[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Isocyanaten durch Oxidation
von Formamiden.
[0002] Isocyanate sind wichtige Rohstoffe z.B. für die Herstellung von Polyurethanen. Großtechnisch
werden sie durch Umsetzung von Aminen mit Phosgen unter Abspaltung von HCl hergestellt.
Nachteilig ist dabei die Verwendung des sehr giftigen Phosgens, die hohe Investitionen
in Sicherheitstechnik notwendig macht, sowie die Bildung von zwei Äquivalenten HCl,
die ausgeschleust und entsorgt oder recycelt werden müssen.
[0004] Ein wesentlicher Nachteil der katalytischen Oxidation von Formamiden mit Sauerstoff
ist, dass als Dehydrierungsprodukt Wasser entsteht, das mit den feuchtigkeitsempfindlichen
Isocyanaten reagieren kann. Dieser Nachteil kann dadurch umgangen werden, dass wie
in
US 3,960,914 beschrieben in inerten Lösungsmitteln unter Ausschluss von Feuchtigkeit gearbeitet
wird. Weiterhin bestehende Nachteile der katalytischen Dehydrierung von Formamiden
zu Isocyanaten sind die verhältnismäßig hohen Reaktionstemperaturen von bis zu 300
°C und ein hohes Substrat-Katalysator-Verhältnis von 2 : 1 (m/m).
[0005] Die Oxidation von Formamiden kann auch mit Halogenen, z.B. Brom, erfolgen, wie in
T. Lesiak, K. Seyda, J. Prakt. Chem. 1979, 321, 161-163 beschrieben. Bei dieser Vorgehensweise entstehen die entsprechenden Halogenwasserstoffsäuren,
die aus der Reaktionsmischung entfernt werden müssen.
[0007] Mit Hilfe elektrochemischer Verfahren können Isocyanate durch Oxidation von Alkyl-
und Aryloxamsäuren RNH-C(=O)-C(=O)-OH und deren Derivaten zugänglich gemacht werden.
Ein entsprechendes Verfahren ist in
EP-A 0 067 463 beschrieben. Die Elektrolyse von Formamiden in Methanol in Anwesenheit halogenhaltiger
Leitsalze führt zu Carbamidsäureestern des Typs R-NH-C(=O)-OMe. Entsprechende Verfahren
sind in
EP-A 243 607 und
DE-A 35 29 531 beschrieben.
[0008] Bekannt ist weiterhin die elektrochemische Herstellung von Hydroxamsäuren durch Umsetzung
von Säureamiden mit Carbonsäuremetallsalzen wie z.B. Kaliumacetat. Die Hydroxamsäuren
können thermisch zu den Isocyanaten zersetzt werden.
[0009] Die elektrochemische Umsetzung von Formamid zu (Iso-)Cyanursäure an teuren Platinelektroden
in Substanz und ohne Zusatz von Leitsalz sowie die nachfolgende thermische Zersetzung
der Isocyanursäure zu Isocyansäure ist bei
K. Schaum, H. Schneider, Chem. Ber. 1923, 56, 2460-2462 beschrieben.
[0010] Aufgabe der Erfindung ist es, ein einfach durchzuführendes Verfahren zur Herstellung
von Isocyanaten bereitzustellen.
[0011] Gelöst wird die Aufgabe durch ein Verfahren zur Herstellung von Isocyanaten R-NCO
durch anodische Oxidation von Formamiden der allgemeinen Formel (I)

worin R Wasserstoff oder einen beliebigen organischen Rest bedeutet,
wobei die Elektroylselösung neben dem Formamid (I) mindestens ein Leitsalz enthält.
[0012] Die Umsetzung gehorcht folgender Brutto-Reaktionsgleichung:

[0013] Dabei ist R Wasserstoff oder ein beliebiger organischer Rest. Bevorzugte Reste R
sind Wasserstoff, geradkettiges oder verzweigtes C
1-C
10-Alkyl, C
2-C
10-Alkenyl oder C
2-C
10-Alkinyl, C
6-C
10-Aryl oder C
4-C
11-Heteroaryl, welche gegebenenfalls mit Alkyl, Benzyl, Alkoxy, Phenyl oder Alkoxyphenyl
ein- oder mehrfach substituiert sein können.
[0014] Die genannten Reste können auch 2-fach, 3-fach oder mehrfach mit -NH-CHO substituiert
sein.
[0015] Beispiele für Reste R sind Methyl, Ethyl, Propyl, iso-Propyl, tert.-Butyl, Phenylethyl
und 6-
N-Formylhexyl.
[0016] Für den Fall R = H (Formamid) findet unter den Reaktionsbedingungen der elektrochemischen
Umsetzung eine Cyclotrimerisierung der zunächst gebildeten Isocyansäure statt, es
bildet sich Cyanursäure. Aus Cyanursäure kann Isocyansäure durch Erhitzen freigesetzt
werden.

[0017] N-substituierte Formamide cyclotrimerisieren dagegen nicht.
[0018] Im Gegensatz zum Verfahren der Standes der Technik, bei dem Formamid aufwändig entwässert
wird und an einer teuren Platin-Anode oxidiert wird, gelingt die Synthese von Cyanursäure
erfindungsgemäß an einer kostengünstigen Graphitelektrode und deutlich besser, wenn
der Elektrolytlösung ein Leitsalz zugesetzt wird.
[0019] Die Elektrolyselösung enthält neben dem Formamid (I) mindestens ein Leitsalz. Bei
den Leitsalzen, die in der Elektrolyselösung enthalten sind, handelt es sich im Allgemeinen
um Alkalimetallsalze wie Salze von Li, Na, K oder quaternäre Ammoniumsalze wie Tetra(C
1- bis C
6-alkyl)ammonium- oder Tri(C
1- bis C
6-alkyl)methylammoniumsalze. Als Gegenionen kommen Sulfat, Hydrogensulfat, Alkylsulfate,
Arylsulfate, Halogenide, Phosphate, Carbonate, Alkylphosphate, Alkylcarbonate, Nitrat,
Alkoholate, Tetrafluorborat, Hexafluorphosphat, Perchlorat oder Bistriflimid in Betracht.
[0021] Bevorzugte Leitsalze sind Tetrabutylammoniumfluoroborat, Methyltributylammoniummethylsulfat,
Methyltriethylammoniummethylsulfat oder Lithiumbistriflimid.
[0022] Die Elektrolyselösung kann weiterhin ein inertes Lösungsmittel enthalten. Geeignete
Lösungsmittel sind polar-aprotonische Lösungsmittel mit hoher elektrochemischer Stabilität
wie Acetonitril, Propionitril, Adiponitril, Korksäuredinitril, Propylencarbonat, Ethylencarbonat,
Dichlormethan, Nitromethan, Chloroform, Tetrachlorkohlenstoff, 1,2-Dichlorethan, 1,1,2,2-Tetrachlorethan,
Trichlorethylen, Tetrachlorethylen, Hexafluoraceton,
N-Methylpyrrolidinon, Hexamethylphosphorsäuretriamid, Dimethylsulfoxid und Dimethylpropylenharnstoff
(DMPU). Weitere geeignete polar-aprotonische Lösungsmittel sind beschrieben in
Kosuke Izutsu, "Electrochemistry in Nonaqueous Solutions", Verlag Wiley-VCH 2002,
Kap. 1.
[0023] Der Einsatz des Zielproduktes als Lösungsmittel ist ebenfalls denkbar, da die Isocyanate
im Vergleich zu den Ausgangsverbindungen meist deutlich niedrigere Schmelzpunkte aufweisen
[0024] Die Formamide werden, sofern sie flüssig sind, bevorzugt in Abwesenheit eines zusätzlichen
Lösungsmittels elektrolysiert. Feste Formamide werden im Allgemeinen in einem Lösungsmittel
gelöst und in dem Lösungsmittel in Gegenwart des Leitsalzes elektrolysiert. Feste
Formamide können jedoch durch Arbeiten bei Temperaturen oberhalb ihres Schmelzpunktes
in den flüssigen Zustand überführt werden.
[0025] Das erfindungsgemäße Verfahren kann in allen üblichen geteilten oder ungeteilten
Elektrolysezellentypen durchgeführt werden. Vorzugsweise arbeitet man kontinuierlich
mit ungeteilten Durchflusszellen. Zweckmäßigerweise wird unter Ausschluss von Feuchtigkeit
gearbeitet.
[0027] Die Stromdichten, bei denen man das Verfahren durchführt, betragen im Allgemeinen
0,1 bis 100, bevorzugt 0,3 bis 10 A/dm
2. Im Allgemeinen wird bei Normaldruck gearbeitet. Höhere Drücke werden bevorzugt dann
angewandt, wenn bei höheren Temperaturen gearbeitet werden soll, um ein Sieden der
Ausgangsverbindungen beziehungsweise des Lösungsmittels zu vermeiden.
[0028] Als Anodenmaterialien eignen sich beispielsweise Edelmetalle wie Platin oder Metalloxide
wie Ruthenium oder Chromoxid oder Mischoxide des Typs RuO
x, TiO
x sowie Diamantelektroden. Bevorzugt sind Graphit oder Kohleelektroden.
[0029] Als Kathodenmaterialien kommen beispielsweise Eisen, Stahl, Edelstahl, Nickel oder
Edelmetalle wie Platin sowie Graphit oder Kohlematerialien sowie Diamantelektroden
in Betracht. Bevorzugt ist das System Graphit oder Platin als Anode und Kathode sowie
Graphit oder Platin als Anode und Nickel, Edelstahl oder Stahl als Kathode.
[0030] Nach Beendigung der Reaktion wird die Elektrolytlösung nach allgemeinen Trennmethoden
aufgearbeitet. Hierzu wird die Elektrolyselösung im Allgemeinen zunächst destilliert
und die einzelnen Verbindungen werden in Form von unterschiedlichen Fraktionen getrennt
gewonnen. Eine weitere Reinigung kann beispielsweise durch Kristallisation, Extraktion,
Destillation oder chromatographisch erfolgen.
[0031] Das gebildete Isocyanat kann auch während der anodischen Oxidation kontinuierlich
durch Destillation aus der Elektrolyselösung entfernt werden.
[0032] Die Erfindung wird durch die nachstehenden Beispiele näher erläutert
Beispiele
Beispiel 1
Herstellung von Cyanursäure durch elektrochemische Dehydrierung von Formamid
[0033] Ein Elektrolyt bestehend aus 80 g Formamid und 1,2 g Tetrabutylammoniumtetrafluoroborat
wurde an einer Graphitanode und einer Stahlkathode (Fläche: 10 cm
2, Abstand 9 mm) 9 h bei einer Stromdichte von 3 A/dm
2 und einer Temperatur von 40 °C elektrolysiert, wobei sich eine Spannung von 23 -
26 V einstellte. Cyanursäure (2 g, entsprechend einer Stromausbeute von 78 %) wurde
durch Filtration des Elektrolyten als weißer Feststoff erhalten.
Beispiel 2
Herstellung von tert-Butylisocyanat durch elektrochemische Dehydrierung von N-tert-Butylformamid
[0034] Ein Elektrolyt bestehend aus 80 g
N-
tert-Butylformamid und 1,2 g Tetrabutylammoniumtetrafluoroborat wurde an einer Graphitanode
und einer Stahlkathode (Fläche: 10 cm
2, Abstand 9 mm) 39 h bei einer Stromdichte von 3 A/dm
2 und einer Temperatur von 43 - 50°C elektrolysiert, wobei sich eine Spannung von 46
- 55 V einstellte. Der Reaktionsaustrag (65 g) wurde durch quantitative GC-Analyse
untersucht. Es waren 8,0 Gew.-%
tert-Butylisocyanat entstanden, entsprechend einer Selektivität von 86 % und einer Stromausbeute
von 24 %. Aus der Reaktionsmischung konnte das
tert-Butylisocyanat durch Destillation isoliert werden.
Beispiel 3
Herstellung von tert-Butylisocyanat durch elektrochemische Dehydrierung von N-tert-Butylformamid in Acetonitril als Lösungsmittel
[0035] Ein Elektrolyt bestehend aus 54,6 g Acetonitril, 14 g
N-
tert-Butylformamid und 1,4 g Methyltributylammoniummethosulfat wurde an einer Graphitanode
und einer Stahlkathode (Fläche: 10 cm
2, Abstand 9 mm) 37 h (entsprechend einer Ladungsmenge von 3 F/mol
N-
tert-Butylformamid) bei einer Stromdichte von 3 A/dm
2 und einer Temperatur von 42 °C elektrolysiert, wobei sich eine Spannung von 8 - 10
V einstellte. Der Reaktionsaustrag (53 g) wurde durch quantitative GC-Analyse untersucht.
Es waren 1,5 Gew.-%
tert-Butylisocyanat entstanden, entsprechend einer Selektivität von 30 % und einer Stromausbeute
von 3,8 %.
Beispiel 4
Herstellung von Isopropylisocyanat durch elektrochemische Dehydrierung von N-Isopropylformamid
[0036] Ein Elektrolyt bestehend aus 50 g
N-Isopropylformamid und 1,2 g Tetrabutylammoniumtetrafluoroborat wurde an einer Graphitanode
und einer Stahlkathode (Fläche: 10 cm
2, Abstand 9 mm) 17,6 h bei einer Stromdichte von 5 A/dm
2 und einer Temperatur von 30 - 31 °C elektrolysiert, wobei sich eine Spannung von
35 - 47 V einstellte. Der Reaktionsaustrag (48,5 g) wurde durch quantitative GC-Analyse
untersucht. Es waren 1,3 Gew.-% Isopropylisocyanat entstanden, entsprechend einer
Selektivität von 16 % und einer Stromausbeute von 6,3 %.
Beispiel 5
Herstellung von (1-Isocyanatoethyl)benzol durch elektrochemische Dehydrierung von
N-(1-Phenylethyl)formamid in der Schmelze
[0037]

[0038] Ein Elektrolyt bestehend aus 60 g
N-(1-(Phenylethyl)-formamid und 1,2 g Tetrabutylammoniumtetrafluoroborat wurde bei
50 °C aufgeschmolzen und an einer Graphitanode und einer Stahlkathode (Fläche: 10
cm
2, Abstand 9 mm) 50 h bei einer Stromdichte von zunächst 0,8 A/dm
2 und einer Temperatur von 50 °C elektrolysiert, wobei sich eine Spannung von 27 V
einstellte. Im Verlauf der Elektrolyse verminderte sich die Stromdichte bei konstanter
Spannung auf 0,4 A/dm
2.
[0039] Die Reaktionsmischung wurde durch qualitative GC-Analyse untersucht. Es waren 0,42
Flächen-% (1-Isocyanatoethyl)benzol entstanden, gleichzeitig waren noch 97,9 Flächen-%
N-(1-Phenylethyl)formamid vorhanden (99,3 Flächen-% zu Beginn). Als weiteres Produkt
entstand 4-Methyl-4H-benzo[e][1,3]oxazin (0,58 Flächen-%) als Produkt einer intramolekularen
Cyclisierung des (1-Isocyanatoethyl)benzols.
Beispiel 6
Herstellung von N-(6-Isocyanatohexyl)formamid durch elektrochemische Dehydrierung von N,N'-Diformylhexamethylendiamin in Dichlormethan als Lösungsmittel
[0040]

[0041] Ein Elektrolyt bestehend aus 65,3 g Dichlormethan, 3,5 g
N,
N'-Diformyl-hexamethylendiamin (partiell gelöst) und 1,2 g Tetrabutylammoniumtetrafluoroborat
wurde an einer Grafitanode und einer Stahlkathode (Fläche: 10 cm
2, Abstand 9 mm) bei einer Stromdichte von 3 A/dm
2 und einer Temperatur von 20 °C so lange elektrolysiert, bis eine Ladungsmenge von
1 F/mol
N,
N'-Diformylhexamethylendiamin erreicht war, wobei sich eine Spannung von 28 bis 58
V einstellte. Die Reaktionsmischung wurde durch qualitative GC-Analyse untersucht.
Es waren 0,31 Flächen-%
N-(6-Isocyanatohexyl)formamid entstanden, gleichzeitig waren noch 7,5 Flächen-%
N,
N'-Diformylhexamethylendiamin und 87,1 Flächen-% Dichlormethan vorhanden.
Beispiel 7
[0042] Versuchsdurchführung wie Beispiel 6 nur mit Platinanode und Stahlkathode, Zellspannung
30 bis 66 V. Zusammensetzung der Reaktionsmischung nach 1 F/mol: 0,33 Flächen-%
N-(6-Isocyanatohexyl)formamid, 5,7 Flächen-%
N,
N'-Diformylhexamethylendiamin, 90,2 Flächen-% Dichlormethan.
Beispiel 8
[0043] Versuchsdurchführung wie Beispiel 6 nur mit Platinanode und Platinkathode, Zellspannung
36 bis 62 V. Zusammensetzung der Reaktionsmischung nach 1 F/mol: 0,43 Flächen-%
N-(6-Isocyanatohexyl)formamid, 7,9 Flächen-%
N,
N'-Diformylhexamethylendiamin, 86,2 Flächen-% Dichlormethan.