(19)
(11) EP 0 037 515 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
14.10.1981  Patentblatt  1981/41

(21) Anmeldenummer: 81102212.8

(22) Anmeldetag:  24.03.1981
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C06D 3/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 29.03.1980 DE 3012405

(71) Anmelder: Pyrotechnische Fabrik F. Feistel GmbH + Co KG
D-6719 Göllheim (DE)

(72) Erfinder:
  • Diesenroth, Friedrich-Ulf, Chem.-Ing.
    D-8899 Rettenbach (DE)

(74) Vertreter: Patentanwälte Zellentin & Partner 
Zweibrückenstrasse 15
80331 München
80331 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Kombinationsnebel


    (57) Die vorliegende Erfindung verbessert Nebel, die Strahlen im Wellenlängenbereich von 3 bis 14µm, insbesondere in den Bereichen 3 bis 5 µm und 8 bis 14 µm (optronisch) absorbieren, d.h. Objekte vor IR- oder Radardetektoren verbergen.
    Diese Verbesserung gelingt durch das Suspendieren eines Sekundärnebels in einem ersten Nebel, welcher mit Hilfe von Halogendonatoren, Metallpulvern und/oder Oxiden oder auf Basis von rotem Phosphor erzeugt wird. Der Sekundärnebel besteht aus organischen oder anorganischen Säuren oder deren bestimmten Salzen, oder auch aus organischen Estern anorganischer Säuren, sowie Mikroballons oder Kunststoffteilchen. Letztere bewirken mit dem Primärnebel einen synergistischen Effekt, neben der Deckungswirkung werden auch andere physikalische Eigenschaften wie Schwebe-und Haftfähigkeit verbessert. Außerdem werden Sätze zum Ausbringen dieser Nebel beschrieben.




    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft optronisch deckende Nebel, nämlich solche,die im Radarstrahlenbereich und im IR-Bereich absorbieren und reflektieren.

    [0002] Nebel des Standes der Technik weisen insgesamt den Nachteil auf, daß sie zu schützende Objekte nicht zuverlässig vor Infrarotsichtgeräten oder Radaranlagen zu verbergen imstande sind.

    [0003] Wünschenswert ist insbesondere eine Absorption im Bereich von 3 bis 14 µm.

    [0004] Die vorliegende Erfindung löst diese Aufgabe durch die Verwendung eines an sich bekannten Primärnebels auf Basis von Halogendonatoren, Metallpulvern und Oxiden oder auf Basis von rotem Phosphor, in dem ein Sekundärnebel aus organischen oder anorganischen Säuren oder deren Ammonium-, Alkali- oder Erdalkalisalzen oder Mikroballons dispergiert wird.

    [0005] Primärnebel sind bekannt, z.B. sind in der DE-PS 24 51 701 und in der US-PS 3 471 345 Mischungen aus Halogendonatoren und Metallpulvern und Oxiden beschrieben, aus der DE-PS 2 048 583 und aus der US-PS 3 607 472 sind Nebel bekannt, die roten Phosphor verwenden.

    [0006] In einem solchen Primärnebel wird ein zweites Aerosol erzeugt. Dabei treten die Teilchen beider Systeme zusammen und es bilden sich Körper einer Größe ≥ 8 µ, die eine erheblich gesteigerte Absorptionswirkung im fraglichen Wellenlängenbereich entfalten. Unter Absorption soll hier die Summe aus Streuung, Reflexion und Absorption verstanden sein.

    [0007] Von besonderem Vorteil ist, daß man von bekannten Nebelmischungen ausgehen kann, um diese bedarfsweise zu modifizieren, d.h. durch Verwendung von Sekundärteilchen mittels Agglomeration gewünschte Teilchendurchmesser herzustellen.

    [0008] Diese Zusammenlagerung geschieht dann, wenn als Sekundärsatz Stoffe verwendet werden, die entweder zu elektrischer Polarisation und elektrostatischer Aufladung in dem Ladungszustand der Metallhalogenidnebel entgegengesetzten Sinne neigen oder aber reaktiv sind gegenüber starken Säuren, wie Chlorwasserstoffsäure (anhydrolysierte'Metallhalogenide).

    [0009] Beide Effekte können vorteilhafterweise auch zusammen vorliegen.

    [0010] überraschenderweise ist es sogar möglich, Feststoffteilchen im Primär- oder Trägernebel zu suspendieren. Das Verhältnis von Trägergasvolumen zu Feststoffgewicht bestimmt dabei Ausdehnung und Beständigkeit der Nebel. Diese Nebel sind überraschend stabil und erreichen einen erheblich längeren Schwebezustand, als theoretisch angenommen werden kann. Vermutlich spielen hier elektrostatische Aufladungen eine entscheidende Rolle.

    [0011] Als Primärnebel können vorteilhafterweise solche aus Halogendonatoren, Metallpulvern und Oxiden oder auf Basis von rotem Phosphor verwendet werden. Nebelmischungen aus flüssigen, langsam hydrolysierenden Metallhalogeniden sind besonders vorteilhaft. Als Anhalt kann dabei folgende Zusammensetzung dienen:



    [0012] Als Heizreaktion wird hierbei die Umsetzung zwischen Aluminium und Halogendonator benutzt. Geeignete Metalle sind Silicium, Zinn, Zink, Eisen, Titan, Kupfer, Zirkon, die auch als Legierungen oder als Oxide einsetzbar sind.

    [0013] Als Halogendonatoren kommen hauptsächlich in Frage Hexachloräthan Chlorparaffine Difluortetrachloräthan Decabromdiphenyl Polyvinylchlorid.

    [0014] Geeignete Abbrandmoderatoren sind Stoffe, die den Zerfall des Halogendonators katalysieren, wie Kupfer-, Eisen-, Chrom- und Vanadiumoxide.

    [0015] Als Sekundärnebel haben sich folgende Stoffe als besonders wirksam erwiesen:

    organische oder anorganische Säuren oder deren Ammonium-, Alkali- oder Erdalkalisalze, organische Ester anorganischer Säuren, Mikroballons oder Kunststoffteilchen.



    [0016] Zu bevorzugen sind bei den anorganischen Substanzen Salze, deren Anion und Kation aus mehreren Atomarten besteht, wie z.B.

    1. Ammoniumsalze der Schwefel-, Phosphor-, Vanadin- und Wolframsäuren,

    2. Ammoniumsalze der Silicofluor- und Borfluorwasserstoffsäure.



    [0017] Als Ester sind beispielsweise zu nennen aromatische Phosphorsäureester,-aliphatische Kieselsäureester, aromatische Schwefelsäureester.

    [0018] Als Kunststoffe bieten sich wegen guter Verfügbarkeit und ausgeprägter Absorptionswirkung an:

    fluorierte hochmolekulare Kohlenwasserstoffe, Phenolharze, Polycarbonate, Polysiloxane

    die gut in gewünschter Korngröße und -verteilung herzustellen sind. Weiterhin kommen Mikroballons aus Glas, Keramik, Phenolharzen und Polycarbonaten in Frage.



    [0019] Die im Prinzip ebenfalls verwendbaren organischen oder anorganischen Stäube können zwar ebenfalls mit geringer Dichte und gleichem mittleren Durchmesser und guter Wirksamkeit verblasen werden, sie haben jedoch den Nachteil erhöhter Sinkgeschwindigkeiten. Dieser Nachteil läßt sich aufheben durch Verwendung der oben genannten Mikrohohlkörper. Diese Mikroballons, die eine ideale kugelige Form und spezifische Oberflächen von etwa 0,3 bis 0,4 m2/g und eine Partikeldichte von 0,1 bis 0,3 g cm-3 besitzen, weisen eine deutlich niedrigere Sinkgeschwindigkeit als die erwähnten Stäube auf.

    [0020] Während die Ausbringung des Primärnebels auf die bekannte Art, d.h. durch Abbrennen der verdichteten Masse vor sich geht, kann der Sekundärnebel durch Sublimation, wobei die Reaktionswärme des Primärnebels ausgenutzt werden kann, und durch Verblasen mit pyrotechnischen Kaltgasgeneratoren, wobei der Sekundärnebel entweder Bestandteil der Gasgeneratormasse sein kann oder aber in einer der bekannten Art und Weise ausgeblasen wird, hergestellt werden.

    [0021] Die Mischung der beiden Nebelwolken erfolgt durch die Turbulenz, die beim Abbrennen des Primärnebels und der Ausbringung des Sekundärnebels entsteht. Es ist daher auch naheliegend, daß beide Nebelquellen dicht beieinander abgebrannt werden.

    [0022] Ein weiterer erwünschter, jedoch zur Infrarotdeckung nicht unbedingt erforderlicher Effekt,tritt bei der Reaktion der beschriebenen, erfindungsgemäßen Salze mit der aus der Hydrolyse der Metallhalogenide entstehenden Halogenwasserstoffsäure auf. Hierbei tritt eine Umschichtung unter Bildung von relativ schwach dissoziierten Säuren geringer Giftigkeit und neutralen Salzen auf. Da diese Reaktionen vielfach leicht exotherm sind, tritt zu der ausgeprägten Absorption eine leichte Emission der Wolke. Hierdurch entstehen Wolken von besonders vorteilhafter Tonwirkung gegenüber Wärmebildgeräten, da vielfach eine Abgrenzung der Nebelwolke gegenüber der Umgebung nicht mehr möglich ist, d.h. kein Kontrast mehr vorhanden ist.

    [0023] Diese Kontrastbildung ist ein besonderer Nachteil bei verblasenen Wolken nach dem Stand der Technik.

    Beispiele:



    [0024] 1. Ein Wärmebildgerät (WBG) mit einer Optik und einem Detektor für den 8 - 14 µm-Bereich und einer Temperaturauflösung von 0,2°C wurde meßtechnisch so ausgerüstet, daß sowohl eine Bildschirmdarstellung möglich als auch über Vergleichsmessungen mit einem Referenzstrahler Ziel- und Umgebungstemperatur zu ermitteln und digital auszuwerten waren.

    [0025] Bei einer Zielentfernung von 150 m und einer Zieltemperatur von 35°C wurden zwischen Ziel und WBG verschiedene Nebelwolken erzeugt, deren Absorptionswirkungen meßtechnisch ausgewertet wurden.

    [0026] Bei einer durchgestrahlten Schichtdicke von 5 bis 10 m, einer Windgeschwindigkeit von 3 bis 6 m/sec betrug die berechnete Nebelkonzentration vor dem Ziel 0,8 bis 1,2 g/m3.

    [0027] Abb. 1 zeigt die Transmissionszeit-Kurve von zwei Zielen für ein pyrotechnisches Primärnebel-System mit folgender Zusammensetzung:



    [0028] Die Transmission J/Jo erreicht keine brauchbaren Werte, d.h. solche von 0 bis 0,1.

    [0029] 2. Mit derselben Meßanordnung und unter denselben Bedingungen wurden verschiedene Sekundärnebel auf eine der bekannten Arten verschwelt, verdampft oder verblasen.

    [0030] Die mittlere Transmission ist in folgender Tabelle aufgetragen.



    [0031] Die Transmission erreichte in keinem Fall Werte, die eine völlige Absorption der Zielstrahlung bedeutete. Eine typische Transmissionskurve für Na-Cyclohexylsulfamat ist in Abb. 2 aufgetragen.

    [0032] 3. Abb. 3 zeigt die Kurve eines erfindungsgemäßen Kombinationsnebels aus dem pyrotechnischen Nebel des Beispiels 1 und eines Ammoniumborats im Massenverhältnis 2:1.

    [0033] Die Transmission erreichte Werte von < 0,1, wodurch der synergistische Effekt bewiesen wird. Ähnliche Ergebnisse wurden auch mit den anderen Sekundärnebeln erhalten.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Erzeugung von optronisch deckenden Nebeln,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß man einen an sich bekannten Primärnebel aus Halogendonatoren, Metallpulvern und/oder Oxiden oder auf der Basis von rotem Phosphor erzeugt und in diesen Primärnebel einen Sekundärnebel aus organischen oder anorganischen Säuren oder deren Ammonium-, Alkali-oder Erdalkalisalzen oder organischen Estern anorganischer Säuren oder Mikroballons oder Kunststoffteilchen dispergiert.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Primärnebel Nebelmischungen aus flüssigen, langsam hydrolysierenden Metallhalogeniden eingesetzt werden.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß ein Reaktionsprodukt aus Halogendonatoren und Silicium und/oder Silicium enthaltenden Verbindungen und/oder Zinn und/oder Zinn enthaltenden Verbindungen eingesetzt wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß zur Herstellung des Sekundärnebels Aminoessigsäure, Borsäure, Borfluorwasserstoffsäure, Sulfaminsäure, Cyclohexylsulfaminsäure, Zimtsäure, Citronensäure, Weinsäure oder deren Salze, insbesondere Ammoniumsalze der Phosphorsäuren allein oder in Mischungen miteinander eingesetzt werden.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß man den Primärnebel durch Abbrennen der verdichteten Massen erzeugt und in diesem den Sekundärnebel unter Ausnutzung der Reaktionswärme des Primärnebels sublimiert.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß den Mischungen Abbrandmoderatoren, wie Cu, Fe, Cr, V oder deren Oxide, zugesetzt werden.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß Mikroballons aus Kunststoff oder Glas oder Keramik verwendet werden.
     
    8. Verfahren nach Anspruch 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß Kunststoffteilchen aus fluorierten hochmolekularen Kohlenwasserstoffen Phenolharzen, Polycarbonaten oder Polysiloxanen verwendet werden.
     
    9. Verfahren nach Anspruch 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß der Sekundärnebel durch Verblasen mit pyrotechnischen Kaltgasgeneratoren, wobei die Nebelmasse Bestandteil der Generatormasse sein kann, erzeugt wird.
     
    10. Nebelsatz zur Erzeugung von im IR- und/oder Radarbereich absorbierenden Nebeln, gekennzeichnet durch einen Primärnebelsatz aus Halogendonatoren, Metallpulvern und Oxiden, vorzugsweise unter Verwendung von Silicium oder Silicium enthaltenden Verbindungen, oder Zinn und/oder Zinn enthaltenden Verbindungen, oder auf Basis von rotem Phosphor und einem Sekundärnebelsatz auf Basis von anorganischen oder organischen Säuren oder deren Ammonium-, Alkali- oder Erdalkalisalze, oder Mikroballons aus Kunststoff oder Glas oder Keramik oder Kunststoffteilchen aus fluorierten hochmolekularen Kohlenwasserstoffen Phenolharzen, Polycarbonaten oder Polysiloxanen.
     
    11. Nebelsatz nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß der Sekundärnebelsatz Aminoessigsäure, Borsäure, Borfluorwasserstoffsäure, Sulfaminsäure, Cyclohexylsulfaminsäure, Zimtsäure, Citronensäure, Weinsäure, Phosphorsäure oder deren Salze oder Mikroballons oder Kunststoffteilchen enthält.
     
    12. Nebelsatz zur gemeinsamen Verwendung mit Nebelsätzen aus Halogendonatoren Metallpulvern und Oxiden oder auf Basis von rotem Phosphor, gekennzeichnet durch einen pyrotechnischen Kaltgasgenarator, der zusätzlich organische oder anorganische Säuren oder deren Ammonium-, Alkali- oder Erdalkalisalze oder Mikroballons oder Kunststoffteilchen enthält.
     
    13. Nebelsatz nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß er Borsäure, Borfluorwasserstoffsäure, Sulfaminsäure, Cyclohexylsulfaminsäure, Zimtsäure, Citronensäure, Weinsäure, Phosphorsäure oder deren Salze, insbesondere Ammoniumsalze der Phosphorsäuren enthält.
     




    Zeichnung