(19)
(11) EP 0 035 064 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
09.09.1981  Patentblatt  1981/36

(21) Anmeldenummer: 80107972.4

(22) Anmeldetag:  17.12.1980
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3G21F 5/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH IT LI SE

(30) Priorität: 21.02.1980 DE 3006507

(71) Anmelder: Nukem GmbH
D-63434 Hanau (DE)

(72) Erfinder:
  • Ahner, Stefan, Ing. grad.
    D-6458 Rodenbach (DE)
  • Warnecke, Ernst, Dr.
    D-3126 Wahrenholz (DE)
  • Schmidt, Konrad, Dr.
    D-3300 Braunschweig (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Störfallschutz für die Lagerung selbsterhitzender radioaktiver Stoffe


    (57) Beim Lagern selbsterhitzender radioaktiver Stoffe benötigt man einen Störfallschutz, der verhindert, daß die Temperatur des Lagergutes bei Ausfall der Kühlung in kurzer Zeit stark ansteigt. Es ist bekannt, das verpackte Lagergut in einen Lagerbehälter zu geben und mit einer Salz-oder Metallschmelze zu fixieren. Einen guten Störfallschutz erhält man, wenn man zwischen Lagergut und Lagerbehälter ein festes Material in Form von Schüttgut einsetzt, dessen Schmelzpunkt unter der zulässigen Höchsttemperatur des selbsterhitzenden radioaktiven Stoffes liegt.


    Beschreibung


    [0001] Gegenstand der Erfindung ist ein Störfallschutz für die Lagerung selbsterhitzender radioaktiver Stoffe, insbesondere in luftgekühlten Lagern, wobei die radioaktiven Stoffe in geeigneten Verpackungen oder auslaugbeständigen Teilchen eingeschlossen werden, die in auch als Transportbehälter verwendbaren Lagerbhältern eingebracht sind, und der Zwischenraum zwischen den Verpackungen, bzw. den Teilchen und dem Lagerbehälter mit einem'festen Material ausgefüllt ist.

    [0002] Selbsterhitzende radioaktive Stoffe müssen bis zu ihrer Wiederaufarbeitung bzw. bis zu ihrer Endlagerung zwischengelagert werden. Diese Zwischenlagerung erfolgt überwiegend in Wasserlagerbecken, in denen das Wasser die Kühlung sowie die Abschirmfunktion übernimmt. Es wurde auch die Lagerung in luftgekühlten Lagern vorgeschlagen, da diese Art der Lagerung gegenüber der Lagerung in Wasserlagerbecken Vorzüge aufweist, insbesondere bei Anwendung der inhärent sicheren Naturzugkühlung. Allerdings bedingt eine derartige Kühlung, daß die Abschirmfunktion durch sichere Barrieren, die die radioaktiven Stoffe umgeben, gewährleistet werden muß. Solche Barrieren, meist Doppelcontainments, verhindern jedoch die direkte Kühlung des Lagergutes durch die Kühlluft. Dadurch wird die Wärmeabfuhr gegenüber selbsterhitzendem radioaktivem Material, das sich in Einfachcontainments befindet, deutlich beeinträchtigt. Nachteilig ist dabei besonders, daß die Kühlluftzufuhr im Störfall praktisch nicht unterbrochen werden darf, da nur eine sehr begrenzte "Kühlungsreserve" zur Verfügung steht und sich das Lagergut unzulässig hoch erhitzen würde.

    [0003] Es ist bekannt, den Zwischenraum zwischen den Barrieren bzw. zwischen der Verpackung des eingeschlossenen Gutes und dem Containment oder auch zwischen dem Lagergut und der Verpackung mit einer Salzschmelze oder einem niedrig schmelzenden Metall auszugießen (DE-OS 2824240). Mit diesem Verfahren wird beabsichtigt, eine weitere Abschirmbarriere zu schaffen, die das Lagergut auch zusätzlich fixiert. Ein Kühlungsstörfall wird nicht diskutiert, jedoch stände bei einem solchen Ereignis die zum Wiederaufschmelzen erforderliche Schmelzwärme als gewisse "Kühlungsreserve" zur Verfügung. Dieses bekannte Verfahren hat jedoch entscheidende Nachteile:

    1. Die Lagergutverpackung ist beim Einbringen des Salzes bzw. Metalles in jedem Fall der flüssigen Schmelze und damit der Gefahr der Legierungsbildung und Korrosion ausgesetzt.

    2. Das Lagergut und seine Verpackung werden beim Ausgießen mit flüssigen Schmelzen mindestens auf die Schmelztemperatur erwärmt, die jedoch bei ungestörtem, d. h. normalem Lagerbetrieb nie erreicht wird. Damit werden Lagergut und Verpackung schon vor der eigentlichen Lagerung zusätzlich belastet. Die Schmelztemperatur muß daher so niedrig liegen, daß mit Sicherheit eine Belastung bzw. Beschädigung des Lagergutes und der Verpackung auszuschließen ist. Das bedingt jedoch, daß die "Kühlungsreserve" sehr begrenzt ist und im Störfall nicht ausreicht, rechtzeitig Interventionsmaßnahmen erfolgreich abzuschließen.

    3. Das schmelzflüssige Ausgießen stellt eine wesentliche Erschwerung des Einlagerungs- und Auslagerungsprozesses dar. Es müssen Vorrichtungen zum Flüssigausgießen bei der Einlagerung und zum Aufschmelzen bei der Auslagerung vorgesehen werden, welche im allgemeinen nicht am endgültigen Lagerstandort installiert werden können.

    4. Schließlich läßt sich beim schmelzflüssigen Ausgießen des Spaltes nach dem Aufschmelzen bei der späteren Auslagerung eine nachteilige, bleibende Verunreinigung der Lagergutverpackung nicht vermeiden. Wird als selbsterhitzendes Lagergut jedoch abgebrannter Brennstoff gelagert, wobei als Lagergutverpackung die Brennelementhüllrohre anzusehen sind, so stellt diese Verunreinigung der Hüllrohre eine wesentliche Erschwerung der Wiederaufarbeitung, insbesondere beim Extraktionsprozess, dar. Außerdem entstehen große Mengen von unerwünschtem Sekundärabfall.



    [0004] Es war daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, einen Ströfallschutz für die Lagerung selbsterhitzender radioaktiver Stoffe, insbesondere in luftgekühlten Lagern, zu finden, wobei die radioaktiven Stoffe in geeigneten oder auslaugbestätigen Teilchen eingeschlossen werden, die in auch als Transportbehälter verwendbaren Lagerbehältern eingebracht sind, und der Zwischenraum zwischen den Verpackungen bzw. den Teilchen und dem Lagerbehälter mit einem festen Material ausgefüllt ist. Dieser Störfallschutz sollte in der Lage sein, das sich selbsterhitzende Lagergut auch bei Ausfall der äußeren Kühlung solange zu kühlen, bis Interventionsmaßnahmen getroffen werden können, ohne die Lagergutverpackung beim Ausfüllen des Spaltes mit einer Schmelze zu belasten.

    [0005] Die Aufgabe wurde erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß das feste Material in Form von Schüttgut eingesetzt wird, dessen Schmelzpunkt unter der zulässigen Höchsttemperatur des selbsterhitzenden radioaktiven Stoffes liegt.

    [0006] Der erfindungsgemäße Störfallschutz ist in den Abbildungen I und II schematisch in beispielhaften Ausführungsformen näher erläutert.

    [0007] Die Lagergutverpackung (1), z.B. Druckgasflaschen, mit dem selbsterhitzenden Lagergut (2), z.B. Krypton-85, wird beispielsweise fünf-fach gestapelt in eine Lagerbüchse (3) eingestellt. Der Spalt zwischen der Lagergutverpackung (2) und der Lagerbüchse (3) wird erfindungsgemäß mit einer losen Schüttung (4) ausgefüllt. Als lose Schüttung (4) wird bei dieser beispielhaften Ausführung ein Weichlotgranulat, Korngröße ca. 1 mm, Schmelzpunkt 190 oC, Zusammensetzung 40% Pb, 60% Sn, gewählt. Die zusätzliche Flaschentemperatur ist in diesem Beispiel 200 °C.

    [0008] Die Lagerbüchse (3) wird mit einem dichtschließenden fernbedienbaren Deckel (5) mit Niederhalter (11) verschlossen.

    [0009] Die Lagerbüchse (3) hat Prüfanschlüsse (6) und steht in einem Lagerschacht (8) mit Distanzblechen (10) des Lagergestells (9). Die Kühlluft (7) strömt im Naturzug durch den Ringspalt zwischen Lagerschacht (8) und Lagerbüchse (3).

    [0010] Die Zerfallswärme wird von der inneren Lagergutverpackung (1) durch Wärmeleitung über das Lotgranulat (4) an die Lagerbüchse (3) transportiert und von dort an die vorbeiströmende Kühlluft (7) übertragen.

    [0011] Durch die erfindungsgemäße Füllung des Spaltes mit Lotgranulat wird die maximale Flaschentemperatur um ca. 50 °C gegenüber einer Lagerung mit nicht ausgefülltem Spalt reduziert. Die zulässige Kühlluftunterbrechung (Störfall) bis zum Erreichen der Schmelztemperatur des Lotes wird um ca. 2 Stunden verlängert. Bis alles Lotgranulat aufgeschmolzen ist, vergehen noch einmal ca. 4 Stunden, so daß die Dauer der Kühlluftunterbrechung, die zulässig ist, bis die Druckgasflaschen ihren Auslegungsdruck erreichen, um ca. 6 Stunden auf etwa die vierfache Zeit gegenüber einer Lagerung mit nicht ausgefülltem Spalt verlängert wird. Dieser Zeitgewinn reicht aus, InterventionsmaBnahmen zur Beseitigung des Kühlungsstörfalles aufzunehmen und abzuschließen. Gegenüber der Ausfüllung des Spaltes mit einer Salz- oder Metallschmelze wird dieser Zeitgewinn zwar nicht verlängert, es entfällt jedoch die Belastung der Lagergutverpackung beim Ausgießen.

    [0012] Der erfindungsgemäße Störfallschutz ist auch auf andere selbsterhitzende Lagergüter anwendbar, insbesondere auch auf verglasten, hochradioaktiven Abfall und auf abgebrannten Brennstoff aus Kernreaktoren.

    [0013] Verglaster, hochradioaktiver Abfall wird üblicherweise in Kokillen aus Edelstahl abgefüllt. Lagergutverpackung ist dann die Kokille und Lagergut der Glasblock. Eine besonders vorteilhafte Anwendung des erfindungsgemäßen Störfallschutzes ergibt sich jedoch, wenn z.B. das Glasprodukt in Form von Kugeln, Stangen oder dergleichen zusammen mit einem erfindungsgemäßen Granulat oder Pulver in eine Kokille oder Büchse abgefüllt wird. In Abb. II ist in beispielhafter Ausführung im Längsschnitt eine solche Lagerbüchse (14) mit dichtschließendem Deckel (15) gezeigt. In dieser Kokille befinden sich Kügelchen (12) aus verglastem hochradioaktivem Abfall und metallischen Lotgranulat oder Pulver (13). Bei diesem Anweadungsfall wird zusätzlich der bei verglastem hochradioaktiven Abfall steile Gradient zwischen maximaler Zentraltemperatur und Randtemperatur reduziert, so daß die Büchsentemperatur steigt und damit eine größere Temperaturdifferenz zur Wärmeabfuhr an die Kühlluft zur Verfügung steht.

    [0014] Dasselbe gilt für abgebrannte Kernbrennelemente, bei denen der eigentliche Brennstoff als Lagergut und die Brennstoffhülle (z.B. Hüllrohre bei Leichtwasserreaktor-Brennelementen, Graphitmatrix bei Hochtemperaturreaktor-Elementen) als Lagergutverpackung anzusehen ist.

    [0015] Der erfindungsgemäße Störfallschutz hat auch gegenüber Metall-und Salzschmelzen bedeutende Vorteile. So gehen im überwiegenden Normalfall d.h. ohne durch Kühlungsunterbrechung verursachter Störfall, Lagergutverpackung und Schüttmaterial keine Verbindung ein. Nach der Auslagerung kann eventuell noch lose an der Lagergutverpackung haftendes Material durch einfache mechanische Reinigungsverfahren leicht und vollständig entfernt werden.

    [0016] Beim Füllen mit der erfindungsgemäßen losen Schüttung kann deren Schmelztemperatur vorteilhafterweise so hoch gewählt werden, wie es für das Lagergut bei einem Störfall gerade noch zulässig ist. Damit werden die Fälle, in denen bei einem Störfall tatsächlich mit einem Aufschmelzen zu rechnen ist, wesentlich unwahrscheinlicher.

    [0017] Es ist ferner bequem möglich, den mit der erfindungsgemäßen Schüttung ausgefüllten Zwischenraum mit Meßgeräten zu überwachen und gegebenenfalls freigesetzte gasgebundene Radioaktivität abzusaugen.

    [0018] Zur Verbesserung der Wärmeabtfuhr und zur Unterbringung einer möglichst großen Menge Schüttgut ist eine Verdichtung, z.B. durch Ansetzen eines Rüttlers, besonders vorteilhaft.

    [0019] Je nach der zulässigen Höchsttemperatur des selbsterhitzenden radioaktiven Lagergutes sind als Materialien für das Schüttgut weiterhin auch Salze bzw. Salzgemische, Aluminiumpulver, Granulate bzw. Pulver aus Blei, Zinn und Zink bzw. deren Legierungen, gegebenenfalls auch Al-Ni gut geeignet.


    Ansprüche

    1. Störfallschutz für die Lagerung selbsterhitzender radioaktiver Stoffe, insbesondere in luftgekühlten Lagern, wobei die radioaktiven Stoffe in geeigneten Verpackungen oder auslaugbeständigen Teilchen eingeschlossen werden, die in auch als Transport behälter verwendbaren Lagerbehältern eingebracht sind, und der Zwischenraum zwischen den Verpackungen bzw. den Teilchen und dem Lagerbehälter mit einem festen Material ausgefüllt ist, dadurch gekennzeichnet, daß das feste Material in Form von Schüttgut (4, 13) eingesetzt wird, dessen Schmelzpunkt unter der zulässigen Höchsttemperatur des selbsterhitzenden radioaktiven Stoffes liegt.
     
    2. Störfallschutz nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Schüttgut (4, 13) aus Metallpulver bzw. Metallgranulat besteht.
     
    3. Störfallschutz nach Anspruch 1 und 2, dadurch zekennzeichnet, daß Metallpulver bzw. Metallgranulat aus einer Zinn-Blei-Legierung besteht.
     
    4. Störfallschutz nach Ansprüchen 1 bis 3, dadurch eekennzeichnet, daß die Zusammensetzung der Zinn-Blei-Legierung so gewählt ist, daß der Schmelzpunkt nur geringfügig unterhalb der zulässigen Höchsttemperatur des Lagergutes liegt.
     
    5. Störfallschutz nach Ansprüchen 1 bis 4, dadurch zekennzeichnet, daß das Schüttgut (4, 13) mechanisch verdichtet ist.
     




    Zeichnung