[0001] Die Erfindung betrifft neue Organozinnverbindungen, ein Verfahren zu ihrer Herstellung
und ihre Verwendung als Stabilisatoren für halogenhaltige Polymere.
[0002] Bei der Verarbeitung halogenhaltiger Polymerer, insbesondere Polymerer und Copolymerer
des Vinylchlorids und Vinylidenchlorids, müssen diesen Wärmestabilisatoren zugesetzt
werden, um Zersetzungen, die zu Verfärbungen, zu Versprödungen und zur Verschlechterung
der mechanischen Eigenschaften führen, zu verhindern oder weitgehend zu verzögern.
[0003] Als Wärmestabilisatoren werden im allgemeinen Bleisalze von organischen und/oder
anorganischen Säuren, Barium-, Cadmium-, Calcium-, Strontium-, Zink- und andere Metallsalze
organischer Säuren oder anderer H-acider Verbindungen, wie z.B. Phenole und saure
Ester, sowie Organozinnverbindungen verwendet. Zu den wirksamsten Wärmestabilisatoren
zählen Organozinnverbindungen wie Organozinnmercaptide, -thioglykolate und -carboxylate.
[0004] Es wurde gefunden, daß sich Gemische bisher nicht bekannter ist und der Alkylrest
gegebenenfalls noch -0-, -S- oder -CO
2-Gruppen und OH-Substituenten enthalten kann,
und die sich in den beiden Gemischkomponenten I und II entsprechenden Reste
R1 bis
R5 stets gleich sind.
[0005] 2. Gemisch von Organozinnverbindungen nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
in den beiden Komponenten der Rest R
1 für eine O-Alkylgruppe mit 1 bis 30 C-Atomen, der Rest R
2 für

mit der für R
1 vorstehend angegebenen Bedeutung, die Reste R
3 und R
4 für Wasserstoff stehen und der Rest R
5 die im Anspruch 1 angegebene Bedeutung hat.
[0006] 3. Gemisch von Organozinnverbindungen nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet,
daß das Gewichtsverhältnis der Komponente I zur Komponente II etwa 1 : 0,01 bis 1
: 4 beträgt.
[0007] 4. Verfahren zur Herstellung der Gemische von Organo- zinnverbindungen nach den Ansprüchen
1 bis 3 durch Umsetzen von Organozinnhalogeniden mit Mercaptanen, Thiocarbonsäureestern,
Carbonsäuren oder Carbonsäurepartialestern in Gegenwart von Halogenwasserstoffakzeptoren
und gegebenenfalls von inerten Lösungsmitteln in an sich bekannter Weise, dadurch
gekennzeichnet, daß man Mischungen von Organozinnhalogeniden der allgemeinen Formeln
. -O
2C-CH=CH-CO
2-Alkyl, wobei m die Zahl 1 oder 2 ist und der Alkylrest gegebenenfalls noch -O-, -S-
oder -CO
2-Gruppen und OH-Substituenten enthalten kann.
[0008] Die sich in den beiden Gemischkomponenten I und II entsprechenden Reste R
1 bis R
5 sind stets gleich.
[0009] Beispiele für R
1 sind OH, NH
2, Alkyl- und Arylaminoreste wie -NH(CH
3),

0-Alkylreste wie -OCH
3, -OC
2H
5, -OC
8H
17,

-O-CH
2-CH
2-O-C
4H
9,

O-CH
2-CH
2-O
2C-C
8H
17

und O
-Arylreste wie

[0010] Beispiele für R
2 bis R
4 sind mindestens ein Rest:

mit R
1 wie vorstehend genannt, daneben: H, Methyl, Äthyl, Propyl, Hexyl, Dodecyl, Octadecyl
usf.
[0011] Beispiele für R
5 sind an sich bekannte, in der Zinnstabilisatoren-Chemie stets verwendete Reste.
[0012] Genannt seien z.B. aus der Mercaptid-Reihe -S-C
8H
17, -S-C
12H
25, -S-C
18H
25, aus der Alkylthiocarboxylat-Reihe z.B. -S-(CH
2)
n-CO
2-Alkyl (n = 1 und 2; Alkyl = Octyl, Lauryl, Octadecyl, 2-Hydroxy-octadecyl usf.),
aus der Carboxylatreihe z.B.

(Alkyl = Heptyl, Undecyl, Heptadecyl usf.) und aus der Partialesterreihe z.B.

-Alkyl (Alkyl = Methyl, Butyl, Octyl, Dodecyl usf.)
[0013] Weitere bekannte Beispiele für Reste R
5 sind in den DT-OSS 1 418 001, 1 418 017, 1 418 019, 1 494 332, 1 544 729, 1 569 070,
1 569 136, 1 569 170, 1 694 936, 1 801 274 und 2 006 711, der GB-PS 1 439 752 sowie
der US-PS 3 925 309 beschrieben.
[0014] Die neuen Organozinnverbindungen werden nach aus der Organo-Zinnchemie bekannten
Verfahren erhalten. Man geht von Organozinnhalogenidgemischen der Formeln

aus- die Bedeutung der Symbole R
1 bis R
4 ist oben angegeben; Hal ist Cl, Br, J - die nach den Angaben der deutschen Patentanmeldung
P 27 357 57 durch Umsetzen von bestimmten, substituierten Olefinen mit metallischem
Zinn und Chlorwasserstoff zugänglich sind und setzt diese bei Temperaturen zwischen
etwa O und 150, vorzugsweise 15 bis 80°C mit Mercaptanen, Thiocarbonsäuren, Carbonsäuren
und Partialestern wie Maleinsäuremonoestemin Gegenwart von Halogenwasserstoffakzeptoren
wie NaOH, NaHCO
3, KHCO
3 oder Aminen, wie Triäthylamin, Pyridin usf. und gegebenenfalls in inerten Lösungsmitteln,
wie Äthern, Ketonen, Estern, aliphatischen oder aromatischen Kohlenwasserstoffen um.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, daß man die Organozinnhalogenide zu Organozinnoxiden
hydrolysiert und letztere mit den -SH- oder -C0
2H-Verbindungen unter Abspaltung von Wasser zur Reaktion bringt.
[0015] Bevorzugt eingesetzte Organozinnhalogenide sind solche gemäß vorstehender Formel,
bei denen R O-Alkyl mit 1 bis 30, vorzugsweise 1 bis 20 und insbesondere 1 bis 10
Kohlenstoffatomen, R
3 und R
4 Wasserstoff und
R2

mit den für R
1angegebenen, bevorzugten Bedeutungen ist. Bevorzugte Reaktionskomponenten, die in
den Verfahrensprodukten den Rest R
5 darstellen, sind Ester der Thioglykolsäure, Ester der
Thiopro- pionsäure, Alkylmercaptane mit bevorzugt 8 bis 18 C-Atomen wie Octyl-, Dodecyl-
oder Stearylmercaptan, Fettsäuren mit 8 bis 34 C-Atomen, beispielsweise Laurinsäure,
2-Äthylhexansäure, Stearinsäure, Montansäure sowie Maleinsäuremonoester.
[0016] Da die eingesetzten Organozinnhalogenide Gemische aus Tri- und Dihalogenidendarstellen
(Verhältnis Organozinndichlorid/Organozinntrichlorid je nach Herstellverfahren zwischen
1 : 0,01 bis 1 : 4), sind die Organozinnverbindungen gemäß der Erfindung ebenfalls
Gemische, was für den beanspruchten Verwendungszweck jedoch nicht von Nachteil ist,
denn aus der Organozinnstabilisatoren-Praxis ist bekannt, daß Gemische aus Diaalkyl-
und Monoalkylzinnstabilisatoren in chlorhaltigen Polymeren wie Polyvinylchlorid einen
synergistischen stabilisierenden Effekt aufweisen. Falls gewünscht, kann man selbstverständlich
auch die reinen
Di- und Monoorganozinnstabilisatoren der allgemeinen Formeln I und II herstellen, muß
jedoch dann von reinen
Di- bzw. Trihalogeniden, die aus den Mischungen nach bekannten Methoden (z.B. fraktionierte
Kristallisation) isolierbar sind, ausgehen.
[0017] Einige typische Vertreter der erfindungsgemäßen Organozinn-Verbindungen seien im
folgenden aufgezählt; die Erfindung soll jedoch nicht auf die genannten Substanzen
beschränkt werden.
[0018] Gemische aus Di- und Mono-(bis-2,3-carbomethoxy-)-propyl-zinn-di- und -trioctylthioglykölat

und

[0019] Gemisch aus Di- und Mono-(bis-2,4-carbobutoxy-)butyl- zinn-di- und tri-n-dodecylmercaptid

und

[0020] Gemisch aus Di- und Mono-(bis-2,3-carbophenoxy-) propyl-zinn-di- und -trilaurat

und

[0021] Gemisch aus Di- und Mono-(bis-2,3-carbo-2-hydroxy- tetradecoxy-)'propyl-zinn-di-
und -trimonobutylmaleinat

[0022] Gemisch aus Di- und Mono-(bis-2,3-anilino-carbonyl-) propyl-zinn-di- und -tributylthiopropionat

[0023] Die erfindungsgemäßen Organozinnstabilisatoren zeigen in halogenhaltigen Polymerisaten,
beispielsweise Chlorpolyäthylen, Hart- und Weich-Polyvinylchlorid, Polyvinylidenchlorid,
Polyvinylchloracetat und Vinylchlorid-α-Olefin-Copolymerisaten eine sehr gute stabilisierende
Wirkung, die der von bekannten Verbindungen, beispielsweise von Dibutylzinnstabilisatoren
entspricht. Darüber hinaus wird beobachtet, daß mit den neuen Verbindungen stabilisierte-thermoplastische
Massen eine verbesserte Transparenz aufweisen.
[0024] Die neuen Stabilisatoren werden im allgemeinen zusammen mit anderen bekannten Stabilisatoren,
wie Calciumstearat oder anderen stabilisierenden Metallsalzen, stabilisierenden Hilfsmitteln
(Epoxide, Organophosphite), Antioxidanten wie Phenole, UV-stabilisierenden Verbindungen,
Gleitmitteln, Weichmachern, Pigmenten, Füll- und Hilfsstoffen u. ä. verwendet. Man
setzt sie in Mengen von 0,1 bis 10, vorzugsweise 0,2 bis 5 und insbesondere 0,5 bis
3 Gewichtsteilen, bezogen auf 100 Gewichtsteile Polymeres, ein.
[0025] Die folgenden Beispiele sollen die Erfindung weiter erläutern. Die Beispiele 1 bis
10 beschreiben die Herstellung der neuen Organozinnverbindungen, die Beispiele 11
bis 32 zeigen die Polyvinylchloridstabilisierende Wirkung im Vergleich zu bekannten
Organozinnverbindungen.
Beispiel 1
[0026] In einem mit Rühreinrichtung, Innenthermometer und Tropftrichter ausgestatteten 500-ml-Dreihalskolben
wurden 40,8 g (O,2 Mol) Thioglykolsäure-2-äthyl- hexylester, 36,0 g (0,2 Äquivalent
Chlor) eines Gemisches aus ca. 59 Gew.-% Di-(bis-2,3-carbomethoxy-)propyl- zinndichlorid
und ca. 41 Gew.-% Mono-(bis-2,3-carbo- methoxy-)propyl-zinntrichlorid (Chlorgehalt
des Gemisches: 19,7 %, Zinngehalt: 21,8 %) und 300 ml Toluol vorgelegt. Bei 20°C wurde
eine Lösung von 20,2 g (0,2 Mol) Triäthylamin in 50 ml Toluol zugetropft. Sodann wurde
2 Stunden bei Raumtemperatur weitergerührt. Anschließend wurde der entstandene Niederschlag
(27,5 g Triäthylammoniumchlorid) abgesaugt. Aus dem Filtrat wurde nach Abdestillieren
des Toluols der Organozinnstabilisator in Form einer gelblichen Flüssigkeit als Rückstand
isoliert.
[0027] Ausbeute: 69,5 g Organozinn-2-äthylhexylthioglykolat;
[0028] Analyse: 11,3 % Sn 0,1 % Cl
Beispiele 2 bis 10
Beispiele 11 bis 32 .
[0030] Diese Beispiele zeigen die stabilisierende Wirkung der neuen Organozinnstabilisatoren
bei der Verarbeitung von PVC. Die angegebenen Teile sind stets Gewichtsteile.
[0031] Jeweils 100 Teile eines Suspensions-Polyvinylchlorids vom K-Wert 68 wurden mit 0,4
Teilen Calciumstearat, 0,4 Teilen Kohlenwasserstoffwachs vom Tropfpunkt ca. 90°C und
dem zu prüfenden Organozinnstabilisator in einer solchen Menge, daß stets.in etwa
der gleiche Zinngehalt im Ansatz vorhanden war, vermischt. Zu Vergleichszwecken wurden
bekannte Zinnstabilisatoren in die Prüfungen einbezogen.
[0032] Zur Bestimmung der dynamischen Wärmestabilität werden die Mischungen auf ein 180°C
beheiztes Labor-Zweiwalzwerk aufgetragen und bei einer Tourenzahl von 20 UpM innerhalb
von einer Minute zu einem Fell verwalzt. Von diesem werden in Abständen von 5 Minuten
Proben entnommen, deren Farben mit denen einer internen Farbskala verglichen werden.
Die einzelnen Versuche laufen jeweils so lange, bis das Walzfell eine dunkelbraune
bis schwarze Farbe annimmt.
[0033] Um die statische Wärmestabilität zu ermitteln, wird - wie oben beschrieben - zunächst
aus den Mischungen ein Walzfell hergestellt und dieses noch 10 Minuten bei 180°C auf
dem Walzwerk gewalzt. Aus dem von der Walze gezogenen Fell werden sodann ca. 0,5 mm
starke Plättchen mit einem Durchmesser von 30 mm gestanzt. Die Plättchen werden mit
einer Aluminiumfolie umwickelt und bei 180°C in einem Wärmeschrank mit Luftumwälzung
getempert. Im Abstand von 10 Minuten wird dann jeweils ein Plättchen entnommen und
dessen Farbe mit der Farbskala verglichen.
[0034] In der verwendeten Farbskala bedeuten die Wertzahlen
1 = wasserhell
2 = geringer Gelbstich
3 = starke Gelbfärbung
4 = tiefe, gelbbraune Farbe
5 = dunkelbraun bis schwarz.
[0035] Die Versuchsbedingungen sowie die Ergebnisse sind in den Tabellen 3 und 4 zusammengestellt.
Wie ersichtlich, besitzen die neuen Stabilisatoren im Vergleich zu den bekannten Dibutylzinn-stabilisatoren
(Beispiele 21 bis 24 und 32) bei gleichen Mengen Zinn in der Rezeptur und entsprechenden
Resten eine vergleichbare PVC-stabilisierende Wirkung, beeinflussen jedoch die Transparenz
der Prüfkörper weniger.

1. Gemisch von Organozinnverbindungen, die d die Formeln

charakterisiert werden, in denen bedeutet:
R OH, -NH2, einen Alkylaminorest, einen Arylaminorest, einen O-Alkylrest oder einen O-Arylrest,
wobei die beiden letztgenannten Reste auch aryl- bzw. alkylsubstituiert sein können
und sowohl als solche als auch in der aryl- bzw. alkylsubstituierten Form als Substituenten
gegebenenfalls noch Halogen oder eine Hydroxyl-, Thioäther-, Äther- und/oder Carboxylgruppe
tragen,
R2 bis R4 gleiche oder verschiedene Substituenten und zwar
a) 0 bis zwei Wasserstoffatome sowie
b) Alkylreste mit 1 bis 30 C-Atomen sind, mit der Bedingung, daß mindestens einer
dieser Reste eine Gruppe

ist, wobei R die oben angegebene Bedeutung hat, und n für eine Zahl von 1 bis 15 steht,
R5 -S-(CH2)m-CO2-Alkyl, -S-Alkyl, -O2C-Alkyl und -O2C-CH=CH-CO2-Alkyl, wobei m die Zahl 1 oder 2 Organozinnverbindungen der allgemeinen Formeln

wobei die verwendeten Symbole die nachstehende Bedeutung haben, hervorragend als Wärmestabilisatoren
für halogenhaltige Polymere eignen.
In den Formeln bedeutet:
R OH, -NH2, einen Alkylaminorest, einen Arylaminorest, einen O-Alkylrest oder einen O-Arylrest,
wobei die beiden letztgenannten Reste auch aryl- bzw. alkylsubstituiert sein können
und sowohl als solche als auch in der aryl- bzw. alkylsubstituierten Form als Substituenten
gegebenenfalls noch Halogen oder eine Hydroxyl-, Thioäther-, Äther- und/oder Carboxylgruppe
tragen,
R bis gleiche oder verschiedene Substituenten, und zwar
R4 a) O bis zwei Wasserstoffatome sowie
b) Alkylreste mit ein bis 30 C-Atomen sind mit der Bedingung, daß mindestens einer
dieser Reste eine Gruppe

ist, wobei R1 die oben angegebene Bedeutung hat und n für eine Zahl von 1 bis 15 steht,
R5 -S-(CH2)m-CO2-Alkyl, -S-Alkyl-, -O2C-Alkyl und

in denen die Reste R bis R4 die in Anspruch 1 angegebene Bedeutung haben, und Hal Chlor, Brom oder Jod ist, einsetzt.
5. Verwendung der Organozinnverbindungen nach den Ansprüchen 1 bis 3 als Stabilisatoren
für halogenhaltige polymere in Mengen von 0,1 bis 10 Gewichtsteilen pro 100 Gewichtsteile
Polymer.
6. Kunststoff-Formmassen auf Basis chlorhaltiger Polymerer, in denen als Stabilisatoren
Organozinnverbindungen nach den Ansprüchen 1 bis 3 enthalten sind.