(19)
(11) EP 0 580 017 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
26.01.1994  Patentblatt  1994/04

(21) Anmeldenummer: 93110819.5

(22) Anmeldetag:  07.07.1993
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5F42C 19/08
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR GB

(30) Priorität: 18.07.1992 DE 4223735

(71) Anmelder: DIEHL GMBH & CO.
D-90478 Nürnberg (DE)

(72) Erfinder:
  • Pfersmann, Axel, Dr.
    D-91207 Lauf (DE)
  • Himmert, Rainer, Dipl.-Ing.
    D-91207 Lauf (DE)
  • Brand, Heinrich, Dipl.-Ing.
    D-90530 Wendelstein (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Anzündsystem für Treibladungen


    (57) Ein Anzündsystem für großkalibrige Treibladungen beispielsweise Artilleriemunition soll vollständig verbrennbar sein und zwar sowohl bei einer einteiligen Munition (35) als auch bei einer mehrteiligen, in Modulen (1,30) aufgeteilten Muntition (2). Eine weitere Forderung an das Anzündsystem ist eine kurze Anzündverzugszeit in der Größenordnung von 5 bis 10 ms. Bei der Verwendung von Niederdruckanzündsystemen treten in der Regel deutlich längere Verzugszeiten bis einige hundert ms auf. Eine wesentliche Ursache dafür ist die geringe Abbrandgeschwindigkeit der unverdämmten Anzündladung. Zur Verbesserung dieses Verhaltens wird ein Niederdruckanzündsystem vorgeschlagen, bei dem die Anzündladung als Kombination von Pellets (10.1) mit einer dünnen Beschichtung in Form einer Anzündmischung (12) mit entsprechend kurzer Umsetzungszeit ausgeführt ist und diese Pellets (10.1) innerhalb eines Niederdruckrohres (15) ein leeres Stützrohr (20) umgeben.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Anzündsystem für Treibladungen nach dem Oberbegriff des Anspruches 1.

    [0002] Aus der EP-A-0 306 616 ist eine Anzündübertragungsladung für eine großkalibrige Treibladung bekannt. Diese Anzündübertragungsladung ist stoßbelastbar, da sie von einem Stützrohr umhüllt ist. Hierbei besteht die Anzündübertragungsladung aus einem hochenergetischen Treibladungspulver, während das Stützrohr aus formgepreßten normalen Treibladungspulver besteht.
    Ein derartiges Niederdruckanzündsystem weist verhältnismäßig lange Zündverzugszeiten bis einige hundert Millisekunden auf. Eine wesentliche Ursache dafür ist die geringe Abbrandgeschwindigkeit der umverdämmten Anzündladung.

    [0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein entsprechend der EP-A-0 206 616 verbrennbares Anzündsystem zu schaffen, das eine sehr kurze Umsetzungszeit zur Anzündung der Treibladung aufweist und aufgrund hoher Engergieerzeugung auch mehrteiliger Ladungsaufbauten geeignet ist.

    [0004] Die Erfindung löst diese Aufgabe entsprechend den kennzeichnenden Merkmalen des Anspruches 1.

    [0005] Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind den Unteransprüchen zu entnehmen.

    [0006] Maßgebend für die erfindungsgemäß erreichte sehr kurze Umsetzungszeit und hohe Energie des Anzündsystems ist ein Niederdruckanzündsystem, bei dem die Anzündmischung auf der Basis von Nitrozellulose und Schwarzpulver besteht und als dünne Beschichtung an den Pellets innerhalb eines berst-bzw. verbrennbaren dünnwandigen Schrumpfschlauches haftet.
    Wesentlich für die Erfindung sind folgende Bedingungen:

    1. Ein Teil der Treibladung in Form von Pellets ist mit der Anzündmischung dünn beschichtet,

    2. die beschichteten Pellets sind innerhalb eines berst- bzw. verbrennbaren dünnwandigen Schrumpfschlauches angeordnet, wobei

    3. der Schrumpfschlauch konzentrisch um ein gelochtes, ebenfalls verbrennbares Stützrohr angeordnet ist,

    4. eine Flammladung eines Zündverstärkers durchsetzt axial ungehindert das Stützrohr und strahlt gleichmäßig entsprechend den Löchern radial auf die beschichteten Pellets.



    [0007] Durch den Abbrand der Pyrotechnikbeschichtung direkt auf dem Treibladungspulver findet ein deutlich stärkerer Wärmeübergang in dieses Material statt. Der für die Anzündung nutzbare Engergieanteil der Pyrotechnik ist damit deutlich höher als bei bestehenden Systemen.

    [0008] Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in der Zeichnung dargestellt. Es zeigt
    Figur 1
    ein Treibladungsmodul mit Anzündung
    Figur 2
    eine einteilige Treibladung für einen flügelstabilisierten Penetrator,
    Figur 3
    eine zweiteilige Treibladung für das Geschoß nach Figur 2,
    Figur 4
    eine weitere Treibladung mit einem Geschoß und
    Figur 5
    einen Querschnitt V-V nach Figur 4.


    [0009] Nach Figur 1 besteht ein Treibladungsmodul 1 für eine großkalibrige Munition, beispielsweise eine zweiteilige Panzerkanonenmunition nach Figur 3 aus einer Metallhülse 3, einem elektrischen Pol 4, einem verbrennbaren Mantelrohr 5 mit verbrennbaren Lochdeckel 6, dessen Bohrungen 7 mit einem Karton 8 verschlossen sind, einer Treibladung 9 in Form von Pellets 10 und aus einer Anzündeinheit 14. Die Anzündeinheit 14 besteht aus einem flammstrahlenden Zünder 23, einem gelochten und verbrennbaren Stützrohr 20, einem Treibladungsrohr 22 und aus einem brennbaren Schrumpfschlauch 15. Der Schrumpfschlauch 15 erfüllt die Funktion eines Niederdruckrohres.

    [0010] In einem Ringraum 16 zwischen dem Schrumpfschlauch 15 und dem Stützrohr 20 sind 10 % Pellets 10.1 der gesamten Menge von Pellets 10, 10.1 des Treibladungsmoduls 1 angeordnet.

    [0011] Diese Pellets 10.1 sind jeweils vollständig mit einer Schicht 12 einer Anzündmischung umgeben. Diese Anzündmischung verklebt die Pellets 10.1 zu einem sogenannten Treibladungsrohr 22 mit durchbrochener, siebartiger Struktur. Das Treibladungsrohr 22 ist mechanisch stabil und einfach handhebbar. Es füllt einen Ringraum 16 innerhalb der Treibladung 9 aus. Zwischen den Pellets 10.1 besteht ein großes Leervolumen in Form von geometrisch fest definierten Zwickeln 11. Diese Zwickel 11 ergeben in der Summe das Leervolumen. Die Flammstrahlen breiten sich in den Zwickeln 11 aus und ermöglichen eine rasche Durchzündung.

    [0012] Die Anzündmischung 12 besteht aus Schwarzpulver, wobei dieses in Nitrozellulose gebunden ist. Etwa 10 % Nitrozellulose sind in 90 % Aceton gelöst. Als Trägermaterialien kommen alle leicht verbrennbaren Stoffe, wie NC-Papier sowie insbesondere die in Form von Pellets 10, 10.1 vorliegende Treibladung in Frage.

    [0013] Die Anzündmischung ist weiterhin als Schichten 13 an dem Stützrohr 20 angeordnet und zwar innen und außen.

    [0014] Nach Zündung des Zünders 23 füllen die heißen Zündgase das Stützrohr 20 und schlagen radial durch die Bohrungen 21 zwischen die Pellets 10.1 und durch den Karton 8 im Bereich 19. Dabei platzt der Schrumpfschlauch 15.
    Die Schichten 12 an den Pellets 10.1 werden nahezu ohne Zeitverzug - also fast gleichzeitig - angezündet. Die Pellets 10.1 brennen daher nahezu zeitgleich an. Das Treibladungsrohr 22 brennt aufgrund der zueinander fest fixierten Pellets 10.1 und des vorgenannten Leervolumens in Form von Zwickeln 11 reproduzierbar ab.
    Die umfangseitigen, geschütteten Pellets 10 geraten durch die heißen Gase des Treibladungsrohres 22 in Brand. Der Karton 8 im Bereich des Treibladungsrohres 22 wird früher durchschlagen als im Bereich der geschütteten Pellets 10. Anschließend verbrennen das Mantelrohr 5 und der Deckel 6.

    [0015] Diese Anzündung in breiter Front stellt eine gegenüber dem Stand der Technik enorm gesteigerte Quellwirkung dar. Diese Quellwirkung ermöglicht mehr Pulver, d. h. Pellets 10 der Treibladung 9 erheblich schneller -beispielsweise um den Faktor 10- und gleichmäßiger als nach dem Stand der Technik anzuzünden.

    [0016] Auch die einstückige Munition 35 weist den vorbeschriebenen Aufbau auf. Das Mantelrohr 5 ist mit einem Geschoß 31 fest verbunden. Die weitere Funktion ist Analog zu den Figuren 1,3.

    [0017] Nach Figur 3 weist eine zweiteilige Munition 1,30 eine Teilladung 30 auf. Diese Teilladung 30 ist mit dem Geschoß 31 fest verbunden. Ein Mantelrohr 5.1 und ein Stützrohr 24,25 sind verbrennbar. Das Mantelrohr 5.1 ist an dem Geschoß 31 abgestützt. Das stirnseitig offene Stützrohr 24 weist einen einstückig ausgebildeten Boden 25 auf. Der Boden 25 ist mit dem Mantelrohr 5.1 fest verbunden.

    [0018] Überraschenderweise wird nahezu gleichzeitig mit der Anzündung des Treibladungsmoduls 1 die Teilladung 30 angezündet. Die Zündgase bzw. die Flammen des Zünders 23 durchschlagen den 1-2 mm dicken Karton 8 sowie den Karton 8.1 mit gleicher Dicke nahezu verzugsfrei und füllen das Stützrohr 20. Gegenüber dem Stand der Technik gewährleistet der Karton 8 bzw. 8.1 die Handhabungssicherheit bei thermischer oder mechanischer Belastung. Dies stellt einen erheblichen Sicherheitsvorteil dar. Die weitere Funkion ist analog zu Figur 1.
    Die Umsetzung der genannten verbrennbaren Materialien führt dann zur Beschleunigung des Geschosses 31 in einem nicht dargestellten Waffenrohr. Der Treibladungmodul 30 weist einen Ladungsaufbau auf, der dem zu Figur 1 beschriebenen Ladungsaufbau entspricht.

    [0019] Das mechanisch stabile Treibladungsrohr 22 ist ein einfach zu handhabendes Teil bezüglich der Montage der Treibladung bezüglich der Module 1 und 30 und auch der Munition 35. Das Treibladungsrohr 22 mit dem Stützrohr 20 wird in den Schrumpfschlauch 15 eingeschoben.

    [0020] Das Treibladungsrohr 22 steht in dem Schrumpfschlauch 15. Dieser schützt die zusamengeklebten Pellets 10.1 vor mechanischem Abrieb durch Vibrationen, insbesondere durch den Transport. Damit bleibt am Umfang des Treibladungsrohres 22 die Anzündmischung 12, die an den Pellets 10.1 haftet, erhalten. Die geschüttete Treibladung 9 führt daher nicht zu einem Abrieb der genannten Anzündmischung.

    [0021] Nach den Figuren 4 und 5 ragt bei einem einteiligen Treibladungsmodul 40 ein Geschoß 32 bis ins erste Drittel der Treibladung 9.

    [0022] Zwei Anzündeinheiten 14.1 sind exzentrisch zum Geschoß 32 angeordnet und mit der Metallhülse 3 sowie eventuell mit dem Mantelrohr 5.1 verbunden. Die Zünder 23 stehen mit dem Pol 4 über elektrische Leitungen 18 in Verbindung. Die Zünder 23 können aber auch getrennt voneinander angefeuert werden. Die Anzündeinheiten 14.1 weisen prinzipiell den Aufbau entsprechend der Anzündeinheit 14 gemäß Figur 1 auf. Wesentlich dabei ist, daß die Anzündeinheiten 14.1 fast die ganze Länge der Treibladung 9 durchsetzen um die Treibladung 9 in kurzer Zeit anzuzünden.

    [0023] Anstelle der umfangseitigen Zünder 23 können auch Flammenleitrohre eines zentral angeordneten Zünders 23 die exzentrisch angeordneten Anzündeinheiten 14.1 anzünden.

    [0024] Dieser zu den Figuren 4 und 5 beschriebene Aufbau eignet sich auch für die zweiteilige Munition 1,2 nach der Figur 3 oder auch für eine nicht dargestellte Munition mit mehreren, getrennten Treibladungsmodulen. Dabei weist der erste Treibladungsmodul den Aufbau entsprechend Figur 1 auf, während die nachfolgenden Treibladungsmodule bis auf die Metallhülse 3 und den Zünder 23 ebenfalls den Aufbau nach Figur 1 aufweisen.

    [0025] Die Zusammenfassung ist Teil der Beschreibung.


    Ansprüche

    1. Anzündsystem für Treibladungen mit einem verbrennbarem Stützrohr, das einen freien Anzündkanal enthält,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß ein berst- bzw. verbrennbares, dünnwandiges Niederdruckrohr (15) einen Teil der, als Pellets (10.1) ausgebildeten Treibladung (9) umgibt,
    die Pellets (10.1) nur innerhalb des Niederdruckrohres (15) mit einer Anzündmischung (12) beschichtet sind und
    diese Pellets (10) das gelochte, verbrennbare Stützrohr (20) umgeben.
     
    2. Anzündsystem nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die pyrotechnische Anzündmischung (12) als sehr dünne Beschichtung mit einer Schichtdicke von etwa 1/10 mm ausgeführt ist und aus, in Nitrozellulose gebundenen Schwarzpulver besteht.
     
    3. Anzündsystem nach Anspruch 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß ca. 10 % Nitrozellulose und ca. 90 % Schwarzpulver vorgesehen sind.
     
    4. Anzündsystem nach den Ansprüchen 1 und 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Stützrohr (20) sowohl an seinen Innen- als auch an seinen Außenseiten mit der Anzündmischung (12) beschichtet ist.
     
    5. Anzündsystem nach Anspruch 1
    dadurch gekennzeichnet
    daß die mit der Anzündmischung (12) beschichteten Pellets (10.1) ein mechanisch stabiles Treibladungsrohr (22) bilden.
     
    6. Anzündsystem nach Anspruch 5,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Treibladungsrohr (22) umfang- und stirnseitig vollständig von dem als Schrumpfschlauch (15) ausgebildeten Niederdruckrohr eingehüllt ist und das Treibladungsrohr (22) das Stützrohr (20) auf seiner gesamten Länge einhüllt.
     
    7. Anzündsystem nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß etwa 10 % der Treibladung (9) in dem Ringraum (16) zwischen dem Schrumpfschlauch (15) und dem Stützrohr (20) gelagert sind.
     
    8. Anzündsystem nach Anspruch 1 bis 7,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß sowohl bei einer einteiligen als auch bei einer mehrteiligen Munition (1,30,35,40) das beschriebene Anzündsystem vorgesehen ist.
     
    9. Anzündsystem nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Stützrohr (20) einen flammstrahlenden Zünder (23) aufweist.
     
    10. Anzündsystem nach den Ansprüchen 1 und 6,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß wenigstens eine Anzündeinheit (14), bestehend aus Schrumpfschlauch (15), Treibladungsrohr (22), Stützrohr (20) in der Munition (40) außermittig angeordnet ist.
     




    Zeichnung













    Recherchenbericht