(19)
(11) EP 0 035 650 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
16.09.1981  Patentblatt  1981/37

(21) Anmeldenummer: 81100830.9

(22) Anmeldetag:  05.02.1981
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3G21F 9/08
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR IT SE

(30) Priorität: 19.02.1980 DE 3006127

(71) Anmelder: KRAFTWERK UNION AKTIENGESELLSCHAFT
D-4330 Mülheim (Ruhr) (DE)

(72) Erfinder:
  • Kühnel, Roland
    D-6057 Dietzenbach (DE)

(74) Vertreter: Mehl, Ernst, Dipl.-Ing. et al
Postfach 22 13 17
D-80503 München
D-80503 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Kontinuierlich arbeitende Verdampferanlage für kontaminierte Flüssigkeiten


    (57) Mehrer Verdampferkolonnen sind nacheinander in den Strömungsweg der zu dekontaminierenden Flüssigkeit eingeschaltet. Das den jeweiligen Verdampfer verlassende kontaminierte Destillat wird in die vorgeschaltete Verdampferstufezurückgeführt.




    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine kontinuierlich arbeitende Verdampferanlage für kontaminierte Flüssigkeiten, die aus mehreren Einzelverdampferkolonnen und Kondensatoren für die gebildeten Destillate besteht. Mit Hilfe einer derartigen Anlage können die in einer verdampfbaren Flüssigkeit, wie z.B. Wasser enthaltenen Verunreinigungen, die z.B. radioaktiver Natur sein können, von dieser getrennt werden. Eine Übersicht über den auf diesem Gebiet vorliegenden Stand der Technik gibt einen Aufsatz aus der Zeitschrift "Kerntechnik", 16. Jahrg., (1974), Nr. 4, Seiten 170-177. Hieraus ist zu entnehmen, daß die Zulauflösung ("feed") normalerweise einstufig verdampft wird und das Dampfdestillat gesammelt sowie der im Verdampfer befindliche Sudansatz solange eingedickt wird, bis eine hinreichend hohe Konzentration - Verdichtung ca. 1:1000 - erreicht ist. Anschließend wurde der restliche Sud abgeschlämmt und die Anlage erneut angefahren. Es handelt sich also um einen diskontinuierlichen Betrieb, die Anlage wird "batchweise" gefahren.

    [0002] Bei nicht ausreichenden Dekontaminationsgrad mußte das Destillat erneut verdampft werden, der erreichbare mittlere Dekontaminationsgrad war jedoch bei radioaktiven Abwässern immer noch so schlecht, daß die Destillate nur kontrolliert über Vorfluter den normalen Abwässern beigemischt werden konnten. Ausreichend niedrige Dekontaminationsfaktoren lassen sich demnach nur mit Hilfe einer Reihenschaltung verhältnismäßig großer Verdampferkolonnen erreichen, was einen hohen apparativen Aufwand bedeutet, die dafür benötigte Energie ist außerdem nicht unerheblich.

    [0003] Es stellte sich daher die Aufgabe, eine Konzeption für Verdampferanlagen zu finden, die von der Anlagenseite, aber auch von der Energieseite her wesentlich günstiger zu stehen kommt, bei gleichzeitiger Erreichung eines ausreichend hohen Dekontaminationsgrades.

    [0004] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch eine Verdampferanlage gelöst, bei der mehrere Verdampferkolonnen nacheinander in den Strömungsweg der zu dekontaminierenden Flüssigkeit eingeschaltet sind, eine Rückführung jener kondensierten Destillate aus den dem ersten Verdampfer nachgeschalteten Verdampfern in den jeweils vorgeschalteten Verdampfer vorgesehen ist und das kondensierte Destillat des ersten Verdampfers einer weiteren Nutzung bzw. einer Weiterleitung als praktisch kontaminationsfreier Abfall zur Verfügung steht. An die letzte Verdampferkolonne kann dabei eine Volltrocknungsanlage für den an Kontaminationsstoffen bereits stark angereicherten Sud nachgeschaltet werden.

    [0005] Die Vorteile dieser neuen Verdampferanlage gegenüber einer solchen nach dem alten Prinzip sind insbesondere dann, wenn aus Gründen der Destillatqualität-eine Doppelverdampfung des Destillates stattfinden muß, folgende: Geringere Investitionskosten, da die Folgeverdampfer nur sehr klein sind.

    [0006] Kleinere spezifische Heizleistung, niedrigere Sudkonzentration in den ersten großen Stufen.

    [0007] Insgesamt kleinere Apparate gegenüber einer Doppelverdampferanlage in Destillatreihenschaltung (siehe Fig. 4 der genannten Literaturstelle) mit entsprechenden Einsparungen bei den Investierungskosten und in den Bauvolumina.

    [0008] Gleichbleibende Qualität des Endproduktes durch Vermeidung des batchbetriebes.

    [0009] Zur weiteren Veranschaulichung dieser neuen Verdampferanlage wird auf die Fig. 1 und 2 verwiesen. Die Fig. 1 stellt eine Verdampferanlage des bekannten Prinzips dar, die Fig. 2 dagegen' eine Verdampferanlage nach dem Prinzip dieser Erfindung. Entsprechende Bauteile sind in beiden Figuren mit gleichen Bezugszeichen versehen. So bedeuten:

    A = Zulaufmenge, z.B. des kontaminierten Wassers

    a = Zulaufkonzentration

    B = Dampf- bzw. Destillatmenge

    b = Destillatkonzentration

    DK = Dekontaminationsfaktor

    S = Sudvolumen = Volumen der im Verdampfer erhitzten Flüssigkeitsmenge

    D = Destillat



    [0010] Die Indizes beziehen sich auf die Verdampferkolonne 1, 2 bzw. 3.

    [0011] Logischerweise ist der Sudablauf des Verdampfers 1 gleich der Zulauf dem Zulauf A2 des Verdampfers 2 usw.

    [0012] Die Fig. 1 zeigt nun eine einstufige Verdampferanlage nach dem bekannten Prinzip. Die Verdampferkolonne ist mit V bezeichnet, der Zulauf mit A1, dessen Konzentration beträgt a1. Er wird solange in die Kolonne V eingespeist, bis das gewünschte Sudvolumen S erreicht ist, das nun mit Hilfe der Heizung H zum Kochen gebracht wird. Die Dampfmenge B1 mit der Konzentration b1 gelangt zum Kondensator K1 und verläßt diesen als Destillat D1. Dieses Destillat hat nur noch eine geringe Kontamination und muß evtl. noch einer weiteren derartigen Verdampferstufe zugeführt werden, damit das Enddestillat entweder weiterverarbeitet oder zum normalen Abwasser gegeben werden kann. Die Verdampfung des Kolonneninhaltes S wird dabei soweit getrieben bis der Restsud A2 mit relativ hoher Konzentration a2 der verunreinigenden Stoffe abgelassen und als Abfall gesichert gelagert werden kann.

    [0013] Die in Fig. 2 dargestellte Verdampferanlage nach dieser Erfindung besteht aus drei Stufen I, II und III, bei denen die Sudvolumina S1, S2 und S3 hintereinander geschaltet sind und kontinuierlich durchströmt werden. Die Verdampferkolonnen 2 und 3 sind wesentlich kleiner als jene der Stufe I, da das Sudvolumen durch den Verdampfungsvorgang in den vorhergehenden Stufen jeweils stark abnimmt.

    [0014] Die erste Stufe I entspricht zunächst der Einrichtung nach Fig. 1 mit dem Unterschied, daß der Sudablauf zur Verdampferkolonne V2 geführt wird. Das in diese Stufe 2 entstehende Destillat D2, das mengenmäßig der verdampften Menge B2 entspricht, gelangt als Rücklauf in die Kolonne V1, wird also einer erneuten Verdampfung zugeführt. Desgleichen wird das Destillat D3 aus der Stufe III bzw. der Verdampferkolonne V3 wieder dem Sudvolumen S2 der Stufe 2 zugeführt. Erst das in der Stufe III (oder auch einer höheren Stufe) enthaltene, an Verunreinigungen hoch angereicherte Restsudvolumen S3, gelangt als Abfallkonzentrat Aab mit der Konzentration aab zu einem Nachtrockner N. Dort wird es vollkommen getrocknet, die Kontaminationsstoffe können dann einer sicheren Endlagerung in an sich bekannter Weise zugeführt werden.

    [0015] Die eingangs geschilderten Vorteile einer Verdampferanlage nach Fig. 2 gegenüber dem Bekannten nach Fig. 1 ergeben sich aus folgenden theoretischen Betrachtungen.

    [0016] Verdampferanlagen nach Fig. 1:

    Die zeitabhängige Sudkonzentration bestimmt sich aus nachstehender Differentialgleichung.



    [0017] Diese Gleichung (1) darin bedeutet die Destillatkonzentration



    [0018] Unter Berücksichtigung der entsprechenden Randbedingungen für t = 0 bestimmt sich die zeitabhängige Konzentration im Sud S mit der Konzentration a2.

    und das Verhältnis von Sudkonzentration zu Zulaufkonzentration zu



    [0019] Der Mittelwert der Konzentration im Destillat beträgt somit

    und durch Ausintegration in den Grenzen von 0 bis t erhält man für die Konzentration des Destillates als Mittelwert



    [0020] Damit kann für die Verdampferanlage nach altem Prinzip die zeitabhängige Sudkonzentration sowie der Mittelwert der Konzentration im Destillat bestimmt werden (siehe das spätere Zahlenbeispiel).

    [0021] Im Gegensatz zu dieser Verdampferanlage arbeitet jene nach Fig. 2 kontinuierlich. Daher sind nur die Gleichgewichtszustände zu betrachten, so daß diese Kaskadenschaltung durch folgende Gleichungen beschrieben wird:







    [0022] Für eine numerische Auswertung dieser Gleichungen für eine Verdampferanlage nach Fig. 1 bzw. 2 werden folgende Annahmen gemacht, die durch entsprechende Einhaltung der Destillations- bzw. Durchlaufzeiten durch die einzelnen Kolonnen erreicht werden:

    A1 3500 [kg/h]

    a1 10-3 [1/kg]

    a2 am Ende des diskontinuierlichen Betriebes 1 [1/kg]

    DK 10-5

    S 1000 [kg]

    A2 350 [kg/h]

    Aab 3,5 [kg/h]



    [0023] Unter Anwendung dieser Zahlenwerte ergeben sich als Gleichgewichtskonzentrationen bzw. M ttelkonzentrationen der Verunreinigungen im Destillat folgende Werte:

    Verdampferanlage nach Fig. 1 (alte Konzeption):



    [0024] Verdampferanlage nach Fig. 2 (neue Konzeption):



    [0025] Dies bedeutet, daß eine Verdampieranlage, die nach dem Vorschlag dieser Eriindung aufgebaut ist, einen um etwa 50-fach höheren Dekontaminationsgrad erbringt als eine Anlage aus dem erwähnten Stand der Technik.

    [0026] Abschließend sei erwähnt, daß eine erfindungsgemäße Dekontaminationsanlage selbstverständlich auch aus einer höheren Anzahl von Verdampferstufen aufgebaut sein kann, wobei die nächstfolgende stets kleiner als die vorhergehende gehalten ist. und somit auch geringere Heizleistungen benötigt. Dies außerdem auch deswegen, weil die Zulaufmenge sich praktisch bereits auf Siedetemperatur befindet und von der jeweiligen Heizeinrichtung nur noch die Verdampfungswärme geliefert werden muß.


    Ansprüche

    1. Kontinuierlich arbeitende Verdampferanlage für kontaminierte Flüssigkeiten, die aus mehreren Einzelverdampferkolonnen und Kondensatoren für die gebildeten Destillate besteht, dadurch gekennzeichnet , daß mehrere Verdampferkolonnen nacheinander in den Strömungsweg der zu dekontaminierenden Flüssigkeit eingeschaltet sind, eine Rückführung jener kondensierten Destillate aus den dem ersten Verdampfer nachgeschalteten Verdampfern in den jeweils vorgeschalteten Verdampfer vorgesehen ist und das kondensierte Destillat des ersten Verdampfers einer weiteren Nutzung bzw. einer Weiterleitung als praktisch kontaminationsfreier Abfall zur Verfügung steht.
     
    2. Verdampferanlage nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , daß dem letzten Verdampfer eine Volltrocknungsanlage für den an Kontaminationsstoffen angereicherten Sud nachgeschaltet ist.
     




    Zeichnung