[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine wasserfeste Hochspannungsisolierung für elektrische
Kabel auf der Basis polymerer Werkstoffe, wie Olefinpolymerisate oder Olefinmischpolymerisate,
Elastomere oder thermoplastische Kautschuke, jeweils allein oder in Mischung, die
als Inhibitoren gegen das Entstehen oder das Wachstum von Wasserbäumchen (water trees)
Silane oder Silanverbindungen der allgemeinen Formel

enthält. wobei R eine Vinyleruppe oder γ-Metharcryloxypropylgruppe und Y eine Alkoxygruppe
mit weniger als 6 Kohlenstoffatomen ist.
[0002] In den letzten Jahren sind zahlreiche Untersuchungen in der Technik durchgeführt
worden, mit dem Ziel, offenbar durch Wasseransammlungen (Wasserbäumchen, "water trees")
verursachte Schäden in der Isolierung elektrischer Kabel aufzuklären und Maßnahmen
zu treffen, diese Kabelschäden zu vermeiden. Entsprechend hoch ist auch die Anzahl
der Veröffentlichungen, die das Wachstum der Wasserbaumchen beschreiben und Vorschläge
zur Unterdrückung solcher die Lebenserwartungen der Kabel erniedrigenden Erscheinungen
machen. Dabei besteht offenbar Übereinstimmung darüber, daß die Wasseransammlungen
sich umso gefährlicher auswirken, je größer sie sind. Solche von nur wenigen µm Länge
gelten als vergleichsweise ungefährlich.
[0003] Der sicherste, aber auch kostspieligste Weg zur Vermeidung von Wasserbäumehen ist
die strikte Ausschaltung von Wasser über den gesamten Lebenszeitraum des Kabels. Das
bedeutet aber einen geschlossenen, Z. B. an den Kanten verschweißten, Metallmantel
mit längxwasserdirhtem Schirm sowie einen kontinuierlich gestopften Leiter, so daß
jegliche Längskanäle von vornherein ausgeschaltet sind. Diese Maßnahmen sind aber
insbesondere für Mittel.svannungskabel außerordentlich aufwendig.
[0004] In der gleichen Richtung liegt und dem gleichen Zweck dient beispielsweise auch eine
bekannto Kabelkonstruktion (US-PS 4,145,567). Hierbei ist unmittelbar über der Isolierungbzw.
der äußeren Leitschicht eine zusammendrückbare Schicht aus einem geschlossenporigen
Schaum angeordnet, die von einem an den Kanten verklebten Metallband umschlossen ist.
Abgesehen von dem erhöhten konstruktiven Aufwand und der vergrößerten äußeren Abmessungen
ist wegen der Verklebung der Bandkanten nicht mit einer Wasserdichtigkeit auf Dauer
zu rechnen.
[0005] Es gibt aber auch andere Vorschläge zur Vermeidung bzw. Verminderung der Gefahr von
Wasserbaumchen, die die Zusammensetzung bzw. die Struktur des Dielektrikums betreffen.
So ist es z. B. bekannt (DOS 27 54 336), in der Kunststoffisolierung ein von innen
nach außen gerichtetes Diffusionsgefälle vorzusehen. So soll etwa die Isolierung mit
einer Schicht aus wasserabsorbierendem Material umgeben werden. Unberücksichtigt geblieben
ist hierbei allerdings, daß offenbar die Gefahr von Wasserbaumchen an Grenzflächen,
z. B. zwischen Isolierung und leitfähigen Schichten, besonders groß ist (Wasserbüschel).
[0006] Vorgesehen ist es auch bereits (DOS 28 17 804), in einem Energiekabel außen und getrennt
von der äußeren halbleitenden Schicht eine weitere, einen hygroskopischen Werkstoff
enthaltende Schicht anzuordnen, die die relative Feuchtigkeit der Umgebung einschließlich
der Leiterisolation auf einen 70 % nicht übersteigenden Wert begrenzt und stabilisiert.
Dies soll zu einem wirklichen Schutz der Isolierung selbst dann führen, wenn diese
Hohlräume und Verunreinigungen enthält.
[0007] Eine solche Feuchtigkeit absorbierende Schicht kann aber ebenso wie die Zugabe feuchtigkeitsaufnehmender
Füllstoffe in die Isolierung (US-PS 4,049,830) sowie wasserlöslicher Elektrolyte nur
die Wirkung haben, den Zeitpunkt mit Sicherheit unter dem Einfluß des elektrischen
Feldes auftretender Schäden hinauszuschieben, wobei letztere Maßnahmen noch den Nachteil
erhöhter Verunreinigungen in der Isolierung mit sich bringen, was insbesondere bei
höheren Spannungen zu Schwierigkeiten führt.
[0008] Offenbar auch aus diesem Grunde ist eine andere Maßnahme zur Verringerung bzw. Vermeidung
von Wasserbäumchen in der Kunststoffisolierung elektrischer Kabel bekannt geworden
(US-PS 4,144,202). In diesem Fall werden dem Isoliermaterial, vernetzbar oder nicht,
Silane oder Silanverbindungen als sog. Wasserbäumchen-Inhibitoren zugegeben. Mittels
eines besonderen Tests wird der Nachweis erbracht, daß solche Inhibitoren enthaltende
Mischungen bzw. daraus hergestellte Isolierungen gegen Wasserbäumchen eine hohe Resistenz
aufweisen. Nachteilig hierbei ist jedoch, daß diese Inhibitoren ebenso wie in der
Kabeltechnik seit langem verwendete andere Zusätze, wie Stabilisatoren, Antioxidantien,
Weichmacher und dergl. das Bestreben haben, mit der Zeit aus der Isolierung hinaus
zu diffundieren, so daß ihre Wirksamkeit wieder nachläßt. Auch diese bekannte Maßnahme
ist deshalb lediglich geeignet, den Zeitpunkt mit Sicherheit unter dem Einfluß des
elektrischen Feldes auftretender Schäden hinauszuschieben, ein dauerhafter Schutz
des Kabels ist auch hiermit nicht gegeben.
[0009] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, einen dauerhaften Schutz der Kabelisolierung
gegen den Einfluß von Feuchtigkeit sicherzustellen, ohne auf kostenaufwendige neue
Kabelkonatruktionen mit vielleicht anderen Nachteilen übergehen zu müssen.
[0010] Diese Aufgabe wird gemäß der Erfindung dadurch gelöst, daß die Silane oder Silanverbindungen
auf die Makromoleküle der Basispolymere oder Basismischpolymere aufgepfropft und damit
chemisch an diese gebunden sind. Durch diese chemische Bindung der "Inhibitoren" ist
die Gewähr für einen dauerhaften Schutz gegeben, da eine Migration der Silane aus
der Isolierung heraus auch bei Betriebsspannung und Betriebstemperaturen unterbleibt.
Diese Pfropfung und damit der dauerhafte Schutz gegen Wasserbäumchen ist unabhängig
davon, ob das Isoliermaterial, z. B. Polyäthylen, im vernetzten oder unvernetzten
Zustand die Kabelisolierung bildet. Als Silane bzw. entsprechende Verbindungen können
die schon bekannten, beispielsweise ein Vinyltrimethoxisilan, ein Vlnyltriäth-o:iris,ilan
oder ähnliche Vinylailane, die anstelle der Methoxi- bzw. Athoxi-Gruppen andere hydrolisierbare
Alkoxi-Gruppierungen aufweiaen, verwendet werden. Je nach den Erfoderniasen, die an
die jeweiligen Isolierung gestellt werden, können Mengen von 0,2 - 10 %,vorzugsweise
1,0 - 3,0 Gew.-%-an Silanen in Durchführung der Erfindung eingesetzt werden.
[0011] An sich ist es zwar bekannt, auf die Makromoleküle von poly
- meren Werkstoffen Silane aufzupfropfen, um damit bei einer späteren Feuchtigkeitseinwirkung
Vernetzungsstellen zu schaffen. Abweichend von der Erfindung sollen hierbei jedoch
die mechanischen Eigenschaften gegenüber unvernetzten Materialien verbessert und insbesondere
die Temperaturbeständigkeit solcher Werkstoffe erhöht werden.
[0012] Eine besonders vorteilhafte Weiterführung des Erfindungsgedankens ergibt sich noch
dadurch, daß die Isolierung, auf deren Makromoleküle die vor Wasserbäumchen schützenden
Silanverbindungen aufgepfropft sind, durch Feuchtigkeitseinwirkung, und zwar ausschließlich
auf diese Weise, vernetzt ist. Die Erfindung geht dabei von der Überlegung aus, daß
die unter dem Stichwort "water treeing" zusammengefaßten Zerstörungsmechanismen ausschließlich
im amorphen Teil der Isolierung bzw. im Grenzbereich kristallin/amorph ablaufen. Die
Kristallite mit ihrer höheren Dichte sind einerseits resistenter gegen im elektrischen
Feld beschleunigte Ladungsträger, andererseits nahezu undurchdrin-glich für eine H
0-Permeation. Diffundierende Wasserfronten müssen also die Kristallite umwandern,
so daß bei steigendem Kristallinitätsgrad der Isolierung mit geringer werdender H
20-Permeation gerechnet werden kann. Werden nun wie bei der bekannten peroxidischen
Vernetzung, trocken mittels geeigneter Wärmestrahler oder naß in den üblichen Dampf-Vernetzungsanlagen,
die Vernetzungsbrücken weit oberhalb des Kristallitschmelzbereiches gebildet, dann
wirken diese Vernetzungsstellen bei der anschließenden Ablühlung auf Raumtemperatur
und Kristallisation des Gefüges als eingelagerte Störstellen, die bekanntlich den
Kristallinitätsgrad des so behandelten Werkstoffes gegenüber einem unvernetzten stark
herabsetzen, damit aber im Sinne der vorherigen Überlegungen gegen Wassereinwirkung
empfindlicher machen.
[0013] Wird dagegen, wie in Durchführung der Erfindung vorgesehen, das aufgepfropfte Polymermaterial
unter der Einwirkung von Feuchtigkeit vernetzt, dann erfolgt die Ausbildung der Vernetzungsstellen
in bereits auskristallisiertem Zustand der Isolierung, d. h. ausschließlich und nur
in den amorphen Bereichen. Das Kristallgefüge selbst bleibt aber von Vernetzungsstellen,
die im Kristallgefüge Schwachstellen für mögliche Wasserbaumchen darstellen, weitgehend
ungestört. Die bündelartigen. polyfunktionellen Vernetzungsstellen im amorphen Bereich
der die Isolierung bildenden erstarrten Basispolymere bzw. Basismischpolymere verleihen
dem Polymermaterial darüber hinaus eine höhere Strukturfestigkeit. Beide Effekte -
hohe ungestörte Kristallinität und Vernetzungsknoten im amorphen Bereich der Isolierung
- führen zu einem erhöhten, über die Lebensdauer des Kabels gleichbleibenden Widerstand
gegen Wasserbäumchen-Wachstum.
[0014] Neben diesen morphologischen Einflüssen spielt für den Schutz einer Isolierung nach
der Erfindung noch eine wesentliche Rolle die physikalisch-chemische Eigenschaft der
Siloxangruppe Si-O-Si, Wasser abzustoßen. Das Polymere, beispielsweise das Polyäthylen,
wird in seinen amorphen Bereichen quasi "hydrophobiert", d. h. wasserabweisend eingestellt.
Dadurch wird sowohl die reine Diffusion als auch die unter dem Einfluß des elektrischen
Wechselfeldes erfolgende elektrophoretische Diffusion gebremst und damit der Werketoff
gegen Wasserbäumchen widerstandsfähiger.
[0015] Die Herstellung einer wassergeschützten Isolierung nach der Erfindung geschieht zweckmäßig
in der Weise, daß die Silane oder Silanverbindungen im Anschluß an die Mischung und
Homogenisierung der einzelnen Mischungskomponenten und noch vor der Ausformung auf
die Makromoleküle der Basismaterialien aufgepfropft werden. Zu diesem Zweck wird das
aufgeschmolzene Polymermaterial einer Temperaturbehandilung von z. B. 180 - 250° C
unterworfen. Entweder unmittelbar anschließend oder aber auch nach einer Zwischenlagerung
in einer zweiten Verarbeitungsstufe kann die Ausformung zur Isolierung erfolgen. Nach
Abkühlung der Isolierung und Feuchtigkeitseinwirkung auf diese werden in Durchführung
der Erfindung ausschließlich im amorphen Bereich zwischen den Kristalliten wasserabstoßende
Siloxan-Gruppierungen gebildet.
[0016] Die Erfindung sei an Hand des als Ausführungsbeispiel dargestellten Einleiter-Hochspannungstabels
näher erläutert.
[0017] Über dem aus Einzeldrähten bestehenden Leiter 1 ist zur Vergleichmäßigung der Oberfläche
zur Unterbindung von Feldstärkenspitzen die innere Leitschicht 2 aufgebracht. Darüber
ist die Isolieru. g 3, beispielsweise aus Polyäthylen angeordnet, die ihrer―soits
von der äußeren Leitschicht 4 überdeckt ist. Mit 5 ist die Bewehrung bezeichnet, der
Außenmantel 6, z. B. aus Polyvinylchlorid, gibt den äußeren mechanischen Schutz.
[0018] Die Isolierung 3 soll gegen Wasserbäumchen widerstandsfähig sein, sie kann zu diesem
Zweck aus den unterschiedlichsten Polymermaterialien bestehen, auf deren Moleküle
Silane oder Silanverbindungen aufgepfropft sind. Beispielsweise kann die Isolierung
die folgende Zusammensetzung aufweisen:
Beispiel I
[0019]

Beispiel II
[0020]

[0021] Die Herstellung einer Isolierung nach der Erfindung kann beispielsweise mittels zweier
hintereinander geschalteter Extruder erfolgen. (Kaskadentechnologie). Hierbei erfolgt
im ersten Extruder die Mischung, Homogenisierung und Pfropfung der in der Mischung
enthaltenen Silane, während der zweite Extruder zur Auaformung der über ein Verbindungsteil
angelieferten, bereits gepfropften Masse dient. Letztere kann im Übergabebereich zusätzlich
noch entgast werden. Aber auch jedes andere Verfahren ist geeignet, wenn nur dafür
gesorgt wird, daß eine Pfropfung der zugegebenen Silane oder Silanverbindungen erfolgt.
So ist beispielsweise auch ein Zwei-Schritt-Verfahren möglich, bei dem im 1. Schritt
der Pfropfvorgang durchgeführt, dann das gepfropfte Material mit einem Katalysator-Batch
verschnitten und in einem 2. Schritt schließlich das so vorbereitete Material durch
eine Formgebungsextrusion ausgeformt wird.
[0022] Zum Nachweis der Wirksamkeit des Erfindungsgedankens wurde je zwei Kabelmuster, geeignet
für die Übertragung von 20 KV, mit einer Isolierung aus unvernetztem Polyäthylen.dampfvernetztem
Polyäthylen und schließlich mit einem Polyäthylen umgeben, das entsprechend der Erfindung
vorbereitet war. Diese Muster wurden mit verschiedenen Leitertemperaturen unter Betriebsspannung
gealtert, und zwar während 200h. Danach wurden in die Leiter 1 und Schirme 5 dieser
Musterlängen Wasser gefüllt, die Leiter zyklisch geheizt und die Längen über 120 Tage
mit einer mittleren Feldstärke von ca. 6 kV/mm beansprucht. Schließlich wurde die
elektrische Restfestigkeit mit Wechselspannung in einem 1-Stunden-Stufentest ermittelt.
[0023] Die folgende Tabelle gibt das erzielte Ergebnis wieder:

[0024] Hieraus ist klar ersichtlich, daß bei Alterung mit VDE-mäßigen Leitertemperaturen
Polyäthylen und vernetztes Polyäthylen etwa gleiche Resistenz gegen Wasser aufweisen,
jedoch mit ge- pfropften Silanen behandeltes Polyäthylen deutlich höhere Spannungsstufen
erreicht.
[0025] Die Erfindung ist von besonderer Bedeutung für alle elektrischen kabel, die mit erhöhter
Betriebsspannung betrieben werden. Als Hochspannungskabel im Sinne der Erfindung sollen
daher alle elektrischen Kabel verstanden werden, die vorzugsweise mit 20 kV Betriebsspannung
und darüber betrieben werden.
1. Wasserfeste Hocbspannunaaiaolierung für elektrische Kabel auf der Basis polymerer
Werkstoffe, wie Olefinpolymerisate oder Olefinmiachpolymorinate, Elastomere oder theraoplastische
Kautschuke, jeweils allein oder im Mischung, die als Inhibitoren gegen das Entstehen
oder das Wachstum von Wasserbäumchen (water trees) Silanverbindungen der allgemeinen
Formel

enthält, wobei R eine Vinylgruppe oder [ -Methacryloxypropylgruppe und Y eine Alkoxygruppe
mit weniger als 6 Kohlenstoffatomen ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Silane oder
Silanverbindungen auf die Makromoleküle der Basispolymere oder Baaisniachpolymere
aufgepfropft und damit chemisch an diese gebunden sind.
2. Isolierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie Silane oder Silanverbindungen
in einer Menge von 0,2 - 10, vorzugsweise 1,0 - 3,0 Gew.-% enthält.
3. Isolierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Isolierung durch Feuchtigkeitseinwirkung
vernetzt ist.
4. Verfahren zur Herstellung einer hochspannungsfesten Isolierung nach Anspruch 1
oder einem der folgenden, dadurch gekennzeichnet, daß die Silane oder Silanverbindungen
im Anschluß an die Mischung und Homogenisierung der einzelnen Mischungskomponenten
und noch vor der Ausformung auf die Makromoleküle der Basismaterialien aufgepfropft
werden.
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die gemischten Materialkomponenten
kurzfristig zur Pfropfung auf Temperaturen zwischen 180 - 250° C gebracht werden.
6. Verfahren nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnete daß nach Abkühlung der
ausgeformten Isolierung und anschließender Feuchtigkeitseinwirkung ausschließlich
im amorphen Bereich zwischen den Kristalliten des Polymermaterials wasserabstoßende
Siloxan-Gruppierungen gebildet werden.