[0001] Die Erfindung bezieht sich auf einez Mangan-Nickel-Feinkornbaustahl mit 0,04 bis
0,09% Kohlenstoff, 1,2 bis 1,8% Mangan, 0,1 bis 0,4% Silizium, 0,03 bis 0,08 % Niob,
bis 0,025% Aluminium, bis 0,015% Schwefel, 0,5 bis 1,5% Nickel und fakultativ 0,2
bis 0,4% Kupfer, Rest Eisen einschließlich erschmelzungsbedingter Verunreinigungen.
[0002] Ein legierter Stahl der vorerwähnten Art ist aus der deutschen Offenlegungsschrift
24 07 338 bekannt; er enthält 0,01 bis 0,10% Kohlenstoff, 0,5 bis 2% Mangan, 0,1 bis
0,9% Silizium, 0,001 bis 0,10% Niob, 0,01 bis 0,3% Aluminium und 1,4 bis 3,5% Nickel.
Dieser Stahl besitzt eine gewisse Kaltfestigkeit, wenn er in Abhängigkeit vom Nickelgehalt
gesteuert warmgewalzt worden ist. Ein in Abhängigkeit vom jeweiligen Nickelgehalt
gesteuertes Warmwalzen erweist sich jedoch in der Praxis als schwierig und insbesondere
aufwendig. Hinzu kommt, daß die Kaltzähigkeit dieses Stahls nicht ausreicht, um den
Stahl bei Temperaturen zu verwenden, wie sie flüssiges Methan und insbesondere flüssiges
Äthylen mit sich bringen.
[0003] Für den Transport und die Lagerung von Flüssiggasen sind Werkstoffe erforderlich,
die bei Temperaturen bis -196
0C eine ausreichende Festigkeit und Zähigkeit besitzen. Außerdem müssen diese Werkstoffe
schweißbar sein, um ein wirtschaftliches Fertigen von Rohren und Behältern zu ermöglichen.
[0004] Es ist bekannt, daß rostfreie Stähle Betriebstemperaturen bis unter -270
0C gewachsen sind. Träger der Kaltzähigkeit ist dabei insbesondere das Nickel. Der hohe
Anteil teurer Legierungsbestandteile, setzt der Verwendung der rostfreien Stähle jedoch
Grenzen, die nach preiswerteren legierten Stählen haben suchen lassen. Dies hat zur
Entwicklung einer Reihe von Stählen mit etwa 9% Nickel, 0,1% Kohlenstoff, 0,80% Mangan
und Q020% Phosphor geführt, die sich durch eine im Vergleich zu den rostfreien Stählen
höhere Zugfestigkeit und eine bis etwa-200
0C ausreichende Kaltzähigkeit auszeichnen. Voraussetzung für die hohe Kaltzähigkeit
ist jedoch ein zweistufiges Normalglühen und Anlassen, das darauf abzielt, einen ausreichenden
Austenitanteil in einem ferritischen Grundgefüge einzustellen. Dem liegt die Erkenntnis
zugrunde, daß sich die Zähigkeit mit zunehmendem Austenitanteil erhöht.
[0005] Versuche haben in diesem Zusammenhang ergeben, daß sich die Kaltzähigkeit mit abnehmenden
Gehalten an Kohlenstoff, Phosphor und Mangan erhöht. Des weiteren zeigte sich, daß
eine stufenweise Verringerung des Nickelgehaltes auf 2,1% zu einer zunehmenden Beeinträchtigung
der Kaltzähigkeit führt. So verringerten sich beispielsweise die Kerbschlagzähigkeiten
normalisierter und angelassener, 8,5 bis 9,5% Nickel enthaltender Stähle von 34 J
bei -196°C bei 3,25 bis 3,75% Nickel enthaltenden Stählen auf 20 J bei -100°C und
bei 2,1 bis 2,5% Nickel enthaltenden Stählen auf 18 J bei -68
0C. Stähle mit Nickelgehalten unter 9% gelten demnach als nicht für Tiefsttemperaturen
geeignet.
[0006] Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, einen legierteßStahl vorzuschlagen,
der sich schweißen läßt, eine hohe Strec-kgrenze bei Raumtemperatur und Kaltzähigkeit
sowie Beständigkeit gegen Wasserstoffrisse besitzt und sich demgemäß insbesondere
als Werkstoff für geschweißte Teile eignet, die wie Rohre und Behälter dem Transport
und der Lagerung von Flüssiggasen auch bei Anwesenheit von Schwefelwasserstoff und
Wasser dienen. Insbesondere soll der Stahl gegenüber flüssigem Äthylen beständigund
Temperaturen bis -120
0C gewachsen sein.
[0007] Die Lösung dieser Aufgabe besteht in einem Stahl der eingangs erwähnten Zusammensetzung.
[0008] Der Stahl besitzt bereits im walzharten und angelassenen Zustand trotz seines sehr
geringen Nickelgehalts eine hohe Kerbschlagzähigkeit und eine Übergangstemperatur,
die eine Verwendung bei Temperaturen bis -70°C erlaubt. Die vollen Werkstoffeigenschaften
entwickeln sich jedoch erst dann, wenn der vorgeschlagene Stahl normalgeglüht und
gegebenenfalls auch noch angelassen worden ist. Nach einer derartigen Wärmebehandlung
besitzt der Stahl eine Raumtemperatur-Streckgrenze von mindestens 420 N/mm
2 und eine Übergangstemperatur der Kerbschlagzähigkeit von 51 J/cm
2 quer zur Walzrichtung von mindestens -120
0C sowie eine Kerbschlagzähigkeit von mindestens 280 J/cm
2 bei Raumtemperatur.
[0009] Enthält der Stahl 0,2 bis 0,4% Kupfer, dann ist seine Rißbeständigkeit in Anwesenheit
von Schwefelwasserstoffspuren besonders hoch. Dem kommt insofern eine erhebliche Bedeutung
zu, als Flüssiggase häufig Spuren von Schwefelwasserstoff enthalten, der bei gleichzeitiger
Anwesenheit von Wasser korrodierend wirkt und insbesondere zu wasserstoffinduzierten
Rissen führt.
[0010] Der geringe Kohlenstoffgehalt des Stahls bedingt einerseits ein gutes Schweißverhalten
und fördert andererseits die Kerbschlagzähigkeit. Insgesamt finden die ausgezeichneten
Eigenschaften des vorgeschlagenen Stahls ihre Erklärung in dem synergistischen Zusammenwirken
von Nickel, Niob und Mangan.
[0011] Der Stahl wird vorzugsweise solange normalgeglüht, bis die Kerntemperatur 30 bis
50°C über dem AC
3-Punkt liegt und anschließend je 2 Millimeter Materialdicke zwei bis vier Minuten
bei 550 bis 650°C, insbesondere bei 630
0C angelassen, um die Kaltzähigkeit einzustellen.
[0012] Die Erfindung wird nachfolgend anhand von in der Zeichnung dargestellten Diagrammen
und von Ausführungsbeispielen des näheren erläutert. In der Zeichnung zeigen:
Bild 1 die Abhängigkeit der Raumtemperatur-Kerbschlagzähigkeit vom Nickelgehalt und
der Art der Wärmebehandlung.
Bild 2 die Abhängigkeit der Übergangstemperatur vom Nickelgehalt und der Wärmebehandlung.
Bild 3 Die Abhängigkeit der Kerbschlagzähigkeit und des Verformungsbruchs eines unter
die Erfindung fallenden Stahls im Vergleich zu bekannten Stählen von der Prüftemperatur.
Bild 4 den Gehalt an gelöstem Wasserstoff in Abhängigkeit vom Kupfergehalt nach einem
96-stündigem Tauchen in ein mit Schwefelwasserstoff gesättigtes Seewasser und
Bild 5 die Länge der wasserstoffinduzierten Risse in Abhängigkeit vom Wasserstoffgehalt.
[0013] Die den Diagrammen der Bilder 1 und 2 zugrundeliegenden Versuche wurden an dem Stahl
1 bis 5 der aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlichen Zusammensetzung durchgeführt.
Von den angegebenen fallen die Stähle 2 und 3 unter die Erfindung.

[0014] Proben der Versuchsstähle wurden den aus den Diagrammen ersichtlichen Wärmebehandlungen
unterworfen sowie hinsichtlich ihrer Kerbschlagzähigkeit und Kaltzähigkeit untersucht.
Die Ergebnisse sind aus den Diagrammen der Bilder 1 und 2 ersichtlich und zeigen,
daß sowohl die Kerbschlagzähigkeit bei Raumtemperatur als auch die Übergangstemperatur
im Bereich von 0,5 bis 1,5% Nickel unabhängig von der jeweiligen Wärmebehandlung ein
Optimum durchlaufen, ohne daß es dazu besonderer Maßnahmen bedarf. Das ist insofern
überraschend, als nach herkömmlicher Auffassung ein abnehmender Nickelgehalt mit einer
Verringerung der Kalt- und Kerbschlagzähigkeit einhergeht, sofern nicht besondere
Maßnahmen wie ein gesteuertes Warmwalzen angewandt werden, um die Kaltzähigkeit einzustellen.
[0015] Aus den Diagrammen des Bildes 3 ergibt sich die Überlegenheit des erfindungsgemäß
zu verwendenden Stahls im Vergleich zu herkömmlichen Normstählen, wobei zu beachten
ist, daß es sich hei dem .erfindungsgemäß zu verwendenden Stahl um Querproben, in
den anderen Fällen, mit einer Ausnahme, um Längsproben handelt.
[0016] Die untersuchten Stähle besaßen zudem jeweils bei Raumtemperatur eine Streckgrenze
von mindestens 420 N/mm
2 und eine Kerbschlagzähigkeit von mindestens 280 J/
cm2.
[0017] Des weiteren zeigen die Diagramme der Bilder 5 und 6, daß die Rißempfindlichkeit
in Anwesenheit von Schwefelwasserstoff bei Kupfergehalten über etwa 0,02% besonders
gering ist, so daß sich der vorgeschlagene Stahl insbesondere auch zum Transport und
zur Lagerung von verunreinigtem Flüssiggas eignet. Die hohe Rißbeständigkeit erklärt
sich daraus, daß im Betrieb unter dem Einfluß von Schwefelwasserstoff und Wasser eine
schwache Säure entsteht. Die dabei entstehenden Wasserstoffionen wandern in den Werkstoff
und scheiden sich molekular an den Korngrenzen ab. Daraus resultieren bei herkömmlichen
Stählen zu einer Rißbildung führende Drücke. Bei dem erfindungsgemäß zu verwendenden
Stahl löst sich hingegen ein Teil des Kupfers in der Säure. Die dabei entstehenden
Ionen wandern durch Ionenaustausch an die Werkstoffoberfläche und bilden dort eine
molekulare Schutzschicht aus Kupfer. Diese Kupferschicht wirkt als Sperrschicht gegen
ein weiteres Eindringen des Wasserstoffs und erklärt die aus Bild 4 ersichtliche hohe
Wasserstoffbeständigkeit des erfindungsgemäß zu verwendenden Stahls.
1. Mangan-Nickel Feinkornbaustahl mit 0,04 bis 0,09% Kohlenstoff, 1,2 bis 1,8% Mangan,
0,1 bis 0,4% Silizium, 0,03 bis 0,08% Niob, 0,5 bis 1,5% Nickel, bis 0,25% Aluminium,
bis 0,015% Schwefel und fakultativ 0,2 bis 0,4% Kupfer, Rest Eisen, einschließlich
erschmelzungsbedingter Verunreinigungen.
2. Stahl nach Anspruch 1, der jedoch angelassen worden ist.
3.Stahl nach Anspruch 2, der jedoch zwei bis vier Minuten je mm Materialdicke bei
550 bis 650°C angelassen worden ist.
4. Stahl nach Anspruch 2 oder 3, der jedoch normalgeglüht worden ist.
5. Stahl nach Anspruch 4, der jedoch zwei bis vier Minuten bei einer Kerntemperatur
von 30 bis 50°C über dem AC3-Punkt normalgeglüht worden ist.
6. Verwendung eines Stahl nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5 als Werkstoff
für Teile, die wie Rohre und Behälter mit Flüssiggas bei Temperaturen bis -120°C in
Berührung kommen.