[0001] Die vorliegende Anmeldung betrifft ein Verfahren zum naßoxidativen Abbau von Abwasser,
das organische Verbindungen in gelöster oder suspendierter Form enthält. In der Industrie
fallen häufig Abwässer an, die neben anorganischen Bestandteilen noch organische Stoffe
enthalten. Insbesondere in der chemischen Industrie, so bei der Herstellung organischer
Zwischenprodukte von Farbstoffen, von organischen Großprodukten wie Papier oder von
Pflanzenschutzmitteln, entstehen häufig Abwässer, die gereinigt werden müssen. Für
die Beseitigung der im Abwasser in gelöster oder suspendierter Form vorliegenden organischen
Verbindungen sind eine ganze Reihe spezieller Verfahren bekannt geworden, so die Extraktion
löslicher Stoffe, oder die Auftrennung des Abwassers durch Destillation. Überwiegend
werden jedoch Abwässer, die biologisch abbaubare organische Stoffe enthalten, in biologischen
Kläranlagen behandelt. Es ist jedoch bekannt, daß in manchen Fällen die organischen
Verunreinigungen der Abwässer in den üblichen biologischen Kläranlagen von Bakterien
nur langsam abgebaut werden ("biologisch inaktive Verbindungen") oder aber den Abbau
anderer, an sich abbaubarer Substanzen hemmen ("biologisch toxische Verbindungen").
Dies gilt beispielsweise für phenolhaltige Abwässer und Abwässer aus der Produktion
von Pflanzenschutzmitteln, insbesondere der Herstellung von Fungiziden.
[0002] Ein bekanntes Verfahren zum Abbau solcher biologisch nicht abbaubarer organischer
Verbindungen besteht in der Naßverbrennung. Dabei wird das Abwasser in Gegenwart von
sauerstoffhaltigen Gasen auf Temperaturen von etwa 250°C bis 350°C erhitzt. Ein Nachteil
dieses Verfahrens besteht darin, daß für die Eindosierung des Sauerstoffs unter hohem
Druck eine aufwendige Apparatur notwendig ist und daß relativ große Mengen an Sauerstoff
gebraucht werden.
[0003] Es bestand daher die Aufgabe, ein Verfahren zu finden, das die Nachteile dieses Verfahrens
nicht zeigt und insbesondere in der Lage ist, solche Abwässer, die nicht biologisch
abbaubar sind, d.h. toxische oder biologisch inaktive Bestandteile enthalten, soweit
zu reinigen, daß anschließend eine biologische Reinigung möglich ist.
[0004] Es wurde nun ein neues Verfahren zum naßoxidativen Abbau von Abwasser gefunden, das
in gelöster oder suspendierter Form organische Verbindungen enthält, die biologisch
toxisch und/oder inaktiv sind. Das Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, daß man das
Abwasser mit Salpetersäure oder löslichen Nitraten versetzt und auf 100 bis 250°C
aufheizt. Eine bevorzugte Obergrenze für die Temperatur der Abwasserbehandlung liegt
bei 230°C, insbesondere 220°C. Das Verfahren wird bevorzugt bei Temperaturen über
120°C, insbesondere über 140°C, vorzugsweise über 180° durchgeführt. Unter löslichen
Nitraten sind dabei anorgtanische Salze, insbesondere Salze der Alkalimetalle oder
Erdalkalimetalle wie NaNO
3 und Ca(NO
3)
2 zu verstehen.
[0005] Das erfindungsgemäße Verfahrenist zwar auch noch bei Temperaturen oberhalb 250°C
wirksam; jedoch wird mit steigender Temperatur das Gefäßmaterial (Tantal, VA-Stahl,
Emaille) immer stärker angegriffen. Ferner wird mit steigendem Druck der kunstruktive
Aufwand immer höher.
[0006] Das Verfahren eignet sich besonders für die Aufarbeitung von Produktionsabwässern,
die aus der Herstellung von Pflanzenschutzmitteln, insbesondere von Fungiziden herrühren.
Es ist dabei überraschend, daß geringe Mengen Salpetersäure gerade die biologisch
toxischen Bestandteile des Abwassers zerstören, während die biologisch abbaubaren
Bestandteile noch im wesentlichen erhalten bleiben. Falls das Abwasser nennenswerte
Mengen an flüchtigen Lösungsmitteln (z.B. Benzol, Toluol, Xylol) enthält, kann es
sinnvoll sein, durch Abdestillieren von Wasser die Hauptmenge des Lösungsmittels zu
entfernen (gegebenenfalls zurückzugewinnen) und damit auch die Einsatzmenge an HNO
3 bzw. an Nitraten zu verringern. Das Abwasser kann neben organischen Bestandteilen
noch anorganische Bestandteile wie Natriumsulfat, Schwefelsäure oder Ammonsalze enthalten.
Ammonsalze werden beim erfindungsgemäßen Verfahren teilweise abgebaut. Der Grad ihres
Abbaus hängt in der Hauptsache von der eingesetzten Menge an Salpetersäure ab. In
erster Näherung wird dabei zur Zerstörung von einem Äquivalent Ammoniumionen ein Mol
Salpetersäure benötigt. Bevorzugt sind Abwässer, die maximal 10Gew.-% Säure (gerechnet
als H
2SO
4) enthalten. Der pH-Wert des eingesetzten Abwassers ist nicht kritisch. Es lassen
sich sowohl saure wie neutrale aber auch alkalische Abwässer aufarbeiten. Das gilt
auch bei Einsatz von löslichen Nitraten. Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich
besonders für solche Abwässer, deren CSB-Wert höchstens 100 g 0
2 pro.Liter, insbesondere aber mindestens 5 g 0
2 pro Liter beträgt. Bereits geringe Mengen an Salpetersäure reichen aus, um die Abwässer
wieder biologisch abbaubar zu machen. Je nach der Menge und der Natur der Verunreinigungen
reichen Zusätze von 1 bis 1), insbeson- dere 1,5 bis 8, vorzugsweise 2 bis 5 Gew.-%
Salpetersäure (wasserfrei) aus. An Stelle von HNO
3 kann auch die äquivalente Menge an Nitraten verwendet werden.
[0007] Bei Zugabe von größeren Mengen an Oxidationsmitteln kann das erfindungsgemäße Verfahren
zu einem nahezu totalen Abbau sämtlicher organischer Produkte sowie auch der Ammoniumionen
führen. Hierfür sind aber (proportional dem gemessenen CSB-Wert) entsprechend größere
stöchiometrische Mengen an Salpetersäure bzw. deren Salzen notwendig. Es ist vorteilhaft
das Verfahren so durchzuführen, daß mit geringen Mengen Salpetersäure oder Nitrat
im wesentlichen nur die biologisch toxischen Verbindungen abgebaut werden. Das anfallende
Abwasser kann anschließend einer biologischen Reinigung nach dem Belebtschlamm-Verfahren
zugeführt werden. In manchen Fällen ist das bei der Oxydation anfallende Abwasser
so rein, daß es erneut als Prozeßwasser eingesetzt werden kann.
[0008] Das erfindungsgemäße Verfahren kann sowohl kontinuierlich (beispielsweise in einem
Röhrenreaktor) als auch diskontinuierlich (z.B. im Chargenbetrieb) durchgeführt werden.
[0009] Die folgenden Beispiele erläutern das Verfahren.
Beispiel 1
[0010] Bei der Herstellung des Fungizids 2-Carbomethoxyaminobenzimidazol fällt ein Produktionsabwasser
an, das biologisch toxisch ist, also für eine biologische Abwasseraufbereitung nicht
geeinget ist.
[0011] Das Abwasser ist dunkelbraun und enthält dunkel gefärbte Flocken. Der Gehalt an 2-Caromethoxyamino-benzimidazol
liegt bei ca. 10 ppm. Der pH-Wert beträgt 4,2, der CSB-Wert 50 000 mg U
2/1. (Der CSB-Wert gibt den chemischen Sauerstoffbedarf, gerechtnet als mg 0
2/1 an, der erforderlich ist, um die organischen Verbindungen vollständig zu C0
2 und H
20 zu oxidieren. Die Bestimmung des CSB-Wertes erfolgt nach einer standardisierten
Methode mittels K
2Cr
20
7 in verdünnter Schwefelsäure in Gegenwart von Ag
+-ion).
[0012] In einem Druckbehälter (Volumen 3 m
3), der mit Tantal plattiert ist, werden 2 m
3 des oben genannten Abwassers mit 60 kg Salpetersäure (Gehalt 65 %) versetzt und auf
195
0C hochgeheizt. Die Temperatur der Mischung steigt weiter bis auf etwa 212
0C (Druck: 20 bar). Nach dem Erreichen dieser Temperaturspitze wird der Ansatz sofort
abgekühlt.
[0013] Das so erhaltene Abwasser ist hellgelb klar bis rotbraun gefärbt und praktisch geruchlos.
Der CSB-Wert beträgt 33 000 mg 0
2/1, der BSB
5-Wert 19 000 mg 0
2/1, der pH-Wert 7,8. In einer Verdünnung von 1 : 200 ist das so behandelte Abwasser
nicht fischtoxisch.
Beispiel 2
[0014] In ein mit Tantal ausgekleidetes Strömungsrohr mit 50 mm Innendurchmesser werden
gleichzeitig und gleichmäßig 30 kg/h Salpetersäure 65 % sowie 500 1/h des in Beispiel
1 beschriebenen Abwassers eindosiert und mit direktem Dampf hochgeheizt. Das Volumen
des Strömungsrohrs betrug 40 1. Der Druck des Synstems wurde durch ein Druckhalteventil
auf 32 bar eingestellt, was einer Temperatur von 212 bis 215
0C entspricht.
[0015] Das kontinuierlich abgenommene Abwasser ist hellgelb gefärbt, hat einen CSB-Wert
von 14 000 mg 0
2/1, einen BSB
5-Wert 8 800 mg 0
2/1 und einen pH-Wert von etwa 1,0.
[0016] Das so behandelte Abwasser ist biologisch nicht mehr toxisch und kann daher einer
biologischen Abwasserreinigung zugeführt werden.
Beispiel 3
[0017] Beispiel 1 wurde wiederholt, jedoch wurde nur 25 kg Salpetersäure eingesetzt und
der Ansatz nur auf 180 bis 185°C hochgeheizt.
[0018] Nach dem Abkühlen des Behälterinhaltes wird ein Abwasser erhalten, daß einen CSB-Wert
von 40 000 mg 0
2/l, einen ESB
5-Wert von 20 000 mg 0
2/1 und einen pH-Wert von 7,0 aufweint. Das Abwasser ist nicht mehr fischtoxisch.
Beispiel 4
[0019] Bei der Herstellung von 1-Phenyl-semicarbazid aus Phenylhydrazin, Harnstoff und Wasser
fällt ein Abwasser an, daß wegen seines Phenylnydrazingehaltes (ca. 0,05 %) toxisch
und biologisch nicht abbaubar ist.
[0020] Der CSB-Wert beträgt 37 000 mg O
2/1, der Gehalt an Ammoniumchlorid 15 %, der pH Wert 6,2.
[0021] 2 000 1 dieses Abwassers werden mit 80 kg Salpetersäure wie in Beispiel 1 beschrieben,
bei 210°C behandelt. Das erhaltene Abwasser weist einen CSB-Wert von 14 500 mg O
2/1, einen
BSB3-Wert von 9 000 mg 0
2/1 und einen pH-Wert von 5,0 auf. Der Phenylhydrazingehalt liegt unter 1 ppm, der
Ammonchloridgehalt bei 11 %.
[0022] Das so behandelte Abwasser läßt sich gut in einer biologischen Abwasseranlage aufbereiten.
Es läßt sich aber auch als Prozeßwasser bei der Herstellung von 1-Phenyl-semicarbazid
wieder einsetzen..
Beispiel 5
[0023] Bei der Behandlung von Cellulose im alkalischen Bereich mit Äthylenoxid ein Abwasser
an, daß neben hochmolekularen Bestandteilen noch ca. 0,3 % Glykole in gelöster Form
enthält. Der CSB-Wert beträgt 33 100 mg 0
2/1, der pH-Wert 8,7, der Gesamt-Kohlenstoffgehalt 9 000 mg C/1. In einer Verdünnung
von 1:100 läßt sich das Abwasser biologisch abbauen. Aus dem dabei gefundenen Sauerstoff-Verbrauch
errechnet sich ein BSB
5-Gehalt von 27 500 mg 02/1.
[0024] 2 1 dieses Abwassers und 20 g/1 Salpetersäure 65 %ig wurden in einer Tantalbombe
in 50 Minuten *) aufgeheizt und 1 Stunde bei dieser Temperatur gehalten. Der Enddruck
betrug ca. 40 bar. Die Bombe wurde innerhalb von 3 Stunden mit Kaltluft auf 86°C gekühlt
und dann entleert. Das behandelte Abwasser wies einen pH-Wert von 2,9, einen CSB-Wert
von 22 800 mg 0
2/1 und einen BSB
5 von 14 800 mg 0
2/1 auf. Es ist auch ohne Verdünnung biologisch abbaubar. Gesamtkohlenstoffgehalt 5
530 mg C/l.
*) auf 250°C
Beispiel 6
[0025] Beispiel 5 wird wiederholt, jedoch werden 2 1 Abwasser mit 40 g/1 Salpetersäure behandelt.
Die gefüllte Bombe wird in 30 Minuten auf 215°C und 1 Stunde bei dieser Temperatur
gehalten (Druck: 24 bar). Die Bombe wird innerhalb von 3 1/2 Stunden abgekühlt und
dann entleert. Das Abwasser weist einen pH-Wert von 2,6, einen CSB-Wert von 18 150
mg O
2/1 und einen BSB
5-Wert von 14 100 mg 0
2/1 auf. Das so behandelte Abwasser kann direkt einer biologischen Reinigungsanlage
zugeführt werden.
Beispiel 7
[0026] Wenn 2 1 des Abwassers von Beispiel 5 nur mit 10 g/l Salpetersäure nach dem Verfahren
von Beispiel 6 behandelt werden, so fällt ein Abwasser an, dessen CSB-Wert 26 400
mg 02/1 und dessen BSB
5-Wert 24 750 mg 0
2/1 beträgt. Auch dieses Abwasser kann direkt einer biologischen Abwasserreinigungsanlage
zugeführt werden.
Beispiel 8
[0027] Beispiel 5 wurde wiederholt, jedoch wurde anstelle von Salpetersäure Natriumnitrit
(8,8 g/l) eingesetzt. Nach Zugabe des Natriumnitrits lag der pH-Wert der Lösung bei
8,7, nach der Oxydation bei 215°C bei ca. 4,1. Der CSB-Wert betrugt 26 250 mg 0
2/1.
1. Verfahren zum naßoxidativen Abbau von Abwasser, das toxische und/oder biologisch
inaktive organische Verbindungen in gelöster oder suspendierter Form enthält, bei
erhöhter Temperatur, dadurch gekennzeichnet, daß man das Abwasser mit Salpetersäure
oder löslichen Nitraten versetzt und auf Temperaturen von 100 bis 250°C aufheizt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man auf Temperaturen von
180 bis 220°C aufheizt.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man das behandelte Abwasser
nach der Oxidation abkühlt und einem biologischen Abbau der Restverunreinigungen nach
dem Belebtschlamm-Verfahren unterwirft.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man die Menge an Salpetersäure
oder Nitrat so bemißt, daß die chemisch abbaubaren Stoffe nur zum Teil abgebaut werden.
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man ein Produlctionsabwasser
aufarbeitet, das bei der Herstellung organischer Zwischenprodukte oder Endprodukte
anfällt.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Abwasser aus der Herstellung
von Pflanzenschutzmitteln stammt, insbesondere der Herstellung von Fungiziden.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß das eingesetzte Abwasser
2-Carbotmethoxy-benz-imidazol enthält.