[0001] Gegenstand der Erfindung ist ein Störfallschutz für die Lagerung selbsterhitzender
radioaktiver Stoffe, insbesondere in luftgekühlten Lagern, wobei die radioaktiven
Stoffe in geeigneten Verpackungen oder auslaugbeständigen Teilchen eingeschlossen
werden, die in auch als Transportbehälter verwendbaren Lagerbhältern eingebracht sind,
und der Zwischenraum zwischen den Verpackungen, bzw. den Teilchen und dem Lagerbehälter
mit einem'festen Material ausgefüllt ist.
[0002] Selbsterhitzende radioaktive Stoffe müssen bis zu ihrer Wiederaufarbeitung bzw. bis
zu ihrer Endlagerung zwischengelagert werden. Diese Zwischenlagerung erfolgt überwiegend
in Wasserlagerbecken, in denen das Wasser die Kühlung sowie die Abschirmfunktion übernimmt.
Es wurde auch die Lagerung in luftgekühlten Lagern vorgeschlagen, da diese Art der
Lagerung gegenüber der Lagerung in Wasserlagerbecken Vorzüge aufweist, insbesondere
bei Anwendung der inhärent sicheren Naturzugkühlung. Allerdings bedingt eine derartige
Kühlung, daß die Abschirmfunktion durch sichere Barrieren, die die radioaktiven Stoffe
umgeben, gewährleistet werden muß. Solche Barrieren, meist Doppelcontainments, verhindern
jedoch die direkte Kühlung des Lagergutes durch die Kühlluft. Dadurch wird die Wärmeabfuhr
gegenüber selbsterhitzendem radioaktivem Material, das sich in Einfachcontainments
befindet, deutlich beeinträchtigt. Nachteilig ist dabei besonders, daß die Kühlluftzufuhr
im Störfall praktisch nicht unterbrochen werden darf, da nur eine sehr begrenzte "Kühlungsreserve"
zur Verfügung steht und sich das Lagergut unzulässig hoch erhitzen würde.
[0003] Es ist bekannt, den Zwischenraum zwischen den Barrieren bzw. zwischen der Verpackung
des eingeschlossenen Gutes und dem Containment oder auch zwischen dem Lagergut und
der Verpackung mit einer Salzschmelze oder einem niedrig schmelzenden Metall auszugießen
(DE-OS 2824240). Mit diesem Verfahren wird beabsichtigt, eine weitere Abschirmbarriere
zu schaffen, die das Lagergut auch zusätzlich fixiert. Ein Kühlungsstörfall wird nicht
diskutiert, jedoch stände bei einem solchen Ereignis die zum Wiederaufschmelzen erforderliche
Schmelzwärme als gewisse "Kühlungsreserve" zur Verfügung. Dieses bekannte Verfahren
hat jedoch entscheidende Nachteile:
1. Die Lagergutverpackung ist beim Einbringen des Salzes bzw. Metalles in jedem Fall
der flüssigen Schmelze und damit der Gefahr der Legierungsbildung und Korrosion ausgesetzt.
2. Das Lagergut und seine Verpackung werden beim Ausgießen mit flüssigen Schmelzen
mindestens auf die Schmelztemperatur erwärmt, die jedoch bei ungestörtem, d. h. normalem
Lagerbetrieb nie erreicht wird. Damit werden Lagergut und Verpackung schon vor der
eigentlichen Lagerung zusätzlich belastet. Die Schmelztemperatur muß daher so niedrig
liegen, daß mit Sicherheit eine Belastung bzw. Beschädigung des Lagergutes und der
Verpackung auszuschließen ist. Das bedingt jedoch, daß die "Kühlungsreserve" sehr
begrenzt ist und im Störfall nicht ausreicht, rechtzeitig Interventionsmaßnahmen erfolgreich
abzuschließen.
3. Das schmelzflüssige Ausgießen stellt eine wesentliche Erschwerung des Einlagerungs-
und Auslagerungsprozesses dar. Es müssen Vorrichtungen zum Flüssigausgießen bei der
Einlagerung und zum Aufschmelzen bei der Auslagerung vorgesehen werden, welche im
allgemeinen nicht am endgültigen Lagerstandort installiert werden können.
4. Schließlich läßt sich beim schmelzflüssigen Ausgießen des Spaltes nach dem Aufschmelzen
bei der späteren Auslagerung eine nachteilige, bleibende Verunreinigung der Lagergutverpackung
nicht vermeiden. Wird als selbsterhitzendes Lagergut jedoch abgebrannter Brennstoff
gelagert, wobei als Lagergutverpackung die Brennelementhüllrohre anzusehen sind, so
stellt diese Verunreinigung der Hüllrohre eine wesentliche Erschwerung der Wiederaufarbeitung,
insbesondere beim Extraktionsprozess, dar. Außerdem entstehen große Mengen von unerwünschtem
Sekundärabfall.
[0004] Es war daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, einen Ströfallschutz für die Lagerung
selbsterhitzender radioaktiver Stoffe, insbesondere in luftgekühlten Lagern, zu finden,
wobei die radioaktiven Stoffe in geeigneten oder auslaugbestätigen Teilchen eingeschlossen
werden, die in auch als Transportbehälter verwendbaren Lagerbehältern eingebracht
sind, und der Zwischenraum zwischen den Verpackungen bzw. den Teilchen und dem Lagerbehälter
mit einem festen Material ausgefüllt ist. Dieser Störfallschutz sollte in der Lage
sein, das sich selbsterhitzende Lagergut auch bei Ausfall der äußeren Kühlung solange
zu kühlen, bis Interventionsmaßnahmen getroffen werden können, ohne die Lagergutverpackung
beim Ausfüllen des Spaltes mit einer Schmelze zu belasten.
[0005] Die Aufgabe wurde erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß das feste Material in Form
von Schüttgut eingesetzt wird, dessen Schmelzpunkt unter der zulässigen Höchsttemperatur
des selbsterhitzenden radioaktiven Stoffes liegt.
[0006] Der erfindungsgemäße Störfallschutz ist in den Abbildungen I und II schematisch in
beispielhaften Ausführungsformen näher erläutert.
[0007] Die Lagergutverpackung (1), z.B. Druckgasflaschen, mit dem selbsterhitzenden Lagergut
(2), z.B. Krypton-85, wird beispielsweise fünf-fach gestapelt in eine Lagerbüchse
(3) eingestellt. Der Spalt zwischen der Lagergutverpackung (2) und der Lagerbüchse
(3) wird erfindungsgemäß mit einer losen Schüttung (4) ausgefüllt. Als lose Schüttung
(4) wird bei dieser beispielhaften Ausführung ein Weichlotgranulat, Korngröße ca.
1 mm, Schmelzpunkt 190
oC, Zusammensetzung 40% Pb, 60% Sn, gewählt. Die zusätzliche Flaschentemperatur ist
in diesem Beispiel 200 °C.
[0008] Die Lagerbüchse (3) wird mit einem dichtschließenden fernbedienbaren Deckel (5) mit
Niederhalter (11) verschlossen.
[0009] Die Lagerbüchse (3) hat Prüfanschlüsse (6) und steht in einem Lagerschacht (8) mit
Distanzblechen (10) des Lagergestells (9). Die Kühlluft (7) strömt im Naturzug durch
den Ringspalt zwischen Lagerschacht (8) und Lagerbüchse (3).
[0010] Die Zerfallswärme wird von der inneren Lagergutverpackung (1) durch Wärmeleitung
über das Lotgranulat (4) an die Lagerbüchse (3) transportiert und von dort an die
vorbeiströmende Kühlluft (7) übertragen.
[0011] Durch die erfindungsgemäße Füllung des Spaltes mit Lotgranulat wird die maximale
Flaschentemperatur um ca. 50 °C gegenüber einer Lagerung mit nicht ausgefülltem Spalt
reduziert. Die zulässige Kühlluftunterbrechung (Störfall) bis zum Erreichen der Schmelztemperatur
des Lotes wird um ca. 2 Stunden verlängert. Bis alles Lotgranulat aufgeschmolzen ist,
vergehen noch einmal ca. 4 Stunden, so daß die Dauer der Kühlluftunterbrechung, die
zulässig ist, bis die Druckgasflaschen ihren Auslegungsdruck erreichen, um ca. 6 Stunden
auf etwa die vierfache Zeit gegenüber einer Lagerung mit nicht ausgefülltem Spalt
verlängert wird. Dieser Zeitgewinn reicht aus, InterventionsmaBnahmen zur Beseitigung
des Kühlungsstörfalles aufzunehmen und abzuschließen. Gegenüber der Ausfüllung des
Spaltes mit einer Salz- oder Metallschmelze wird dieser Zeitgewinn zwar nicht verlängert,
es entfällt jedoch die Belastung der Lagergutverpackung beim Ausgießen.
[0012] Der erfindungsgemäße Störfallschutz ist auch auf andere selbsterhitzende Lagergüter
anwendbar, insbesondere auch auf verglasten, hochradioaktiven Abfall und auf abgebrannten
Brennstoff aus Kernreaktoren.
[0013] Verglaster, hochradioaktiver Abfall wird üblicherweise in Kokillen aus Edelstahl
abgefüllt. Lagergutverpackung ist dann die Kokille und Lagergut der Glasblock. Eine
besonders vorteilhafte Anwendung des erfindungsgemäßen Störfallschutzes ergibt sich
jedoch, wenn z.B. das Glasprodukt in Form von Kugeln, Stangen oder dergleichen zusammen
mit einem erfindungsgemäßen Granulat oder Pulver in eine Kokille oder Büchse abgefüllt
wird. In Abb. II ist in beispielhafter Ausführung im Längsschnitt eine solche Lagerbüchse
(14) mit dichtschließendem Deckel (15) gezeigt. In dieser Kokille befinden sich Kügelchen
(12) aus verglastem hochradioaktivem Abfall und metallischen Lotgranulat oder Pulver
(13). Bei diesem Anweadungsfall wird zusätzlich der bei verglastem hochradioaktiven
Abfall steile Gradient zwischen maximaler Zentraltemperatur und Randtemperatur reduziert,
so daß die Büchsentemperatur steigt und damit eine größere Temperaturdifferenz zur
Wärmeabfuhr an die Kühlluft zur Verfügung steht.
[0014] Dasselbe gilt für abgebrannte Kernbrennelemente, bei denen der eigentliche Brennstoff
als Lagergut und die Brennstoffhülle (z.B. Hüllrohre bei Leichtwasserreaktor-Brennelementen,
Graphitmatrix bei Hochtemperaturreaktor-Elementen) als Lagergutverpackung anzusehen
ist.
[0015] Der erfindungsgemäße Störfallschutz hat auch gegenüber Metall-und Salzschmelzen bedeutende
Vorteile. So gehen im überwiegenden Normalfall d.h. ohne durch Kühlungsunterbrechung
verursachter Störfall, Lagergutverpackung und Schüttmaterial keine Verbindung ein.
Nach der Auslagerung kann eventuell noch lose an der Lagergutverpackung haftendes
Material durch einfache mechanische Reinigungsverfahren leicht und vollständig entfernt
werden.
[0016] Beim Füllen mit der erfindungsgemäßen losen Schüttung kann deren Schmelztemperatur
vorteilhafterweise so hoch gewählt werden, wie es für das Lagergut bei einem Störfall
gerade noch zulässig ist. Damit werden die Fälle, in denen bei einem Störfall tatsächlich
mit einem Aufschmelzen zu rechnen ist, wesentlich unwahrscheinlicher.
[0017] Es ist ferner bequem möglich, den mit der erfindungsgemäßen Schüttung ausgefüllten
Zwischenraum mit Meßgeräten zu überwachen und gegebenenfalls freigesetzte gasgebundene
Radioaktivität abzusaugen.
[0018] Zur Verbesserung der Wärmeabtfuhr und zur Unterbringung einer möglichst großen Menge
Schüttgut ist eine Verdichtung, z.B. durch Ansetzen eines Rüttlers, besonders vorteilhaft.
[0019] Je nach der zulässigen Höchsttemperatur des selbsterhitzenden radioaktiven Lagergutes
sind als Materialien für das Schüttgut weiterhin auch Salze bzw. Salzgemische, Aluminiumpulver,
Granulate bzw. Pulver aus Blei, Zinn und Zink bzw. deren Legierungen, gegebenenfalls
auch Al-Ni gut geeignet.
1. Störfallschutz für die Lagerung selbsterhitzender radioaktiver Stoffe, insbesondere
in luftgekühlten Lagern, wobei die radioaktiven Stoffe in geeigneten Verpackungen
oder auslaugbeständigen Teilchen eingeschlossen werden, die in auch als Transport
behälter verwendbaren Lagerbehältern eingebracht sind, und der Zwischenraum zwischen
den Verpackungen bzw. den Teilchen und dem Lagerbehälter mit einem festen Material
ausgefüllt ist, dadurch gekennzeichnet, daß das feste Material in Form von Schüttgut
(4, 13) eingesetzt wird, dessen Schmelzpunkt unter der zulässigen Höchsttemperatur
des selbsterhitzenden radioaktiven Stoffes liegt.
2. Störfallschutz nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Schüttgut (4, 13)
aus Metallpulver bzw. Metallgranulat besteht.
3. Störfallschutz nach Anspruch 1 und 2, dadurch zekennzeichnet, daß Metallpulver
bzw. Metallgranulat aus einer Zinn-Blei-Legierung besteht.
4. Störfallschutz nach Ansprüchen 1 bis 3, dadurch eekennzeichnet, daß die Zusammensetzung
der Zinn-Blei-Legierung so gewählt ist, daß der Schmelzpunkt nur geringfügig unterhalb
der zulässigen Höchsttemperatur des Lagergutes liegt.
5. Störfallschutz nach Ansprüchen 1 bis 4, dadurch zekennzeichnet, daß das Schüttgut
(4, 13) mechanisch verdichtet ist.