(19)
(11) EP 0 028 670 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
20.05.1981  Patentblatt  1981/20

(21) Anmeldenummer: 80102963.8

(22) Anmeldetag:  28.05.1980
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3G21F 9/34, G21F 9/16
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE FR GB

(30) Priorität: 08.11.1979 DE 2945006

(71) Anmelder: KERNFORSCHUNGSZENTRUM KARLSRUHE GMBH
D-76050 Karlsruhe (DE)

(72) Erfinder:
  • Ondracek, Gerhard, Dr.
    D-7515 Linkenheim 1 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung von hochradioaktive Abfallstoffe enthaltenden Formkörpern


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von hochradioaktive Stoffe enthaltenden Formkörpern, bei welchem die Abfallstoffe in eine Glas-, Glaskeramik- oder Keramik-Matrix eingebettet werden. Mit der Erfindung sollen Verfestigungsprodukte mit verbesserten Eigenschaften bereitgestellt gestellt werden können, bei denen sowohl während der Herstellung als auch während der Langzeitlagerung eine homogeneVerteilung der inkorporierten Abfälle gewährleistet ist. Insbesondere sollen mechanische Spannungen, die die Gefahr von Rißbildung und Sprödbruch im Formkörper in sich bergen, vermieden werden. Dies kann dadurch erreicht werden, daß die Abfallstoffe

    a) in Form eines trockenen oder nahezu trockenen Pulvers mit einer Glas-, Glaskeramik- oder Keramik-Matrix in Granulat-oderPulverform oder

    b) in Form eines Schlammes mit Glas-, Glaskeramik- oder Keramik-Pulververdickt,


    mechanisch gemischt und im Falle von b) getrocknet werden, danach bei einem Druck im Bereich von 50 MPa bis 500 MPa gepreßt und anschließend unterhalb des Schmelzbereichs der Matrix im Entglasungsbereich gesintert oder im Bereich von 10 bis 50 MPa druckgesintert werden.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von hochradioaktive Abfallstoffe enthaltenden Formkörpern, bei welchem die Abfallstoffe in eine Glas- ,Glaskeramik- oder Keramik-Matrix eingebettet werden.

    [0002] Aus der Notwendigkeit einer Langzeitlagerung von hochradioaktiven Abfall enthaltenden Verfestigungsprodukten in beispielsweise Salzstöcken ergeben sich folgende Forderungen an derartige Endlagerungsprodukte:

    Das Produkt muß weitgehend im inneren thermochemischen Gleichgewicht sein, d.h. es muß sich in einem energetischen Minimalzustand befinden, da dies die z.Z. bestmögliche Gewähr für thermochemische Stabilität ist.

    Das Produkt muß so beschaffen sein, daß Wechselwirkungen mit der Umgebung nicht zu einem Sicherheitsrisiko werden können. Solche Wechselwirkungen sind nicht ausschließbar, da den realen Zustandsbedingungen gemäß und den möglichen Änderungen der Zustandsbedingungen über einen langen Zeitraum entsprechend ein Gleichgewicht zwischen dem Endlagerungsprodukt und seiner Umgebung in der Lagerstätte nicht gewährleistet werden kann.


    Werden diese Forderungen nicht erfüllt, so können

    durch Veränderungen im Produkt die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Kompcnenten oder Phasenumwandlungen oder dessen Eigenschaften, wie z.B. die Wärmeleitfähigkeit, Korrosionsresistenz oder Festigkeit, ungünstig verändert werden und durch chemische und/oder mechanische Wechselwirkung mit der Umgebung, wie Auslaugung oder mechanische Beanspruchung durch geologische Druck- und Scherkräfte, die Endlagerungsprodukte ganz oder teilweise zerstört werden.



    [0003] In jedem Falle wäre damit aber der unkontrollierbare Übertritt von hochradioakiven Spaltprodukten in die Biosphäre verbunden.

    [0004] Für die Endlagerung von hochradioaktivem Abfall ist dessen Einschmelzen in Glasblöcken vorgesehen. Dabei werden die im allgemeinen denitrierten Spaltproduktoxide zum Teil homogen im Glas gelöst. Der restliche Teil, vorwiegend Edelmetalle, liegt als heterogene Einschlüsse in der Glasmatrix vor. Die Verteilung dieser Einschlüsse ist bei dem derzeitigen Stand der Schmelztechnologie nicht reproduzierbar und makroskopisch meist nicht homogen.

    [0005] Da der Glaszustand ein Ungleichgewichtszustand ist, ist bei Langzeitlagerung mit Kristallisation zu rechnen. Diese beginnt nach bisherigen Erkenntnissen an den makroskopisch inhomogen verteilten, heterogenen Einschlüssen, die als Kristallisationskeime wirken. Es bilden sich kristallisierte Bereiche mit chemisch unterschiedlicher Zusammensetzung und Feinstruktur, die makroskopisch inhomogen in der verbleibenden Glasphase angeordnet sind. Die hochaktiven Spaltprodukte sind -- in unterschiedlicher Menge - vorwiegend in den kristallisierten Bereichen konzentriert. Diese haben wegen ihrer unterschiedlichen Zusammensetzung und Struktur, unterschiedliche thermische Ausdehnungskoeffizienten, was in einem Glasblock bei Endlagerung zu mechanischen Spannungen führt. Dabei erhöht insbesondere die makroskopisch inhomogene Verteilung der unterschiedlichen Kristallbereiche, letztlich ausgehend von der makroskopisch inhomogenen Verteilung der heterogenen Einschlüsse, die Gefahr von Rissbildung und Sprödbruch im Glasblock.

    [0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, in ihren Eigenschaften verbesserte Verfestigungsprodukteaus hochradioaktiven Abfällen und einer Glas-,Glaskeramik- cder Keramik-Matrix bereitzustellen, bei denen sowchl während der Herstellung als auch während der Langzeitlagerung eine homogene Verteilung der inkorporierten Abfälle gewährleistet ist. Es ist weiterhin Aufgabe der Erfindung, ein •) (DE-OS 26 57 265)

    [0007] Verfahren zu schaffen, mit welchem zwischen- und endlagerbare Formkörper solcher verbesserter Verfestigungsprodukte hergestellt werden können. Insbesondere sollen mechanische Spannungen, die die Gefahr von Rissbildung und Sprödbruch im Formkörper in sich bergen, vermieden werden.

    [0008] Die Aufgabe wird in überraschend einfacher Weise erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Abfallstoffe

    a) in Form eines trockenen oder nahezu trockenen Pulvers mit einer Glas-, Glaskeramik- cder Keramik-Matrix in Granulat-oder Pulver-Form oder

    b) in Form eines Schlammes mit Glas-, Glaskeramik- oder Keramik-Pulver verdickt,


    mechanisch gemischt und im Falle von b) getrocknet werden, danach bei einem Druck im Bereich von 5o MPa bis 5oo MPa gepreßt und anschließend unterhalb des Schmelzbereiches der Matrix im Entglasungsbereich gesintert oder im Bereich von lo bis 5o MPa druckgesintert werden.

    [0009] Erfindungsgemäß wird die Aufgabe aber auch in einer anderen Weise gelöst, nämlich dadurch, daß die Abfallstoffe zunächst in be-kannter Weise in eine Glas-, Glaskeramik- oder Keramik-Matrix eingeschmolzen werden, danach mechanisch zerkleinert oder gemahlen, das Zerkleinerungsgut bzw. das Mahlgut durchmischt und bei einem Druck im Bereich von 5o MPa bis 5oo MPa gepreßt und anschließend unterhalb des Schmelzbereiches der Matrix im Entglasungsbereich -gesintert oder im Bereich von lo bis 5o MPa druckgesintert werden.

    [0010] In einer besonderen Ausbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird der mit Glas-,Glaskeramik- oder Keramik-Pulver verdickte, die Abfallstoffe enthaltende Schlamm vor dem Trocknen im Schlickerguß verdichtet.

    [0011] Erfindungsgemäß wird bei einer Temperatur im Bereich von 5oo K bis 800 K gesintert oder druckgesintert.

    [0012] Mit beiden Lösungswegen entsteht ein Endprodukt mit homogenisiertem Aufbau, mit reduzierten, mechanischen Spannungsgradienten bei Erwärmung, wie sie bei einer Endlagerung auftreten wird, und somit mit erhöhter, mechanischer Stabilität des Endlagerblocks. Während des abschließenden Sinterns tritt mit der Formgebung eine Verdichtung und gleichzeitig bei geeigneten technologischen Bedingungen vorteilhafte Teilkristallisation ein, die lediglich kleine Kristalle erzeugt und eine unkontrollierte, willkürliche Bildung größerer Kristalle während der Endlagerung vermeidet.

    [0013] Der erste Lösungsweg bietet außerdem den Vorteil, daß die Glas-, bzw. Glaskeramik-/Keramik-Abfall-Mischung nicht aufgeschmolzen werden muß, die Bearbeitüngstemperaturen daher auf etwa zwei Drittel der schmelztechnelogisch notwendigen Temperaturen herabgesetzt werden können, viskositätsbedingte Fließprobleme vermieden werden und Tiegel-Reaktionen und Segregationserscheinungen der heterogenen Einschlüsse (Entmischung, inhomogene Verteilung) reduziert werden. Außerdem wird die bisher beim Erschmelzen unvermeidbare Abdampfung hochaktiver Bestandteile sehr stark reduziert.

    [0014] Je nach Durchführbarkeit der Wärmeabfuhr aus den inkorporierten Radionukliden und je nach den hiermit in Zusammenhang stehenden Block- bzw. Formkörpergrößen können bis zu 4o Gew.-% an radioaktivem Pulver in die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren verfestigten Endprodukte eingebracht werden.

    [0015] Im folgenden wird die Erfindung anhand einiger Beispiele näher erläutert. Die Erfindung ist jedoch auf diese Beispiele nicht beschränkt.

    Beispiel 1:



    [0016] Mit inaktiven Bestandteilen wurde eine simulierte, denitrierte Abfall-Lösung der folgenden Zusammensetzung hergestellt:



    [0017] Zur Verwendung im erfindungsgemäßen Verfahren wurde diese Lösung zur Trockne eingedampft und der Rückstand auf eine Partikelgröße von im Mittel lo bis 5oµm gemahlen (Abfallpulver). Grundsätzlich können auch andere Pulverfraktionen eingesetzt werden, doch wird man nicht zu fein gemahlene Pulverfraktionen nehmen, um eine Staubentwicklung möglichst auszuschließen.

    [0018] Zur Herstellung der Probeblöcke (Formkörper) wurden jeweils 15 Gewichtsteile des so erhaltenen Abfallpulvers mit 85 Gewichtsteilen einer ebenfalls auf eine Partikelgröße von im Mittel lo bis 15/um gemahlenen Glasfritte aus Borosilikatglas der Zusammensetzung (in Gew.-%):

    gut gemischt (beispielsweise 3 Stunden lang in einem Taumelmischer) und zu Zylinderblöcken mit 8 mm Durchmesser und 2o mm Höhe ohne Preßhilfe in einer Stahlmatrize kalt gepreßt mit Drücken zwichen 7o MPa und 3oo MPa. Danach wurden die so erhaltenen Preßlinge bei 600 K bis 800 K 24 Stunden lang gesintert und langsam abgekühlt. Untersuchungen der Blöcke zeigten eine sehr gute, makroskopisch homogene Verteilung der beiden Pulverkomponenten und stets Dichten über 92% der Schmelzlingsdichte (δs= 2,74 g/cm3).

    Beipiel 2:



    [0019] Zur Herstellung von Blöcken mit einem Durchmesser von 20o mm und 15o mm Höhe mit Hilfe von isostatischem Kaltpressen in einem flexiblen Gefäß, was für isostatische Formgebung Bedingung ist, wurde zunächst, wie in Beispiel 1 beschrieben, verfahren. Das Pulvergemisch wurde mit einem Druck von ca. 5oo MPa gepreßt. Danach wurden die Preßlinge lo bis 15 Stunden lang bei 600 K bis 800 K gesintert und anschließend getempert. Die angestrebte makroskopische Homogenität wurde auch bei diesen Proben erreicht. Die Dichte betrug etwa 95 % der Schmelzlingsdichte.

    Beispiel 3:



    [0020] Die in Beispiel 1 beschriebene Abfall- und Glas-Pulvermischung wurde in eine Graphit-Form mit Graphitstempel eingefüllt und ohne vorangehendes Kaltpressen unter gleichzeitiger Aufgabe eines Druckes von lo bis 4o MPa bei ca. 600 K (indirekte Beheizung) heißgepreßt bzw. druckgesintert. Für die Blöcke mit einem Durchmesser von 2o mm und einer Höhe von 25 mm war eine Behandlungsdauer von lo Minuten ausreichend. Es wurde eine Dichte von 97 % der Schmelzlingsdichte an den Blöcken festgestellt, sowie die gewünschte makroskopische Homogenität.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung von hochradioaktive Abfallstoffe enthaltenden Formkörpern, bei welchem die Abfallstoffe in eine Glas-, Glaskeramik- oder Keramik-Matrix eingebettet werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Abfallstoffe

    a) in Form eines trockenen oder nahezu trockenen Pulvers mit der Glas-, Glaskeramik- oder Keramik-Matrix in Granulat-oder Pulver-Form oder

    b) in Form eines Schlammes mit Glas-, Glaskeramik- oder Keramik-Pulver verdickt,


    mechanisch gemischt und im Falle b) getrocknet werden, danach bei einem Druck im Bereich von 5o MPa bis 5oo MPa gepreßt und anschließend unterhalb des Schmelzbereiches der Matrix im Entglasungsbereich gesintert oder im Bereich von lo bis 5o MPa druckgesintert werden.
     
    2. Verfahren zur Herstellung von hochradioaktive Abfallstoffe enthaltenden Formkörpern, bei welchem die Abfallstoffe in eine Glas-,Glaskeramik- oder Keramik-Matrix eingebettet werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Abfallstoffe zunächst in bekannter Weise in eine Glas-,Glaskeramik- oder Keramik-Matrix eingeschmolzen werden, danach mechanisch zerkleinert oder gemahlen, das Zerkleinerungsgut bzw. das Mahlgut durchmischt und bei einem Druck im Bereich von 5o MPa bis 5oo MPa gepreßt und anschließend unterhalb des Schmelzbereiches der Matrix im Entglasungsbereich gesintert oder im Bereich von lo bis 5o MPa druckgesintert werden.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der mit Glas-, Glaskeramik- oder Keramik-Pulver verdickte, die Abfallstoffe enthaltende Schlamm vor dem Trocknen im Schlickerguß verdichtet wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß bei einer Temperatur im Bereich von 5oo K bis 800 K gesintert oder druckgesintert wird.
     





    Recherchenbericht