[0001] Die Erfindung betrifft eine austenitische Nickel-Chrom-Eisen-Legierung und ihre Verwendung
als Werkstoff für Gegenstände mit hoher Beständigkeit gegenüber isothermer und zyklischer
Hochtemperaturoxidation, hoher Warmfestigkeit und Zeitstandfestigkeit bei Temperaturen
oberhalb von 1100 bis 1200 °C.
[0002] Gegenstände, wie Ofenbauteile, Strahlrohre, Ofenrollen, Ofenmuffeln und Stützsysteme
in Brennöfen für keramische Erzeugnisse werden im Einsatz nicht nur bei sehr hohen
Temperaturen oberhalb 1000 °C isotherm belastet, sondern müssen auch zyklischen Temperaturbelastungen
beim Aufheizen und Abkühlen der Öfen oder Strahlrohre gewachsen sein.
Sie müssen sich daher durch Zunderbeständigkeit nicht nur bei isothermer, sondern
auch bei zyklischer Oxidation, sowie durch eine ausreichende Warmfestigkeit und Zeitstandfestigkeit
auszeichnen.
[0003] Aus der US-PS 3 607 243 ist erstmals eine austenitische Legierung bekannt geworden
mit Gehalten von (Angaben in Gew.-%) bis 0,1 % Kohlenstoff, 58 - 63 % Nickel, 21 -
25 % Chrom, 1 - 1,7 % Aluminium, sowie wahlweise bis 0,5 % Silizium, bis 1,0 % Mangan,
bis 0,6 % Titan, bis 0,006 % Bor, bis 0,1 % Magnesium, bis 0,05 % Calcium, Rest Eisen,
wobei der Phosphorgehalt unter 0,030 %, der Schwefelgehalt unter 0,015 % liegen soll,
die eine gute Beständigkeit insbesondere gegen zyklische Oxidation bei Temperaturen
bis 2000 °F (1093 °C) aufweist.
Die Warmfestigkeitswerte werden wie folgt angegeben: 80 MPa für 1800 °F, 45 MPa für
2000 °F und 23 MPa für 2100 °F.
[0004] Die Zeitstandfestigkeit beträgt nach 1000 Stunden 32 MPa für 1600 °F, 16 MPa für
1800 °F und 7 MPa für 2000 °F.
Davon ausgehend hat sich der innerhalb dieser Legierungsgrenzen liegende Werkstoff
NiCr23Fe mit der Werkstoff-Nr. 2.4851 und der UNS-Bezeichnung N 06601 in die industrielle
Anwendung eingeführt.
Dieser Werkstoff bewährt sich vor allem bei der Anwendung im Temperaturbereich oberhalb
von 1000 °C. Dies beruht auf der Bildung einer schützenden Chromoxid-Aluminiumoxidschicht,
insbesondere jedoch auf der insgesamt geringen Neigung der Oxidschicht zum Abplatzen
bei Temperatur-Wechselbelastung. Der Werkstoff hat sich so zu einem wichtigen Werkstoff
im industriellen Ofenbau entwickelt. Typische Anwendungen sind Strahlrohre für gasbeheizte
Öfen und Transportrollen in Rollenherdöfen für keramische Erzeugnisse. Darüberhinaus
ist der Werkstoff auch für Teile in Abgasentgiftungsanlagen und petrochemischen Anlagen
geeignet.
Um die für die Anwendung dieses Werkstoffs maßgebenden Eigenschaften noch weiter -
für Anwendungstemperaturen oberhalb von 1100 bis 1200 °C - zu steigern, wird gemäß
der US-PS 4 784 830 dem aus der, US-PS 3 607 243 bekannten Werkstoff Stickstoff in
Mengen von 0,04 bis 0,1 Gew.-% zugesetzt und gleichzeitig zwingend ein Titangehalt
von 0,2 bis 1,0 Gew.-% gefordert. Vorteilhafterweise soll auch der Siliziumgehalt
oberhalb von 0,25 Gew.-% liegen und mit dem Titangehalt so korreliert sein, daß sich
ein Verhältnis Si:Ti = 0,85 bis 3,0 ergibt. Die Chromgehalte betragen 19 - 28 % und
die Aluminiumgehalte 0,75 - 2,0 % bei Nickelgehalten von 55 - 65 %.
Mit diesen Maßnahmen wird eine Verbesserung der Oxidationsbeständigkeit bei Anwendungstemperaturen
bis 1200 °C erzielt, wodurch die Lebensdauer von z.B. Ofenrollen auf 12 Monate und
mehr gegenüber 2 Monaten bei Ofenrollen, gefertigt aus dem Werkstoff gemäß US-PS 3
607 243, gesteigert werden konnte. Diese Verbesserung der Lebensdauer von Ofenbauteilen
beruht vor allem auf einer Stabilisierung des Mikrogefüges durch Titannitride bei
Temperaturen von 1200 °C.
[0005] Der Kohlenstoffgehalt soll ebenso, wie in der US-PS 3 607 243 beschrieben, 0,1 Gew.-%
nicht überschreiten, um eine Ausbildung von Karbiden, insbesondere vom Typ M₂₃C₆,
zu vermeiden, da diese sich nachteilig auf die Mikrostruktur des Gefüges und auf die
Eigenschaften der Legierung bei sehr hohen Temperaturen auswirken.
[0006] Für die Lebensdauer von hochhitzebeständigen Gegenständen ist jedoch nicht allein
die Oxidationsbeständigkeit (ausgedrückt durch die sogenannte zyklische Massenänderung
(g/m²·h) in Luft bei hohen Testtemperaturen, z.B. 2000 °F, wie in der US-PS 4 784
830 beschrieben) maßgebend, sondern auch die Warmfestigkeit und die Zeitstandfestigkeit
bei den jeweiligen Anwendungstemperaturen.
[0007] Es ist Aufgabe der Erfindung, Nickel-Chrom-Eisen-Legierungen der eingangs genannten
Art so auszugestalten, daß bei ausreichender Oxidationsbeständigkeit die Werte für
die Warmfestigkeit und die Zeitstandfestigkeit verbessert sind, wodurch die Lebensdauer
von aus solchen Legierungen gefertigten Gegenständen bedeutend erhöht wird.
[0008] Gelöst wird diese Aufgabe durch eine
Austenitische Nickel-Chrom-Eisen-Legierung,
bestehend aus (Angaben in Gewichtsprozent) :

einschließlich unvermeidbarer erschmelzungsbedingter Verunreinigungen.
[0009] Nach einer bevorzugten Legierungsvariante betragen die Gehalte an
Kohlenstoff |
0,15 bis 0,25 % |
Chrom |
24 bis 26 % |
Aluminium |
2,1 bis 2,4 % |
Yttrium |
0,05 bis 0,12 % |
Titan |
0,40 bis 0,60 % |
Niob |
0,40 bis 0,60 % |
Zirkon |
0,01 bis 0,10 % |
Stickstoff |
max 0,010 % |
bei unveränderten Gehaltsbereichen der restlichen Legierungselemente.
[0010] Die erfindungsgemäße Nickel-Chrom-Eisen-Legierung weist in Abkehr vom bisherigen
Stand der Technik, der Kohlenstoffgehalte nur bis maximal 0,10 Gew.-% zuläßt, da man
glaubte, nur mit diesen geringen Kohlenstoffgehalten die geforderte Oxidationsbeständigkeit
bei Temperaturen bis 1200 °C gewährleisten zu können, Kohlenstoffgehalte von 0,12
bis 0,30 Gew.-% auf.
In überraschender Weise bewirken Kohlenstoffgehalte in dieser Größenordnung in Verbindung
mit den erfindungsgemäß weiterhin vorgesehenen Zusätzen, insbesondere an Yttrium und
Zirkon, nicht nur eine Steigerung der Warmfestigkeit und der Zeitstandfestigkeit,
sondern verbessern auch noch die Oxidationsbeständigkeit,
[0011] Da bei der erfindungsgemäßen Legierung der Stickstoffgehalt möglichst niedrig gehalten
wird, entstehen bei den vorliegenden Kohlenstoffgehalten von 0,12 bis 0,30 Gew.-%
in Verbindung mit den stabilen Karbidbildnern Titan, Niob und Zirkon im wesentlichen
Karbide dieser Elemente, die auch bei Temperaturen bis zu 1200 °C thermisch stabil
sind.Die Bildung von Chromkarbiden, so vom Typ Cr₂₃C₆, wird dadurch weitgehend unterbunden.
Dies führt dazu, daß erstens durch die Bildung der im Vergleich zu Chromkarbiden thermisch
stabileren Titan-, Niob- und Zirkonkarbide die Warmfestigkeit und die Zeitstandfestigkeit
nachhaltig verbessert wird, zweitens mehr Chrom zur Bildung einer schützenden Chromoxid-Schicht
zur Verfügung steht und damit die Oxidationsbeständigkeit bei gleichzeitiger Zugabe
von Yttrium und Zirkon verbessert wird.
[0012] Zur Sicherstellung einer ausreichenden Oxidationsbeständigkeit bei Temperaturen von
oberhalb 1100 °C sind Chrom-Gehalte von mindestens 23 Gew.-% erforderlich. Die obere
Grenze sollte 30 Gew.-% nicht überschreiten, um Probleme bei der Warmverformung der
Legierung zu vermeiden.
[0013] Aluminium bewirkt, besonders im Temperaturbereich von 600 bis 800 °C, den der Werkstoff
im Einsatz sowohl beim Aufheizen als auch beim Abkühlen durchläuft, eine Steigerung
der Warmfestigkeit durch Ausscheidung der Phase Ni₃Al (sog. γ' - Phase). Da die Ausscheidung
dieser Phase gleichzeitig mit einem Abfall der Zähigkeit verbunden ist, ist es notwendig,
die Gehalte an Aluminium auf 1,8 bis 2,4 Gew.-% zu begrenzen.
[0014] Der Silizium-Gehalt sollte möglichst niedrig gehalten werden, um die Bildung von
niedrig schmelzenden Phasen zu vermeiden.
Der Mangan-Gehalt sollte 0,25 Gew.-% nicht überschreiten, um negative Auswirkungen
auf die Oxidationsbeständigkeit des Werkstoffes zu vermeiden.
[0015] Zusätze von Magnesium und Calcium dienen der Verbesserung der Warmumformbarkeit und
wirken sich auch verbessernd auf die Oxidationsbeständigkeit aus. Hierbei sollten
die Obergrenzen von 0,015 Gew.-% (Magnesium) und 0,010 Gew.-% (Calcium) jedoch nicht
überschritten werden, da oberhalb dieser Grenzwerte liegende Gehalte an Magnesium
und Calcium das Auftreten niedrig schmelzender Phasen begünstigen und so wiederum
die Warmumformbarkeit verschlechtern.
[0016] Die Eisen-Gehalte der erfindungsgemäßen Legierung liegen im Bereich von 8 bis 11
Gew.-%. Sie sind dadurch bedingt, um beim Erschmelzen der Legierung preiswertes Ferrochrom
und Ferronickel einsetzen zu können.
[0017] Im folgenden werden die mit der erfindungsgemäßen Legierung erzielten Vorteile näher
erläutert. Tabelle 1 enthält die Analysen von zwei unter die Erfindung fallenden Legierungen
A und B sowie einer Legierung C entsprechend dem Stand der Technik, wie er der US-PS
4 784 830 entnommen werden kann.

[0018] Die Werkstoffeigenschaften dieser Legierungen sind Gegenstand der Figuren 1 bis 5.
[0019] Im einzelnen zeigen
- Fig. 1
- für die Legierungen A, B und C
die Warmfestigkeit Rm (MPa) in Abhängigkeit von der Temperatur (°C)
- Fig. 2
- für die Legierungen A, B und C
die 1 %-Streckgrenze Rp (MPa) in Abhängigkeit von der Temperatur (°C)
- Fig. 3
- für die Legierungen A und C
die 1 %-Zeitdehngrenze Rp 1,0/10000 (MPa) nach einer Zeit von 10000 Stunden in Abhängigkeit
von der Temperatur (°C)
- Fig. 4
- für die Legierungen A und C
die Zeitstandfestigkeit Rm/10000 (MPa) nach einer Zeit von 10000 Stunden in Abhängigkeit
von der Temperatur (°C)
- Fig. 5
- für die Legierungen A und C
die zyklische Oxidationsbeständigkeit in Luft (spezifische Masseänderung in g/m²·h)
in Abhängigkeit von der Temperatur (°C).
[0020] Die in
Fig. 1 für die Warmfestigkeit und in
Fig. 2 für die 1 %-Streckgrenze in Abhängigkeit der Temperatur aufgetragenen Werte sind
wichtige Kenngrößen, inwieweit der Werkstoff bei einer bestimmten Temperatur belastet
werden kann.
[0021] Es ist zu erkennen, daß die erfindungsgemäße Legierung A im gesamten interessierenden
Temperaturbereich von 850 bis 1200 °C bei deutlich höheren Werten als die Legierung
C nach dem Stand der Technik liegt, sowohl bei der Warmfestigkeit Rm als auch bei
der 1 %-Streckgrenze Rp.
[0022] Noch bessere Werte werden von der erfindungsgemäßen Legierung B erreicht, deren Legierungszusammensetzung
innerhalb der durch Anspruch 2 gegebenen Legierungsvariante liegt. Durch diese Legierungsvariante
können bis zu Temperaturen von 1000 °C sowohl die Warmfestigkeit als auch die Streckgrenze
fast verdoppelt werden.
[0023] In den Figuren
Fig. 3 und
Fig. 4 ist das Zeitstandverhalten der erfindungsgemäßen Legierung A mit dem der Legierung
C gemäß dem Stand der Technik verglichen.
Die Zeitstandfestigkeit und die 1 %-Zeitdehngrenze wurden in üblichen Zeitstandversuchen
ermittelt (siehe dazu DE-Buch "Werkstoffkunde Stahl", Band 1, Springer-Verlag Berlin,
1984, Seiten 384 bis 396 und DIN 50118).
Die Zeitstandfestigkeit (MPa) gilt als ein Maß für die Fähigkeit eines Werkstoffes,
unter dem Einfluß einer wirkenden Last nicht zerstört zu werden. Die 1 %-Zeitdehngrenze,
die bei einer vorgegebenen Belastungszeit die Spannung (in MPa) angibt, bei der eine
1 %-Dehnung erreicht wird, charakterisiert das funktionelle Versagen des Werkstoffes
bei einer bestimmten Langzeitbelastung für die jeweilige Temperatur.
[0024] Die erfindungsgemäße Legierung A ist sowohl in der Zeitstandfestigkeit als auch in
der 1 %-Zeitdehngrenze der Legierung C entsprechend dem Stand der Technik über den
gesamten Temperaturbereich deutlich überlegen. Der Festigkeitsgewinn der erfindungsgemäßen
Legierung A beträgt im Vergleich zur Legierung C bei jeder Temperatur mehr als 25
%.
[0025] In
Fig. 5 wird die an Luft ermittelte zyklische Oxidationsbeständigkeit der Legierungen A und
C mit Hilfe der Darstellung der spezifischen Massenänderung über der Temperatur verglichen.
Gewünscht werden in der Regel Massenzunahmen (+), da Massenabnahmen (-) häufig ein
Anzeichen für stark abplatzenden Zunder sind.
[0026] Aus diesem Grunde ist das Verhalten der erfindungsgemäßen Legierung A besser zu bewerten
als das dem Stand der Technik entsprechende Verhalten der Legierung C, die die Abzisse
(Übergang zum Massenverlust) schon bei ca. 1000 °C schneidet, während die Legierung
A erst bei ca. 1050 °C einen Nulldurchgang aufweist.
[0027] Die erfindungsgemäße Nickel-Chrom-Eisen-Legierung ist wegen ihrer guten Eigenschaften
bei hohen Temperaturen ein bevorzugter Werkstoff für Gegenstände, die im praktischen
Betrieb bezogen auf eine Temperatur von 1100 °C und eine Belastungsdauer von 10000
Stunden eine Zeitstandfestigkeit (Rm/10000) von mindestens 5 MPa bei einer 1 %-Zeitdehngrenze
(Rp1,0/10000) von mindestens 2 MPa und hohe Oxidationsbeständigkeit aufweisen müssen,
wie z. B.
- Strahlrohre zum Beheizen von Öfen
- Ofenrollen für das Glühen von metallischem oder keramischem Gut
- Muffeln für Blankglühöfen, z.B. für Öfen für das Blankglühen von Edelstählen
- Rohre für die Sauerstofferhitzung bei der Produktion von Titandioxid (TiO₂)
- Ethylencrackrohre
- Ofengestelle und Tragekreuze für stationäre Glühungen
- Isolierungen für Auspuffkrümmer
- Katalysatorfolien für die Abgasreinigung, insbesondere bei thermisch hochbelasteten
Klein-Benzinmotoren, wie Motoren für Kettensägen, Heckenscheren und Rasenmäher.
[0028] Die genannten Gegenstände lassen sich aus dem erfindungsgemäßen Werkstoff leicht
fertigen, da er nicht nur gut warmverformbar ist, sondern auch das für Kaltverarbeitungsvorgänge
- wie z.B. Kaltwalzen auf dünne Abmessungen, Abkanten, Tiefziehen, Bördeln - nötige
Umformvermögen besitzt.