[0001] Leichtgewichtige, weiche Vliesstoffe sind bekannt. Sie finden vielfache Anwendung
und sind insbesondere als Einlagestoffe zur Verstärkung von textilen Oberstoffen geschätzt.
Darüberhinaus finden sie jedoch auch auf fast allen Gebieten Anwendung, bei denen
gewebte oder gewirkte Textilien gebräuchlich sind.
[0002] Die Verfestigung von Vliesstoffen erfolgt üblicherweise mit Hilfe von Bindemitteln,
jedoch sind in letzter Zeit zunehmend Verfahren entwickelt worden, bei denen die Verfestigung
mit Hilfe von Bindefasern erzielt wird, wobei sich insbesondere die sogenannte Punktschweißtechnik
durchgesetzt hat.
[0003] Punktversdzweißte Vliesstoffe eignen sich gut zur Verwendung als Einlagevliesstoffe,
wobei sich für die großflächige Fixierung von textilen Oberstoffen insbesondere Vliesgewichte
von 30 bis 50 g/m ohne Haftmasse bewährt haben. Bei schwereren puhktverschweißten
Vliesstoffen wird im allgemeinen bei der Verwendung als Einlagevliesstoffe nur ein
mangelhaftes Volumen und ein etwas zu fester Griff erzielt.
[0004] In letzter Zeit werden immer mehr weiche aufgerauhte Gewebe und Gewirke als Einlagestoffe
verwendet, die voluminöser und weicher als herkömmliche Einlagevliesstoffe der schweren
Gewichtsklasse von 50 g/m
2 und mehr sind. Durch die Aufrauhtechnik erhalten die Gewebe bzw. Gewirke einen weichen
Griff und einen sehr textilen Fall sowie ein gutes Volumen. Es wurde deshalb bereits
der Versuch unternomen, fasergebundene punktverchweißte Vliesstoffe ebenfalls mit
Hilfe einer Aufrauhtechnik zu einem besseren Volumen zu führen. Diese Versuche führten
jedoch zu keinem Erfolg, denn die Fasern werden bei dem Aufrauhvorgang als Einzelfasern
herausgezogen und so an die Oberfläche des Vliesstoffes gebracht. Eine Beschichtung
mit Haftmasse ist nahezu unmöglich und beim Wasch- oder Chemischreinigungsvorgang
werden die losen Fasern abgelöst.
[0005] Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, einen flauschigen, insbesondere leichtgewichtigen
und weichen Vliesstoff zu entwickeln, der bei guten mechanischen Gebrauchseigenschaften
ebenfalls eine gute Beständigkeit beim Waschen und Chemischreinigen,aufweist.
[0006] Es wird ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Vliesstoffes vorgeschlagen, welches
dadurch gekennzeichnet ist, daß ein Vlies aus Stapel- und/oder Endlosfasern zunächst
mit Hilfe von thermoplastisch erweichbaren Bindefasern in an sich bekannter Weise
durch Kalandrieren oder Thermofusion gebunden und anschließend ein- oder beidseitig
mit Filznadeln derart nachgenadelt wird, daß der so behandelte Vliesstoff ca. 20 bis
100 Einstiche/cm
2 aufweist, wobei die Einstichtiefe der Filznadeln so bemessen wird, daß an der Ausstichseite
eine flauschige Oberfläche entsteht. Es wird samit ein bekannter mit Hilfe von Bindefasern
gebundener Vliesstoff vorzugsweise mit hoher Geschwindigkeit ein- oder beidseitig
nachgenadelt. Die an der Ausstichseite entstehende flauschige Vliescberfläche ist
gegenüber mechanischen Einflüssen sehr beständig und auch nach mehreren Chemischreinigungen
oder Behandlungen in der Waschmaschine unverändert. Im Gegensatz zu einem aufgerauhten
Vliesstoff, bei dem die Fasern an der Oberfläche nicht fest verankert sind, tritt
keine Störung durch Fusselbildung ein. Für viele Zwecke sind punktverschweißte Vliesstoffe
besonders gut geeignet.
[0007] Es war durchaus überraschend, daß die Nachbehandlung durch Nadeln zu dem angegebenen
Ergebnis führt, insbesondere zu der größeren Weichheit und Flausc
higkeit des hergestellten Produktes. Vorgenadelte Vliese, die an sich bekannt sind,
sind keineswegs weich oder flauschig. Sie werden üblicherweise für Nadelfilzbodenbeläge
und als Rückfläche für Kunstleder verwendet. Bei dem sogenannten Nadelungsverfahren
werden die Nadeln in ein loses Vlies eingestochen, wobei eine Vorverfestigung erzielt
wird, die zu einer Verbesserung der mechanischen Eigenschaften des Vliesstoffes führt.
Verbessert wird auch die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Einfluß von Wäsche und
Chemischreinigen. Da jedoch durch Nadeln an sich niemals ein weicher und flauschiger
Stoff herzustellen ist, wobei überdies die langsamen Geschwindigkeiten beim Vornadelungsverfahren
unökonomisch sind und die Oberflächenglätte nicht befriedigt, war nicht zu erwarten,
daß durch das erfindungsgemäß vorgeschlagene Nachnadeln eines mit Hilfe von Bindefasem
gebundenen Vliesstoffes die gestellte Aufgabe gelöst wird.
[0008] Als Basisvliese werden quergelegte Vliese bevorzugt. Es eignen sich jedoch auch längsgelegte
mit Hilfe von Schmelzklebefasern verfestigte Vliese. Die Vliese bestehen aus Stapelfasern
und/oder Endlosfasem. Die Verfestigung erfolgt bevorzugt mit Hilfe eines Kalanders,
der wenigstens einseitig gravierte Walzen aufweist, wobei die Temperatur der Walze
abhängig ist von den gewählten Schmelzklebefasern.
[0009] Als Schmlzklebefasern eignen sich Homofilfasern, z.B. Nylon 6, Oopolyester mit einem
Schmelzbereich um 200° C oder Polybutylenterephthalat.
[0010] Bevorzugt werden jedoch in der Regel Bikampanentenfasern, z.B. Nylon 66 - Nylon 6
oder Polyäthylenterephthalat - Copolyester bzw. PÄT-Polybutylenterephthalat.
[0011] Die Schmelzklebefasern werden mit einem Anteil von 10 bis 100 Gew. %, bezogen auf
das Gewicht der gesamten Fasermasse, eingesetzt. Es ist somit möglich, sowohl ein
ausschließlich aus thermoplastisch erweichbaren Fasern zusammengesetztes Vlies zu
verwenden, als auch ein Vlies aus Schmelzklebefasern und Cofasern z.B. synthetischen
Fasern wie bekannte Polyester-, Polyamid- oder Polyacrylnitrilfasern. Es lassen sich
jedoch auch halbsynthetische oder Naturfasern oder Mischungen verschiedener Fasersorten
verwenden.
[0012] Punktverfestigte Vliese werden in jedem Falle bevorzugt. Die Punktverfestigung kann
dabei sowohl mit Hilfe eines Kalanders mit gravierter und glatter Walze als auch durch
Flächenverfestigung mit einem Kalander erfolgen, der mit zwei glatten Walzen bestückt
ist. Es ist weiterhin möglich, das Vlies drucklos, z.B. in einem Thermofusicnsofen
zu verfestigen, wobei die anschließende Fixierung zwischen kalten Glättwalzen erfolgt.
[0013] Die erwünschte weiche, flauschige und voluminöse Oberfläche des erfindungsgemäß nachgenadelten
Vliesstoffes erhält man in der Pegel optimal bei punktverfestigten Vliesstoffen. Bei
Vliesstoffen, die mit glatten Walzen verfestigt wurden, läßt oftmals die Weichheit
zu wünschen übrig. In allen Fällen wird jedoch eine sehr gute Wasch- und Chemischreinigungsbeständigkeit
erreicht.
[0014] Das Nachnadeln kann mit Nadelstühlen üblicher Bauart durchgeführt werden.
[0015] Besonders geeignet ist ein Nadelstuhl mit z.B. 2 Brettern, die jeweils mit ca. 3000
bis 6000 Nadeln/m bestückt sind. Bei einseitiger Nadelung weist der Vliesstoff eine
relativ dichte Einstich- und eine flauschige, voluminöse Ausstichseite auf.
[0016] Sofern es erwünscht ist, einen beidseitig flauschigen Vliesstoff herzustellen, erfolgt
das Nachnadeln von beiden Seiten aus, zweckmäßig mit 2 Nadelstühlen mit 3000 bis 6000
Nadeln/m Arbeitsbreite pro Brett, wobei die Nadeln des einen Nadelstuhls von eben
die des anderen von unten einstechen.
[0017] Die Einstichtiefe ist variabel und hängt von der Beschaffenheit des nachzunadelnden
Vliesstoffes ab. Die Widerhaken müssen stets so tief in das Material einstechen, daß
auf der Ausstichseite die gewünschte flauschige Oberfläche entsteht. Die Länge und
die Dichte der flauschigen Oberfläche sind dabei von der Einstichtiefe, der Nadeldichte,
der Widerhakenform und von der Nadelfeinheit abhängig.
[0018] Bei einem schwereren Material mit groben Fasern werden bevorzugt etwas gröbere Nadeln
angewendet. Bewährt haben sich Nadeln mit 36 bis 38 Gauge, die 2 bis 3 Widerhaken
pro Nadel enthalten. Bei leichteren Vliesstoffen ist es vorteilhafter, feinere Nadeln
mit etwa 41 bis 44 Gauge und nur 1 bis 2 Widerhaken zu verwenden. Auch die erforderliche
Anzahl der Einstiche ist von dem Basismaterial abhängig. Bewährt haben sich 20 bis
100 Einstiche pro cm
2, insbesondere aber 25 bis 60 Einstiche pro cm
2.
[0019] Das Verfahren läßt sich sehr wirtschaftlich durchführen. Bei etwa 5000 Nadeln/m pro
Brett und beim Einsatz von 2 Brettern an einem Nadelstuhl oder 2 Nadelstühlen mit
je einem Brett von 5000 Nadeln können sehr hohe Geschwindigkeiten erzielt werden.
So ist es beispielsweise möglich, bei 38 Einstichen/cm
2 mit 1000 Nadeln/m Arbeitsbreite eine Geschwindigkeit von 24 m/min zu erreichen.
[0020] Der erfindungsgemäß nachgenadelte Vliesstoff kann in beliebiger Weise nachbehandelt
bzw. veredelt, z.B. gefärbt werden.
Beispiel 1
[0021] Auf einer Karde wird ein Vlies gekrempelt mit einer Fasermischung aus 30 Gew. % Nylon
66 mit einem Titer 1,7 dtex, 20 Gew. % Polyester mit einem Titer von 3,3 dtex und
50 Gew. % einer Kem-Mantel Bikamponentenfaser, die zu 50 Gew. % aus Nylcn 6 und 50
Gew. % Nylon 66 besteht und deren Titer ebenfalls 3,3 dtex beträgt. Dieses Vlies wird
mittels Querleger auf ein Lattenband abgelegt. Anschließend wird das Vlies mit einem
Kalander mit einer glatten Walze und einer gravierten Walze mit Punktdimensionen von
0,55 x 0,8 x 0,65 mm sowie 30 Punkte/cm
2 (Punktabstand in den waagrechten Reihen 2,1 mm, in den senkrechten Reihen 1,6 mm)
bei einer Temperatur von 225
o C und einem Druck von 50 kp/cm verschweißt. Die Auslaufgeschwindigkeit beträgt 10
m/min, das Gewicht des kalandrierten Vliesstoffes 60 g/m
2. Die Breite ist 1 m.
[0022] Der Vliesstoff wird dann durch einen Nadelstuhl mit 2 Brettern mit je 5000 Nadeln/m
mit 40 Gauge und 3 Widerhaken pro Kante (9 Widerhaken pro 3 Kanten) passieren gelassen.
Der Hub ist 1000/min, die Einstichtiefe beträgt 14 mn. Alle 3 Widerhaken pro Kante
durchstoßen den Vliesstoff. Die Durchlaufgeschwindigkeit liegt bei 24 m/min, die Zahl
der Einstiche pro cm
2 beträgt 38. Es entsteht ein einseitig flausc
higes Material, das sehr drapierfähig, weich und voluminös ist.
Beispiel 2 (Vergleichsversuch)
[0023] Ein Vliesstoff wird wie in Beispiel 1 hergestellt, wobei jedoch das Nachnadeln entfällt.
Es entsteht ein härterer, flacherer Vliesstoff, der nahezu nicht darpierfähig ist,
wcbei auch der flauschige Charakter der Oberfläche fehlt.
Beispiel 3 (Vergleichsversuch)
[0024] Ein Vlies der gleichen Zusammensetzung wie in Beispiel 1 bzw. 2 wird kardiert, quergelegt
und genadelt. Dabei werden folgende Bedingungen gewählt:
2 Nadelbretter (vcn oben eingenadelt), 6 m/min, 700 Hub, 12 mm Einstichtiefe. Dieses
Vlies wird dann unter den gleichen Bedingungen wie in Beispiel 1 mit 10 m/min in einem
Kalander mit gravierter und glatter Walze bei 225° C verschweißt. Der so erhaltene
Vliesstoff weist einen harten und festen Griff auf und ist in seinen Eigenschaften
mit einem Vliesstoff gemäß Beispiel 2 vergleichbar. Die Oberfläche aber ist weniger
glatt als der nach Beispiel 1 und 2 hergestellte Vliesstoff.
Beispiel 4
[0025] Auf einer Karde wird ein Vlies gekrempelt mit einer Fasermischung von 50 % der Bikamponentenfaser
gemäß Beispiel 1 und 50 Gew. % Nylon 66, 3,3 dtex. Anschließend wird dieses Vlies
unter den Bedingungen des Beispiels 1 zwischen 2 Kalanderwalzen, deren eine graviert
ist, bei 225° C verfestigt. Die Auslaufgeschwindigkeit beträgt 10 m/min, das Gewicht
des kalandrierten Vliesstoffes 1
00 g/m
2 und die Breite 1 m.
[0026] Der Vliesstoff wird dann durch 2 Nadelstühle mit je 1 Brett mit 5000 Nadeln/m mit
38 Gauge und 3 Widerhaken pro Kante (9 Widerhaken pro 3 Kanten) behandelt, wobei die
Nadeln das eine Mal von oben, das andere Mal von unten einstechen. Der Hub ist 1000/min,
die Einstichtiefe 12 mm. Alle 3 Widerhaken pro Kante durchstoßen den Vliesstoff. Die
Durchlauf geschwindigkeit liegt bei 24 m/min. Die Zahl der Einstiche beträgt pro cm
2 38.
[0027] Es entsteht ein beidseitig flauschiges Material mit weichem und voluminösen Griff.
Beispiel 5 (Vergleichsversuch)
[0028] Ein Vliesstoff wird unter den Bedingungen des Beispiels 4 hergestellt, ohne daß er
dem Nachnadelungsprozess unterzogen wird. Dieser Vliesstoff ist deutlich härter und
flacher als das nachgenadelte Produkt. Die flauschige Oberfläche an beiden Seiten
fehlt.
[0029] Beide Muster werden nach Norm 53 920 Abschnitt 4.5 (40° C) 10 Mal gewaschen, wobei
der nicht nachgenadelte Vliesstoff etwas mehr ausfasert als der Nachgenadelte. Beide
Vliesstoffe neigen jedoch außerordentlich wenig zum Fusseln. Der ursprüngliche Griff
bleibt nahezu unverändert.
[0030] Dickenmessung nach DIN 53 855 Teil 1 ergab:

[0031] Die Messung des Fallvermögens nach DIN 53 306 ergab folgende Werte:

1. Verfahren zur Herstellung eines flauschigen, insbesondere leichtgewichtigen, weichen
Vliesstoffes, dadurch gekennzeichnet, daß ein Vlies aus Stapel- und/oder Endlosfasern
zunächst mit Hilfe von thermoplastisch erweichbaren Bindefasem in an sich bekannter
Weise durch Kalandrieren oder Thermofusion gebunden und anschließend ein- oder beidseitig
mit Filznadeln derart nachgenadelt wird, daß der so behandelte Vliesstoff ca. 20 bis
100 Einstiche/cm2 aufweist, wobei die Einstichtiefe der Filznadeln so bemessen wird, daß an der Ausstichseite
eine flauschige Oberfläche entsteht.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß Nadeln von 36 bis 44 Gauge
mit 1 bis 3 Widerhaken pro Kante verwendet werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, daß ein quergelegtes Vlies
gebunden und nachgenadelt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß der nachgenadelte
Vliesstoff 25 bis 60 Einstiche pro cm2 aufweist.
5. Verfahren nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß als Bindefasern Bikomponentenfasern
verwendet werden, wobei die Menge der Bindefasern 10 bis 100 Gew. %, bezogen auf das
Gesamtgewicht der Fasern, beträgt.
6. Verfahren nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß ein punktverfestigtes
Vlies nachgenadelt wird.