[0001] Die Erfindung betrifft die Verwendung eines Stahls als Werkstoff für Bauteile, die
nach dem Abkühlen an ruhender oder bewegter Luft gegebenenfalls nach gesteuerter Abkühlung
von Schmiedetemperaturen oder von Glühtemperaturen über 1150
0C ein Gefüge aus Ferrit und Perlit aufweisen und dabei Streck- bzw- 0, 2-Grenzwerte
von mindestens 490 N/mm und eine Kerbschlagarbeit (gemessen an der DVM-Probe) von
mindestens 30 J haben.
[0002] Seit etwa 10 Jahren wird ein Stahl für geschmiedete Bauteile wie z. B. Kurbelwellen
verwendet (DE-OS 23 50 370), der in Deutschland die Bezeichnung 49 MnVS 3 erhalten
hat. Für ihn wird in der Stahl-Eisen-Liste (Werkstoff Nr. 1. 1199) nachstehender Analysenbereich
angegeben:

[0003] Das Merkmal dieses Stahles ist, daß er nach dem Schmieden bei Temperaturen zwischen
1000 und 1250°C, vorzugsweise im Gesenk zwischen 1180 und 1250°C, mit anschließendem
Ablegen an ruhender oder bewegter Luft eine Mindest-0, 2-Grenze von 450 N/mm
2 - ohne eine nachträgliche Wärmebehandlung- erreicht. Dieser Wert wird durch die Ausscheidungshärtung
von Vanadiumkarbiden oder -karbonitriden hervorgerufen.
[0004] Die Kerbschlagzähigkeit dieses Werkstoffes ist jedoch gering, so daß seine Verwendung
sich auf bestimmte Bauteile, wie z.B. die Kurbelwelle und den Pleuel beschränkt, bei
denen andere mechanische Eigenschaften als die Zähigkeit im Vordergrund stehen. Typische
Kennwerte, die an 49 MnVS 3 nach dem Glühen bei rd. 1225°C und nach dem Schmieden
im Gesenk zu Kurbelwellen erreicht werden, sind in Beispiel 1 aufgeführt. Nach dem
Glühen bei 1225
0C werden etwas höhere Festigkeitswerte bei geringeren Kerbschlagarbeitswerten erzielt
als nach dem Schmieden im Gesenk. Die Festigkeitswerte können durch Einstellen der
Kohlenstoff- und Mangangehalte im oberen oder unteren Bereich der Grenzanalyse variiert
werden, während die Kerbschlagarbeitswerte -insbesondere nach dem Glühen oder Schmieden
bei Temperaturen um 1200
0C- dadurch nicht wesentlich verändert werden.
[0005] Das Gefüge des 49 MnVS 3 nach der Behandlung 1225°C 0, 5 h/Luft (Beispiel 1) ist
aus Bild 1 ersichtlich. Der voreutektoidische Ferrit liegt überwiegend auf den ehemaligen
Austenitkorngrenzen, wodurch die Bestimmung der bei 1225
0C vorhandenen Korngröße ermöglicht wird. Nach der Bildrichtreihe von ASTM E 112 ist
dieses Gefüge den Bildnummern 1 bis 3 zuzuordnen.
[0006] Die Kerbschlagarbeit dieses Stahls ist jedoch für viele Verwendungszwecke zu niedrig.
[0007] Dieser Erfindung liegt daher nun die Aufgabe zugrunde, einen Stahl mit verbesserter
Zähigkeit bei ähnlichen Festigkeitswerten bereitzustellen, wobei dies durch einfache
Luftabkühlung von Glüh- bzw. Warmformgebungstemperaturen ohne weitere Wärmebehandlung
erreicht werden soll.
[0008] Zur Lösung dieser Aufgabe wird die Verwendung eines Stahls der in den Ansprüchen
angegebenen Analyse für den eingangs genannten Zweck vorgeschlagen. Besonders eignet
sich der Stahl für Gegenstände mit größeren Querschnitten, deren kleinster Querschnitt
mindestens 100 cm 2 beträgt.
[0009] Die Ergebnisse von Untersuchungen haben überraschenderweise gezeigt, daß durch eine
bestimmte Kombination von Silizium, Mangan und Vanadium ein feinkörniges Gefüge nach
dem Glühen von Temperaturen über 1200
0C mit anschließendem Ablegen an Luft erreicht werden kann. Dafür sind ein Siliziumgehalt
von mindestens 0, 65 %, ein Vanadiumgehalt von wenigstens 0, 05 % und ein Mangangehalt
von wenigstens 0, 55 % notwendig. Das durch diese Kombination der Legierungselemente
erreichbare typische Gefüge nach dem Glühen bei 1225
0C ist in Bild 2 abgebildet, und die augenscheinlich wahrnehmbare- Korngröße liegt
nach ASTM zwischen den Bildnummern 7 bis 8.
[0010] Überraschend war auch die Feststellung, daß die allgemein angenommene Gleichwertigkeit
von Niob und Vanadium im vorliegenden Fall nicht gilt. Vanadium wäre also durch Niob
nicht ersetzbar. Die vorteilhaften Eigenschaften, die mit Vanadium erzielt werden,
erreichen Stähle mit Niob statt Vanadium nicht.
[0011] Fehlt eines der Elemente Silizium, Mangan oder Vanadium, so wird die voreutektoidische
Ferritbildung innerhalb der ehemaligen Austenitkörner unterdrückt, und es ergibt sich
somit ein grobes Sekundärkorn.
[0012] Dies veranschaulicht die Gefügeaufnahme in Bild 3, die von einem Stahl stammt mit
den in diesem Patent beanspruchten Gehalten an Silizium und Mangan, jedoch ohne Vanadiumzusatz.
Die Korngröße beträgt 2 bis 3 nach ASTM. In diesem Zustand ist eine 0, 2-Grenze von
rd. 500 N/mm
2 bei einer Kerbschlagarbeit von 10 bis 15 J, gemessen an der DVM-Probe, ermittelt
worden.
[0013] Ein weiteres Beispiel ist das in Bild 4 dargestellte Gefüge eines Silizium, Mangan
und Vanadium enthaltenden Stahls, jedoch mit einem Siliziumgehalt von 0, 3 %, welcher
unterhalb des in diesem Patent beanspruchten Bereichs liegt. In diesem Falle sind
ebenfalls Korngrößen von 2 bis 3 nach ASTM geschätzt und Kerbschlagarbeitswerte zwischen
10 bis 14 J bei einer 0, 2-Grenze von rd. 500 N/mm
2 bestimmt worden.
[0014] Die Beispiele der Ver
gleichsstähle, deren Gefüge in den Bildern 1, 3 und 4 abgebildet sind, heben deutlich
hervor, welche niedrigen Kerbschlagarbeitswerte (10-15 J) bei 0, 2-Grenzen zwischen
500 und 570 N/mm
2 erzielt werden.
[0015] Die günstige Wirkung des Gefüges des erfindungsgemäßen Stahls (Bild 2) auf die mechanischen
Eigenschaften nach dem Glühen von 1225
0C mit anschließendem Ablegen an Luft wird anhand von zwei Beispielen verdeutlicht.
Beispiel 2
[0016] enthält die Kennwerte eines Stahls mit rd. 0, 35 % C und mit Silizium-und Mangangehalten
im unteren beanspruchten Bereich. Bei 0, 2-Grenzen von rd. 500 N/mm -also ähnlich
denjenigen der Vergleichsstähle mit den in Bildern 3 und 4 gezeigten Gefügen-, ergeben
sich bedeutend höhere Kerbschlagarbeitswerte von rd. 38 J.
Beispiel 3
[0017] Eine Erhöhung des Kohlenstoffgehaltes des erfindungsgemäßen Stahls von 0, 33 auf
0, 43 % führt zu einer höheren 0, 2-Grenze von rd. 570 N/mm
2 bei Kerbschlagarbeitswerten von rd. 28 J. Verglichen mit 49 MnVS 3 (Beispiel 1) hat
dieser Stahl eine fast dreifach höhere Kerbschlagarbeit bei praktisch gleicher 0,
2-Grenze.
Beispiel 4
[0018] Hier wurden Kennwerte, die an dem erfindungsgemäßen Stahl nach dem Walzen oder Schmieden
in den üblichen Temperaturbereichen mit anschließendem Ablegen an Luft ermittelt.
Dieser Stahl weist Silizium-und Mangangehalte an der oberen Grenze des beanspruchten
Bereichs auf. Den aufgeführten Werten ist zu entnehmen, daß auch an größeren Querschnitten
eine hohe 0, 2-Grenze, hier z. B, rd. 580 N/mm
2. bei zugleich günstigen Kerbschlagarbeitswerten zu erzielen ist. Diese Werte liegen
in der Größenordnung, die an niedriglegierten Baustählen erreicht werden, die aber
einer aufwendigen Vergütungsbehandlung unterworfen werden müssen.
Beispiel 1
[0019]

[0020] Behandlungszustand

Beipiel 2
[0021]

Beispiel 3
[0022]

Beispiel 4
[0023]

1. Verwendung eines Stahls mit

Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen als Werkstoff für Bauteile,
die nach dem Abkühlen an ruhender oder bewegter Luft gegebenenfalls nach gesteuerter
Abkühlung von Schmiedetemperaturen oder von Glühtemperaturen über 1150
0C ein Gefüge aus Ferrit oder Perlit aufweisen und dabei Streck- bzw. 0, 2-Grenzwerte
von mindestens 490 N/mm
2 und eine Kerbschlagarbeit (gemessen an der DVM-Probe) von mindestens 30 J haben.
2. Verwendung eines Stahls mit

Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen als Werkstoff für Bauteile,
die nach dem Abkühlen an ruhender oder bewegter Luft oder nach gesteuerter Abkühlung
von Schmiede- oder von Glühtemperaturen über 1150°C ein Gefüge aus Ferrit und Perlit
besitzen und dabei Streck- bzw. 0, 2-Grenzwerte von mindestens 530 N/mm
2 und eine Kerbschlagarbeit (gemessen an der DVM-Probe) von wenigstens 25 J aufweisen.
3. Verwendung eines Stahls mit

für Bauteile, die nach dem Warmumformen durch Walzen, Schmieden oder Pressen bei Endverformungstemperaturen
unter 1150°C und anschließendem Abkühlen an ruhender oder bewegter Luft ein ferritischperlitisches
Gefüge mit einer Streck- oder 0, 2-Grenze von mindestens 550 N/mm2 und einer Kerbschlag
arbeit (gemessen an der DVM-Probe) von wenigstens 30 J aufweisen.
4. Verwendung eines Stahls der Zusammensetzung, Behandlung und Eigenschaften nach
Anspruch 3, als Werkstoff für Bauteile, deren kleinster Querschnitt mindestens 100
cm2 beträgt.