[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Entgraten oder Verrunden der Kanten ebener
Werkstücke, bei dem Borsten in wechselnder Richtung über die Kanten geführt werden.
[0002] Es ist bekannt, daß beim Bürsten ebener, flächiger Werkstücke, z.B. gestanzter oder
geschnittener Bleche für Platinen, Schrankwände, Frontplatten u.a. aus der Blechebene
herausstehende Grate abgetragen sowie die Kanten der Werkstücke verrundet werden.
Man verwendet hierzu häufig rotierende Walzenbürsten, wobei es jedoch nötig ist, die
Werkstücke in mehreren seitlich oder räumlich getrennten Schritten mit jeweils wechselnder
Bürstrichtung zu bearbeiten, um eine gleichmäßige Rundum-Entgratung bzw. Kantenverrundung
zu erhalten. Daher sind derartige Anlagen verhältnismäßig aufwendig, sowohl hinsichtlich
des Antriebes der einzelnen Walzen und deren Handhabung, wie auch hinsichtlich des
Platzbedarfs.
[0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ebene Werkstücke in einem Bearbeitungsschritt
an allen Kanten zu entgraten und zu verrunden.
[0004] Dies wird gemäß der Erfindung dadurch gelöst, daß Borsten parallel zur Ebene der
Werkstücke jeweils um getrennte Rotationsachsen (Kreisschwingung) kreisend über deren
Oberfläche geführt werden.
[0005] Bei diesem Verfahren wird die die Borsten tragende Bürste nicht um eine raumfeste
Rotationsachse gedreht (dabei würden die Borsten konzentrische Kreisbewegungen und
Schleifspuren beschreiben wie die Körner einer Schleifscheibe). Vielmehr wird die
Bürste wie ein Schwingschleifer derart exzentrisch kreisend bewegt, daß zwar jede
Borste eine Kreisbewegung parallel zur Werkstück-Oberfläche beschreibt, aber jede
dieser Kreisbewegungen eine eigene Rotationsachse aufweist (Fig. 1). Dadurch wird
jeder Punkt der Oberfläche von den Borsten nacheinander in stets wechselnder Richtung
überstrichen und abgeschliffen.
[0006] Da die Borsten jedoch elastisch sind, folgen sie an den Kanten dem Profil der Werkstücke
und tragen dabei die Kanten ab oder entschärfen sie durch fortwährendes geringes Umformen.
Die nacheinander über die Kanten schleifenden ("stolpernden") Borsten wechseln jedoch
entsprechend der exzentrischen Kreisbewegung der Bürste ständig ihre Richtung, so
daß es zu einer gleichmäßigen Verrundung kommt, bei Riefen und Schleifspuren praktisch
nicht auftreten.
[0007] Damit die einzelnen Borsten der Kreisbewegung der Bürste folgen, ist es erforderlich,
daß die seitliche Beweglichkeit der freien Bürstenenden sehr gering, höchstens wenige
Millimeter, ist. So muß die maximal mögliche seitliche Ablenkung der auf der Oberfläche
aufstehenden Borsten geringer sein als die vom Antrieb der Bürste hervorgerufene Auslenkung
des Borsten-Tragkörpers, damit die freien Borstenenden die angestrebte Kreisbewegung
auf dem Werkstück beschreiben. Die Borsten normaler Bürsten sind nachgiebig und deren
Borstenenden folgen daher der Kreisbewegung nur sehr unvollständig. Es wird daher
vorgeschlagen, Bürsten zu verwenden, deren Borsten sehr steif sind. Dies kann durch
ein geeignetes Borstenmaterial, z.B. Stahl, erreicht werden. Vorteilhaft kann die
seit-. liche Beweglichkeit der Borstenenden dadurch beschränkt werden, daß die Borsten
sehr dicht gepackt sind, z.B. mit einer Packungsdichte über 30 %. Es können auch Borsten
aus Kunststoff verwendet werden, in denen Schleifmittel eingelagert sind.
[0008] Bevorzugt wird der Zwischenraum zwischen den Borsten mit einer Füllmasse ausgefüllt,
die plastisch oder elastisch ist, wobei diese einem höheren Abrieb unterworfen ist
als die Borsten selbst. Nach kurzen Betriebsdauern werden dabei durch den Abrieb die
freien Borstenenden in einer Tiefe von einem Millimeter oder etwas darüber freigelegt,
so daß die freien Borstenenden zwar dem Kantenprofil elastisch folgen können, jedoch
durch die verbleibende FUllmasse in ihrer seitlichen Bewegung beschränkt sind. Vorteilhaft
kann in die Füllmasse ein Schleifmittel eingelagert sein, so daß beim Abrieb der Füllmasse
zusätzliches Schleifmaterial auf die zu bearbeitende Oberfläche gelangt.
[0009] Anhand mehrerer Ausführungsbeispiele und Figuren wird die Erfindung näher erläutert.
[0010] In Fig. 1 sind die Bewegungsbahnen 20 der einzelnen Borsten, die bei einer exzentrischen
Bewegung der Bürste entstehen und jeweils Kreise um getrennte Rotationsachsen 21 darstellen,
schematisch dargestellt. Fig. 2 zeigt eine bevorzugte Vorrichtung zur Durchführung
des Verfahrens. In Fig. 3 ist eine bevorzugte Ausführungsform zum Halten und Transportieren
des Werkstückes bei der Durchführung des Verfahrens gezeigt. Die Fig. 4 bis 6 betreffen
vorteilhafte Ausführungen der beim Verfahren verwendbaren Bürsten.
[0011] Eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens besteht entsprechend Fig. 2 aus
einem Spanntisch 1 zum Halten eines Werkstückes 2. Der Spanntisch 1 kann dabei z.B.
als Magnetspanntisch ausgebildet sein oder Saugnäpfe oder mechanische Halterungen
für das Werkstück enthalten. Der Tischfläche gegenüber ist eine Bürste 3 angeordnet,
die eine ebene Grundfläche 4 und darauf senkrecht stehende, auf das Werkstück gerichtete
Bürsten 5 enthält. Die Bürste 3 wird von einem Antriebsmotor 6 in eine exzentrisch
kreisende Bewegung versetzt.
[0012] Die exzentrische Kreisbewegung wird hervorgerufen, indem die Antriebswelle 7 einen
am Bürstenkörper 3 befestigten Exzenter 8 antreibt. Die exzentrische Kreisbewegung
entsteht dabei aus infinitesimalen Parallelverschiebungen der Bürste, die sich zu
einer geschlossenen Kreisbahn zusammensetzen. Vorteilhaft ist zur Führung der Bürste
wenigstens ein zweiter Exzenter 9 an der Bürste angeordnet, der von einer zweiten
Antriebswelle 10 angetrieben wird. Diese zweite Antriebswelle 10 wird mittels Zahnkränzen
11 und einem Zahnriemen 12 synchron vom Antrieb 6 angetrieben.
[0013] Vorteilhaft ist die Exzentrizität der Exzenter 8 und 9 verstellbar, um die Amplitude
der exzentrischen Kreisbewegung der Nachgiebigkeit der Borsten des Werkzeuges anzupassen.
Um die Vorrichtung der jeweiligen Werkstückdicke anzupassen und bei Abrieb der Borsten
nachzustellen, ist der Abstand zwischen dem Spanntisch 1 und der Bürste 3 verstellbar.
Hierzu dient eine Schiene 14.
[0014] Für lange Werkstücke oder für einen kontinuierlichen Betrieb ist es vorteilhaft,
die Vorrichtung als Durchlauf-Bearbeitungsmaschine auszubilden, d.h. das Werkstück
wird während der Bearbeitung unter dem Werkzeug (Bürste) verschoben. Hierzu ist eine
Transporteinrichtung für das Werkstück nötig. Dazu können Rollen 30 (Fig. 3) dienen,
die das Werkstück zum Halten auf den Tisch 33 pressen und, sofern ein Rollenantrieb
31 vorgesehen ist, transportieren. Vorteilhaft stehen diesen Rollen 30 Gegenrollen
32 zur Bildung von Transportrollen-Paaren gegenüber. Der Abstand der Walzenpaare muß
kleiner sein als die WerkstUcklänge, weshalb die Rollen 30 vorteilhaft in Aussparungen
34 der Bürste 35 angeordnet werden. Die Aussparungen sind dabei so groß gewählt, daß
die Schwingkreisbewegung der Bürste durch die Rollen nicht behindert wird. Bei hinreichend
geringem Rollenabstand können sowohl lange wie kurze Werkstücke ohne Umrüstung an
der gleichen Vorrichtung bearbeitet werden.
[0015] Zur Erprobung geeigneter Bürsten wurden zunächst unter dem Namen "Feilbürsten" handelsübliche
Stahldrahtbürsten verwendet, deren Borsten etwa 0,2 mm Durchmesser und etwa 5 mm freie
Borstenlänge bei einer Besatzdichte von etwa 2 % besitzen. Derartige Bürsten zeigen
zwar bereits eine erhebliche Entgratung und Umformung der Kanten gestanzter Bleche,
jedoch weisen die Kanten Riefen auf. Das Arbeitsergebnis kann verbessert werden, wenn
die Packung der Stahlborsten erheblich dichter gewählt wird, z.B. zu 60 % Besatzdichte.
Man kann aber aus den genannten handelsüblichen Bürsten auch dadurch geeignete Bürsten
für das Verfahren herstellen, daß die Zwischenräume mit einer Elastomermasse ausgegossen
werden. Beim Betrieb wird die Elastomermasse an der Oberfläche ausgerieben und es
entsteht die in Fig. 4 gezeigte Struktur, bei der die Drähte 40, die mittels eines
Tragkörpers 41 am BürstenrUcken 42 befestigt sind, etwa einen Millimeter aus der Elastomerschicht
43 herausragen.
[0016] Mit einer durch einen derartigen Elastomer-Verguß stabilisierte Strahldrahtbürste
(Grundfläche 6 x 6 cm), deren Borsten eine Dicke von etwa 0,08 mm und eine Länge von
ca. 15 mm bei einer Besatzdichte von etwa 7 % besitzen, wurden gestanzte Tiefziehbleche
8 x 8 cm mit künstlichen Graten verschiedener Stärke als Prüfkörper behandelt. Dazu
wurde die Bürste als "Schleifschuh" auf einen Schwingschleifer (Frequenz etwa 50 Hz,
Amplitude etwa 4 mm) gespannt. Nach einer kurzen Einlaufzeit betrug die Länge der
frei aus dem Elastomer-VerguB herausstehenden Drahtborstenenden etwa 1 mm. An den
Kanten wurde eine Materialabtragung von etwa 0,1 mm innerhalb 30 sec. erzielt. Die
Oberfläche der Kanten war praktisch riefenfrei.
[0017] Ferner wurden Borsten verwendet, wie sie bei sogenannten "flexiblen Schleifahlen"
verwendet werden. Derartige Bürsten sind bisher nur in Flaschenbürsten-Form erhältlich
(Fig. 5). Sie besitzen z.B. Borsten 50 aus Polyamid mit etwa 1 mm Durchmesser und
einer freien Borstenlänge von etwa 10 mm. An ihrem Ende sind Schleifkugeln 51 mit
etwa 4 mm Durchmesser befestigt, die aus einem Siliziumkarbid der Körnung 320, das
mit Kunstharz gebunden ist, bestehen. Die Besatzdichte beträgt etwa 30 %. Eine derartige
Walzenbürste wurde fest eingespannt und das Werkstück zur Simulierung des Arbeitsvorganges
auf einen Schwingschleifer befestigt. Die Relativbewegung zwischen den Borsten und
der Werkstückoberfläche entspricht dabei weitgehend der Bewegung beim erfindungsgemäßen
Verfahren. Das Werkstück zeigt nach der Behandlung eine gute Entgratung und Kantenverrundung.
Eine Bürste mit ebener Grundfläche, die nach diesem Prinzip aufgebaut ist (Fig. 5),
ist daher für ein derartiges Verfahren ebenfalls geeignet.
[0018] Auch mit Borsten aus Polyamid und darin eingebettetem Siliziumkarbid-Schleifkörnern
der Körnung 120, wie sie bei handelsüblichen Walzen-Schleifbürsten verwendet werden,
kann durch entsprechend hohe Besatzdichte ein gutes Arbeitsergebnis erzeugt werden.
Zur Erprobung wurde loses Borstenmaterial derartiger Schleifbürsten mit einer Borstenlänge
von etwa 1 cm auf einer 6 x 6 cm großen Fläche zu einer Packungsdichte von 60 % dicht
gepackt und mit einem Tragkörper verklebt. Fig. 6 zeigt die Strüktur, bei der auf
dem Tragkörper 60 die Borsten 61 mittels einer Schicht 62 aus geschmolzenem Borstenmaterial
befestigt sind. Diese Art der Befestigung, bei der auf Haltebänder verzichtet wird,
ermöglicht die angestrebte hohe Packung. Bei der Behaadlung der er- wähnten Probekörper
aus gestanzten Tiefziehblechen mit einer derartigen Bürste wurde nachgewiesen, daß
bereits nach 30 sec. die feinsten Stanzgrate und messerscharfen Kanten soweit entschärft
sind, daß die Schnittverletzungsgefahr beseitigt ist.
[0019] Um das gleiche Arbeitsergebnis mit einer Vorrichtung, die 4 schnell rotierende Bürsten
enthält, er- zielen, muß Werkstück zwar nur eine erheblich kürzere (etwa um den Faktor
10 kleinere) Zeit be- arbeitet werden als beim Verfahren gemäß der Erfindung. Während
nämlich beim Verfahren nach der Erfindung die Boroten die Kanten abreiben, schlageen
die Borten rotierender Walzenbürsten gegen die Kanten. Jedoch sind hierbei 4 Bearbeitungsschritte
(4 nacheinander angeordnete, um verchiedene Rotationsachsen rotierende Bürsten) anstelle
eines einzigen Be- arbeitungsschrittes nötig. Die hohe Leistungsfähigkeit von Bürstmaschinen
mit rotierenden Walzenbürsten kann jedoch häufig nicht genutzt werden, so daß eine
einfachere und kostengüstigere "Schwingbürstmaschine" gemäß der Erfindung in den meisten
Fällen wirt- schaftlicher ist. Außerdem benötigt die Vorrichtung nach der Erfindung
nur wenig Platz und wenig Platz und kann daher auch in Längstaktmaschine und Fertigungsstraßen
eingesetzt werden, in denen für 3 Walzenbürsten kein Platz vorhanden wäre. Insbesondere
kann das Verfahren in Verbindung mit einem Vorschleifen angewendet wer- den. So können
z.B. die bei einem Brennschneiden entstehenden Schneidwülste mit einer Bandschleifmaschine
grob entfernt werden, wobei der Bandschleifmaschine eine Schwingbürst-Vorrichtung
nachgeschaltet ist, die die entstehenden Schleifgrate entfernt und die Kanten verrundet.
Dabei kann eine hohe Arbeitsgeschwindigkeit erreicht werden.
1. Verfahren zum Entgraten oder Verrunden der Kanten ebener Werkstücke, bei dem Borsten
in wechselnder Richtung über die Kanten geführt werden, dadurch gekennzeichnet, daß
die Borsten parallel zur Ebene der Werkstücke jeweils um getrennte Rotationsachsen
kreisend (Kreisschwingung) über die Werkstück-Oberfläche geführt werden.
2. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch
einen Spanntisch zum Halten des ebenen Werkstücks, einer Bürste mit ebener, dem Spanntisch
gegenüberstehenden Grundfläche und auf der Grundfläche senkrecht stehenden, auf das
Werkstück gerichteten Borsten, deren freie Enden nur geringfügig seitlich bewegbar
sind, und einem Antrieb für eine parallel zur Werkstückebene exzentrisch kreisende
Bewegung (Kreisschwingung) der Bürste.
3. Vorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet , daß die seitliche Bewegbarkeit
der freien Borstenenden durch eine dichte Packung der Borsten beschränkt ist.
4. Vorrichtung nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet , daß die Borsten aus
Stahl sind.
5. Vorrichtung nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet , daß die Borsten aus
Kunststoff mit eingelagerten Schleifmitteln bestehen.
6. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 2 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Zwischenraum
zwischen den Borsten von einer plastischen oder elastischen Füllmasse ausgefüllt ist.
7. Vorrichtung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß in die FUllmasse Schleifmitteln
eingelagert sind.
8. Vorrichtung nach einem der AnsprUche 2 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß der Abstand
zwischen Bürste und Spanntisch verstellbar ist.
9. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 2 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß das Werkstück
von Rollen auf dem Spanntisch gehalten wird.
10. Vorrichtung nach Anspruch 9 , dadurch gekennzeichnet, daß die Rollen in Aussparungen
der Bürsten angeordnet sind.
11. Vorrichtung nach Anspruch 9. oder 10, d a - durch gekennzeichnet, daß das Werkstück
von den Rollen und gegenüberstehenden Gegenrollen transportiert wird.
12. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 2 bis 11, dadurch gekennzeichnet, daß der
Antrieb mehrere synchron angetriebene Exzenter enthält.