(19)
(11) EP 0 006 552 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
09.01.1980  Patentblatt  1980/01

(21) Anmeldenummer: 79101964.9

(22) Anmeldetag:  15.06.1979
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3D04H 1/42
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT DE FR GB IT NL

(30) Priorität: 24.06.1978 DE 2827804

(71) Anmelder: HOECHST AKTIENGESELLSCHAFT
65926 Frankfurt am Main (DE)

(72) Erfinder:
  • Holst, Arno, Dr.
    D-6200 Wiesbaden (DE)
  • Mayer, Reinhart
    D-8420 Kelheim (DE)
  • Fischer, Wilhelm, Dr.
    D-6780 Pirmasens (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verwendung von modifizierten Cellulosehydratfasern bei der Herstellung gebundener Faservliese und derart hergestellte Produkte


    (57) Die Erfindung betrifft die Verwendung von Fasern aus durch mindestens eine organische, polymere Verbindung modifiziertem Cellulosehydrat bei der Herstellung von wasserdampfaufnahmefähigen gebundenen Faservliesen allein oder im Gemisch mit synthetischen, natürlichen oder regenerierten Fasern. Das Modifizierungsmittel wird zweckmässig der Viskose oder einer damit vergleichbaren Stufe vor der Formgebung zur Faser zugesetzt und ist insbesondere ein Polysaccharid, ein Polysaccharidderivat oder ein Acryl-oder Methacrylpolymeres. Die Erfindung betrifft auch ein derart erzeugtes wasserdampfaufnahmefähiges gebundenes Faservlies.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft die Verwendung von Fasern aus modifiziertem Cellulosehydrat bei der Herstellung von wasserdampfaufnahmefähigen gebundenen Faservliesen und derart hergestellte Produkte.

    [0002] Gebundene Faservliese, d. h. durch chemische Bindemittel gebundene Faservliese, sind für verschiedene technische Anwendungsgebiete von Interesse, dazu zählen ihre substituierenden Anwendungen vor allem für Leder oder bestimmte Textilien auf deren Anwendungsgebieten, z. B. für Schuhe, (Schuhobermaterial, Futter, Sohlen), Täschnerwaren, Polsterbezüge, Oberbekleidung ("Leder-" und Allwetterkleidung) oder für Textilien bzw. Haushaltshilfsmittel (Tischdecken, Fenster-"Leder", Wischtücher), aber auch ihre kombinierten oder ergänzenden Anwendungen mit den auf diesen Gebieten außer den Vliesen verwendbaren Materialien wie Leder oder Textilien. Der Einsatz von gebundenen Vliesen auf diesen Gebieten ist seit längerer Zeit bekannt.

    [0003] Die Herstellung von Fasern aus modifiziertem Cellulosehydrat ist an sich bekannt, beispielsweise aus:

    - der DE-OS 26 38 654, in der beschrieben wird, daß man aus Cellulose-xanthogenat durch Auflösen in wäßriger Natronlauge und Reifenlassen der Lösung eine viskose



    [0004] Spinnlösung herstellt, der Spinnlösung 5 bis 20 Gew.-% wasserlösliche Natrium-carboxymethylcellulose zusetzt, diese derart modifizierte Spinnlösung in ein saures Spinnbad spinnt und abschließend die entstandenen Fäden reinigt, gegebenenfalls teilvernetzt und trocknet;

    - der DE-OS 26 34 994, in der eine Cellulosefaser mit eingelagertem Acrylpolymerisat beschrieben wird, die dadurch hergestellt wird, daß die Cellulosefaser aus einer Viskoselösung, in die in einer Menge von 2 bis 30 Gew.-%, bezogen auf die Cellulose, ein Copolymerisat aus Acrylsäure und Methacrylsäure eingemischt ist, regeneriert wird;

    - der DE-AS 23 24 589, in der eine trockene alkalische Mischfaser beschrieben wird, die so hergestellt wird, daß man eine überwiegende Menge einer faserbildenden Viskose mit dem Alkalisalz einer Polyacrylsäure mischt, die Mischung zu Fasern verformt, die Fasern koaguliert und regeneriert und die Fasern in alkalischem Zustand trocknet (siehe auch FR-OS 22 16 387),

    - der US-PS 4 063 558, in der Fasern aus einer Matrix aus regenerierter Cellulose beschrieben werden, die ein Alkalimetallsalz der Alginsäure in feiner Verteilung innerhalb dieser Matrix enthalten.



    [0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Verwendung derartig modifizierter Cellulosehydratfasern vorzuschlagen, in der diese ihre charakteristischen Eigenschaften zur Geltung bringen können. Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch die Verwendung von Fasern aus durch eine organische, polymere Verbindung modifiziertem Cellulosehydrat bei der Herstellung von wasserdampfaufnahmefähigen gebundenen Faservliesen allein oder im Gemisch mit synthetischen, natürlichen oder regenerierten Fasern.

    [0006] Zur Herstellung von wasserdampfaufnahmefähigen gebundenen Faservliesen wird auf die DE-OS 27 10 874 verwiesen. Als Methoden zur Vliesherstellung seien Krempelvliese, auf pneumatischem Wege gewonnene Vliese, Spinnvliese oder Vliese, die auf nassem Wege z. B. in einer Papiermaschine hergestellt werden, genannt. Der Basisbestandteil der erfindungsgemäßen Vliese können synthetische, natürliche oder regenerierte Fasern sein, insbesondere aus Polyester, Polyamid, Polyacrylnitril, Polyvinylchlorid, -acetat, -alkohol, Baumwolle, Zellwolle, Kollagen, regenerierter Cellulose, Polyurethan oder deren Mischungen. Zu diesen Fasern werden vor oder während der Vliesherstellung die Fasern aus modifiziertem Cellulosehydrat zugesetzt und darin gleichmäßig eingearbeitet. Es besteht auch die Möglichkeit einer alleinigen Verwendung der Fasern aus modifiziertem Cellulosehydrat bei der Vliesherstellung. Das Binden der Fasern oder des Fasergemisches kann dann beispielsweise durch Tauch-Imprägnierung oder durch Behandlung auf einer Matrix ausgeführt werden. Als Bindemittel werden meist Syntheselatex, Polyurethan oder Polyurethanvorstufen oder Polyacrylate verwendet. Genauere Einzelheiten siehe in der eingangs erwähnten DE-OS 27 10 874.

    [0007] Als Fasern für die erfindungsgemäße Verwendung kommen insbesondere solche in Frage, bei denen bei ihrer Herstellung das Modifizierungsmittel der Viskose oder einer damit vergleichbaren Stufe vor der Formgebung (der Regenerierung) zur Faser zugesetzt wird. Dieses Modifizierungsmittel wird, sofern es wasserlöslich und alkalilöslich ist, erst kurz vor der Spinndüse zugemischt oder, sofern es wasser- und alkaliunlöslich ist, bereits vor der Xanthogenierung der Cellulose. Als Modifizierungsmittel kommen vorzugsweise zum Einsatz: organische Polymere wie wasser- und/oder alkalilösliche oder wasser- und/oder alkaliunlösliche natürliche oder synthetische Polysaccharide oder Polysaccharidderivate auf der Basis von Stärke, Cellulose, Guar, Alginsäure und Alginaten, Galactomannanen, Arabinogalactanen oder Pectinen (siehe beispielsweise A.A.Lawrence "Edible Gums and Related Substances", Noyes Data Corp., Park Ridge / New Jersey, 1973), insbesondere sind dies Celluloseether wie CMC, HEC, MC, EC oder deren Mischether, entsprechende Stärke- oder Guarether und Alginate; Acrylpolymere, Methacrylpolymere oder deren Mischpolymere, insbesondere Polyacrylsäure, Polymethacrylsäure, teilhydrolysierte Polyacrylamide, teilhydrolysierte Polyacrylnitrile oder die entsprechenden Salzformen.

    [0008] Sollen die erfindungsgemäßen gebundenen Vliese insbesondere auf den Anwendungsgebieten im Bereich der Schuhindustrie, beispielsweise als Trägermaterial für synthetische Oberleder eingesetzt werden, so kann die Beschichtung in einem Arbeitsgang mit dem Binden des Vlieses vorgenommen werden - insbesondere nach dem weiter oben beschriebenen Verfahren des Aufbringens des Beschichtungs- und/oder Bindemittels auf eine Matrix - oder aber durch Beschichtung des bereits gebundenen Vlieses; diese Beschichtungsverfahren sind allgemein bekannt und werden beispielsweise im Kunststoffhandbuch, Band VII, "Polyurethane", von R. Vieweg und A. Höchtlen, Carl Hanser Verlag, München (1966) oder Band II (Teile 1 und 2), "Polyvinylchlorid", von K. Krekeler und G. Wick, Carl Hanser Verlag, München (1963) beschrieben.

    [0009] Die erfindungsgemäßen Vliese weisen eine gute Fähigkeit zur Wasserdampfaufnahme und zur -durchlässigkeit auf, die über einen reinen Transporteffekt der eingearbeiteten Fasern aus modifiziertem Cellulosehydrat hinausgeht. Darüber hinaus sind die Vliese auch dazu in der Lage, den aufgenommenen Wasserdampf unter bestimmten Bedingungen, beispielsweise Aufenthalt in einem andersartigen Klima, wieder abzugeben.

    [0010] Da die genannten Eigenschaften der gebundenen Vliese nicht allein auf dem signifikant nachweisbaren Effekt durch den Zusatz der Fasern aus modifiziertem Cellulosehydrat beruhen, sondern u. a. auch von der Stärke der Vliese abhängig sind, werden diese zweckmäßig in einer Stärke von etwa 0,1 bis 5 mm hergestellt oder auf diese Stärke gespalten.

    [0011] Die erfindungsgemäßen gebundenen Vliese mit den genannten Eigenschaften sind beispielsweise als selbsttragendes Vlies (z. B. als Schuhfutter, Einlegesohle) oder als Träger für Beschichtungen mit synthetischen Materialien zur Verwendung als Schuhobermaterial, Polsterbezüge, Täschnerwaren und Oberbekleidung ("Leder"- und Allwetterkleidung) geeignet, insbesondere als Träger für Beschichtungen zu einem Syntheseleder.

    [0012] Unter den in den folgenden Beispielen zur Charakterisierung der erfindungsgemäßen Vliese verwendeten Parametern ist folgendes zu verstehen:

    WDA Die Wasserdampfaufnahme wird über den Gewichtsverlust einer unter den Bedingungen nach DIN 53 304 (Ausgabe vom Mai 1968) bei 102° C ± 2° C bis zur Gewichtskonstanz getrockneten Probe, bezogen auf das ursprüngliche Gewicht, ermittelt. Dabei wird zunächst die Probe im Anlieferungszustand sofort nach Entnahme aus einem wasserdampfdichten Behälter auf 0,001 g genau gewogen. Die Probestücke werden dann im Wärmeschrank hängend bei 102° C ± 2° C während 15 h getrocknet und nach dem Abkühlen auf Raumtemperatur ebenfalls auf 0,001 g genau gewogen. Um die Wasserdampfaufnahmefähigkeit von Proben unter verschiedenen Bedingungen ausprüfen zu können, werden die jeweiligen Proben in verschiedene Klimata gehängt und nach bestimmten Zeiten werden die Proben entnommen und dann deren Wasserdampfaufnahme in Gew.-%, bezogen auf ihr Anfangsgewicht zu Beginn der jeweiligen Messung, ermittelt.



    [0013] Die Prozentangaben sind als Gew.-% zu verstehen.

    Beispiel 1



    [0014] Es werden 80 g des Na-Salzes der Polyacrylsäure in 1 ltr. einer 5 %igen wäßrigen NaOH-Lösung gelöst und vor der Spinndüse über eine Dosierpumpe in die Viskose enthaltende Leitung einer Cellulosehydratfaser-Herstellungsanlage gegeben. Die derart modifizierte Viskose wird wie üblich versponnen,

    [0015] weiterbehandelt und konfektioniert. Die Gewichtsteile Cellulosehydrat zu Na-Salz der Polyacrylsäure verhalten sich wie 2,33 zu 1.

    [0016] Von diesen modifizierten Cellulosehydratfasern (3,6 dtex, 30 mm lang) werden 15 % mit 85 % einer Polyesterfaser (1,7 dtex, 40 mm lang) gewolft und über eine Mischkammer gegeben, das Gemisch wird abschließend gekrempelt, genadelt und das entstandene Vlies mit einer Perbunan-Latex so gebunden, daß der Binderanteil im gebundenen Vlies etwa 50 % beträgt.

    Beispiel 2



    [0017] Es wird nach den Angaben des Beispiels 1 verfahren, aber mit 90 g eines teilverseiften Polyacrylnitrils als Modifizierungsmittel und bei einem Gewichtsverhältnis von Cellulosehydrat zu Modifizierungsmittel wie 7,33 zu 1.

    Beispiel 3



    [0018] Es wird nach den Angaben des Beispiels 1 verfahren, aber mit 100 g des Na-Salzes der Carboxymethylcellulose als Modifizierungsmittel und bei einem Gewichtsverhältnis von Cellulosehydrat zu Modifizierungsmittel wie 3,17 zu 1.

    Beispiel 4



    [0019] Es wird nach den Angaben des Beispiels 1 verfahren, aber mit 25 % der modifizierten Cellulosehydratfasern und 75 % der Polyesterfasern.

    Beispiel 5



    [0020] Es wird nach den Angaben des Beispiels 2 verfahren, aber mit 25 % der modifizierten Cellulosehydratfasern und 75 % der Polyesterfasern.

    Beispiel 6



    [0021] Die nach den Angaben des Beispiels 1 hergestellten modifizierten Cellulosehydratfasern werden ohne vorherige Abmischung mit einer unmodifizierten Faser gebunden.

    [0022] In der folgenden Tabelle werden die gebundenen Vliese der Beispiele 1 bis 6 in ihrer Wasserdampfaufnahmefähigkeit mit einem gebundenen Vlies (100 % Polyesterfasern, 1,7 dtex, 40 mm lang) verglichen, das keine modifizierten Cellulosehydratfasern (Vergleichsbeispiel V 1) enthält. WDA95 bedeutet, daß die Probe bei einer Temperatur von 23° C ausgehend von einer relativen Feuchte von 50 % über einen bestimmten Zeitraum (4 oder 8 Std.) einer relativen Feuchte von 95 % ausgesetzt wird, WDA91 bedeutet dann entsprechend eine relative Feuchte von 91 %.

    [0023] 




    Ansprüche

    1. Verwendung von Fasern aus durch mindestens eine organische, polymere Verbindung modifiziertem Cellulosehydrat bei der Herstellung von wasserdampfaufnahmefähigen gebundenen Faservliesen allein oder im Gemisch mit synthetischen, natürlichen oder regenerierten Fasern.
     
    2. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß bei der Herstellung der Fasern aus modifiziertem Cellulosehydrat das Modifizierungsmittel der Viskose oder einer damit vergleichbaren Stufe vor der Formgebung zur Faser zugesetzt wird.
     
    3. Verwendung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Modifizierungsmittel ein Polysaccharid, ein Polysaccharidderivat Jder ein Acryl- oder Mecthacrylpoiymeres ist.
     
    4. Verwendung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Modifizierungsmittel ein Cellulose-, Stärke- oder Guarether oder ein Alginat ist.
     
    5. Verwendung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Modifizierungsmittel Polyacrylsäure, Polymethacrylsäure, ein teilhydrolysiertes Polyacrylamid, ein teilhydrolysiertes Polyacrylnitril oder eine entsprechende Salzform ist.
     
    6. Wasserdampfaufnahmefähiges gebundenes Faservlies enthaltend Fasern aus durch mindestens eine organische, polymere Verbindung modifiziertem Cellulosehydrat allein oder im Gemisch mit synthetischen, natürlichen oder regenerierten Fasern.
     





    Recherchenbericht