(19)
(11) EP 0 010 254 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
30.04.1980  Patentblatt  1980/09

(21) Anmeldenummer: 79103882.1

(22) Anmeldetag:  10.10.1979
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3F01K 17/02, F01K 7/22
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE FR IT NL SE

(30) Priorität: 13.10.1978 DE 2844742

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
D-65189 Wiesbaden (DE)

(72) Erfinder:
  • Pocrnja, Anton
    D-8000 München 80 (DE)
  • Bolkart, Alfred
    D-8000 München 2 (DE)
  • Dworschak, Josef
    D-8000 München 21 (DE)

(74) Vertreter: Schaefer, Gerhard, Dr. 
Linde Aktiengesellschaft Zentrale Patentabteilung
D-82049 Höllriegelskreuth
D-82049 Höllriegelskreuth (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Gewinnung von elektrischer Energie in einem Gegendruckdampfsystem


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewinnung von elektrischer Energie in einem Gegendruckdampfsystem, bei dem Wasserdampf arbeitsleistend entspannt wird. Als Gegendruckdampfsysteme werden hierbei Kraftanlagen bezeichnet, die zur gleichzeitigen Deckung des Kraftund Wärmebedarfs einerAnlage dienen. Bei kraftintensiven Industriezweigen kann der Bedarf an elektrischer Energie durch eine Anlage der erläuterten Art nicht vollständig gedeckt werden. Um in einem Gegendruckdampsystem das Kraft-Wärmeverhältnis zu erhöhen wird erfindungsgemäß der Dampf eines der vorhandenen Druckniveaus 15 vor der arbeitsleistenden Entspannung 5 zunächst durch Wärmetausch 3 mit entspanntem Dampf und anschließend mit Fremdwärme 4 im wesentlichen isobar erhitzt und nach der Entspannung 5 auf eines der vorhandenen tiefergelegenen Druckniveaus 16 im wesentlichen isobar gekühlt 3,6.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewinnung von Energie in einem Gegendruckdampfsystem, bei dem Wasserdampf arbeitsleistend entspannt wird.

    [0002] Als Gegendruckdampfsystemewerden hierbei Kraftanlagen bezeichnet, die zur gleichzeitigen Deckung des Kraft- und Wärmebedarfs dienen und eine umfassende Ausnutzung der Brennstoffwärme ermöglichen. In derartigen Systemen dient der in einem Dampfkessel erzeugte Wasserdampf hohen Druckes und hoher Temperatur zunächst dem Antrieb einer Hochdruckturbine, in der der Dampf in-eine erste Dampfschiene auf eine geforderte Temperatur oder ein benötigtes Druckniveau entspannt wird. Aus dieser Dampfschiene kann nach bekannten Verfahren Dampf sowohl zur Deckung des Wärmebedarfs der Anlage abgezogen als auch in einer Turbine in eine andere Dampfschiene mit einem niedrigeren Druckniveau entspannt werden.

    [0003] Anlagen der angegebenen Art sind in "Linde-Berichte aus Technik und Wissenschaft" 38, 1976, Seiten 3 bis 8 beschrieben.

    [0004] Bei kraftintensiven Industriezweigen kann der Bedarf an elektrischer oder auch mechanischer Energie durch eine Anlage der erläuterten Art nicht vollständig gedeckt werden. Dies ist beispielsweise bei dem Dampfsystemen der im obengenannten Artikel beschriebenen Olefin- und Ammoniakanlagen der Fall. Es ist daher erforderlich, zusätzlich Strom oder mechanische Energie in einem reinen Kraft-Prozess mit verhältnismäßig unbefriedigender Primärenergieausnutzung zu erzeugen oder teuren Fremdstrom zu beziehen.

    [0005] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem in einem Gegendruckdampfsystem der beschriebenen Art das Kraft-Wärmeverhältnis erhöht werden kann.

    [0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß der Dampf eines der vorhandenen Druckniveaus vor der arbeitsleistenden Entspannung zunächst durch Wärmetausch mit entspanntem Dampf und anschließend mit Fremdwärme im wesentlichen isobar erhitzt und nach der Entspannung auf eines der vorhandenen tiefer gelegenen Druckniveaus im wesentlichen isobar gekühlt wird.

    [0007] Wurde nach den bekannten Verfahren Dampf einer Dampfschiene einfach über eine Turbine auf eine Dampfschiene eines niedrigeren Druckniveaus entspannt, so wird der Dampf erfindungsgemäß zunächst rekuperativ durch Wärme des entspannten Dampfes und anschließend mit Fremdwärme, z.B. in einem brennstoffbefeuerten Erhitzer, nacherhitzt'und erst dann, gegebenenfalls in mehreren Stufen, entspannt. Diesen Verfahrensschritten kann der Dampf jedes beliebigen der vorhandenen Druckniveaus unterzogen werden. Auf diese Weise wird der Anteil der in den Turbinen erzeugten mechanischen Energie und damit das Kraft-Wärmeverhältnis erhöht. Dabei ist die Ausnutzung der Primärenergie für die Bereitstellung der Fremdwärme der bisherigen Zusatzstromerzeugung weit überlegen. Durch die rekuperative Erhitzung wird der Dampf auf eine relativ hohes Temperaturniveau gehoben, so daß die Fremdwärme, die dem Dampf nachfolgend zugeführt wird, optimal genutzt, d.h. auf sehr hohem Temperaturniveau aufgenommen wird. Da die Energieausbeute der zusätzlichen Energieerzeugung mit wachsender Temperatur des Dampfes vor der Entspannung steigt, ist eine möglichst hohe Temperatur des Dampfes wünschenswert. Die im Erhitzer erzielbare höchste Temperatur ist nur durch die Materialeigenschaften des Erhitzers begrenzt. Ein weiterer Vorteil der rekuperativen Erhitzung ist darin zu sehen, daß mit steigender Temperatur der Wärmequelle, durch die die Fremdwärme bereitgestellt wird, auch die Temperatur des der Wärmequelle zugeführten Dampfes wächst und somit die Wärme der Wärmequelle in allen Temperaturbereichen optimal genutzt wird. Bei einem idealen Gas und bei beliebig kleinen Temperaturdifferenzen beim rekuperativen Wärmetausch wäre die abgegebene Turbinenleistung gleich der aufgenommenen Fremdwärme.

    [0008] Die zusätzliche Energie des erfindungsgemäßen Verfahrens wird also mit einem wesentlich besseren Wirkungsgrad erzeugt, als etwa die durch einen reinen Kraft-Prozess bereitge- stellte Energie.

    [0009] Der entspannte Dampf besitzt nach der isobaren Kühlung noch immer einen höheren Wärmeinhalt als z.B. der nach einem konventionellen Verfahren nur in einer Turbine entspannte Dampf. Daher kann nach einer vorteilhaften Ausgestaltung des Erfindungsgedankens dieser Wärmeüberschuß zur Erwärmung eines Wärmeabnehmers verwendet werden. Als Wärmeabnehmer kann das zu erhitzende Arbeitsmedium eines zusätzlichen Karftprozesses dienen. Es ist aber von Vorteil, den Wärmeüberschußizur Speisewasservorwärmung des Gegendruckdampfsystems selbst heranzuziehen, da sich dann für das Zusatzverfahren unter Berücksichtigung der Verluste im Erhitzer ein Wirkungsgrad von 0,9 ergibt. In einer alternativen Verfahrensweise kann - mit dem gleichen Wirkungsgrad für das Zusatzverfahren - der Dampfdurchsatz des Gegendruckdampfsystemes reduziert werden. Schließlich ist es mögliche den Wärmeüberschuß des entspannten und isobar gekühlten Dampfes direkt in eine Dampfschiene niedrigeren Druckniveaus zu leiten, d.h. den isobar gekühlten Dampf ohne weitere Kühlung mit einem Wärmeabnehmer direkt in diese Dampfschiene einzuspeisen.

    [0010] Insgesamt kann festgestellt werden, daß das erfindungsgemäße Verfahren die Erhöhung des Kraft-Wärmeverhältnisses innerhalb des Gegendruckbetriebes mit einem wesentlich besseren Wirkungsgrad als in konventionellen Verfahren ermöglicht. Wie beschrieben, ist der hohe Wirkungsgrad auf die dem höheren Temperaturniveau des Dampfres vor der Entspannung entsprechende höhere spezifische Energieerzeugung bzw. auf die Verringerung der erforderlichen Fremdwärme zurückzuführen. Werden in einer Anlage, die nach dem vorgeschlagenen Verfahren arbeiten, Kondensationsturbinen eingesetzt, verringert sich darüber hinaus im Vergleich zu herkömmlichen Anlagen mit Kondensationsturbinen die Kühlwassermenge, da infolge des erhöhten Kraft-Wärmeverhältnisses des Gegendruckbetriebes die Dampfmenge für die Kondensationsturbinen reduziert werden kann.

    [0011] Anhand einer schematischen Skizze soll im folgenden ein Ausführungsbeispiel einer Anlage beschrieben und erläutert wer der, die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren arbeitet.

    [0012] Der Übersichtlichkeit halber sind lediglich zwei Dampfschienen, eine Mitteldruckdampfschiene 15 und eine Niederdruckdampfschiene 16 dargestellt. Die Zahl der Dampfschienen ist aber nicht auf zwei begrenzt.

    [0013] Der Dampf des dargestellten Gegendruckdampfsystems wird in einem Verdampfer 1 erzeugt, in einer Hochdruckturbine 2 auf einen Druck von z.B. 39,2 105/m2 entspannt und mit einer Temperatur von 642 K in die Mitteldruckdampfschiene eingespeist. In herkömmlichen Verfahren wurde der Dampf dieser Schiene, soweit er nicht von Wärmeabnehmern 11 verbraucht wurde, über eine Turbine direkt in die Niederdruckdampfschiene 16 entspannt. Erfindungsgemäß wird der Dampf jedoch zunächst im wesentlichen isobar erhitzt. Dazu dient ein Rekuperator 3, in dem ein Teil des Dampfes der Mitteldruckdampfschiene auf eine Temperatur von 770 K erhitzt, und ein brennstoffbefeuerter Erhitzer 4, in dem die Dampftemperatur auf 993 K gehoben wird. Der Dampf dieses hohen Temperaturniveaus wird in einer an den Erhitzer angeschlossenen Turbine 5 auf den Druck der Schiene 16 mit beispielsweise 9,8 105 N/m2 entspannt und zur isobaren Kühlung im Wärmetausch mit anzuwärmendem Dampf über Leitung 8 in den Rekuperator 3 eingeleitet. Die Temperatur des mit 791 K aus der Turbine austretenden Dampfes sinkt im Rekuperator 3 auf 653 K. Dieser Dampf besitzt im Vergleich mit der konventionellen Lösung einen höheren Wärmeinhalt. Dieser Wärmeüberschuß wird im dargestellten Ausführungsbeispiel im Wärmetausch mit Speisewasser für den Verdampfer 1 abgeführt. Dazu ist der Rekuperator 3 mit einem Wärmetauscher 6 verbunden, aus dem der Dampf mit 494 K aus- und in die Niederdruckdampfschiene 16 eintritt. Das Speisewasser wird dem Wärmetauscher 6 über eine Leitung 14, die von der Leitung 17 für die Kondensatrückführung abzweigt, zugeleitet und anschließend wieder in Leitung 17 eingespeist. Der Dampf der Niederdruckdampfschiene 16 wird Niederdruck-Prozessdampf-Verbrauchern 10 zugeführt und kondensiert. Eine der Zahl der Dampfschienen entsprechende Zahl an Pumpen 12,13 erhöht den Druck des Kondensates und versorgt den Dampfkessel 1 mit Speisewasser. i

    [0014] In der folgenden Tabelle 1 sind Temperatur, Druck, spezifische Enthalpie und spezifische Entropie des Dampfes für das beschriebene Ausführungsbeispiel an den in der Skizze mit Buchstaben a bis f bezeichneten Stellen angegeben.

    [0015] In der Tabelle 2 sind die spezifischen Verbrauchszahlen bzw. Leistungen des dargestellten Verfahrensbeispiels aufgeführt.

    [0016] Wurde bei der konventionellen Lösung Dampf über eine zwischen die Dampfschienen 15 und 16 geschaltete Turbine entspannt, so konnte dieser Turbine pro kg Dampf eine Energie von 266 kJ entnommen werden. Erfindungsgemäß wird der Dampf der Mitteldruckdampfschiene erhitzt. Dazu werden im Erhitzer 4 514 kJ pro kg Dampf übertragen. Im Rekuperator 6 werden davon 345 kJ pro kg rückgewonnen, so daß sich ein Mehrverbrauch von 169 kJ pro kg Dampf ergibt, da die im Rekuperator rückgewonnene Wärme Brennstoffwärme für den Verdampfer 1 ersetzt. Gegenüber der konventionellen Lösung liefert die Turbine pro kg Dampf 169 kJ (ohne Berücksbhtigung des Erhitzerwirkungsgrades) mehr Energie. Der Wirkungsgrad des Zusatzverfahrens ist somit 1 bzw. 0,9, wenn der Erhitzerwirkungsgrad, der für den Verdampfer 1 und den Erhitzer 4 gleich sein soll, berücksichtigt wird.






    Ansprüche

    1. Verfahren zur Gewinnung von elektrischer Energie in einem Gegendruckdampfsystem, bei dem Wasserdampf arbeitsleistend entspannt wird, dadurch gekennzeichnet, daß Dampf eines der vorhandenen Druckniveaus vor der arbeitsleistenden Entspannung zunächst durch Wärmetausch mit entspanntem Dampf und anschließend mit Fremdwärme im wesentlichen isobar erhitzt und nach der Entspannung auf eines der vorhandenen tiefer gelegenen Druckniveaus im wesentlichen isobar gekühlt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der entspannte und isobar gekühlte Dampf durch einen Wärmeabnehmer auf die Temperatur des tiefer gelegenen Druckniveaus gekühlt wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Wärmeabnehmer das Speisewasser für ein Dampfsystem ist.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht