[0001] Die Erfindung geht aus von einer Formgedächtnislegierung nach der Gattung des Anspruchs
1 und von einem Verfahren zur Stabilisierung des Zweiwegeffektes nach der Gattung
der Ansprüche 6 und 7.
[0002] Kupferreiche Formgedächtnislegierungen, welche eine zur martensitischen Umwandlung
befähigteβ-Phase (β-Messing-Typ) aufweisen, sind seit längerer Zeit bekannt z.B. aus:
R. Haynes, Some Observations on Isothermal Transformations of Eutectoid Aluminium
Bronzes Below Their MS Temperatures, Journal of the Institute of Metals 1954-55, Vol.
83, Seiten 357-358; W.A. Rachinger, A "super-elastic" single crystal calibration bar,
British Journal of Applied Physics, Vol. 9, Juni 1958, Seiten 250-252; R.P. Jewett,
D.J. Mack, Further Investigation of Copper-Aluminium Alloys in the Temperature Range
below the β

α + γ2 Eutectoid, Journal of the Institute of Metals 1963-64, Vcl 92, Seiten 59-61; K. Otsuka
and K. Shimizu, Memory Effect and Thermoelastic Martensite Transformation in Cu-Al-Ni
Alloy, Scripta Metallurgia, Vol. 4, 1970 Pergamon Press Inc., Seiten 469-472; Kazuhiro
Otsuka, Origin of Memory Effect in Cu-Al-Ni Alloy, Japanese Journal of Applied Physics,
Vol. 10, No. 5, May 1971, Seiten 571-579.
[0003] Diese Legierungen zeigen zwar in einem über der Raumtemperatur liegenden Temperaturbereich
von mehr als 100 °C (was für Temperaturüberwachungsgeräte und Ueberstromschalter besonders
interessant ist) gegenüber den ebenfalls bekannten Ni/Ti-Legierungen einen deutlichen
Gedächtniseffekt, sind aber metastabil. Das heisst, dass sie im gewünschten Temperaturbereich
diffusionsbedingten Phasenumwandlungen unterworfen sind. Bei der Ansprechtemperatur
oder knapp oberhalb derselben wandelt sich die Hochtemperatur-β-Phase um und der Gedächtniseffekt
geht verloren.
[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, bei Temperaturen von über 100 C alterungsbeständige
Gedächtnislegierungen des Cu/Al- oder Cu/Al/Ni Typs sowie ein Verfahren zu deren Herstellung
bzw. Stabilisierung des Zweiwegeffeks anzugeben.
[0005] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäss durch die Merkmale der Ansprüche 1, 6 und 7 gelöst.
[0006] Das Verfahren der Stabilisierung besteht im wesentlichen in einer Wärmebehandlung
der im gegossenen oder warmgekneteten Zustand vorliegenden Legierung nach der letzten
im β -Mischkristallgebiet liegenden Glühung im Temperaturbereich von 600 bis 950
OC (5 bis 60 min) und vor der Induzierung des Zweiwegeffektes. Die Wärmebehandlung
stellt eine Glühung im Temperaturbereich von 200 bis 350 °C dar, welche prinzipiell
auf zwei Arten durchgeführt werden kann. In einem ersten Verfahren wird die Legierung
nach der letzten Glühung im β-Mischkristallgebiet auf Raumtemperatur abgeschreckt
und anschliessend während 0,1 bis 10 h im Temperaturbereich von 200 bis 350 °C angelassen.
In einem zweiten Verfahren wird die Legierung nach der letzten Glühung aus dem/3 -Mischkristallgebiet
direkt in ein Oel-, Salz-, Metall- oder Sandbad von 250 bis 350 °C abgeschreckt, hier
während 0,5 bis 10 min gehalten und schliesslich an der Luft auf Raumtemperatur abgekühlt.
In beiden Fällen folgt auf diese Wärmebehandlung eine Verformung von 1 bis 6 % im
Bereich von 30°C oberhalb bis 50 °C unterhalb des Punktes der martensitischen Umwandlung
M
S zwecks Induzierung des Zweiweg-Gedächtniseffektes.
[0007] Das Verfahren erstreckt sich auf die gesamte Legierungsgruppe des β -Typs Cu/Al und
Cu/Al/Ni, insbesondere auf Legierungen mit 10 bis 15 Gew.-% Aluminium, 0 bis 6 Gew.-%
Nickel, Rest Kupfer. Dabei kann das Nickel teilweise oder vollständig durch Mangan,
Eisen, Kobalt oder eine Mischung von mindestens zweier dieser Elemente ersetzt sein.
Nach diesem Verfahren hergestellte Legierungen sind bis zu 300 C alterungsbeständig,
d.h. sie bestehen vorwiegend aus der β -Hochtemperaturphase und zeigen einen stabilen
Zweiwegeffekt.
[0008] Die Erfindung wird anhand der nachfolgenden Ausführungsbeispiele beschrieben.
[0009] Ausführungsbeispel I (Erläuterung des Standes der Technik) Als Ausgangsmaterial diente
eine Legierung der nachfolgenden Zusammensetzung:

[0010] Die Legierung wurde schmelzmetallurgisch hergestellt, zu einem Barren vergossen und
anschliessend bei 700 °C derart warmverformt, dass ein Stab von 10 mm Durchmesser
entstand. Anschliessend wurde der Stab einer Glühung im β-Mischkristallgebiet von
10 min bei 750 °C unterworfen und in Wasser abgeschreckt. Aus dem Stab wurden Torsionsproben
von 40 mm totaler und 22 mm Messlänge bei 3 mm Durchmesser herausgearbeitet. Der Zweiwegeffekt
wurde dadurch induziert, dass die Proben einer Torsionsbeanspruchung in der Nähe des
martensitischen Umwandlungspunktes M
S (150 °C) derart unterworfen wurden, dass die Torsionsdehnung stufenweise bis'auf
4 bis 5 % erhöht wurde bei gleichzeitigem Durchlaufen eines Erwärmungs/Abkühlungs-Zyklus.
Hierauf wurden die Proben während 1 h bei einer Temperatur von 300 °C geglüht. Die
Nachprüfung ergab, dass der Gedächtniseffekt völlig verschwunden war.
[0011] Ausführungsbeispiel II:
Eine Legierung gemäss Beispiel 1 wurde geschmolzen, gegossen, warmverformt, geglüht
und in Wasser abgeschreckt. Der erhaltene Stab wurde dann zusätzlich während 3 h bei
300 °C angelassen. Nach dem Herausarbeiten der Proben gemäss Beispiel I wurde der
Zweiwegeffekt in der gleichen Weise induziert. Nach einem zusätzlichen Glühen der
Proben während 8 h bei 300 °C hatte der Zweiwegeffekt noch in keiner Weise nachgelassen.
Selbst nach einer Glühdauer von 500 h bei 300 °C war immer noch ein Zweiwegeffekt
- wenn auch schwächer - nachweisbar.
[0012] Ausführungsbeispiel III:
Eine Legierung gemäss Beispiel I wurde geschmolzen, gegossen und zu einem Stab von
10 mm Durchmesser warmverformt. Aus diesem Stab wurde durch Warmwalzen ein Band von
1,5 mm Dicke und 10 mm Breite hergestellt. Daraus wurden Biegeproben von 60 mm Länge
geschnitten und der üblichen Glühung während 10 min bei 750 °C unterworfen. Hierauf
wurden die Proben direkt in ein Salzbad von 300 °C abgeschreckt, während 2 min auf
dieser Temperatur gehalten und dann in Luft abgekühlt. Während des Abkühlvorganges
wurden die Proben um einen Winkel von 90 °C gebogen, wodurch der Zweiwegeffekt induziert
wurde. Nach mehrstündiger Erhitzung auf 300 C konnte der Effekt in unverminderter
Grösse nachgewiesen werden.
[0013] Die Erfindung ist nicht auf die vorstehenden Beispiele beschränkt. Das Verfahren
kann prinzipiell auf alle β-Kupferlegierungen dieses Typs angewendet werden. Eine
weitere günstige Legierung hat folgende Zusammensetzung:

[0014] Es zeigt sich, dass die Höhe der Umwandlungstemperatur M
S offenbar durch geringe Variationen im Aluminiumgehalt stark beeinflusst werden kann.
Weitere Beeinflussungen sind durch die oben erwähnten Substitute Mangan, Eisen, Kobalt
möglich.
[0015] Durch das erfindungsgemässe Verfahren wurden Gedächtnislegierungen geschaffen, welche
bis über den in der Elektrotechnik und in vielen industriellen und Haushaltsanwendungen
üblichen Bereich der Temperaturüberwachung hinaus alterungsbeständig sind und einen
stabilen Zweiwegeffekt zeigen. Damit schliessen sie eine bisher vorhandene Lücke in
der Ueberwachungstechnik.
1. Formgedächtnislegierung auf der Basis von Cu/Al oder Cu/Al/Ni, dadurch gekennzeichnet,
dass sie bis zu einer Temperatur von 300 °C alterungsbeständig ist, vorwiegend aus
der β-Hochtemperaturphase besteht und im Temperaturbereich von 100 bis 250 °C einen
stabilen Zweiwegeffekt zeigt.
2. Formgedächtnislegierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass sie aus 10
bis 15 Gew.-% Aluminium, 0 bis 6 Gew.-% Nickel, Rest Kupfer besteht.
3. Formgedächtnislegierung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass sie aus 13,25
Gew.-% Aluminium, 3 Gew.-% Nickel, Rest Kupfer besteht.
4. Formgedächtnislegierung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass sie aus 13
Gew.-% Aluminium, 3 Gew.-% Nickel, Rest Kupfer besteht.
5. Formgedächtnislegierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Nickel
zum Teil oder vollständig durch mindestens eines der Elemente Mangan, Eisen, Kobalt
ersetzt ist.
6. Verfahren zur Stabilisierung des Zweiwegeffektes bis zu einer Temperatur von 300
°C einer Formgedächtnislegierung auf der Basis von Cu/Al oder Cu/Al/Ni, welche im
gegossenen oder warmgekneteten Ausgangszustand vorliegen kann, dadurch gekennzeichnet,
dass die Legierung zunächst.während 5 bis 60 min im Temperaturbereich zwischen 600
und 950 °C geglüht, in Wasser abgeschreckt und während 0,1 bis 10 h bei einer Temperatur
von 200 bis 350 °C angelassen und schliesslich zur Induzierung des Zweiwegeffektes
im Temperaturbereich von 30 °C oberhalb bis 50 °C unterhalb des Umwandlungspunktes
MS um einen Betrag von 1 bis 6 % verformt wird.
7. Verfahren zur Stabilisierung des Zweiwegeffektes bis zu einer Temperatur von 300
°C einer Formgedächtnislegierung auf der Basis von Cu/Al/Ni, welche im gegossenen
oder warmgekneteten Ausgangszustand vorliegen kann, dadurch gekennzeichnet, dass die
Legierung zunächst während 5 bis 60 min im Temperaturbereich zwischen 600 und 950
°C gegüht, in ein Metall-, Salz-, Oel-oder Sandbad auf eine Temperatur zwischen 250
und 350 °C abgeschreckt, auf dieser Temperatur während 0,5 bis 10 min gehalten und
dann an der Luft auf Raumtemperatur abgekühlt und schliesslich zur Induzierung des
Zweiwegeffektes im Temperaturbereich von 30 °C oberhalb bis 50 °C unterhalb des Umwandlungspunktes
MS um einen Betrag von 1 bis 6 % verformt wird.