Einleitung
[0001] Die Erfindung betrifft ein explosionshemmendes Fenstersystem zum Abschließen einer
Öffnung in einer einen Innenraum begrenzenden Wand, gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs
1.
[0002] Derartige Systeme sind im Stand der Technik grundsätzlich bekannt. So ist beispielsweise
aus der US-Patentschrift US 5,915,449 ein Schutzvorhang aus einem elastischen Gewebe
mit hoher Reißfestigkeit bekannt, welcher hinter einem Fenster montiert ist. Der Schutzvorhang
ist von seiner Fläche her wesentlich größer dimensioniert als der Querschnitt des
Fensters; überschüssiges Gewebe des Vorhanges wird normalerweise in einem Auffangbehälter
am Fuße beziehungsweise am Boden des Fensters in übereinandergeschichteten Gewebe-
beziehungsweise Stofflagen gelagert. Sowohl oberhalb des Fensters wie auch am Fuße
des Fensters in dem Auffangbehälter sind die jeweiligen Enden des Schutzvorhanges
fest verankert. Bei Auftreten einer zum Beispiel explosionsbedingten Druckwelle wird
die Fensterscheibe zerstört und es fliegen Splitter der Fensterscheibe in Richtung
eines Innenraumes hinter der Fensterscheibe. Diese Splitter werden dann jedoch von
dem Schutzvorhang abgefangen, welcher auf Grund der Druckeinwirkung in den Innenraum
hinein solange ausbeult, bis die in dem Auffangbehälter gelagerten Stoffreserven aufgezehrt
sind und der Vorhang zumindest kurzzeitig in seiner Ausbeulung gespannt wird. Das
Gewebe des Schutzvorhanges bietet einen guten Splitterschutz und kann dabei durchaus
auch luftdurchlässig ausgebildet sein.
[0003] Der Vorhang ist jedoch fest hinter dem Fenster installiert, um im Falle einer Explosion
die umherfliegenden Splitter wirksam auffangen zu können. Dies hat den Nachteil, dass
das Fenster von der Innenseite her nur schwer zugänglich ist und damit ein Putzen
der Innenseite des Fensters oder ein Öffnen des Fensters zwecks Lüftung nur schwer
möglich ist.
[0004] Weiterhin ist aus der Europäischen Patentanmeldung EP 1 035 295 A2 ein widerstandsfähiges
Fenstersystem bekannt. Dieses Fenstersystem umfasst eine in einem Fensterrahmen eingebaute
Schutzeinrichtung insbesondere in Form von Drahtseilen. Um ein Durchbrechen der Fensterscheibe
im Fall einer zum Beispiel explosionsbedingten Druckeinwirkung zu verhindern, sind
möglichst nahe hinter dem Fenster mehrere Drahtseile gespannt. Diese Drahtseile sind
vorzugsweise elastisch ausgebildet beziehungsweise nachgiebig gelagert und gestatten
deshalb eine Verformung beziehungsweise Ausbeulung der Fensterscheibe im Falle einer
Druckeinwirkung bis zu einem gewissen Maße. Im Falle der Ausbeulung stützen sie die
Fensterscheibe ab und verhindern so deren Zerbrechen. Die Drahtseile sind entweder
unmittelbar hinter der Scheibe im Fensterrahmen oder aber in oder vor einer Laibung
gespannt, in welche der Fensterrahmen mit der Fensterscheibe eingebaut ist. Ein Demontieren
beziehungsweise Entfernen der Drahtseile ist grundsätzlich nicht vorgesehen, weil
deren Verankerung so stabil sein muss, dass sie einer explosionsbedingten Druckeinwirkung
standhalten muss.
[0005] Auch in diesem Falle ist, wenn die Drahtseile in oder vor der Laibung fest montiert
sind, ein Öffnen des Fensters nach innen nicht möglich. Außerdem ist ein Putzen der
Innenseite der Fensterscheibe auf Grund der quergespannten Drahtseile - wenn überhaupt
- dann nur schwerlich möglich.
[0006] Schließlich ist es im Stand der Technik bekannt, beispielsweise aus dem Gebrauchsmuster
DE 84 17 098 U1, ein explosionshemmendes Fenstersystem zum Abschließen einer Öffnung
in einer einen Innenraum begrenzenden Wand vorzusehen, welches zwischen einer Fensteranordnung
und dem Innenraum eine Schutzglasanordnung vorsieht. Die Schutzglasanordnung umfasst
typischerweise eine Schutzglasscheibe, welche vorzugsweise in einen Schutzglas-Fensterrahmen
eingebettet ist, sowie eine Schutzglas-Halteeinrichtung zum Halten der Schutzglasscheibe
gegebenenfalls mit dem Schutzglas-Fensterrahmen im Bereich der Öffnung in Verbindung
mit der Wand.
[0007] Dabei werden in dem Rahmen der zur angriffsgefährdeten Seite befindlichen Fensteranordnung
Öffnungen vorgesehen, die den Raum zwischen Fensteranordnung und Schutzglasscheibe
mit der auf der angnffsgefährdeten Seite gelegenen Umgebung verbinden. So kann beispielsweise
der bei einem Sprengstoffanschlag entstehende Druck zwar die auf der angriffsgefährdeten
Seite zugewandte Fensteranordnung zerstören, jedoch wird der Maximaldruck auf die
nachfolgende Schutzglasscheibe nicht ausgeübt, da eine Kompression der Luft innerhalb
des Raumes zwischen den zwei Glaseinheiten wegen der Öffnungen nicht in einem die
Schutzglasscheibe gefährdenden Ausmaß zustande kommen kann. Die in diesem Stand der
Technik beschriebene zur angriffsgefährdeten Seite gewandte Fensteranordnung verschließt
in mehreren Varianten die Bauwerksöffnung im geschlossenen Zustand nicht vollständig
luftdicht. Demzufolge ist es notwendig die Schutzglasanordnung derart auszubilden,
dass sie im geschlossenen Zustand einen luftdichten Abschluss der Bauwerksöffnung
bildet. Allerdings ist aus dem Gebrauchsmuster DE 84 17 098 U1 ersichtlich, dass die
im Rahmen der zur angriffsgefährdeten Seite weisende Fensteranordnung angeordneten
Öffnungen durch Mittel verschlossen werden können, die bei auftretendem Druck, beispielsweise
durch eine Explosion verursacht, nach außen aufspringen.
[0008] Ein solches Fenstersystem kann derart ausgebildet sein, dass beide Einheiten, die
Fensteranordnung und die Schutzglasscheibe, schwenk- oder drehbeweglich gelagert werden.
Im geschlossenen Zustand der zur angriffsgefährdeten Seite gewandten Fensteranordnung
kann bei Öffnen der Schutzglasanordnung durch den Querschnitt von im Rahmen der Fensteranordnung
befindlichen Öffnungen, wie sie bei einer anderen Variante dauerhaft vorhanden sind,
ein wenig Frischluft in den Innenraum gelangen.
[0009] Dieses bekannte explosionshemmende Fenstersystem hat jedoch den Nachteil, dass für
eine wirksame Belüftung des Raums beide Einheiten, die Fensteranordnung und die Schutzglasscheibe,
geöffnet werden müssen. Im geöffneten Zustand des Fenstersystems besteht bei einer
Explosion im nahen Umfeld dann aber kein hinreichender Schutz für im Innenraum befindliche
Personen.
Aufgabe
[0010] Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde,
ein bekanntes explosionshemmendes Fenstersystem derart weiterzubilden, dass die Innenseite
einer der Schutzglasanordnung vorgelagerten Fensteranordnung in einfacher Weise zugänglich,
des Weiteren auch eine Lüftungsfunktion des Fensters unter Beibehaltung der Schutzfunktion
gegeben ist.
Lösung
[0011] Diese Aufgabe wird durch den Gegenstand des Patentanspruchs 1 gelöst. Demnach ist
das erfindungsgemäße explosionshemmende Fenstersystem dadurch gekennzeichnet, dass
zwischen der Schutzglasanordnung und der Wand ein unverschließbarer, dauerhafter Lüftungsquerschnitt
vorhanden ist.
[0012] Die zur angriffsgefährdeten Seite gewandte Fensteranordnung verschließt die Öffnung
einer Wand vollständig, so dass diese in ihrer geschlossenen Stellung den Innenraum
vor Luftdurchtritt schützt, das heißt die unter energetischen und schalltechnischen
Gesichtspunkten zu fordemde Dichtigkeit gebeben ist. Die zum Innenraum gewandt angeordnete
Schutzglasanordnung dient ausschließlich dem Schutz vor Splittern oder anderen Bruchstücken,
die bei einer Explosion infolge des Berstens der Fensteranordnung in den Innenraum
gelangen würden, wenn diese Schutzglasanordnung nicht vorgesehen wäre. Der unverschließbare,
dauer hafte Lüftungsquerschnitt zwischen der Schutzglasanordnung und der Wand verhindert,
dass der bei einer Explosion auf die Fensteranordnung wirkende Maximaldruck auf die
Schutzglasanordnung weitergegeben wird, weshalb diese nicht zerstört wird.
[0013] Die erfindungsgemäße Schutzglasanordnung eignet sich insbesondere auch zur Nachrüstung
bei bereits vorhandenen Fensteranordnungen. Unter Verwendung typischerweise konventioneller
Fensteranordnungen lässt sich somit mit relativ einfachen Mitteln ein stark verbesserter
Schutz gegen Sprengwirkung erzielen. Dabei muss die Schutzglasanordnung nicht als
herkömmliche Rahmen-Füllung-Konstruktion mit Dichtungen ausgeführt werden. Die Schutzglasanordnung
muss vielmehr lediglich die Anforderungen an den Schutz gegen Splitterflug erfüllen,
kann somit als "inneres Schutzschild" verstanden werden.
[0014] Die Ausbildung des Schutzglas-Halterahmens ermöglicht insbesondere unter normalen
Umständen ein einfaches Wegbewegen der Schutzglasscheibe, gegebenenfalls zusammen
mit dem Schutzglas-Fensterrahmen von der Öffnung, so dass die Innenseite der Fensteranordnung
beziehungsweise die Innenseite von deren Fensterscheibe einfach zugänglich ist. Insbesondere
ist es möglich und sinnvoll die Fensteranordnung in einer geöffneten Stellung zu belassen
und gleichzeitig die Schutzglasscheibe in ihrer Schutzstellung zu belassen, so dass
dem Innenraum durch den unverschließbaren, dauerhaften Lüftungsquerschnitt ausreichend
Frischluft zugeführt wird und gleichzeitig ein Schutz vor Anschlägen für im Innenraum
befindliche Personen besteht.
[0015] Im Rahmen der Beschreibung sind die Begriffe "normalerweise", "normale Umstände"
oder "Normalzustand" so zu verstehen, dass sie einen Zustand beziehungsweise eine
Situation bezeichnen, während derer keine besondere, insbesondere keine explosionsbedingte
Druckeinwirkung auf insbesondere die Schutzglasscheibe und die Schutzglas-Halteeinrichtung
stattfindet. Weiterhin ist der Begriff "schwenken" im Rahmen der Beschreibung so zu
verstehen, dass er die Bedeutung der Worte "drehen" oder "klappen" mit einschließt.
[0016] Durch die Lagerung der Schutzglas-Halteeinrichtung an der Wand und außerhalb der
Laibung ist eine technisch einfache Ausbildung einer Schutzglas-Halteeinrichtung möglich.
Besonders vorteilhaft ist in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, dass die Schutzglasscheibe
größer als der lichte Querschnitt der Fensteröffnung ist und allseitig mit überstehenden
Randstreifen Wandabschnitte anschließend an die Laibung verdeckt, wobei in horizontaler
Richtung zur Gewährleistung der Dauerlüftungsfunktion in diesem Fall ein Abstand zwischen
der Wand und der Schutzglasscheibe bestehen muss. Ist das Platzaufkommen an der Wand
vor der Laibung durch Einrichtungsgegenstände oder Einbauten (zum Beispiel Sonnenschutzeinrichtungen)
nicht ausreichend groß für die Anordnung der Schutzglas-Halteeinrichtung ist eine
Lagerung innerhalb der Laibung unumgänglich.
[0017] In einer vorteilhaften Ausführungsform umfasst die Schutzglas-Halteeinrichtung mindestens
zwei Bänder und eine Schließeinrichtung zum lösbaren Verbinden und Arretieren der
Schutzglasscheibe mit der Wand.
[0018] Vorteilhafterweise ist die Schutzglas-Halteeinrichtung im Falle einer insbesondere
explosionsbedingten Druckeinwirkung in einer Richtung quer zur Querschnittsfläche
der Öffnung in den Innenraum hinein nachgiebig ausgebildet. Die nachgiebige Ausbildung
der Schutzglas-Halteeinrichtung hat den Vorteil, dass diese nicht so stark und kostenaufwändig
ausgebildet und in der Wand verankert sein muss, um der explosionsbedingten Druckeinwirkung
standzuhalten, als wenn sie nicht nachgiebig ausgebildet wäre.
[0019] Es ist vorteilhaft, wenn insbesondere die Bewegung der Schutzglasscheibe in den Innenraum
hinein im Falle einer explosionsbedingten Druckeinwirkung einer Wegbegrenzung unterliegt.
[0020] Schließlich ist vorteilhaft, wenn die Schutzglas-Halteeinrichtung in Form einer Mehrzahl
von punktuellen Verbindungen ausgebildet ist, welche die Schutzglasscheibe gegebenenfalls
mit dem Schutzglas-Fensterrahmen auf einem vorbestimmten Abstand zu der Wand halten,
sodass - abgesehen von den punktuellen Verbindungen - zwischen der Schutzglasscheibe
beziehungsweise dem Schutzglas-Fensterrahmen und der Wand oder zu der Laibung insbesondere
während des Normalzustandes mindestens ein Luftspalt zu Lüftungszwecken verbleibt.
[0021] Ein Mindestabstand zwischen äußerer Fensteranordnung und innerer Schutzverglasung
von mindestens 10,0 cm, vorzugsweise mindestens 20,0 cm, ermöglicht im Falle eines
äußeren Flügelfensters, dass dieses bei geschlossener innerer Schutzverglasung in
eine Öffnungsstellung gekippt oder gedreht werden kann, wobei ein Luftaustausch durch
die seitlichen Lüftungsquerschnitte bzw. -spalte zwischen der Schutzverglasung und
der Wand bzw. deren Laibung stattfinden kann.
[0022] Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Schutzglas-Halteeinrichtung und der Fensteranordnung
sind Gegenstand der Unteransprüche.
[0023] Der Beschreibung sind insgesamt sieben Figuren beigefügt, wobei
- Figur 1
- einen Horizontalschnitt durch das erfindungsgemäße Fenstersystem, wobei die Fensteranordnung
als Sicherheits-Flügelfenster ausgebildet ist;
- Figur 2
- einen Vertikalschnitt durch das erfindungsgemäße Fenstersystem gemäß einer ersten
Variante;
- Figur 3
- einen Vertikalschnitt durch das erfindungsgemäße Fenstersystem gemäß der ersten Variante
mit einer Fensteranordnung in Kippstellung;
- Figur 4
- einen Vertikalschnitt durch das erfindungsgemäße Fenstersystem in seiner zweiten Variante;
- Figur 5
- einen Horizontalschnitt durch das erfindungsgemäße Fenstersystem, wobei die Fensteranordnung
als Sicherheits-Festfeld ausgebildet ist;
- Figur 6
- einen Horizontalschnitt durch das erfindungsgemäße Fenstersystem, wobei die Fensteranordnung
als Flügelfenster mit einer Fenster scheibe aus normaler Thermopen-Verglasung ausgebildet
ist; und
- Figur 7
- einen Horizontalschnitt durch das erfindungsgemäße Fenstersystem, wobei die Fensterscheibe
der Fensteranordnung als Festfeld mit einer Fensterscheibe aus normaler Thermopen-Verglasung
ausgebildet ist;
veranschaulicht.
[0024] Die Erfindung wird nachfolgend in Form verschiedener Ausführungsbeispiele unter Bezugnahme
auf die genannten Figuren detailliert beschrieben. In allen Figuren sind gleiche Elemente
mit gleichen Bezugszeichen bezeichnet.
[0025] Figur 1 zeigt einen Horizontalschnitt durch das erfindungsgemäße Fenstersystem 100.
Das Fenstersystem 100 umfasst eine Fensteranordnung 110 und eine Schutzglasanordnung
120. Die Fensteranordnung 110 ist in eine Öffnung einer Wand 200 eingebaut, um diese
Öffnung vollständig abzuschließen. Mit dem Abschluss der Öffnung wird auch ein ansonsten
durch die Wand 200 begrenzter Innenraum IR, zum Beispiel in einem Gebäude, abgeschlossen.
[0026] Die Fensteranordnung 110 umfasst eine Fensterscheibe 112 und eine Fenster-Halteeinrichtung
114 in Form eines Fensterrahmens zum Halten der Fensterscheibe 112 in der Öffnung.
Die Fensteranordnung 110 ist als Flügelfenster ausgebildet, bei dem die Fensterscheibe
112 in einen Flügelrahmen 114-2 eingebettet ist, welcher seinerseits schwenkbar in
einen mit der Wand 200 verbundenen Blendrahmen 114-1 eingreift. Die Fensterscheibe
112 ist bei dem in Figur 1 gezeigten Ausführungsbeispiel als Verbundglasscheibe aus
einer Vielzahl miteinander verklebter einzelner Glasscheiben aufgebaut und besitzt
eine dem Innenraum IR abgewandte Außenseite AF und eine dem Innenraum IR zugewandte
Innenseite IF.
[0027] Die bereits erwähnte Schutzglasanordnung 120 ist zwischen der Fensteranordnung 110
und dem Innenraum IR so angeordnet, dass sie die Öffnung zumindest im Wesentlichen
abdeckt. Die Schutzglasanordnung 120 dient dazu, im Falle einer zum Beispiel explosionsbedingten
Zersplitterung der Fensteranordnung ein Hineinfliegen von Splittern oder auch Rahmenteilen
in den Innenraum IR zu verhindem. Sie umfasst eine Schutzglasscheibe 126, typischerweise
ebenfalls eine Verbundglasscheibe, welche vorzugsweise in einen Schutzglas-Fensterrahmen
122 eingebettet ist. Zum Halten beziehungsweise Arretieren der Schutzglasscheibe 126,
gegebenenfalls eingebettet in den Schutzglas-Fensterrahmen 122, weist die Schutzglasanordnung
120 weiterhin eine Schutzglas-Halteeinrichtung 124 auf. Diese Halteeinrichtung 124
besteht aus verschiedenen nachfolgend beschriebenen Elementen, welche die Schutzglasscheibe
beziehungsweise den Schutzglas-Fensterrahmen punktuell direkt oder indirekt mit der
Wand 200 verbinden. Eine indirekte Verbindung wäre angegeben, wenn die Elemente der
Halteeinrichtung 124 direkt nur mit einer Zarge 210 verbunden wären, welche ihrerseits
wiederum direkt mit der Wand 200 verbunden ist.
[0028] Erfindungsgemäß ist die Schutzglas-Halteinrichtung 124 so ausgebildet, dass sie eine
laterale Verschiebung (in Figur 1 nicht gezeigt) oder ein Schwenken, das heißt ein
Wegdrehen, Wegkippen oder Wegklappen der Schutzglasscheibe 126, gegebenenfalls eingebettet
in den Schutzglas-Fensterrahmen 122, insbesondere in einem Normalzustand, das heißt
ohne Belastung durch eine explosionsbedingte Druckwelle, ermöglicht. Die beschriebene
Ausbildung der Schutzglas-Halteeinrichtung 124 ermöglicht einen einfachen Zugang zu
der Innenseite IF der Fensterscheibe 112 und der gesamten Fensteranordnung 110 zum
Beispiel zu Reinigungszwecken unter normalen Umständen.
[0029] Grundsätzlich muss jedoch die gesamte Schutzglasanordnung 120 und ihre Verankerung
über die Schutzglas-Halteeinrichtung 124 in der Wand 200 oder deren Laibung so stabil
ausgebildet sein, dass sie einer explosionsbedingten Druckwelle zumindest dann standhält,
wenn die Druckwelle zuvor durch eine Zerstörung der Fensteranordnung 110 deutlich
abgeschwächt wurde. Konkret umfasst die Schutzglas-Halteeinrichtung 124 zu diesem
Zweck mindestens zwei Bänder 124-1 oder zwei Scharniere zum schwenkbaren Lagern der
Schutzglasscheibe 126, gegebenenfalls zusammen mit dem Schutzglas-Fensterrahmen 122,
und eine Schließeinrichtung 124-2...-5. Die Schließeinrichtung ist vorzugsweise an
einer den Bändern 124-1 gegenüberliegenden Seite des Schutzglas-Fensterrahmens angebracht
und dient zum lösbaren Arretieren der Schutzglasscheibe 126, gegebenenfalls zusammen
mit dem Schutzglas-Fensterrahmen 122 relativ zu der Wand 200. Gemäß Figur 1 umfasst
die Schließeinrichtung einen mit der Wand beziehungsweise der Zarge 210 verbundenen
ersten Anschlag 124-2, an welchem ein Federelement 124-4 befestigt ist. Im Normalzustand
zieht das Federelement 124-4 die Schutzglasscheibe 126 beziehungsweise deren Rahmen
122 über einen an der Scheibe beziehungsweise dem Rahmen befestigten Dom 124-3 mit
einer Vorspannung gegen den ersten Anschlag 124-2. Das Federelement 124-4 kann zum
Beispiel als Gummiring - oder geschlossener unter Vorspannung stehendes Drahtseil
sein -, insbesondere als O-Ring ausgebildet sein. Unter normalen Umständen kann der
Gummiring einfach manuell über den Dom 124-3 hinweggeschoben werden, woraufhin die
Schutzglasscheibe 126 von der Öffnung wegbewegt werden kann und die Innenseite der
Fensteranordnung 110 frei zugänglich wird.
[0030] Für den Fall der Einwirkung einer beispielsweise explosionsbedingten Druckwelle auf
die dem Innenraum IR abgewandten Außenseite AS der Schutzglasscheibe 126 bietet das
Federelement 124-4 den Vorteil, dass es nachgiebig ausgebildet ist, und deshalb eine
Bewegung der Fensterscheibe 126 in der Richtung der Druckwelle, das heißt in Richtung
Innenraum IR, zulässt, wie in Figur 1 durch die gestrichelte Position der Fensterscheibe
126 und des Fensterrahmens 122 angedeutet. Auf diese Weise wird der Druckwelle bedingt
nachgegeben, was vorteilhafterweise eine nur abgeschwächte Belastung der beteiligten
Bauteile, insbesondere der Schutzglas-Halteeinrichtung zur Folge hat.
[0031] Altemativ zu dem O-Ring kann das Federelement 124-4 auch als Gasdruckdämpfer oder
tatsächlich als Feder ausgebildet sein. Es ist vorteilhaft, wenn die Bewegung der
Schutzglasscheibe 126 gegebenenfalls zusammen mit dem Schutzglas-Fensterrahmen 122
im Falle einer explosionsbedingten Druckeinwirkung in den Innenraum IR hinein durch
eine geeignete Begrenzungseinrichtung auf eine vorbestimmte Weglänge begrenzt wird.
Als Begrenzungseinrichtung kann zum Beispiel eine Schere oder eine Drahtseilschlinge
(in Figur 1 nicht gezeigt) dienen, welche im Gegensatz zu dem Federelement 124-4 nicht
nachgiebig ausgebildet ist.
[0032] Zusätzlich zu der Elastizität der Schließeinrichtung können auch die Bänder 124-1
derart elastisch mit der Wand 200 verbunden sein, dass im Falle einer Druckbelastung
auf die Schutzglasanordnung 120 die Bänder 124-1 ihren Abstand zu der Wand 200 gegen
die Wirkung einer zunehmenden Kraft vergrößern können. Auf diese Weise kann - bei
etwa gleicher Federsteifigkeit im Bereich der Schließeinrichtung einerseits und der
Bänder 124-1 andererseits - eine ungefähr parallele Verlagerung der Schutzglasscheibe
zu der Fensteranordnung 110 erzielt werden. Auch wird hierdurch die Möglichkeit geschaffen,
größere Druckausgleichsquerschnitte zwischen der Wand und der Schutzglasscheibe zu
erreichen.
[0033] Figur 2 zeigt einen Vertikalschnitt desselben Fenstersystems 100, von dem in Figur
1 ein Horizontalschnitt gezeigt ist. Figur 2 zeigt eine erste Variante der Schutzglasanordnung
120, welche sich dadurch auszeichnet, dass sie die Öffnung nicht in ihrer gesamten
Querschnittsfläche, insbesondere nicht in ihrer gesamten Höhe, abdeckt oder sogar
überlappt.
[0034] Figur 3 zeigt dasselbe Fenstersystem 100 wie Figur 2, ebenfalls in einem Vertikalschnitt,
diesmal allerdings mit dem Flügelfenster nicht in einer geschlossenen, sondern in
einer gekippten Stellung. Der geschlängelte durchgezogen gezeichnete Pfeil in Figur
3 symbolisiert einen Lüftungskanal von der Außenseite der Fensteranordnung 110 bis
hinein in den Innenraum IR.
[0035] Figur 4 zeigt einen Vertikalschnitt durch das Fenstersystem gemäß der Figur 1, diesmal
allerdings mit einer zweiten Variante der Schutzglasanordnung 120. Diese zweite Variante
unterscheidet sich von der in Figur 2 gezeigten ersten Variante dadurch, dass sie
großflächiger ausgebildet ist und die Öffnung nicht nur abdeckt, sondern von ihrer
Fläche her sogar überlappt. Diese größere Dimensionierung der Schutzglasanordnung
bietet einen verbesserten Schutz gegen im Falle einer Explosion umherfliegende Splitter
in dem Innenraum IR.
[0036] Auf Grund des jeweils gezeigten Vertikalschnittes ist in den Figuren 2 bis 4 die
Schutzglas-Halteeinrichtung 124 zum Verbinden der Schutzglasscheibe 126 beziehungsweise
von dessen Rahmen 122 mit der Wand 200 nicht dargestellt; diese Halteeinrichtung liegt
vielmehr jeweils außerhalb der Zeichenebene.
[0037] Die Figuren 2 bis 4 lassen dagegen erkennen, dass alle Varianten der Schutzglasanordnung
vorzugsweise einen Luftspalt zwischen der Wand 200 und der Schutzglasanordnung 120
vorsehen. Um diesen Luftspalt zu realisieren, sollte die Schutzglas-Halteeinrichtung
124 nicht umlaufend um das Schutzglas 126 beziehungsweise dessen Schutzglas-Fensterrahmen,
sondern lediglich in Form punktueller Verbindungen wie zum Beispiel in Form des Bandes
124-1 oder des Anschlags 124-2 ausgebildet sein. Der Luftspalt ermöglicht zumindest
bei geöffnetem Flügelfenster einen Luftaustausch zwischen dem Innenraum IR und der
Außenseite der Wand beziehungsweise der Fensteranordnung 110.
[0038] Figur 5 zeigt im Wesentlichen den Horizontalschnitt durch das erfindungsgemäße Fenstersystem
gemäß Figur 1 mit dem einzigen Unterschied, dass die Fensteranordnung 110 nun nicht
als Flügelfenster, sondern als Festfeld, das heißt als nicht zu öffnendes Fenster
ausgebildet ist. Auch bei diesem Beispiel besteht die Fensterscheibe 112 aus Verbundglas.
[0039] Figur 6 zeigt wiederum den aus Figur 1 bekannten Horizontalschnitt durch das erfindungsgemäße
Fenstersystem 100 mit dem einzigen Unterschied, dass die Fensterscheibe 112 der Fensteranordnung
110 nicht mehr als Verbundglasscheibe, sondern als normale Thermopen-Scheibe ausgebildet
ist.
[0040] Schließlich zeigt Figur 7 wiederum den aus Figur 1 bekannten Horizontalschnitt durch
das erfindungsgemäße Fenstersystem 100 mit dem einzigen Unterschied, dass die Fensteranordnung
110 hier als Festfeld mit einer Fensterscheibe 112 als normale Thermopen-Verglasung
ausgebildet.
1. Explosionshemmendes Fenstersystem (100) zum Abschließen einer Öffnung in einer einen
Innenraum (IR) begrenzenden Wand (200), umfassend:
eine die Öffnung abschließende Fensteranordnung (110) umfassend eine Fensterscheibe
(112) mit einer Außenseite (AF) und einer dem Innenraum zugewandten Innenseite (IF)
und eine Fensterscheiben-Halteeinrichtung (114), vorzugsweise in Form eines Fensterrahmens,
zum Halten der Fensterscheibe (112) in der Öffnung, wobei die Fensteranordnung (110)
die Öffnung in einer Schließstellung vollständig verschließt; und
eine die Öffnung zumindest teilweise abdeckende und zwischen Fensteranordnung (110)
und Innenraum (IR) angeordnete Schutzglasanordnung (120) umfassend eine Schutzglasscheibe
(126) vorzugsweise eingebettet in einen Schutzglas-Fensterrahmen (122) und eine Schutzglas-Halteeinrichtung
(124) zum Halten der Schutzglasscheibe ggf. mit dem Schutzglas-Fensterrahmen in Verbindung
mit der Wand (200), wobei die Schutzglas- Halteeinrichtung (124) so ausgebildet ist,
dass die Schutzglasscheibe (126) oder der Schutzglas-Fensterrahmen (122) mit der Schutzglasscheibe
(126) an oder vor der Wand (200) so gelagert ist, dass sie oder er schwenkbar und/oder
lateral verschiebbar gegenüber der Öffnung ist.
dadurch gekennzeichnet, dass
zwischen der Schutzglasanordnung (120) und der Wand ein unverschließbarer, dauerhafter
Lüftungsquerschnitt vorhanden ist.
2. Fenstersystem (100) nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass die Schutzglas-Halteeinrichtung (124) an der Wand und außerhalb der Laibung gelagert
ist.
3. Fenstersystem (100) nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass die Schutzglas-Halteeinrichtung (124) umfasst: mindestens zwei Bänder (124-1) zum
schwenkbaren Lagern der Schutzglasscheibe (126) ohne oder mit Schutzglas-Fensterrahmen
(122) und eine Schließeinrichtung (124-2...-4), z.B. einen Drehhebel, welche vorzugsweise
an einer den Bändern gegenüberliegenden Seite des Fensterrahmens angebracht ist, zum
lösbaren Arretieren der Schutzglas-Scheibe ggf. mit Schutzglas-Fensterrahmen relativ
zu der Wand (200).
4. Fenstersystem (100) nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Schutzglas-Halteeinrichtung (124) und insbesondere die Schließeinrichtung für
den Fall einer insbesondere explosionsbedingten Zerstörung der Fensteranordnung (110)
und einer dann auf die dem Innenraum (IR) abgewandten Außenseite (AS) der Schutzglasscheibe
(126) und der Schutzglas-Halteeinrichtung (124) einwirkenden Kraft oberhalb eines
vorbestimmten Kraftschwellenwertes, in einer Richtung quer zur Querschnittsfläche
der Öffnung in den Innenraum (IR) hinein nachgiebig ausgebildet ist.
5. Fenstersystem (100) nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet, dass die Schließeinrichtung (124) einen mit der Wand (200) verbundenen Anschlag (124-5)
und ein Federelement (124-4) aufweist, welches die Schutzglasscheibe (126) beziehungsweise
gegebenenfalls den Schutzglas-Fensterrahmen (122) normalerweise lösbar unter Vorspannung
gegen den Anschlag (124-5) drückt und welches bei Einwirkung einer Kraft oberhalb
des Kraftschwellenwertes eine Bewegung der Schutzglasscheibe (126) gegebenenfalls
zusammen mit Schutzglas-Fensterrahmen mit einer Bewegungskomponente quer zur Querschnittsfläche
der Öffnung in den Innenraum (IR) hinein zulässt.
6. Fenstersystem (100) nach Anspruch 4 oder 5,
gekennzeichnet durch eine Begrenzungseinrichtung, z.B. in Form einer Schere oder einer Drahtseilschlinge,
zum Begrenzen der Bewegung von insbesondere der Schutzglasscheibe (126) in den Innenraum
hinein auf eine vorbestimmte Weglänge.
7. Fenstersystem (100) nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Schutzglas-Halteeinrichtung (124) in Form einer Mehrzahl von punktuellen Verbindungen
(124-1, 124-2) ausgebildet ist, welche die Schutzglasscheibe gegebenenfalls auch mit
dem Schutzglas-Fensterrahmen auf einem vorbestimmten Abstand zu der Wand oder zu der
Laibung halten, so dass - abgesehen von den punktuellen Verbindungen - zwischen der
Schutzglasscheibe bzw. dem Schutzglas-Fensterrahmen und der Wand mindestens ein Luftspalt
ausgebildet ist.
8. Fenstersystem (100) nach einem der vorgenannten Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass der Abstand zwischen der Fensterscheibe (112) der Fensteranordnung (110) und der
Schutzglasscheibe (126) der Schutzglasanordnung (120) mindestens 10 cm, vorzugsweise
mindestens 20 cm, beträgt.
9. Fenstersystem nach einem der vorgenannten Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Bänder (124-1) derart elastisch mit der Wand (200) verbunden sind, dass ihr Abstand
von der Fensteranordnung (110) im Falle einer Druck(-einwirkung) gegen eine Gegenkraft
vergrößerbar ist.
10. Fenstersystem (100) nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Fensterscheibe (112) der Fensteranordnung (110) und/oder die Schutzglasanordnung
(120) als Sicherheitsfenster einbruchshemmend, sprengwirkungshemmend und/oder durchschusshemmend
ausgebildet ist.
11. Fenstersystem (100) nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Fensteranordnung (110) als Festfeld oder als Flügelfenster mit Flügelrahmen oder
als Fassadenelement ausgebildet ist.