[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewinnung von Energie in einem Gegendruckdampfsystem,
bei dem Wasserdampf arbeitsleistend entspannt wird.
[0002] Als Gegendruckdampfsystemewerden hierbei Kraftanlagen bezeichnet, die zur gleichzeitigen
Deckung des Kraft- und Wärmebedarfs dienen und eine umfassende Ausnutzung der Brennstoffwärme
ermöglichen. In derartigen Systemen dient der in einem Dampfkessel erzeugte Wasserdampf
hohen Druckes und hoher Temperatur zunächst dem Antrieb einer Hochdruckturbine, in
der der Dampf in-eine erste Dampfschiene auf eine geforderte Temperatur oder ein benötigtes
Druckniveau entspannt wird. Aus dieser Dampfschiene kann nach bekannten Verfahren
Dampf sowohl zur Deckung des Wärmebedarfs der Anlage abgezogen als auch in einer Turbine
in eine andere Dampfschiene mit einem niedrigeren Druckniveau entspannt werden.
[0003] Anlagen der angegebenen Art sind in "Linde-Berichte aus Technik und Wissenschaft"
38, 1976, Seiten 3 bis 8 beschrieben.
[0004] Bei kraftintensiven Industriezweigen kann der Bedarf an elektrischer oder auch mechanischer
Energie durch eine Anlage der erläuterten Art nicht vollständig gedeckt werden. Dies
ist beispielsweise bei dem Dampfsystemen der im obengenannten Artikel beschriebenen
Olefin- und Ammoniakanlagen der Fall. Es ist daher erforderlich, zusätzlich Strom
oder mechanische Energie in einem reinen Kraft-Prozess mit verhältnismäßig unbefriedigender
Primärenergieausnutzung zu erzeugen oder teuren Fremdstrom zu beziehen.
[0005] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zu entwickeln, mit
dem in einem Gegendruckdampfsystem der beschriebenen Art das Kraft-Wärmeverhältnis
erhöht werden kann.
[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß der Dampf eines der vorhandenen
Druckniveaus vor der arbeitsleistenden Entspannung zunächst durch Wärmetausch mit
entspanntem Dampf und anschließend mit Fremdwärme im wesentlichen isobar erhitzt und
nach der Entspannung auf eines der vorhandenen tiefer gelegenen Druckniveaus im wesentlichen
isobar gekühlt wird.
[0007] Wurde nach den bekannten Verfahren Dampf einer Dampfschiene einfach über eine Turbine
auf eine Dampfschiene eines niedrigeren Druckniveaus entspannt, so wird der Dampf
erfindungsgemäß zunächst rekuperativ durch Wärme des entspannten Dampfes und anschließend
mit Fremdwärme, z.B. in einem brennstoffbefeuerten Erhitzer, nacherhitzt'und erst
dann, gegebenenfalls in mehreren Stufen, entspannt. Diesen Verfahrensschritten kann
der Dampf jedes beliebigen der vorhandenen Druckniveaus unterzogen werden. Auf diese
Weise wird der Anteil der in den Turbinen erzeugten mechanischen Energie und damit
das Kraft-Wärmeverhältnis erhöht. Dabei ist die Ausnutzung der Primärenergie für die
Bereitstellung der Fremdwärme der bisherigen Zusatzstromerzeugung weit überlegen.
Durch die rekuperative Erhitzung wird der Dampf auf eine relativ hohes Temperaturniveau
gehoben, so daß die Fremdwärme, die dem Dampf nachfolgend zugeführt wird, optimal
genutzt, d.h. auf sehr hohem Temperaturniveau aufgenommen wird. Da die Energieausbeute
der zusätzlichen Energieerzeugung mit wachsender Temperatur des Dampfes vor der Entspannung
steigt, ist eine möglichst hohe Temperatur des Dampfes wünschenswert. Die im Erhitzer
erzielbare höchste Temperatur ist nur durch die Materialeigenschaften des Erhitzers
begrenzt. Ein weiterer Vorteil der rekuperativen Erhitzung ist darin zu sehen, daß
mit steigender Temperatur der Wärmequelle, durch die die Fremdwärme bereitgestellt
wird, auch die Temperatur des der Wärmequelle zugeführten Dampfes wächst und somit
die Wärme der Wärmequelle in allen Temperaturbereichen optimal genutzt wird. Bei einem
idealen Gas und bei beliebig kleinen Temperaturdifferenzen beim rekuperativen Wärmetausch
wäre die abgegebene Turbinenleistung gleich der aufgenommenen Fremdwärme.
[0008] Die zusätzliche Energie des erfindungsgemäßen Verfahrens wird also mit einem wesentlich
besseren Wirkungsgrad erzeugt, als etwa die durch einen reinen Kraft-Prozess bereitg
e- stellte Energie.
[0009] Der entspannte Dampf besitzt nach der isobaren Kühlung noch immer einen höheren Wärmeinhalt
als z.B. der nach einem konventionellen Verfahren nur in einer Turbine entspannte
Dampf. Daher kann nach einer vorteilhaften Ausgestaltung des Erfindungsgedankens dieser
Wärmeüberschuß zur Erwärmung eines Wärmeabnehmers verwendet werden. Als Wärmeabnehmer
kann das zu erhitzende Arbeitsmedium eines zusätzlichen Karftprozesses dienen. Es
ist aber von Vorteil, den Wärmeüberschußizur Speisewasservorwärmung des Gegendruckdampfsystems
selbst heranzuziehen, da sich dann für das Zusatzverfahren unter Berücksichtigung
der Verluste im Erhitzer ein Wirkungsgrad von 0,9 ergibt. In einer alternativen Verfahrensweise
kann - mit dem gleichen Wirkungsgrad für das Zusatzverfahren - der Dampfdurchsatz
des Gegendruckdampfsystemes reduziert werden. Schließlich ist es mögliche den Wärmeüberschuß
des entspannten und isobar gekühlten Dampfes direkt in eine Dampfschiene niedrigeren
Druckniveaus zu leiten, d.h. den isobar gekühlten Dampf ohne weitere Kühlung mit einem
Wärmeabnehmer direkt in diese Dampfschiene einzuspeisen.
[0010] Insgesamt kann festgestellt werden, daß das erfindungsgemäße Verfahren die Erhöhung
des Kraft-Wärmeverhältnisses innerhalb des Gegendruckbetriebes mit einem wesentlich
besseren Wirkungsgrad als in konventionellen Verfahren ermöglicht. Wie beschrieben,
ist der hohe Wirkungsgrad auf die dem höheren Temperaturniveau des Dampfres vor der
Entspannung entsprechende höhere spezifische Energieerzeugung bzw. auf die Verringerung
der erforderlichen Fremdwärme zurückzuführen. Werden in einer Anlage, die nach dem
vorgeschlagenen Verfahren arbeiten, Kondensationsturbinen eingesetzt, verringert sich
darüber hinaus im Vergleich zu herkömmlichen Anlagen mit Kondensationsturbinen die
Kühlwassermenge, da infolge des erhöhten Kraft-Wärmeverhältnisses des Gegendruckbetriebes
die Dampfmenge für die Kondensationsturbinen reduziert werden kann.
[0011] Anhand einer schematischen Skizze soll im folgenden ein Ausführungsbeispiel einer
Anlage beschrieben und erläutert wer der, die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren
arbeitet.
[0012] Der Übersichtlichkeit halber sind lediglich zwei Dampfschienen, eine Mitteldruckdampfschiene
15 und eine Niederdruckdampfschiene 16 dargestellt. Die Zahl der Dampfschienen ist
aber nicht auf zwei begrenzt.
[0013] Der Dampf des dargestellten Gegendruckdampfsystems wird in einem Verdampfer 1 erzeugt,
in einer Hochdruckturbine 2 auf einen Druck von z.B. 39,2 10
5/m
2 entspannt und mit einer Temperatur von 642 K in die Mitteldruckdampfschiene eingespeist.
In herkömmlichen Verfahren wurde der Dampf dieser Schiene, soweit er nicht von Wärmeabnehmern
11 verbraucht wurde, über eine Turbine direkt in die Niederdruckdampfschiene 16 entspannt.
Erfindungsgemäß wird der Dampf jedoch zunächst im wesentlichen isobar erhitzt. Dazu
dient ein Rekuperator 3, in dem ein Teil des Dampfes der Mitteldruckdampfschiene auf
eine Temperatur von 770 K erhitzt, und ein brennstoffbefeuerter Erhitzer 4, in dem
die Dampftemperatur auf 993 K gehoben wird. Der Dampf dieses hohen Temperaturniveaus
wird in einer an den Erhitzer angeschlossenen Turbine 5 auf den Druck der Schiene
16 mit beispielsweise 9,8 10
5 N/m
2 entspannt und zur isobaren Kühlung im Wärmetausch mit anzuwärmendem Dampf über Leitung
8 in den Rekuperator 3 eingeleitet. Die Temperatur des mit 791 K aus der Turbine austretenden
Dampfes sinkt im Rekuperator 3 auf 653 K. Dieser Dampf besitzt im Vergleich mit der
konventionellen Lösung einen höheren Wärmeinhalt. Dieser Wärmeüberschuß wird im dargestellten
Ausführungsbeispiel im Wärmetausch mit Speisewasser für den Verdampfer 1 abgeführt.
Dazu ist der Rekuperator 3 mit einem Wärmetauscher 6 verbunden, aus dem der Dampf
mit 494 K aus- und in die Niederdruckdampfschiene 16 eintritt. Das Speisewasser wird
dem Wärmetauscher 6 über eine Leitung 14, die von der Leitung 17 für die Kondensatrückführung
abzweigt, zugeleitet und anschließend wieder in Leitung 17 eingespeist. Der Dampf
der Niederdruckdampfschiene 16 wird Niederdruck-Prozessdampf-Verbrauchern 10 zugeführt
und kondensiert. Eine der Zahl der Dampfschienen entsprechende Zahl an Pumpen 12,13
erhöht den Druck des Kondensates und versorgt den Dampfkessel 1 mit Speisewasser.
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[0014] In der folgenden Tabelle 1 sind Temperatur, Druck, spezifische Enthalpie und spezifische
Entropie des Dampfes für das beschriebene Ausführungsbeispiel an den in der Skizze
mit Buchstaben a bis f bezeichneten Stellen angegeben.
[0015] In der Tabelle 2 sind die spezifischen Verbrauchszahlen bzw. Leistungen des dargestellten
Verfahrensbeispiels aufgeführt.
[0016] Wurde bei der konventionellen Lösung Dampf über eine zwischen die Dampfschienen 15
und 16 geschaltete Turbine entspannt, so konnte dieser Turbine pro kg Dampf eine Energie
von 266 kJ entnommen werden. Erfindungsgemäß wird der Dampf der Mitteldruckdampfschiene
erhitzt. Dazu werden im Erhitzer 4 514 kJ pro kg Dampf übertragen. Im Rekuperator
6 werden davon 345 kJ pro kg rückgewonnen, so daß sich ein Mehrverbrauch von 169 kJ
pro kg Dampf ergibt, da die im Rekuperator rückgewonnene Wärme Brennstoffwärme für
den Verdampfer 1 ersetzt. Gegenüber der konventionellen Lösung liefert die Turbine
pro kg Dampf 169 kJ (ohne Berücksbhtigung des Erhitzerwirkungsgrades) mehr Energie.
Der Wirkungsgrad des Zusatzverfahrens ist somit 1 bzw. 0,9, wenn der Erhitzerwirkungsgrad,
der für den Verdampfer 1 und den Erhitzer 4 gleich sein soll, berücksichtigt wird.

1. Verfahren zur Gewinnung von elektrischer Energie in einem Gegendruckdampfsystem,
bei dem Wasserdampf arbeitsleistend entspannt wird, dadurch gekennzeichnet, daß Dampf
eines der vorhandenen Druckniveaus vor der arbeitsleistenden Entspannung zunächst
durch Wärmetausch mit entspanntem Dampf und anschließend mit Fremdwärme im wesentlichen
isobar erhitzt und nach der Entspannung auf eines der vorhandenen tiefer gelegenen
Druckniveaus im wesentlichen isobar gekühlt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der entspannte und isobar
gekühlte Dampf durch einen Wärmeabnehmer auf die Temperatur des tiefer gelegenen Druckniveaus
gekühlt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Wärmeabnehmer das Speisewasser
für ein Dampfsystem ist.