[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine kontinuierlich arbeitende Verdampferanlage
für kontaminierte Flüssigkeiten, die aus mehreren Einzelverdampferkolonnen und Kondensatoren
für die gebildeten Destillate besteht. Mit Hilfe einer derartigen Anlage können die
in einer verdampfbaren Flüssigkeit, wie z.B. Wasser enthaltenen Verunreinigungen,
die z.B. radioaktiver Natur sein können, von dieser getrennt werden. Eine Übersicht
über den auf diesem Gebiet vorliegenden Stand der Technik gibt einen Aufsatz aus der
Zeitschrift "Kerntechnik", 16. Jahrg., (1974), Nr. 4, Seiten 170-177. Hieraus ist
zu entnehmen, daß die Zulauflösung ("feed") normalerweise einstufig verdampft wird
und das Dampfdestillat gesammelt sowie der im Verdampfer befindliche Sudansatz solange
eingedickt wird, bis eine hinreichend hohe Konzentration - Verdichtung ca. 1:1000
- erreicht ist. Anschließend wurde der restliche Sud abgeschlämmt und die Anlage erneut
angefahren. Es handelt sich also um einen diskontinuierlichen Betrieb, die Anlage
wird "batchweise" gefahren.
[0002] Bei nicht ausreichenden Dekontaminationsgrad mußte das Destillat erneut verdampft
werden, der erreichbare mittlere Dekontaminationsgrad war jedoch bei radioaktiven
Abwässern immer noch so schlecht, daß die Destillate nur kontrolliert über Vorfluter
den normalen Abwässern beigemischt werden konnten. Ausreichend niedrige Dekontaminationsfaktoren
lassen sich demnach nur mit Hilfe einer Reihenschaltung verhältnismäßig großer Verdampferkolonnen
erreichen, was einen hohen apparativen Aufwand bedeutet, die dafür benötigte Energie
ist außerdem nicht unerheblich.
[0003] Es stellte sich daher die Aufgabe, eine Konzeption für Verdampferanlagen zu finden,
die von der Anlagenseite, aber auch von der Energieseite her wesentlich günstiger
zu stehen kommt, bei gleichzeitiger Erreichung eines ausreichend hohen Dekontaminationsgrades.
[0004] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch eine Verdampferanlage gelöst, bei der mehrere
Verdampferkolonnen nacheinander in den Strömungsweg der zu dekontaminierenden Flüssigkeit
eingeschaltet sind, eine Rückführung jener kondensierten Destillate aus den dem ersten
Verdampfer nachgeschalteten Verdampfern in den jeweils vorgeschalteten Verdampfer
vorgesehen ist und das kondensierte Destillat des ersten Verdampfers einer weiteren
Nutzung bzw. einer Weiterleitung als praktisch kontaminationsfreier Abfall zur Verfügung
steht. An die letzte Verdampferkolonne kann dabei eine Volltrocknungsanlage für den
an Kontaminationsstoffen bereits stark angereicherten Sud nachgeschaltet werden.
[0005] Die Vorteile dieser neuen Verdampferanlage gegenüber einer solchen nach dem alten
Prinzip sind insbesondere dann, wenn aus Gründen der Destillatqualität-eine Doppelverdampfung
des Destillates stattfinden muß, folgende: Geringere Investitionskosten, da die Folgeverdampfer
nur sehr klein sind.
[0006] Kleinere spezifische Heizleistung, niedrigere Sudkonzentration in den ersten großen
Stufen.
[0007] Insgesamt kleinere Apparate gegenüber einer Doppelverdampferanlage in Destillatreihenschaltung
(siehe Fig. 4 der genannten Literaturstelle) mit entsprechenden Einsparungen bei den
Investierungskosten und in den Bauvolumina.
[0008] Gleichbleibende Qualität des Endproduktes durch Vermeidung des batchbetriebes.
[0009] Zur weiteren Veranschaulichung dieser neuen Verdampferanlage wird auf die Fig. 1
und 2 verwiesen. Die Fig. 1 stellt eine Verdampferanlage des bekannten Prinzips dar,
die Fig. 2 dagegen' eine Verdampferanlage nach dem Prinzip dieser Erfindung. Entsprechende
Bauteile sind in beiden Figuren mit gleichen Bezugszeichen versehen. So bedeuten:
A = Zulaufmenge, z.B. des kontaminierten Wassers
a = Zulaufkonzentration
B = Dampf- bzw. Destillatmenge
b = Destillatkonzentration
DK = Dekontaminationsfaktor
S = Sudvolumen = Volumen der im Verdampfer erhitzten Flüssigkeitsmenge
D = Destillat
[0010] Die Indizes beziehen sich auf die Verdampferkolonne 1, 2 bzw. 3.
[0011] Logischerweise ist der Sudablauf des Verdampfers 1 gleich der Zulauf dem Zulauf A
2 des Verdampfers 2 usw.
[0012] Die Fig. 1 zeigt nun eine einstufige Verdampferanlage nach dem bekannten Prinzip.
Die Verdampferkolonne ist mit V bezeichnet, der Zulauf mit A
1, dessen Konzentration beträgt a
1. Er wird solange in die Kolonne V eingespeist, bis das gewünschte Sudvolumen S erreicht
ist, das nun mit Hilfe der Heizung H zum Kochen gebracht wird. Die Dampfmenge B
1 mit der Konzentration b
1 gelangt zum Kondensator K
1 und verläßt diesen als Destillat D
1. Dieses Destillat hat nur noch eine geringe Kontamination und muß evtl. noch einer
weiteren derartigen Verdampferstufe zugeführt werden, damit das Enddestillat entweder
weiterverarbeitet oder zum normalen Abwasser gegeben werden kann. Die Verdampfung
des Kolonneninhaltes S wird dabei soweit getrieben bis der Restsud A
2 mit relativ hoher Konzentration a
2 der verunreinigenden Stoffe abgelassen und als Abfall gesichert gelagert werden kann.
[0013] Die in Fig. 2 dargestellte Verdampferanlage nach dieser Erfindung besteht aus drei
Stufen I, II und III, bei denen die Sudvolumina S
1, S
2 und S
3 hintereinander geschaltet sind und kontinuierlich durchströmt werden. Die Verdampferkolonnen
2 und 3 sind wesentlich kleiner als jene der Stufe I, da das Sudvolumen durch den
Verdampfungsvorgang in den vorhergehenden Stufen jeweils stark abnimmt.
[0014] Die erste Stufe I entspricht zunächst der Einrichtung nach Fig. 1 mit dem Unterschied,
daß der Sudablauf zur Verdampferkolonne V
2 geführt wird. Das in diese Stufe 2 entstehende Destillat D
2, das mengenmäßig der verdampften Menge B
2 entspricht, gelangt als Rücklauf in die Kolonne V
1, wird also einer erneuten Verdampfung zugeführt. Desgleichen wird das Destillat D
3 aus der Stufe III bzw. der Verdampferkolonne V
3 wieder dem Sudvolumen S
2 der Stufe 2 zugeführt. Erst das in der Stufe III (oder auch einer höheren Stufe)
enthaltene, an Verunreinigungen hoch angereicherte Restsudvolumen S
3, gelangt als Abfallkonzentrat A
ab mit der Konzentration a
ab zu einem Nachtrockner N. Dort wird es vollkommen getrocknet, die Kontaminationsstoffe
können dann einer sicheren Endlagerung in an sich bekannter Weise zugeführt werden.
[0015] Die eingangs geschilderten Vorteile einer Verdampferanlage nach Fig. 2 gegenüber
dem Bekannten nach Fig. 1 ergeben sich aus folgenden theoretischen Betrachtungen.
[0016] Verdampferanlagen nach Fig. 1:
Die zeitabhängige Sudkonzentration bestimmt sich aus nachstehender Differentialgleichung.

[0017] Diese Gleichung (1) darin bedeutet die Destillatkonzentration

[0018] Unter Berücksichtigung der entsprechenden Randbedingungen für t = 0 bestimmt sich
die zeitabhängige Konzentration im Sud S mit der Konzentration a
2.

und das Verhältnis von Sudkonzentration zu Zulaufkonzentration zu

[0019] Der Mittelwert der Konzentration im Destillat beträgt somit

und durch Ausintegration in den Grenzen von 0 bis t erhält man für die Konzentration
des Destillates als Mittelwert

[0020] Damit kann für die Verdampferanlage nach altem Prinzip die zeitabhängige Sudkonzentration
sowie der Mittelwert der Konzentration im Destillat bestimmt werden (siehe das spätere
Zahlenbeispiel).
[0022] Für eine numerische Auswertung dieser Gleichungen für eine Verdampferanlage nach
Fig. 1 bzw. 2 werden folgende Annahmen gemacht, die durch entsprechende Einhaltung
der Destillations- bzw. Durchlaufzeiten durch die einzelnen Kolonnen erreicht werden:
A1 3500 [kg/h]
a1 10-3 [1/kg]
a2 am Ende des diskontinuierlichen Betriebes 1 [1/kg]
DK 10-5
S 1000 [kg]
A2 350 [kg/h]
Aab 3,5 [kg/h]
[0023] Unter Anwendung dieser Zahlenwerte ergeben sich als Gleichgewichtskonzentrationen
bzw. M ttelkonzentrationen der Verunreinigungen im Destillat folgende Werte:
Verdampferanlage nach Fig. 1 (alte Konzeption):

[0024] Verdampferanlage nach Fig. 2 (neue Konzeption):

[0025] Dies bedeutet, daß eine Verdampieranlage, die nach dem Vorschlag dieser Eriindung
aufgebaut ist, einen um etwa 50-fach höheren Dekontaminationsgrad erbringt als eine
Anlage aus dem erwähnten Stand der Technik.
[0026] Abschließend sei erwähnt, daß eine erfindungsgemäße Dekontaminationsanlage selbstverständlich
auch aus einer höheren Anzahl von Verdampferstufen aufgebaut sein kann, wobei die
nächstfolgende stets kleiner als die vorhergehende gehalten ist. und somit auch geringere
Heizleistungen benötigt. Dies außerdem auch deswegen, weil die Zulaufmenge sich praktisch
bereits auf Siedetemperatur befindet und von der jeweiligen Heizeinrichtung nur noch
die Verdampfungswärme geliefert werden muß.