 das Verfahren mit Einsatz von Kernen und

    Fig. 4 mehrere gleichzeitig hergestellte Vorformlinge.



    [0013] Gemäß Fig. 1 ist ein Untergesenk 10 vorgesehen, das wahlweise mit der oberen Gießformhälfte 11 oder mit dem Obergesenk 12 einen Formhohlraum bildet. Das Unter­gesenk 10 ist in einer (nicht dargestellten) Presse fest angeordnet, während das Obergesenk 12 an dem Pressenstößel befestigt ist und auf das Untergesenk 10 herabgepreßt werden kann. Die obere Gießformhälfte 11 kann zum Entformen ein Stück in vertikaler Richtung bewegt (Pfeil 13) und dann seitlich aus dem Bereich der Schmiedepresse herausbewegt (Pfeil 14) werden. Die Wartestellung der oberen Gießformhälfte 11 ist in Fig. 1 mit 11a bezeichnet.

    [0014] Die Hohlraumhälfte 15 des Untergesenks 10 entspricht in ihrer Form dem herzustellenden Formteil. Die Hohlraum­hälfte 16 der oberen Gießformhälfte 11 ist dem her­ zustellenden Formteil nur grob angepaßt, so daß bei der Schmiedeverformung noch ein Umformvorgang erforderlich ist, um die endgültige Form des Formteils zu erreichen. Außerdem soll beim Schmieden noch eine Verdichtung er­folgen, so daß der in der Gießformhälfte 11 enthaltene Hohlraum 16 ein größeres Volumen hat als der im Ober­gesenk 12 enthaltene Hohlraum 17. Die Hohlräume 15 und 17 bilden zusammengenommen exakt die Form des her­zustellenden Formteils.

    [0015] In Fig. 1 ist der Fall dargestellt, daß die Gießform­hälfte 11 auf dem Untergesenk 10 sitzt, so daß beide gemeinsam eine Gießkokillle bilden. An dem Untergesenk 10 ist ein Stutzen 18 befestigt, der aufragt und zu­sammen mit der oberen Gießformhälfte 11 den Gießkanal 19 bildet. In der oberen Gießformhälfte 11 sind, wie üblich, Entlüftungsöffnungen vorgesehen.

    [0016] Die Gießtemperatur, bei der das flüssige Metall in die Gießform 10,11 eingefüllt wird, liegt typischerweise bei 700 bis 740 °C. Die beiden Formhälften 10 und 11 werden durch (nicht dargestellte) Heiz-Kühl-Vorrich­tungen auf einer konstanten Temperatur von ca. 200 °C gehalten. Etwa 5 bis 10 Sekunden nach dem Nachfüllen der Schmelze in die Gießform 10,11 hat das Metall die Schmiedetemperatur von 400 bis 450 °C erreicht. Die obere Gießformhälfte 11 wird nun abgenommen und bei­seite bewegt und auf den im Untergesenk 10 verbliebenen Rohling wird das Obergesenk abgesenkt, das zusammen mit dem Untergesenk 10 die Schmiedeform bildet.

    [0017] Im Anschluß an das Schmieden braucht das fertige Werk­stück nur noch entgratet zu werden.

    [0018] Fig. 2 zeigt ein Beispiel, bei dem mit dem Verfahren ein Hohlkörper hergestellt wird. Hierbei hat die obere Gießformhälfte 11 einen Ansatz 20, der in den unteren Gießhohlraum 15 hineinragt und diesen teilweise aus­füllt. Es wird also bereits ein hohler Rohling erzeugt. Das Obergesenk 12 ist mit einem Dorn 21 versehen, dessen Volumen größer ist als dasjenige des Ansatzes 20, so daß der Dorn 21 den Hohlraum des gegossenen Roh­lings noch aufweitet und vergrößert, während der Roh­ling im übrigen im wesentlichen an dem unteren Gesenk 10 abgestützt ist.

    [0019] Fig. 3 zeigt, daß es möglich ist, bei dem erfindungs­gemäßen Verfahren auch Gießkerne 22,23 zu verwenden. Die jeweils an einem verschiebbaren Halter 24,25 be­festigten Kerne 22,23 ragen durch Öffnungen 26 hindurch in den Formhohlraum. Entsprechende Öffnungen bzw. Halb­öffnungen sind sowohl in der Gießformhälfte 11 als auch im Obergesenk 12 vorhanden, so daß die Kerne 22,23 so­wohl beim Gießen als auch beim Schmieden in den Form­hohlraum hineinragen. Zum Entformen können die Kerne 22,23 axial aus der Form herausgezogen werden.

    [0020] Fig. 4 zeigt ein Formstück 27, bei dem mehrere Form­teile 28 zusammen mit einem nur für die Herstellung benötigten Skelett 29 durch Gießen und Schmieden her­gestellt worden sind. Im Anschluß an den Schmiede­vorgang wird das Skelett 29 von den fertigen Formteilen 28 entfernt. Auf diese Weise können insbesondere klein­formatige Formstücke in größerer Teil gleichzeitig her­gestellt werden.


    Ansprüche

    1. Gieß-Schmiede-Verfahren zur Herstellung von Form­teilen aus NE-Metall, bei dem ein formstabiler Vorformling in einer Gießform durch Gießen herge­stellt wird und anschließend eine Schmiedeum­formung des Vorformlings erfolgt,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Vorformling nach dem Gießen in einer der Formhälften der Gießform verbleibt und daß diese Formhälfte als eines der Gesenke beim Schmieden benutzt wird, wobei für den Schmiedevorgang die eine der zum Gießen benutzten Formhälften durch mindestens ein Gesenk ersetzt wird.
     
    2. Gieß-Schmiede-Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die sowohl für das Gießen als auch für das Schmieden benutzte Formhälfte das Untergesenk ist.
     
    3. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß ein Untergesenk (10) vorgesehen ist, das wahlweise mit einer oberen Gießformhälfte (11) einen Gießhohl­raum (15,16) und mit einem Obergesenk (12) eine Schmiedeform (15,17) bildet, wobei das Volumen der Schmiedeform (15,17) kleiner ist als dasjenige des Gießhohlraums (15,16).
     
    4. Vorrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekenn­zeichnet, daß das Untergesenk (10) und die obere Gießformhälfte (11) auf einer erheblich unter der Schmiedetemperatur liegenden Temperatur gehalten sind.
     




    Zeichnung










    Recherchenbericht