(19)
(11) EP 0 031 440 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
08.07.1981  Patentblatt  1981/27

(21) Anmeldenummer: 80107141.6

(22) Anmeldetag:  18.11.1980
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C23G 1/28, B22D 31/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 19.12.1979 DE 2951130

(71) Anmelder: Degussa Aktiengesellschaft
D-60311 Frankfurt (DE)

(72) Erfinder:
  • Baudis, Ulrich, Dipl.-Chem. Dr.
    D-6450 Hanau 9 (DE)
  • Biberbach, Peter, Ing.-grad.
    D-6458 Rodenbach (DE)
  • Weber, Wolfgang
    D-8757 Karlstein (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Ablösen von Formsandresten an Gussteilen


    (57) Zum Ablösen von insbesondere zirkon- und titanoxidhaltigen Formsandresten auf Gußteilen verwendet man bisher mechanische und elektrochemische Verfahren in Salzschmelzen. Diese Verfahren sind jedoch sehr aufwendig, greifen die Oberfläche der Gußstücke an oder versagen bei schwerlöslichen Formsandbestandteilen. Diese Nachteile vermeidet man beim Einbringen der mit Formsandresten behafteten Gußteile in eine Schmelze aus 55 bis 97 Gew.%Alkalihydroxid und 3 bis45 Gew.%eines oder mehrerer Fluoride der Elemente der 1. bis 3. Hauptgruppe des Periodischen Systems der Elemente und/oder Zink bei 400 bis 800° C. Vorzugsweise enthalten die Salzschmelzen noch zusätzliche 1 bis 40% einer Bor-Sauerstoff- und/oder einer Borfluor-Verbindung.


    Beschreibung


    [0001] Verfahren zum Ablösen von Formsandresten an Gußteilen.

    [0002] Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zum Ablösen von zirkonoxid und/oder titanoxidhaltigen Formsandresten an Gußteilen in Salzschmelzen.

    [0003] Kompliziert geformte Bauteile für den Maschinen- oder Gerätebau werden häufig aus Stahlguß mittels Präzisionsgießverfahren hergestellt. Neben den üblichen Formsanden, die meist aus reinem Quarz oder aus Quarz- Aluminiumoxid-Gemischen bestehen, verwendet man zur Verbesserung der Maßhaltigkeit und zur Schaffung einer sauberen, glatten Oberfläche bei der Herstellung der Gußformen auch Zirkonoxid, Titanoxid oder andere Metalloxide. Zirkonoxidhaltige Formsande haben sich besonders bewährt und werden in der Feingußtechnik viel verwendet.

    [0004] Besonders bei kompliziert geformten Gußteilen besteht das Problem, dass nach dem Zerschlagen der Gußform noch Reste des Formsandes sehr fest an der Oberfläche des ausgebetteten Gußstücks haften und sich insbesondere aus Hohlräumen, kompliziert geformten Vertiefungen oder Bohrungen nur schwer entfernen lassen.

    [0005] Zum Entfernen dieser Formsandrückstände wendet, man in der Technik normalerweise mechanische und chemische Reinigungsverfahren an.

    [0006] Im allgemeinen werden Formsandreste mit Hammer und Meißel, mit Widia-Bohrern, durch Ausschaben, Abschleifen oder Abscheuern von Hand vorgereinigt, die Endreinigung erfolgt danach meist durch mehrmaliges Sand-oder Kugelstrahlen bzw. Anwendung der verschiedenartigsten Strahlverfahren (Schleuderstrahlen, Naßputzeni oder Strahlmittel (Stahlkies). Diese memechanischen Verfahren weisen mehrere Nachteile auf. Sie erzeugen hohe Betriebskosten, da sie lohn- und arbeitsintensiv sind und besitzen gesundheitliche Risiken, da Silikosegefahr besteht. Als weitere Nachteile sind der hohe Verschleiss an Werkzeugen (z.B.. Widiabohrer, Schleifscheiben etc.) zu nennen und der hohe Ausschuss, der insbesondere durch Kantenabrundung bei den Strahlverfahren entsteht. Daneben können besonders verwickelte Formsandkerne mechanisch unter Umständen überhaupt nicht entfernt werden.

    [0007] Wo der Einsatz mechanischer Reinigungsmethoden versagt,z.B. bei tiefen Hohlräumen, gekrümmten oder sehr feinen Bohrungen etc., bedient man sich chemischer Methoden.

    [0008] Dazu werden die Gußteile oft über viele Stunden,ja Tage hinweg in heisser wässriger Natronlauge oder mit wässriger Flußsäure behandelt (z.B. Gießerei 66 (1979), 406 oder Fonderie 227 (1965), 29.) Ferner sind Verfahren bekannt, bei denen die zu reinigenden Gußstücke in Salzschmelzen getaucht und elektrochemisch entsandet werden (Werkstoff und Betrieb 107 (1974) 101).

    [0009] Die bekannten chemischen Methoden versagen insbesondere dann, wenn schwerlösliche, chemisch inerte Metalloxide, wie Zirkonoxid oder Titanoxid, im Formsand enthalten sind. Solche Formsande werden aber gerade beim Präzisionsguß häufig verwendet. Man ist dann im allgemeinen völlig auf die mechanische Reinigung angewiesen.

    [0010] Die bisher angewendeten Reinigungsverfahren in der Gießereitechnik werden daher in der Fachliteratur ganz allgemein noch als sehr verbesserungswürdig bezeichnet.

    [0011] Es war daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zum Ablösen von insbesondere zirkonoxid-und/oder titanoxidhaltigen Formsandresten an Gußteilen in Salzschmelzen zu finden, mit dem sich auch schwerlösliche, chemisch inerte Metalloxide ohne Anlegung eines elektrischen Stromes ablösen lassen.

    [0012] Diese Aufgabe wurde erfindungsgemäss dadurch gelöst, dass die mit Formsandresten behafteten Gußteile in eine Schmelze von 55 - 97 Gew.% Alkalihydroxid und 3 bis 45 Gew.% eines oder mehrerer Fluoride der Elemente der 1. bis 3. Hauptgruppe des Periodischen Systems der Elemente und/oder von Zink eingebracht und bei Temperaturen von 400 bis 800°C behandelt werden. Vorteilhaft ist es, der Schmelze noch zusätzlich 1 bis 40 Gew.% einer Borsauerstoff- und/oder Borfluorverbindung zuzusetzen, wobei als Zusätze vor allem Alkali- und/oder Erdalkaliborate, Natriummeta- oder-orthoborat, Eisen-oder Zinkborat, Borsäure, Bortrifluorid oder ein Alkalihydroxiborat der allgemeinen Formel M [B (OH4-xFx] (M = Li, Na, K ; x = 1 - 3) verwendet werden können. Besonders bewährt haben sich Salzschmelzen, die Natriumhydroxid, Natriumfluorid und wasserfreien Borax im Gewichtsverhältnis 3 : 1 : 1 bei Temperaturen von 650 bis 750oC, oder 80 bis 95 Gew.% Natriumhydroxid 5 bis 20 Gew.% Kalzium- und/oder Bariumfluorid und bis zu 10 Gew.% Borax enthalten.

    [0013] Das erfindungsgemässe Verfahren vermeidet die im Stand der Technik genannten Probleme und führt in kurzer Zeit zu einer hervorragenden Reinigung der Gußteile. Es weist dabei eine Reihe technischer und wirtschaftlicher Vorteile auf.

    [0014] So entfällt z.B. die mühevolle mechanische Reinigung durch Ausbohren, Abschleifen, Ausschaben etc. Die damit verbundenen Nachteile, wie hoher Werkzeugverschleiss und Silikosegefahr, werden vermieden. Beim Reinigen in der Salzschmelze kommt die wahre, unverfälschte Oberfläche der Gußteile zum Vorschein. Es erfolgt keine Abrundung der Kanten und Ecken oder ein Oberflächenabtrag wie etwa beim Sandstrahlen. Die unerwünschte Gußhaut aus Ferrosilikat wird dagegen abgelöst.

    [0015] Auch sehr kompliziert geformte Gußteile, bei denen die mechanische Reinigung besonders aufwendig, zeitraubend oder gar unmöglich ist, können rasch und quantitativ gesäubert werden. Während zirkonoxidhaltige Formsande in den bisher üblicherwese verwendeten Salzschmelzen, wie Alkalihydroxidgemischen oder Hydroxid-Nitrat-Gemischen, auch bei langen Behandlung sdauern so gut wie unlöslich sind, gewährleistet die erfindungsgemässe Schmelze eine rasche und rückstandslose Beseitigung der Formsandreste.

    [0016] Überraschenderweise wurde gefunden, dass nicht Hydroxid-, Fluorid- oder Boratschmelzen für sich alleine zur Auflösung zirkon- oder titanoxidhaltiger Formsande geeignet sind, sondern erst die Kombination zweier oder besser aller dreier Komponenten in definiertem Gewichtsverhältnis dieses bewirkt und zu einen Optimum an Lösevermögen bei nur geringem Korrosionsangriff auf den Stahlguß führt. Eine Mischung aus Alkalihydroxid und einem Fluorid ist geeignet, bei 400 bis 800°C Formsandreste abzulösen. Der Zusatz einer Bor-Sauerstoff-Verbindung bewirkt darüber hinaus eine Minderung des Korrosionsangriffs und verstärkt das Lösevermögen beträchtlich, so dass die Gußteile gereinigt und metallisch blank nach Behandlungsdauern von 10 - 60 Minuten aus dem Bad entnommen werden können. Bei reinen Hydroxid-Fluorid-Schmelzen hat sich besonders Kalziumfluorid bewährt.

    [0017] Die folgenden Beispiele sollen das erfindungsgemässe Verfahren näher erläutern:

    Beispiel 1



    [0018] In einem aus einer Ni-Cr-Fe-Legierung bestehenden Tiegel von 22 cm Durchmesser und 45 cm Höhe werden 30 kg Salz aus 18 kg Natriumhydroxid, 6 kg wasserfreiem Borax und 6 kg Natriumfluorid eingeschmolzen. Die Temperatur wird auf 7000C eingestellt. Die grob mechanisch von zirkonoxidhaltigem Formsand befreiten Präzisionsgußteile werden in einen Chargierkorb oder ein eisernes Chargiergestell gefüllt, dieses wird mittels eines Hebezeugs in die Schmelze eingefahren. Die Temperatur der Schmelze wird konstant bei 700°C gehalten. Es beginnt alsbald eine exotherme Aufschlussreaktion, wobei unter leichtem Schäumen der Schmelze die Formsandreste vom Guß gelöst werden. Im allgemeinen genügen Behandlungszeiten von 10 - 30 Minuten Dauer, nur in extremen Fällen sind Behandlungszeiten bis 60 Minuten nötig. Nach beendeter-Reaktion sind die Teile völlig von Formsand befreit. Die Charge wird mittels des Hebezeugs aus der Schmelze entnommen, über einen wassergefüllten Abschrecktank gefahren und dort abgeschreckt. Die so behandelten Gußteile sind metallisch blank und völlig von Formsand gereinigt.

    Beispiel 2



    [0019] In einem Eisentiegel von 18 cm Durchmesser und 30 cm Tiefe werden 9,5 kg Natriumhydroxid und 0,5 kg Kalziumfluorid zusammengeschmolzen. Die Schmelze zeigt bei 7500C ein gutes Lösevermögen für den Formsand bei analoger Verfahrensweise wie in Beispiel 1. Die durchschnittliche Behandlungsdauer liegt bei 1 bis 2 Stunden.

    Beispiel 3



    [0020] In einem Nickeltiegel von 18 cm Durchmesser und 30 cm Tiefe werden in 6 kg geschmolzenes Natriumhydroxid 1 kg NaF, 0,5 kg ZnF2 und 1 kg Natriumorthoborat eingetragen. Die Schmelze zeigt ein gutes Lösevermögen für den Formsand.

    Beispiel 4



    [0021] In einem Flußstahltiegel von 16 1 Volumen werden 5 kg NaOH, 1 kg KOH, 0,5 kg Na3AlF6, 1 kg NaF, 0,5 kg CaF2, 1 kg Natriummetaborat eingeschmolzen. Die so hergestellte Schmelze besitzt bei 700°C gutes Lösevermögen für zirkonoxidhaltigen Formsand, der Kryolithzusatz bewirkt insbesondere einen raschen Aufschluss des A1203-Anteils.

    Beispiel 5



    [0022] In einem Nickeltiegel werden 8,5 kg NaOH, 0,5 kg CaF2, 0,5 kg BaF2 und 0,5 kg Borax eingeschmolzen. Diese Schmelze ist bei 700°C sehr gut zur Ablösung von zirkon- und titanoxidhaltigen Formsandresten geeignet.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Ablösen von insbesondere zirkonoxid-und/oder titanoxidhaltigen Formsandresten an Gußteilen in Salzschmelzen, dadurch gekennzeichnet, dass die mit Formsandresten behafteten Gußteile in eine Schmelze von 55 bis 97 Gew.% Alkalihydroxid und 3 bis 45 Gew.% eines oder mehrerer Fluoride der Elemente der 1. bis 3. Hauptgruppe des Periodischen Systems der Elemente und/oder von Zink eingebracht und bei Temperaturen von 400 bis 800°C behandelt werden.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man der Schmelze zusätzlich eine Bor-Sauerstoff-Verbindung und/oder eine Bor-Fluorverbindung in einem Anteil von 1 bis 40 Gew.% zusetzt.
     
    3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass die zugefügte Bor-Sauerstoff-Verbindung ein Alkali- oder Erdalkaliborat, Natriummetaborat, Natriumorthoborat, Eisenborat, Zinkborat, Borsäure, Bortrifluorid oder ein Alkalihydroxifluoroborat der allgemeinen Formel M [B (OH)4-xFx] ist, wobei M = Li, Na, K bedeutet und x = 1 - 3 ist.
     
    4. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass als Alkalihydroxid Natriumhydroxid, als Fluorid Natriumfluorid und als Bor-Sauerstoffverbindung wasserfreier Borax im Gewichtsverhältnis 3 : 1 : 1 eingesetzt werden und die Schmelze bei Temperaturen von 650 - 750°C gehalten wird.
     
    5. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Salzschmelze 80 bis 95 % Natriumhydroxid, 5 - 20 Gew.% Kalzium- und/oder Bariumfluorid und bis 10 Gew.% Borax enthält.
     





    Recherchenbericht