(19)
(11) EP 0 010 755 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
14.05.1980  Patentblatt  1980/10

(21) Anmeldenummer: 79104222.9

(22) Anmeldetag:  31.10.1979
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C22C 38/12, C22C 38/16, F17C 1/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH FR GB IT LU NL SE

(30) Priorität: 02.11.1978 DE 2847506

(71) Anmelder: Preussag Stahl Aktiengesellschaft
D-38223 Salzgitter (DE)

(72) Erfinder:
  • Vlad, Constantin M., Dr. Ing.
    D-3321 Nordassel (DE)
  • Hulka, Klaus, Dipl.-Ing.
    D-3321 Hohenassel (DE)

(74) Vertreter: König, Reimar, Dr.-Ing. et al
Patentanwälte Dr.-Ing. Reimar König Dipl.-Ing. Klaus Bergen Wilhelm-Tell-Strasse 14 Postfach 260254
40095 Düsseldorf
40095 Düsseldorf (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verwendung von Mangan-Nickel-Feinkornbaustahl


    (57) Um eine gute Schweißbarkeit, eine hohe Streckgrenze bei Raumtemperatur und Kaltzähigkeit sowie Beständigkeit gegen Wasserstoffrisse zu gewährleisten, wird ein Stahl vorgeschlagen, der 0,04% bis 0,09% Kohlenstoff, 1,2 bis 1,8% Mangan, 0,1 bis 0,4% Silizium, 0,03 bis 0,08% Niob, bis 0,025% Aluminium, bis 0,015% Schwefel, 0,5 bis 1,5% Nickel und fakultativ 0,2 bis 0,4% Kupfer, Rest Eisen einschließlich erschmelzungsbedingter Verunreinigungen enthält und sich daher als Werkstoff für geschweißte Teile eignet, die wie Rohre und Behälter, dem Transport und der Lagerung von Flüssiggasen auch bei Anwesenheit von Schwefelwasserstoff und Wasser dienen, Insbesondere soll der Stahl gegenüber flüssigem Äthylen beständig und Temperaturen bis -120° C gewachsen sein.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf einez Mangan-Nickel-Feinkornbaustahl mit 0,04 bis 0,09% Kohlenstoff, 1,2 bis 1,8% Mangan, 0,1 bis 0,4% Silizium, 0,03 bis 0,08 % Niob, bis 0,025% Aluminium, bis 0,015% Schwefel, 0,5 bis 1,5% Nickel und fakultativ 0,2 bis 0,4% Kupfer, Rest Eisen einschließlich erschmelzungsbedingter Verunreinigungen.

    [0002] Ein legierter Stahl der vorerwähnten Art ist aus der deutschen Offenlegungsschrift 24 07 338 bekannt; er enthält 0,01 bis 0,10% Kohlenstoff, 0,5 bis 2% Mangan, 0,1 bis 0,9% Silizium, 0,001 bis 0,10% Niob, 0,01 bis 0,3% Aluminium und 1,4 bis 3,5% Nickel. Dieser Stahl besitzt eine gewisse Kaltfestigkeit, wenn er in Abhängigkeit vom Nickelgehalt gesteuert warmgewalzt worden ist. Ein in Abhängigkeit vom jeweiligen Nickelgehalt gesteuertes Warmwalzen erweist sich jedoch in der Praxis als schwierig und insbesondere aufwendig. Hinzu kommt, daß die Kaltzähigkeit dieses Stahls nicht ausreicht, um den Stahl bei Temperaturen zu verwenden, wie sie flüssiges Methan und insbesondere flüssiges Äthylen mit sich bringen.

    [0003] Für den Transport und die Lagerung von Flüssiggasen sind Werkstoffe erforderlich, die bei Temperaturen bis -1960C eine ausreichende Festigkeit und Zähigkeit besitzen. Außerdem müssen diese Werkstoffe schweißbar sein, um ein wirtschaftliches Fertigen von Rohren und Behältern zu ermöglichen.

    [0004] Es ist bekannt, daß rostfreie Stähle Betriebstemperaturen bis unter -2700C gewachsen sind. Träger der Kaltzähigkeit ist dabei insbesondere das Nickel. Der hohe Anteil teurer Legierungsbestandteile, setzt der Verwendung der rostfreien Stähle jedoch Grenzen, die nach preiswerteren legierten Stählen haben suchen lassen. Dies hat zur Entwicklung einer Reihe von Stählen mit etwa 9% Nickel, 0,1% Kohlenstoff, 0,80% Mangan und Q020% Phosphor geführt, die sich durch eine im Vergleich zu den rostfreien Stählen höhere Zugfestigkeit und eine bis etwa-2000C ausreichende Kaltzähigkeit auszeichnen. Voraussetzung für die hohe Kaltzähigkeit ist jedoch ein zweistufiges Normalglühen und Anlassen, das darauf abzielt, einen ausreichenden Austenitanteil in einem ferritischen Grundgefüge einzustellen. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, daß sich die Zähigkeit mit zunehmendem Austenitanteil erhöht.

    [0005] Versuche haben in diesem Zusammenhang ergeben, daß sich die Kaltzähigkeit mit abnehmenden Gehalten an Kohlenstoff, Phosphor und Mangan erhöht. Des weiteren zeigte sich, daß eine stufenweise Verringerung des Nickelgehaltes auf 2,1% zu einer zunehmenden Beeinträchtigung der Kaltzähigkeit führt. So verringerten sich beispielsweise die Kerbschlagzähigkeiten normalisierter und angelassener, 8,5 bis 9,5% Nickel enthaltender Stähle von 34 J bei -196°C bei 3,25 bis 3,75% Nickel enthaltenden Stählen auf 20 J bei -100°C und bei 2,1 bis 2,5% Nickel enthaltenden Stählen auf 18 J bei -680C. Stähle mit Nickelgehalten unter 9% gelten demnach als nicht für Tiefsttemperaturen geeignet.

    [0006] Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, einen legierteßStahl vorzuschlagen, der sich schweißen läßt, eine hohe Strec-kgrenze bei Raumtemperatur und Kaltzähigkeit sowie Beständigkeit gegen Wasserstoffrisse besitzt und sich demgemäß insbesondere als Werkstoff für geschweißte Teile eignet, die wie Rohre und Behälter dem Transport und der Lagerung von Flüssiggasen auch bei Anwesenheit von Schwefelwasserstoff und Wasser dienen. Insbesondere soll der Stahl gegenüber flüssigem Äthylen beständigund Temperaturen bis -1200C gewachsen sein.

    [0007] Die Lösung dieser Aufgabe besteht in einem Stahl der eingangs erwähnten Zusammensetzung.

    [0008] Der Stahl besitzt bereits im walzharten und angelassenen Zustand trotz seines sehr geringen Nickelgehalts eine hohe Kerbschlagzähigkeit und eine Übergangstemperatur, die eine Verwendung bei Temperaturen bis -70°C erlaubt. Die vollen Werkstoffeigenschaften entwickeln sich jedoch erst dann, wenn der vorgeschlagene Stahl normalgeglüht und gegebenenfalls auch noch angelassen worden ist. Nach einer derartigen Wärmebehandlung besitzt der Stahl eine Raumtemperatur-Streckgrenze von mindestens 420 N/mm2 und eine Übergangstemperatur der Kerbschlagzähigkeit von 51 J/cm2 quer zur Walzrichtung von mindestens -1200C sowie eine Kerbschlagzähigkeit von mindestens 280 J/cm2 bei Raumtemperatur.

    [0009] Enthält der Stahl 0,2 bis 0,4% Kupfer, dann ist seine Rißbeständigkeit in Anwesenheit von Schwefelwasserstoffspuren besonders hoch. Dem kommt insofern eine erhebliche Bedeutung zu, als Flüssiggase häufig Spuren von Schwefelwasserstoff enthalten, der bei gleichzeitiger Anwesenheit von Wasser korrodierend wirkt und insbesondere zu wasserstoffinduzierten Rissen führt.

    [0010] Der geringe Kohlenstoffgehalt des Stahls bedingt einerseits ein gutes Schweißverhalten und fördert andererseits die Kerbschlagzähigkeit. Insgesamt finden die ausgezeichneten Eigenschaften des vorgeschlagenen Stahls ihre Erklärung in dem synergistischen Zusammenwirken von Nickel, Niob und Mangan.

    [0011] Der Stahl wird vorzugsweise solange normalgeglüht, bis die Kerntemperatur 30 bis 50°C über dem AC3-Punkt liegt und anschließend je 2 Millimeter Materialdicke zwei bis vier Minuten bei 550 bis 650°C, insbesondere bei 6300C angelassen, um die Kaltzähigkeit einzustellen.

    [0012] Die Erfindung wird nachfolgend anhand von in der Zeichnung dargestellten Diagrammen und von Ausführungsbeispielen des näheren erläutert. In der Zeichnung zeigen:

    Bild 1 die Abhängigkeit der Raumtemperatur-Kerbschlagzähigkeit vom Nickelgehalt und der Art der Wärmebehandlung.

    Bild 2 die Abhängigkeit der Übergangstemperatur vom Nickelgehalt und der Wärmebehandlung.

    Bild 3 Die Abhängigkeit der Kerbschlagzähigkeit und des Verformungsbruchs eines unter die Erfindung fallenden Stahls im Vergleich zu bekannten Stählen von der Prüftemperatur.

    Bild 4 den Gehalt an gelöstem Wasserstoff in Abhängigkeit vom Kupfergehalt nach einem 96-stündigem Tauchen in ein mit Schwefelwasserstoff gesättigtes Seewasser und

    Bild 5 die Länge der wasserstoffinduzierten Risse in Abhängigkeit vom Wasserstoffgehalt.



    [0013] Die den Diagrammen der Bilder 1 und 2 zugrundeliegenden Versuche wurden an dem Stahl 1 bis 5 der aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlichen Zusammensetzung durchgeführt. Von den angegebenen fallen die Stähle 2 und 3 unter die Erfindung.



    [0014] Proben der Versuchsstähle wurden den aus den Diagrammen ersichtlichen Wärmebehandlungen unterworfen sowie hinsichtlich ihrer Kerbschlagzähigkeit und Kaltzähigkeit untersucht. Die Ergebnisse sind aus den Diagrammen der Bilder 1 und 2 ersichtlich und zeigen, daß sowohl die Kerbschlagzähigkeit bei Raumtemperatur als auch die Übergangstemperatur im Bereich von 0,5 bis 1,5% Nickel unabhängig von der jeweiligen Wärmebehandlung ein Optimum durchlaufen, ohne daß es dazu besonderer Maßnahmen bedarf. Das ist insofern überraschend, als nach herkömmlicher Auffassung ein abnehmender Nickelgehalt mit einer Verringerung der Kalt- und Kerbschlagzähigkeit einhergeht, sofern nicht besondere Maßnahmen wie ein gesteuertes Warmwalzen angewandt werden, um die Kaltzähigkeit einzustellen.

    [0015] Aus den Diagrammen des Bildes 3 ergibt sich die Überlegenheit des erfindungsgemäß zu verwendenden Stahls im Vergleich zu herkömmlichen Normstählen, wobei zu beachten ist, daß es sich hei dem .erfindungsgemäß zu verwendenden Stahl um Querproben, in den anderen Fällen, mit einer Ausnahme, um Längsproben handelt.

    [0016] Die untersuchten Stähle besaßen zudem jeweils bei Raumtemperatur eine Streckgrenze von mindestens 420 N/mm2 und eine Kerbschlagzähigkeit von mindestens 280 J/cm2.

    [0017] Des weiteren zeigen die Diagramme der Bilder 5 und 6, daß die Rißempfindlichkeit in Anwesenheit von Schwefelwasserstoff bei Kupfergehalten über etwa 0,02% besonders gering ist, so daß sich der vorgeschlagene Stahl insbesondere auch zum Transport und zur Lagerung von verunreinigtem Flüssiggas eignet. Die hohe Rißbeständigkeit erklärt sich daraus, daß im Betrieb unter dem Einfluß von Schwefelwasserstoff und Wasser eine schwache Säure entsteht. Die dabei entstehenden Wasserstoffionen wandern in den Werkstoff und scheiden sich molekular an den Korngrenzen ab. Daraus resultieren bei herkömmlichen Stählen zu einer Rißbildung führende Drücke. Bei dem erfindungsgemäß zu verwendenden Stahl löst sich hingegen ein Teil des Kupfers in der Säure. Die dabei entstehenden Ionen wandern durch Ionenaustausch an die Werkstoffoberfläche und bilden dort eine molekulare Schutzschicht aus Kupfer. Diese Kupferschicht wirkt als Sperrschicht gegen ein weiteres Eindringen des Wasserstoffs und erklärt die aus Bild 4 ersichtliche hohe Wasserstoffbeständigkeit des erfindungsgemäß zu verwendenden Stahls.


    Ansprüche

    1. Mangan-Nickel Feinkornbaustahl mit 0,04 bis 0,09% Kohlenstoff, 1,2 bis 1,8% Mangan, 0,1 bis 0,4% Silizium, 0,03 bis 0,08% Niob, 0,5 bis 1,5% Nickel, bis 0,25% Aluminium, bis 0,015% Schwefel und fakultativ 0,2 bis 0,4% Kupfer, Rest Eisen, einschließlich erschmelzungsbedingter Verunreinigungen.
     
    2. Stahl nach Anspruch 1, der jedoch angelassen worden ist.
     
    3.Stahl nach Anspruch 2, der jedoch zwei bis vier Minuten je mm Materialdicke bei 550 bis 650°C angelassen worden ist.
     
    4. Stahl nach Anspruch 2 oder 3, der jedoch normalgeglüht worden ist.
     
    5. Stahl nach Anspruch 4, der jedoch zwei bis vier Minuten bei einer Kerntemperatur von 30 bis 50°C über dem AC3-Punkt normalgeglüht worden ist.
     
    6. Verwendung eines Stahl nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5 als Werkstoff für Teile, die wie Rohre und Behälter mit Flüssiggas bei Temperaturen bis -120°C in Berührung kommen.
     




    Zeichnung
















    Recherchenbericht