[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von hochradioaktive Abfallstoffe
enthaltenden Formkörpern, bei welchem die Abfallstoffe in eine Glas- ,Glaskeramik-
oder Keramik-Matrix eingebettet werden.
[0002] Aus der Notwendigkeit einer Langzeitlagerung von hochradioaktiven Abfall enthaltenden
Verfestigungsprodukten in beispielsweise Salzstöcken ergeben sich folgende Forderungen
an derartige Endlagerungsprodukte:
Das Produkt muß weitgehend im inneren thermochemischen Gleichgewicht sein, d.h. es
muß sich in einem energetischen Minimalzustand befinden, da dies die z.Z. bestmögliche
Gewähr für thermochemische Stabilität ist.
Das Produkt muß so beschaffen sein, daß Wechselwirkungen mit der Umgebung nicht zu
einem Sicherheitsrisiko werden können. Solche Wechselwirkungen sind nicht ausschließbar,
da den realen Zustandsbedingungen gemäß und den möglichen Änderungen der Zustandsbedingungen
über einen langen Zeitraum entsprechend ein Gleichgewicht zwischen dem Endlagerungsprodukt
und seiner Umgebung in der Lagerstätte nicht gewährleistet werden kann.
Werden diese Forderungen nicht erfüllt, so können
durch Veränderungen im Produkt die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Kompcnenten
oder Phasenumwandlungen oder dessen Eigenschaften, wie z.B. die Wärmeleitfähigkeit,
Korrosionsresistenz oder Festigkeit, ungünstig verändert werden und durch chemische
und/oder mechanische Wechselwirkung mit der Umgebung, wie Auslaugung oder mechanische
Beanspruchung durch geologische Druck- und Scherkräfte, die Endlagerungsprodukte ganz
oder teilweise zerstört werden.
[0003] In jedem Falle wäre damit aber der unkontrollierbare Übertritt von hochradioakiven
Spaltprodukten in die Biosphäre verbunden.
[0004] Für die Endlagerung von hochradioaktivem Abfall ist dessen Einschmelzen in Glasblöcken
vorgesehen. Dabei werden die im allgemeinen denitrierten Spaltproduktoxide zum Teil
homogen im Glas gelöst. Der restliche Teil, vorwiegend Edelmetalle, liegt als heterogene
Einschlüsse in der Glasmatrix vor. Die Verteilung dieser Einschlüsse ist bei dem derzeitigen
Stand der Schmelztechnologie nicht reproduzierbar und makroskopisch meist nicht homogen.
[0005] Da der Glaszustand ein Ungleichgewichtszustand ist, ist bei Langzeitlagerung mit
Kristallisation zu rechnen. Diese beginnt nach bisherigen Erkenntnissen an den makroskopisch
inhomogen verteilten, heterogenen Einschlüssen, die als Kristallisationskeime wirken.
Es bilden sich kristallisierte Bereiche mit chemisch unterschiedlicher Zusammensetzung
und Feinstruktur, die makroskopisch inhomogen in der verbleibenden Glasphase angeordnet
sind. Die hochaktiven Spaltprodukte sind -- in unterschiedlicher Menge - vorwiegend
in den kristallisierten Bereichen konzentriert. Diese haben wegen ihrer unterschiedlichen
Zusammensetzung und Struktur, unterschiedliche thermische Ausdehnungskoeffizienten,
was in einem Glasblock bei Endlagerung zu mechanischen Spannungen führt. Dabei erhöht
insbesondere die makroskopisch inhomogene Verteilung der unterschiedlichen Kristallbereiche,
letztlich ausgehend von der makroskopisch inhomogenen Verteilung der heterogenen Einschlüsse,
die Gefahr von Rissbildung und Sprödbruch im Glasblock.
[0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, in ihren Eigenschaften verbesserte Verfestigungsprodukteaus
hochradioaktiven Abfällen und einer Glas-,Glaskeramik- cder Keramik-Matrix bereitzustellen,
bei denen sowchl während der Herstellung als auch während der Langzeitlagerung eine
homogene Verteilung der inkorporierten Abfälle gewährleistet ist. Es ist weiterhin
Aufgabe der Erfindung, ein •) (DE-OS 26 57 265)
[0007] Verfahren zu schaffen, mit welchem zwischen- und endlagerbare Formkörper solcher
verbesserter Verfestigungsprodukte hergestellt werden können. Insbesondere sollen
mechanische Spannungen, die die Gefahr von Rissbildung und Sprödbruch im Formkörper
in sich bergen, vermieden werden.
[0008] Die Aufgabe wird in überraschend einfacher Weise erfindungsgemäß dadurch gelöst,
daß die Abfallstoffe
a) in Form eines trockenen oder nahezu trockenen Pulvers mit einer Glas-, Glaskeramik-
cder Keramik-Matrix in Granulat-oder Pulver-Form oder
b) in Form eines Schlammes mit Glas-, Glaskeramik- oder Keramik-Pulver verdickt,
mechanisch gemischt und im Falle von b) getrocknet werden, danach bei einem Druck
im Bereich von 5o MPa bis 5oo MPa gepreßt und anschließend unterhalb des Schmelzbereiches
der Matrix im Entglasungsbereich gesintert oder im Bereich von lo bis 5o MPa druckgesintert
werden.
[0009] Erfindungsgemäß wird die Aufgabe aber auch in einer anderen Weise gelöst, nämlich
dadurch, daß die Abfallstoffe zunächst in be-kannter Weise in eine Glas-, Glaskeramik-
oder Keramik-Matrix eingeschmolzen werden, danach mechanisch zerkleinert oder gemahlen,
das Zerkleinerungsgut bzw. das Mahlgut durchmischt und bei einem Druck im Bereich
von 5o MPa bis 5oo MPa gepreßt und anschließend unterhalb des Schmelzbereiches der
Matrix im Entglasungsbereich -gesintert oder im Bereich von lo bis 5o MPa druckgesintert
werden.
[0010] In einer besonderen Ausbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird der mit Glas-,Glaskeramik-
oder Keramik-Pulver verdickte, die Abfallstoffe enthaltende Schlamm vor dem Trocknen
im Schlickerguß verdichtet.
[0011] Erfindungsgemäß wird bei einer Temperatur im Bereich von 5oo K bis 8
00 K gesintert oder druckgesintert.
[0012] Mit beiden Lösungswegen entsteht ein Endprodukt mit homogenisiertem Aufbau, mit reduzierten,
mechanischen Spannungsgradienten bei Erwärmung, wie sie bei einer Endlagerung auftreten
wird, und somit mit erhöhter, mechanischer Stabilität des Endlagerblocks. Während
des abschließenden Sinterns tritt mit der Formgebung eine Verdichtung und gleichzeitig
bei geeigneten technologischen Bedingungen vorteilhafte Teilkristallisation ein, die
lediglich kleine Kristalle erzeugt und eine unkontrollierte, willkürliche Bildung
größerer Kristalle während der Endlagerung vermeidet.
[0013] Der erste Lösungsweg bietet außerdem den Vorteil, daß die Glas-, bzw. Glaskeramik-/Keramik-Abfall-Mischung
nicht aufgeschmolzen werden muß, die Bearbeitüngstemperaturen daher auf etwa zwei
Drittel der schmelztechnelogisch notwendigen Temperaturen herabgesetzt werden können,
viskositätsbedingte Fließprobleme vermieden werden und Tiegel-Reaktionen und Segregationserscheinungen
der heterogenen Einschlüsse (Entmischung, inhomogene Verteilung) reduziert werden.
Außerdem wird die bisher beim Erschmelzen unvermeidbare Abdampfung hochaktiver Bestandteile
sehr stark reduziert.
[0014] Je nach Durchführbarkeit der Wärmeabfuhr aus den inkorporierten Radionukliden und
je nach den hiermit in Zusammenhang stehenden Block- bzw. Formkörpergrößen können
bis zu 4o Gew.-% an radioaktivem Pulver in die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren
verfestigten Endprodukte eingebracht werden.
[0015] Im folgenden wird die Erfindung anhand einiger Beispiele näher erläutert. Die Erfindung
ist jedoch auf diese Beispiele nicht beschränkt.
Beispiel 1:
[0016] Mit inaktiven Bestandteilen wurde eine simulierte, denitrierte Abfall-Lösung der
folgenden Zusammensetzung hergestellt:

[0017] Zur Verwendung im erfindungsgemäßen Verfahren wurde diese Lösung zur Trockne eingedampft
und der Rückstand auf eine Partikelgröße von im Mittel lo bis 5oµm gemahlen (Abfallpulver).
Grundsätzlich können auch andere Pulverfraktionen eingesetzt werden, doch wird man
nicht zu fein gemahlene Pulverfraktionen nehmen, um eine Staubentwicklung möglichst
auszuschließen.
[0018] Zur Herstellung der Probeblöcke (Formkörper) wurden jeweils 15 Gewichtsteile des
so erhaltenen Abfallpulvers mit 85 Gewichtsteilen einer ebenfalls auf eine Partikelgröße
von im Mittel lo bis 15
/um gemahlenen Glasfritte aus Borosilikatglas der Zusammensetzung (in Gew.-%):

gut gemischt (beispielsweise 3 Stunden lang in einem Taumelmischer) und zu Zylinderblöcken
mit 8 mm Durchmesser und 2o mm Höhe ohne Preßhilfe in einer Stahlmatrize kalt gepreßt
mit Drücken zwichen 7o MPa und 3oo MPa. Danach wurden die so erhaltenen Preßlinge
bei 6
00 K bis 8
00 K 24 Stunden lang gesintert und langsam abgekühlt. Untersuchungen der Blöcke zeigten
eine sehr gute, makroskopisch homogene Verteilung der beiden Pulverkomponenten und
stets Dichten über 92% der Schmelzlingsdichte (δ
s= 2,74 g/cm
3).
Beipiel 2:
[0019] Zur Herstellung von Blöcken mit einem Durchmesser von 2
0o mm und 15o mm Höhe mit Hilfe von isostatischem Kaltpressen in einem flexiblen Gefäß,
was für isostatische Formgebung Bedingung ist, wurde zunächst, wie in Beispiel 1 beschrieben,
verfahren. Das Pulvergemisch wurde mit einem Druck von ca. 5oo MPa gepreßt. Danach
wurden die Preßlinge lo bis 15 Stunden lang bei 6
00 K bis 8
00 K gesintert und anschließend getempert. Die angestrebte makroskopische Homogenität
wurde auch bei diesen Proben erreicht. Die Dichte betrug etwa 95 % der Schmelzlingsdichte.
Beispiel 3:
[0020] Die in Beispiel 1 beschriebene Abfall- und Glas-Pulvermischung wurde in eine Graphit-Form
mit Graphitstempel eingefüllt und ohne vorangehendes Kaltpressen unter gleichzeitiger
Aufgabe eines Druckes von lo bis 4o MPa bei ca. 6
00 K (indirekte Beheizung) heißgepreßt bzw. druckgesintert. Für die Blöcke mit einem
Durchmesser von 2o mm und einer Höhe von 25 mm war eine Behandlungsdauer von lo Minuten
ausreichend. Es wurde eine Dichte von 97 % der Schmelzlingsdichte an den Blöcken festgestellt,
sowie die gewünschte makroskopische Homogenität.
1. Verfahren zur Herstellung von hochradioaktive Abfallstoffe enthaltenden Formkörpern,
bei welchem die Abfallstoffe in eine Glas-, Glaskeramik- oder Keramik-Matrix eingebettet
werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Abfallstoffe
a) in Form eines trockenen oder nahezu trockenen Pulvers mit der Glas-, Glaskeramik-
oder Keramik-Matrix in Granulat-oder Pulver-Form oder
b) in Form eines Schlammes mit Glas-, Glaskeramik- oder Keramik-Pulver verdickt,
mechanisch gemischt und im Falle b) getrocknet werden, danach bei einem Druck im Bereich
von 5o MPa bis 5oo MPa gepreßt und anschließend unterhalb des Schmelzbereiches der
Matrix im Entglasungsbereich gesintert oder im Bereich von lo bis 5o MPa druckgesintert
werden.
2. Verfahren zur Herstellung von hochradioaktive Abfallstoffe enthaltenden Formkörpern,
bei welchem die Abfallstoffe in eine Glas-,Glaskeramik- oder Keramik-Matrix eingebettet
werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Abfallstoffe zunächst in bekannter Weise in
eine Glas-,Glaskeramik- oder Keramik-Matrix eingeschmolzen werden, danach mechanisch
zerkleinert oder gemahlen, das Zerkleinerungsgut bzw. das Mahlgut durchmischt und
bei einem Druck im Bereich von 5o MPa bis 5oo MPa gepreßt und anschließend unterhalb
des Schmelzbereiches der Matrix im Entglasungsbereich gesintert oder im Bereich von
lo bis 5o MPa druckgesintert werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der mit Glas-, Glaskeramik-
oder Keramik-Pulver verdickte, die Abfallstoffe enthaltende Schlamm vor dem Trocknen
im Schlickerguß verdichtet wird.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß bei einer Temperatur im
Bereich von 5oo K bis 800 K gesintert oder druckgesintert wird.