(19)
(11) EP 0 049 849 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
21.04.1982  Patentblatt  1982/16

(21) Anmeldenummer: 81107962.3

(22) Anmeldetag:  06.10.1981
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C12Q 1/34, G01N 33/54
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE DE FR IT SE

(30) Priorität: 10.10.1980 DE 3038286

(71) Anmelder: BEHRINGWERKE Aktiengesellschaft
35001 Marburg (DE)

(72) Erfinder:
  • Gils, Reiner
    D-3552 Wetter (DE)

(74) Vertreter: Meyer-Dulheuer, Karl-Hermann, Dr. et al
Hoechst AG, Werk Kalle-Albert, Zentrale Patentabteilung KA
D-65174 Wiesbaden
D-65174 Wiesbaden (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Bestimmung der Streptokokken-Desoxiribonuclease B nach der Toluidinblau O-Methode


    (57) Es wird ein Verfahren zur Bestimmung der Desoxiribonuclease B sowie von Antikörpern gegen Desoxiribonuclease B beschrieben. Darin werden ein Toluidinblau 0-DNS-Komplex sowie ein Fällungsmittel verwendet.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung der Desoxiribunuclease B sowie Antikörper, die gegen Desoxiribonuclease B gerichtet sind, mittels eines Toluidinblau O-Desoxiribonucleinsäure-Komplexes.

    [0002] Desoxiribonucleasen (DNasen) sind extrazelluläre Stoffwechselprodukte von Streptokokken der Gruppe A nach. Lancefield. Serologisch und elektrophoretisch lassen sich vier DNasen unterscheiden, die mit A, B, C und D bezeichnet werden. Diese induzieren im Menschen die Bildung spezifischer Antikörper. Für die Erkennung von Streptokokkeninfektionen hat die Bestimmung der DNase B-Antikörper diagnostische Bedeutung erlangt, da dieses Enzym von Streptokokken der Gruppe A vorwiegend gebildet wird.

    [0003] Bei dem von Streptokokken hervorgerufenen rheumatischen Fieber stellt man neben einem Anstieg das Anti-Streptolysin-Titers häufig auch einen Anti-DNase B-Anstieg fest.

    [0004] Zumeist besteht zwischen diesen Werten eine gute Übereinstimmung, darüber hinaus bietet die Anti-DNase B-Bestimmung einige zusätzliche diagnostische Vorteile. Vor allem bei Hautinfektionen kommt eine Erhöhung des Anti-Streptolysin-Gehaltes sehr selten vcr, während ein kräftiger Anstieg des ADNase B-Titers beobachtet wird. Es besteht daher ein Bedürfnis für die Bestimmung der Anti-Streptokokken-DNase B.

    [0005] Aus der deutschen Patentschrift 23 44 441 ist ein Verfahren zur Bestimmung von Streptokokken-Desoxiribonuclease B bekannt, in welchem ein Komplex aus dem metachromatischen Farbstoff Toluidinblau 0 und einer Desoxiribonucleinsäure als Substrat verwendet wird. Beim enzymatischen Abbau dieses Substrates fällt der Farbstoff flockig aus, und die überstehende Lösung entfärbt sich.

    [0006] Ein Nachteil dieses beschriebenen Verfahrens ist die lange Inkubationsdauer für die Enzymreaktion.

    [0007] Es wurde nun ein Verfahren zur Bestimmung von Streptokokken-DNase B oder ihrer Antikörper auf der Grundlage des Toluidinblau 0-Verfahrens gefunden, dessen wesentlicher Vorteil in seiner schnelleren Durchführbarkeit besteht.

    [0008] Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Bestimmung der DNase B, indem man einer Reihenverdünnung einer Lösung von DNase B oder einer Lösung von Anti-DNase B, der zuvor eine definierte überschüssige Menge DNase B zugesetzt wurde, einen DNA-Toluidinblau O-Komplex zusetzt und die Fällungsgrenzkonzentration bestimmt, dadurch gekennzeichnet, daß nach Zugabe des Komplexes ein Fällungsmittel zugesetzt wird.

    [0009] Dieses Fällungsmittel ist eine Base, der gegebenenfalls eine Aminosäure und/oder ein Salz zugesetzt ist.

    [0010] Es ist überraschenderweise gefunden worden, daß eine sichtbare Präzipitation des freien Farbstoffes längere Zeit in Anspruch nimmt als die Enzym-Substrat-Reaktion, die Präzipitation durch Alkalisierung des Testansatzes jedoch wesentlich beschleunigt werden kann.

    [0011] Als basische Fällungsmittel Im Sinne der Erfindung eignen sich insbesondere anorganische Basen, es können jedoch auch organische Basen Verwendung finden.

    [0012] Wegen der einfachen Handhabung eignen sich aus der Gruppe der anorganischen Basen vor allem wässrige Lösungen von Erdalkali- oder Alkalihydroxiden, vor allem Calcium-, Kalium- oder Natriumhydroxidlösungen.

    [0013] Bevorzugt ist ein Fällungsmittel mit Aminosäure- oder Salzzusatz.

    [0014] Geeignete Aminosäuren sind beispielsweise Glycin, β-Alanin, Leucin, Sarkosin, Alanin oder Glutaminsäure.

    [0015] Geeignete Salze sind beispielsweise Natrium-, Kalium-oder Magnesiumchlorid, Kalium- oder Magnesiumsulfat oder allgemein Chloride und Sulfate von Alkali- und Erdalkalimetallen.

    [0016] Als erfindungsgemäß Fällungsmittel eignet sich insbesondere ein Gemisch aus folgenden Bestandteilen: Zu einer 0,5 bis 5 molaren Erdalkali- oder Alkalihydroxidlösung, vorzugsweise 2 bis 4 molar, setzt man 1 bis 10%, vorzugsweise 5 %, oder in molarer Konzentration Aminosäure oder Salz zu. Die Vermischung der beiden, gegebenenfalls auch mehreren Komponenten erfolgt in wässriger Lösung bei 10 bis 100°C, vorzugsweise bei Raumtemperatur. Als Fällungsmittel kann auch eine 0,5 bis 5 molare basische Lösung ohne Zusatz von Aminosäure oder Salz dienen; in diesem Fall empfiehlt es sich, die Reaktion nicht später als 30 Minuten nach Zusatz des Fällungsmittels zu dem Testansatz abzulesen.

    [0017] Zur Herstellung eines geeigneten Fällungsmittels kann wie folgt vorgegangen werden: 20 bis 200 Gramm Natriumhydroxid in 1000 ml destilliertem Wasser werden unter ständigem Rühren bei 10 bis 100°C 10 bis 100 Gramm Natriumchlorid zugesetzt. Nach vollständigem Lösen der beiden Komponenten wird die Lösung filtriert.

    [0018] Gegenstand der Erfindung ist ferner ein Verfahren zur Ausfällung des freien Farbstoffes nach einer Inkubationsdauer von 20 bis 60 Minuten, vorzugsweise nach 30 bis 40 Minuten, und anschließender kurzer Erwärmung des Testansatzes auf 40 bis 70°C, vorzugsweise 50 bis 60°C, für eine Dauer von 2 bis 15 Minuten, vorzugsweise 5 bis 10 Minuten, zur Aggregierung der entstandenen Präzipitate.

    [0019] Das erfindungsgemäße Verfahren ist wegen seiner Einfachheit für Serienanalysen geeignet.

    [0020] Zweckmäßig ist die Zusammenstellung eines sogenannten Testkits, der sich aus folgenden Reagenzien zusammensetzt:

    1. DNA-Toluidinblau 0-Substrat Das Substrat wird nach bekannten Verfahren hergestellt (DE-PS 23 44 441).

    2. Streptokokken-DNase B, z.B. eine Enzympräparation aus dem Kulturfiltrat von Streptokokken der Gruppe A, hergestellt nach L.W.Wannamaker und W.Yasmineh, J.exp.Med. 126 (1967) 475. Von Vorteil ist der Zusatz von Erdalkaliionen, vorzugsweise von Mg++-Ionen, in 0,001 bis 0,5 molarer Konzentration, vorzugsweise 0,001 bis 0,2 mo1ar,zur Stabilisierung der Enzymaktivität. Die Lösung ist mit einer Aktivität von ca. 30 U/ml nach Kunitz gebrauchsfertig.

    3. Imidiazol-Pufferlösung pH 7,8. Der Anti-DNase B-Puffer ist ein Imidazol-Puffer pH 7,8 (17,0 g Imidazol/1), der 2,0 Gramm Serumalbumin vom Rind, 1,47 Gramm CaCl2x2H2O und 0,6 Gramm MgS04x7H20 im Liter enthält. Die Pufferlösung, die außerdem Natriumazid (1,0 g/l) enthält, wird zum Herstellen der Serum-Verdünnungsreihen verwendet.

    4. Fällungsmittel-Reagenz, bestehend aus einer wässrigen Hydroxidlösung mit Stabilisatorzusatz. In der bevorzugten Form ist dies 2,5 M NaOH (100 g/l) und 1 M NaCl (58,5 g/l).

    5. Anti-Streptokokken-DNase B-Standard-Serum ist ein Humanserum mit einer definierten Konzentration von Anti-Streptokokken-DNase B, das bei vorschriftsmäßiger Durchführung des Testes einen Anti-DNase B-Titer von 300 ergibt.



    [0021] Das Verfahren wird bevorzugt in Reihenanalysen durchgeführt, wobei Verdünnungsreihen der Lösungen, in denen die Konzentration der Anti-DNase B bestimmt werden soll, angelegt werden. Wird Serum verwendet, ist es zweckmäßig, dieses kurzzeitig auf etwa -56°C zu erwärmen. Dabei werden unspezifische Reaktionen, die das Meßergebnis verfälschen könnten, ausgeschaltet. Zu jeder Verdünnung der Probe wird eine bekannte Menge der DNase B-Lösung gegeben, die man mit der Anti-DNase B reagieren läßt. Danach wird die Probe mit DNA-Toluidinblau-Substrat versetzt, auf welches nur die nicht durch Anti-DNase B gebundene DNase B einwirken kann. Bei dem enzymatischen Abbau des DNA-Toluidinblau O-Komplexes wird der Farbstoff frei, der durch Zugabe desFällungsmittels präzipitiert wird. Die jeweiligen Verdünnungsreihen werden mit Standardreihen der Anti-DNase B in Vergleich gesetzt.

    [0022] Für die Durchführung des Testes ist eine Mikrotiterplatte besonders geeignet, da hierauf neben einer Reihe von Sera eine Standardreihe für die Anti-DNase B sowie entsprechende Kontrollen für das Enzym und das Substrat nebeneinander aufgetragen werden können.

    [0023] Das folgende Beispiel erläutert die Erfindung:

    1. Vorbereitung der Reagenzien :



    [0024] 

    1.1. DNA-Toluidinblau 0-Substrat, lyopnilisiert, wird in 5 ml destilliertem Wasser aufgenommen.

    1.2. Streptokokken-DNase, lyophilisiert, in 3 ml destilliertem Wasser aufnehmen.

    1.3. Fällungsmittel-Reagenz (Toluidinblau 0-Fällungsmittel) ist eine wässrige Lösung von 0,5 g Natriumhydroxid und 0,29 g Natriumchlorid in 5 ml Wasser.

    1.4. Anti-Streptokokken-DNase B-Standard-Serum ist ein flüssiges, stabilisiertes Humanserum, das bei vorschriftsmäiger Testdurchführung einen Anti-DNase B7 Titer von 300 besitzt. Das Standard-Serum ist gebrauchsfertig.

    1.5. Imidazol-Pufferlösung pH 7,8 ist gebrauchsfertig.


    2. Herstellung der Serum-Verdünnungsreihen :



    [0025] 

    2.1. Jedes zu untersuchende Serum wird 30 Minuten in einem Wasserbad bei +56 C inaktiviert, hierfür wird eine 1:50 Verdünnung des Patientenserums verwendet. Röhrchen A: 0,1 ml Serum + 4,9 ml Imidazol-Pufferlösung pH 7,8 (Serumverdünnung 1:50)

    2.2. Nach Inaktivierung aus Röhrchen A eine zweite Serumverdünnung 1:75 herstellen. Röhrchen B: 1,0 ml Serumverdünnung A + 0,5 ml Imidazol-Pufferlösung pH 7,8 (Serumverdünnung 1:75)

    2.3. Verdünnungsstufen A (1:50) und B (1:75) ebenso vom Anti-DNase B-Standard-Serum herstellen, welches nicht inaktiviert zu werden braucht.

    2.4. In einer Mikrotiterplatte Verdünnungsreihen von Standard- und Patientensera von 1:50 bis 1:2400 mit einem Volumen von 25 ul herstellen.


    3. Testansatz :



    [0026] 

    3.1. Jeder Vertiefung 25/ul der gebrauchsfertigen Streptokokken-DNase B-Lösung zugeben, mischen, Platte verschließen und 15 Minuten bei Raumtemperatur stehenlassen.

    3.2. Anschließend in alle Vertiefungen 50 µl DNA-Toluidinblau 0-Substrat mit einer Mikropipette einfüllen, mischen, die Platte verschließen und 30 Minuten in einem Brutschrank bei +37°C inkubieren.

    3.3. In alle Vertiefungen 25 /ul basisches Fällungsmittel einfüllen, gut mischen, Platte verschließen und 5-10 Minuten bei +56oC im Brutschrank oder Wasserbad stehenlassen.


    4. Bewertung :



    [0027] 

    Zum Ablesen Platte auf eine Milchglasscheibe, die von unten beleuchtet werden kann, oder auf einen Ablesespiegel stellen. Die Resultate können auch sehr gut abgelesen werden, wenn die Platte gegen eine weiße Fläche gehalten wird. Es werden diejenigen Verdünnungsstufen bei Standard- und Patientensera notiert, bei denen eine rötlich-violette Präzipitation noch nicht wahrnehmbar ist, und daraus die Anti-Streptokokken-DNase B-Konzentration im Patientenserum berechnet:

    Multiplikation von Verdünnungsfaktor des Patientenserums mit Anti-DNase B-Konzentration im Standard-Serum (Titerstufe 300) dividiert durch Verdünnungsfaktor im Standard-Serum.

    Z.B. Standard-Serum: homogene rötliche Lösung Vertiefung Nr. 5 (1:200) Patientenserum: homogene rötliche Lösung

    Vertiefung Nr. 7 (1:400) ergibt



    [0028] Durch das erfindungsgemäße Verfahren läßt sich gegenüber dem herkömmlichen Toluidinblau 0-Verfahren eine wesentliche Zeitersparnis und eine verbesserte Ablesbarkeit erzielen. Bei dem herkömmlichen Verfahren beträgt die Inkubationsdauer für die Enzymreaktion 4 Stunden, bei dem erfindungsgemäßen Verfahren 30 Minuten. Besteht bei dem herkömmlichen Verfahren keine Zentrifugiermöglichkeit, müssen die Platten in der Regel weitere 2 Stunden zur Verbesserung der Ablesbarkeit stehengelassen werden. Diese Standzeit der Platten entfällt bei dem neuen Verfahren ebenfalls. Insgesamt läßt sich durch das erfindungsgemäße Verfahren eine Zeitersparnis von ca. 5 Stunden erzielen, Zentrifugieren der Platten zur Erzielung einer besseren Ablesbarkeit ist ebenfalls nicht nötig.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Bestimmung der Desoxiribonuclease B, Indem man einer Reihenverdünnung einer Lösung von Desoxiribonuclease B oder einer Lösung von Anti-Desoxiribonuclease B, der zuvor eine definierte überschüssige Menge Desoxiribonuclease B zugesetzt wurde, einen DNA-Toluidinblau 0-Komplex zusetzt und die Fällungsgrenzkonzentration bestimmt, dadurch gekennzeichnete, daß nach Zugabe des Komplexes ein Fällungsmittel zugesetzt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Fällungsmittel eine wässrige Lösung einer Base ist.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Fällungsmittel eine Metallhydroxidlösung ist.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Fällungsmittel eine Lösung einer Base und einer Aminosäure ist.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Fällungsmittel eine Lösung einer Base und einem Salz ist.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Fällungsmittel aus einer Lösung von 2 bis 20 % eines Alkalimetallhydroxids und 0 bis 10 % eines Salzes besteht.
     
    7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Fällungsmittel dem Reaktionsansatz 15 bis 60 Minuten nach Start der Enzymreaktion zugesetzt und der Reaktionsansatz anschließend für 2 bis 15 Minuten auf 40 bis 70°C erwärmt wird.
     
    8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Fällungsmittel dem Reaktionsansatz 30 Minuten nach Start der Enzymreaktion zugesetzt wird und der Reaktionsansatz anschließend für 5 bis 10 Minuten auf 50 bis 60°C erwärmt wird.