[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Chlorsauerstoffsäuren bzw.
deren Salzen durch Elektrolyse von mit Calcium und/oder Magnesium verunreinigten Salzlösungen
oder Meerwasser.
[0002] Bei der Elektrolyse von Meerwasser und von mit Calcium und/oder Magnesium verunreinigten
Salzlösungen treten auch heute noch Schwierigkeiten auf, welche die kommerzielle Nutzung
und die Wirtschaftlichkeit belasten. Die in derartigen Salzlösungen enthaltenen Calcium-
oder Magnesiumionen reagieren mit den an der Kathode erzeugten Hydroxylionen unter
Bildung von Calcium- oder Magnesiumhydroxid. Magnesiumhydroxid neigt dazu, an der
Kathode zu haften oder sich an den Wänden der Elektrolysekammer abzusetzen und dadurch
die Strömung des Elektrolyten zu behindern und den Wirkungsgrad herabzusetzen. Die
anwachsenden Ablagerungen verstopfen vor allem den Raum zwischen Anode und Kathode
in der Elektrolysekammer, wodurch für längere Zeit ein kontinuierlicher Betrieb der
Zelle unmöglich wird. Zur Vermeidung dieser Schwierigkeiten hat man bereits nach bekannten
Vorschlägen zur elektrolytischen Herstellung von Hypochlorit glatte, nicht unterbrochene
Bleche als Kathoden verwendet und bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit ein bestimmtes
Verhältnis von Strömungsgeschwindigkeit und Konzentration des Elektrolyten vorgesehen
(DE-OS 26 19 497). In bekannten Elektrolysezellen zur Gewinnung von Hypochlorit aus
Meerwasser hat man durch bauliche Maßnahmen die nach oben gerichtete Elektrolytströmung
mit solcher Geschwindigkeit eingestellt, daß die an Kathode und Anode erzeugten Substanzen
nicht zwischen diesen, sondern in einer anschließenden verengten Zone großer Turbulenz
reagieren (DE-AS 19 56 156).
[0003] Elektrolytische Prozesse erlauben in vielen Fällen nur eine geringe Verweilzeit des
Elektrolyten in der Zelle, so daß eine hydraulische Reihenschaltung nicht zweckmäßig
ist. Andererseits zwingt der preisliche Aufwand des zur Versorgung der Elektrolysezellen
erforderlichen Gleichrichters zu einer elektrischen Serienschaltung einer Vielzahl
von Elektrolysezellen. Es ist daher bei den meisten Elektrolyse-Verfahren: wie Chloral
kali- oder Chloratelektrolysen, übliche Praxis, die Zellen elektrisch in Serie und
elektrolytseitig parallel zu schalten. Bei Anlagen zur elektrolytischen Gewinnung
von Perchlorat mit elektrisch in Serie und hydraulisch parallel geschalteten Zellen
hat man auch schon den aus einer parallel geschalteten Zellengruppe austretenden Elektrolyten
zusammengefaßt und wieder gleichmäßig auf eine nächste Zellengruppe verteilt (Ullmann,
Bd. 9, IV. Auflage, Seite 568; Trans. Electrochem. Soc. 92, 1947, Seiten 45 bis 53).
[0004] Die vorbekannten Verfahren haben noch nicht in allen Fällen in der Praxis befriedigen
können, sei es, daß die Ansatzbildung bzw. Verkrustung der Elektrolysezellen in unregelmäßigen
Zeitintervallen auftritt und die z.B. hydraulisch parallel geschalteten Zellen unterschiedlich
beeinflußt werden, sei es, daß ein die Reaktion von anodisch gebildetem Chlor mit
kathodisch erzeugten Hydroxylionen verhindernder laminarer Elektrolytfluß nicht aufrechterhalten
oder ausreichend hohe Elektrolytgeschwindigkeiten nicht eingestellt werden konnten.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren bereitzustellen, das die
Nachteile der bekannten Arbeitsweisen vermeidet, einfach in der Durchführung ist und
Verkrustungen insbesondere in den meerwasserseitig ersten Zellen während der Elektrolyse
von mit Calcium und/oder Magnesium verunreinigten Salzlösungen bei der Herstellung
von Chlorsauerstoffsäuren praktisch ausschließt.
[0006] Bei einem Verfahren zur Herstellung von Chlorsauerstoffsäuren bzw. deren Salzen durch
Elektrolyse von mit Calcium und/oder Magnesium verunreinigten Salzlösungen oder Meerwasser
besteht die Erfindung nun darin, daß man die Elektrolyse in der Anfangsphase bei einer
Strömungsgeschwindigkeit des Elektrolyten von größer als 0,7 m/sec und bis 2,0 m/sec
und in der nachfolgenden Phase bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 0,3 m/sec bis
kleiner als 0,7 m/sec durchführt, wobei die Strömungsgeschwindigkeit jeweils auf gasfreien
Elektrolyten bezogen ist.
[0007] Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens werden beispielsweise einzelne
Zellen einer Gruppe von hydraulisch parallel geschalteten Zellen vorgeschaltet. Das
Verhältnis von vorgeschalteter Zellenzahl zur Zellenzahl der nachgeschalteten Zellengruppe
beträgt maximal 1:1. Handelt es sich um mehr als eine Vorschaltzelle, können diese
hydraulisch in Serie oder auch hydraulisch parallel geschaltet sein. Elektrisch sind
sämtliche Zellen der Anlage in Serie geschaltet. Auf diese Weise wird erreicht, daß
die Elektrolytgeschwindigkeit in der oder den Vorschaltzellen, welche die meerwasserseitig
ersten Zellen einer Elektrolyseanlage darstellen, wesentlich größer als die in der
nachgeschalteten Gruppe paralleler Zellen ist. Eine stark erhöhte Strömungsgeschwindigkeit
in der ersten Phase des Elektrolysevorgangs vermeidet in sicherer Weise ein Verkrusten
durch Härtebild- r
-er. Die Strömungsgeschwindigkeit soll vorzugsweise im Bereich von größer als 0,7 m/sec
und bis 1,4 m/sec liegen. Der in der ersten Phase bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit
behandelte Elektrolyt tritt in die weitere Behandlungsphase mit verminderter Strömungsgeschwindigkeit
ein. Diese Fließgeschwindigkeit beträgt vorzugsweise 0,5 m/sec bis kleiner als 0,7
m/sec. Aufgrund konstruktiv bedingter örtlicher Verhältnisse in der Elektrolysezelle
kann in manchen Fällen, beispielsweise bei stark schwankenden Gasgehalten des Elektrolyten,
die tatsächliche Strömungsgeschwindigkeit des Elektrolyten in der nachgeschalteten
Phase den Wert von 0,7 m/sec erreichen oder unter Umständen einen Wert von 0,9 m/sec
annehmen. Solche temporären Effekte werden durch Regulierung der Fließgeschwindigkeit
ausgeglichen und die Strömungsgeschwindigkeit eines gasfreien Elektrolyten von vorzugsweise
0,5 bis kleiner als 0,7 m/sec eingestellt. Im genannten Bereich der Fließgeschwindigkeit
werden Ansätze in den nachgeschalteten Gruppen hydraulisch parallel betriebener Zellen
vermieden. Es ist anzunehmen, daß dies auf der Anwesenheit einer ausreichenden Menge
Hypochlorit-Ionen beruht, welche offenbar die Bildung von Ansätzen aus Calcium- oder
Magnesiumhydroxid oder Calciumcarbonat verhindern oder aber bereits gebildete Ansätze
zu lösen vermögen.
[0008] Zweckmäßig wird zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens die Elektrolyseanlage
in solcher Weise eingerichtet, daß alle Einzelelemente bzw. Elektrolysezellen elektrisch
in Serie geschaltet sind, hydraulisch aber in unterschiedlichen Zahlenverhältnissen
in Abhängigkeit von den Gegebenheiten des Rohmaterials, wie Gehalt an Härtebildnern
bei Meer-, Brackwasser oder Salzlösungen, parallel oder in Serie geschaltet werden
können.
[0009] In Ausbildung einer besonderen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird
in der Anfangsphase der Elektrolyse eine Elektrolysezelle einer Gruppe von vier hydraulisch
parallel betriebenen Elektrolysezellen der nachfolgenden Phase vorgeschaltet.
[0010] Die bei der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens unter Verwendung üblicher
Elektrolysezellen einzusetzenden Anoden können aus Graphit bestehen. Besonders vorteilhaft
sind jedoch mit Edelmetall oder Edelmetalloxid beschichtete Titan-, Niob- oder Tantal-Elektroden
oder sogenannte dimensionsstabile Anoden, bei denen die elektrokatalytische Wirkung
von Mischoxiden von Edelmetallen und filmbildenden Metallen, insbesondere Titan, ausgeht.
[0011] Als Kathodenmaterial sind verschleißfeste Metallwerkstoffe, insbesondere Stahl, Titan
und Nickel, Nickel- oder Eisenlegierungen, besonders geeignet.
[0012] Das erfindungsgemäße Verfahren in seiner bevorzugten Ausführungsform mit hoher Strömungsgeschwindigkeit
in der Anfangsphase und demgegenüber stark verringerter Strömungsgeschwindigkeit in
der nachfolgenden Phase, bei der eine Gruppe von hydraulisch parallel geschalteten
Zellen betrieben, deren austretender Elektrolyt vereinigt und anschließend erneut
auf hydraulisch parallel geschaltete Elektrolysezellen aufgeteilt wird, gibt in einfacher
und fortschrittlicher Weise die Möglichkeit, Strömungsgeschwindigkeiten des Elektrolyten
in einzelnen Phasen unterschiedlich zu gestalten und den unterschiedlichen Gegebenheiten
des Rohmaterials im Hinblick auf Ansatzbildungen anzupassen.
[0013] Die Erfindung wird anhand des Fließschemas und des Ausführungsbeispiels näher erläutert.
[0014] In dem Fließschema bezeichnet (1) den Gleichrichter, der über Leitung (2) mit den
Elektrolysezellen bzw. Zellengruppen (3, 4, 5, 6) elektrisch in Serie geschaltet ist.
Über Zufuhr (7) tritt als Elektrolyt beispielsweise Meerwasser in die Vorschaltzellen
(3) der Anfangsphase ein. Der aus der oder den Vorschaltzellen austretende Elektrolyt
wird über die Leitung (8) einer nachfolgenden Phase einer Gruppe hydraulisch parallel
geschalteter Zellen (4) zugeführt und dort bei verminderter Strömungsgeschwindigkeit
elektrolysiert. Der dort aus den einzelnen Zellen austretende Elektrolyt wird wieder
zusammengeführt und über die Leitung (9) bzw. (10) in hydraulischer Serienschaltung
und unter nachfolgender Aufteilung weiteren Gruppen parallel geschalteter Zellen (6,
5) zugeführt. Bei (11) tritt schließlich die Natriumhypochlorit-Lösung aus.
Ausführungsbeispiel
[0015] In einem Nuklear-Kraftwerk wird eine Chlorung des Kühlwassers vorgenommen. Das hierzu
erforderliche Natriumhypochlorit wird von einer Elektrolyseanlage geliefert, die eine
Kapazität von 10,5 tato Chlor (aktives Chlor des Natriumhypochlorits) besitzt. Um
diese Menge zu erzeugen, werden insgesamt 72 Einzelelemente benötigt, die auf drei-Elektrolytkreise
mit je 24 Elementen aufgeteilt sind. Die 24 Einzelelemente eines Elektrolytkreises
sind zu jeweils 6 Elementen hydraulisch hintereinander und zu jeweils 4 Elementen
hydraulisch parallel geschaltet, jedoch elektrisch alle in Reihe geschaltet. Jedes
der Elemente mit senkrecht angeordneten Anoden (aus mit Mischoxiden aus Titan-/Ruthenium-Dioxiden
überzogenes Titanstreckmetall) und Kathoden (aus hochlegierter Nickelbasislegierung,
Hastelloy C) hat eine Breite von 230 mm und eine Tiefe von 68 mm. In diesem Raum sind
9 Kathoden und 8 Anoden von jeweils 1,5 mm Stärke angeordnet. Jede der 4 hydraulisch
parallel geschalteten Elementenreihen wird mit einer Meerwassermenge (enthaltend ca.
30 g NaC1/1 und ca. 100 ppm Calcium und Magnesium) von 20 m3/h beaufschlagt. Bei dieser
Wassermenge ergibt .sich eine effektive Geschwindigkeit, ohne Berücksichtigung des
entwickelten Wasserstoffes von 0,57 m/sec. Jeweils die ersten Zellen der 4 Elementreihen
mit je 6 Zellen werden mit Anoden und Kathoden ausgerüstet, die eine Dicke von 2,5
mm besitzen, während die Elektroden der übrigen Zellen eine Dicke von 1,5 mm aufweisen.
Aufgrund dieser Maßnahme verringert sich der freie Querschnitt für den Durchtritt
des Meerwassers entsprechend und die Geschwindigkeit in den ersten, d.h. in denjenigen
Zellen, in die das Wasser eintritt, steigt auf 0,9 m/sec. Mit dieser Anordnung wird
die Verkrustung in den ersten Zellen praktisch verhindert und die Laufzeit der Anlage
zwischen zwei gegebenenfalls erforderlich werdenden Reinigungen verdoppelt.
1. Verfahren zur Herstellung von Chlorsauerstoffsäuren bzw. deren Salze durch Elektrolyse
von mit Calcium und/oder Magnesium verunreinigten Salzlösungen oder Meerwasser, dadurch
gekennzeichnet, daß man die Elektrolyse
a) in der Anfangsphase bei einer Strömungsgeschwindigkeit von größer als 0,7 m/sec
und bis 2,0 m/sec und
b) in der nachfolgenden Phase bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 0,3 m/sec bis
kleiner als 0,7 m/sec
durchführt, wobei die Strömungsgeschwindigkeit jeweils auf gasfreien Elektrolyten
bezogen ist.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man in der Anfangsphase
bei einer Strömungsgeschwindigkeit von größer als 0,7 und bis 1,4 m/sec und in der
nachfolgenden Phase bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 0,5 bis kleiner als 0,7
m/sec elektrolysiert.
3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet , daß man die aus
mehreren hydraulisch parallel und elektrisch in Serie geschalteten Elektrolysezellen
austretenden Elektrolyte vereinigt und anschließend erneut auf hydraulisch parallel
geschaltete Elektrolysezellen aufteilt.