(19)
(11) EP 0 029 906 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
10.06.1981  Patentblatt  1981/23

(21) Anmeldenummer: 80106296.9

(22) Anmeldetag:  16.10.1980
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C14C 1/00, C14C 3/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 24.10.1979 DE 2942858

(71) Anmelder: BASF Aktiengesellschaft
67063 Ludwigshafen (DE)

(72) Erfinder:
  • Lassen, Knud
    D-6840 Lampertheim (DE)
  • Knaflic, France
    D-6710 Frankenthal (DE)
  • Leppmeier, Franz Dr.
    D-6700 Ludwigshafen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Verminderung der Reibung bei Nassprozessen der Lederherstellung


    (57) In der Praxis der Lederherstellung werden im Zuge der Rationalisierung immer größere Gefäße und immer kürzere Flotten für die Naßprozesse verwendet, wodurch die Reibung der Häute und Felle an den Gefäßwänden und aneinander zunimmt. Dadurch kommt es immer häufiger zu mechanischen Beschädigungen der Rohware, und wegen Verwicklung der Häute zu schlechterer Verteilung der Chemikalien. Dem hilft die Erfindung ab, indem pro Liter Flotte 0,05 bis 2 g eines wasserlöslichen Polymeren mit einem K-Wert nach Fikentschervon über 150 als Gleitmittel eingesetztwerden.


    Beschreibung


    [0001] In der Praxis der Lederherstellung werden im Zuge der Rationalisierung immer größere Gefäße und immer kürzere Flotten für die Naßprozesse verwendet, wodurch die Reibung der Häute und Felle an den Gefäßwänden und aneinander zunimmt. Dadurch kommt es immer häufiger zu mechanischen Beschädigungen der Rohware, und wegen Verwicklung der Häute zu schlechterer Verteilung der Chemikalien.

    [0002] Es wurde daher schon versucht, die Reibung durch Zugabe von Gleitmitteln zu-vermindern; z.B. werden für diesen Zweck, besonders in den USA, bei der Gerbung und Nachgerbung Produkte auf Basis von natürlichen Phyllosilikaten (Silikate mit Schichtstruktur) eingesetzt. Sie führen jedoch häufig zu Schwierigkeiten beim Färben des Leders.

    [0003] Der Erfindung lag daher die Aufgabe zugrunde, ein inertes, d.h. bei keinem Arbeitsgang der Lederherstellung störendes Gleitmittel für die Naßprozesse, insbesondere für die Weiche und den Äscher, zu entwickeln. Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren gemäß den Ansprüchen gelöst.

    [0004] Mit Naßprozessen sind Arbeitsgänge in der Wasserwerkstatt von der Weiche über den Äscher, die Entkälkung, den Pickel, die Gerbung, die Nachgerbung bis zur Färbung gemeint.

    [0005] Als erfindungsgemäß einzusetzende wasserlösliche Polymere sind in erster Linie carboxylgruppenhaltige Polymere geeignet, beispielsweise Polymerisate der Acrylsäure, Methacrylsäure, partiell verseifte Poly-(meth-)acrylester, Jeweils partiell verseiftes Poly-(meth-)acrylnitril oder Poly-(meth-)acrylamid, Carboxymethylcellulose, Copolymerisate des Maleinsäureanhydrids mit copolymerisierbaren Monomeren, wie Styrol; Vinylisobutyläther; Äthylen; 1-Olefinen, wie Isobuten, wobei die Anhydridgruppen des Polymerisates hydrolisiert und die entstandenen Carboxylgruppen durch Basen neutralisiert sind. Weniger bevorzugt, aber auch geeignet sind wasserlösliche Hochpolymere ohne Carboxylgruppen, beispielsweise Poly-(meth-)acrylamid, Polyvinylalkohol, Polyvinylpyrrolidon, Polyäthylenoxid, kationische, d.h. Aminogruppen enthaltende Poly-(meth-)acrylester, beispielsweise Acryloyloxyäthyl-diäthylamin sowie von sämtlichen genannten Monomeren mit und ohne Carboxylgruppen die Copolymerisate untereinander und mit anderen, copolymerisierbaren Monomeren in solchen Mengen, daß die Polymerisate noch ausreichend wasserlöslich sind (mindestens 2 g/l). Bei reinmineralisch (kationisch) gegerbtem Leder werden kationische und nichtionische wasserlösliche Polymere bevorzugt.

    [0006] Die Polymeren kommen in Konzentrationen von 0,05 bis 2, vorzugsweise 0,2 bis 1,7 g/1 zur Anwendung. Darunter ist die Wirkung zu gering; andererseits ist mehr nicht nötig und auch nicht wünschenswert, weil das Gleitmittel später wieder ausgewaschen werden muß und das Abwasser belastet.

    [0007] Entscheidend für die Eignung der Polymeren im Sinne der Erfindung ist (neben ihrer ausreichenden Wasserlöslichkeit) deren Molekulargewicht. Dieses wird hier gemessen durch den K-Wert nach H.Fikentscher, Cellulosechemie 13 (1932), Seiten 58 bis 64 und 71 bis 74, und zwar in 1 %iger Konzentration in einer 5 %igen Kochsalzlösung bei 20°C. Er soll mehr als 150, vorzugsweise 180 bis 250 betragen. Polymere mit niedrigeren K-Werten geben nicht oder (infolge Absorption durch die Haut) nur vorübergehend den gewünschten Gleiteffekt, solche mit wesentlich höheren K-Werten sind in der Regel schwer herstellbar.

    [0008] Gemäß der FR-PS 1 415 763 wird Polyacrylsäure mit einer Engler-Viskosität bei 25°C in 20 %iger wäßriger Lösung von 1 bis 50, vorzugsweise 2 bis 8, beim Pickeln und Gerben mitverwendet. Eine Verminderung der Reibung der Häute ist dort nicht erwähnt, dazu wäre das Molekulargewicht der Polyacrylsäure auch viel zu gering.

    [0009] Das gleiche gilt für die quaternäre Ammoniumsalze enthaltenden Copolymerisate der Acrylsäure, die gemäß DE-OS 19 30 225 beim Behandeln, insbesondere beim Gerben von Häuten mitverwendet werden und eine Engler--Viskosität bei 20°C in 20 %iger wäßriger Lösung von 1,2 bis 2,5 bzw. Molekulargewichte von 1000 bis 50.000 aufweisen.

    [0010] Die Molekulargewichte der erfindungsgemäß einzusetzenden wasserlöslichen Polymeren liegen in der Größenordnung von Millionen. 20 %ige Lösungen von ihnen sind nicht mehr handhabbar. Schon bei etwa 1 % ist die Lösung im allgemeinen viskos und daher im Sinne der Erfindung nicht mehr brauchbar. Die Ansprüche basieren auf dem K-Wert und nicht auf dem Molekulargewicht, weil ersterer unvergleichlich viel einfacher und sicherer zu bestimmen ist.

    [0011] Mit einem derartigen Zusatz werden über die gewünschte Gleitwirkung und damit über die Vermeidung von Scheuerstellen und Falten hinaus noch zusätzliche Vorteile erzielt:

    1. sehr feinporiges, geschlossenes, glattes Narbenbild;

    2. obwohl das Gleitmittel nach dem Äschern entfernt werden muß, damit die weitere mechanische Bearbeitung nicht erschwert wird, können die Spülvorgänge verkürzt werden (Wasser- und Zeiteinsparung);

    3. die Blößen sind sauberer, Färbungen werden brillanter und egaler;

    4. die Sedimentation von Feststoffen im Abwasser wird beschleunigt;

    5. beim Gerben wird als indirekte Folge der Verbesserung des Gleitens eine bessere Chemikalienverteilung und langsamerer Temperaturanstieg und damit eine bessere Lederqualität erreicht;

    6. bei modernen Gefäßen (Y-Gefäße und Mischer) wird ein Verwickeln der Häute und Felle weitgehend vermieden;

    7. bei der Nachgerbung, besonders von dünnen Ledern, können die Fässer ohne Gefahr des Verknotens der Leder stärker beladen werden;

    8. der Abfall durch Zerreißen wird vermindert, also das Rendement verbessert;

    9. Der Energieaufwand zum Rotieren der Fässer wird vermindert.


    Beispiel 1



    [0012] Weichen von Rindhäuten im Mischer Prozentangaben bezogen auf das Salzgewicht



    [0013] Keine Verwicklung der Häute im vollbeladenen Mischer und beim Entladen desselben.

    Beispiel 2



    [0014] Weiche von getrockneten Ziegenfellen im Faß Prozentangaben bezogen auf das Trockengewicht

    [0015] Vorweiche:



    [0016] Hauptweiche:



    [0017] Kein Verfilzen der Haare, dadurch bessere Weichwirkung, leichteres Entladen der Häute.

    Beispiel 3



    [0018] Äscher für Rindhäute im Faß Prozentangaben bezogen auf das Salzgewicht



    [0019] Gegenüber einem Äscher ohne den erfindungsgemäßen Zusatz sind die Chemikalien besser verteilt, dadurch bessere Lederqualität (Verminderung der schlechten Enthaarung in der Schultergegend); der Energieverbrauch beim Rotieren der Fässer ist geringer; die Bildung von Scheuerstellen und "falschen Rücken" wird weitgehend vermieden, auch das Einrollen bei der Verarbeitung von Hälften tritt nicht mehr auf; schließlich sind die Blößen deutlich sauberer, obwohl Spülzeit und Spülwasserverbrauch geringer sind als sonst üblich.

    "Beispiel 4



    [0020] Hauptweiche und Äscher für Rindhäute im Mixer Prozentangaben bezogen auf das Salzgewicht:



    [0021] Auch hier treten keine Scheuerstellen und kein Verwickeln der Häute auf, auch nicht bei voller Beladung des Mischers; die Chemikalienverteilung ist verbessert, der Energieaufwand für das Rotieren der Fässer vermindert. Das Spülen kann abgekürzt werden.

    Beispiel 5



    [0022] Äscher für Kleintierfelle im Faß Prozentangaben bezogen auf das Streckgewicht

    Die Blößen sind schneller durchgeäschert, glatter und haben einen feineren Narben als bei einem Äscher ohne den erfindungsgemäßen Zusatz. Auch das Spülen geht schneller.

    Beispiel 6



    [0023] Chromgerbung von Rindhäuten im 3-Kammer-Gefäß Prozentangaben bezogen auf das Blößengewicht Pickel, Gerbung:



    [0024] Die Temperatur steigt auch bei voller Beladung geringer als ohne den erfindungsgemäßen Zusatz; die Leder verwickeln sich nicht und weisen ein glatteres und geschlosseneres Narbenbild auf.

    Beispiel 7



    [0025] Nachgerbung von Polsterleder 1,2 mm im Faß Prozentangaben berechnet auf Chromfalzgewicht Waschen:



    [0026] Entsäuerung:



    [0027] Nachgerbung:



    [0028] Keine Verwicklungsgefahr bei voller Beladung; weniger Abrißstücke, dadurch bessere Flächenausbeute; egalere Färbung durch gleichmäßigere Chemikalienverteilung.

    Beispiel 8 '



    [0029] Pflanzliche Gerbung vorgegerbter ungespaltener Häute im Faß

    [0030] Prozentangaben bezogen auf das Blößengewicht

    [0031] Ausgerbung:



    [0032] Es bilden sich kaum Scheuerstellen oder "falsche Rücken"; die Temperatur steigt nur schwach an; die Chemikalienverteilung ist besser und die Lederfarbe heller als ohne den erfindungsgemäßen Zusatz.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Verminderung der Reibung bei Naßprozessen der Lederherstellung durch Zusatz von Gleitmitteln, dadurch gekennzeichnet, daß man als Gleitmittel pro Liter Flotte 0,05 bis 2 g eines wasserlöslichen Polymeren mit einem K-Wert nach Fikentscher von > 150 einsetzt.
     
    2. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man carboxylgruppenhaltige Polymere einsetzt.
     





    Recherchenbericht