[0001] Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf eine Vorrichtung nach Anspruch 1 zur Herstellung
lunkerfreier Sprengstoff-und/oder Treib-Ladungen vorgegebener Raumform und Zusammensetzung
durch Giessen, wobei der Erstarrungsvorgang innerhalb der Schmelze von unten nach
oben zunehmend verzögert erfolgt sowie auf ein Verfahren zur Herstellung dieser Sprengstoff-
und/oder Treib-Ladungen gemäss den Ansprüchen 9 und 10.
[0002] Die bisher bekannten Verfahren zur Herstellung von Spreng-oder Treib-Ladungen erfolgen
durch Giessen eines bei erhöhter Temperatur verflüssigten Spreng- oder Treibstoffes
in die entsprechende Form des Munitionsobjektes bzw. Ladungsraumes. Die Bildung von
schädlichen Lunkern im Giessling wurde durch externe Wärmezufuhr um oder in der obersten
Partie soweit möglich verhindert. Die entsprechenden Vorrichtungen zur Durchführung
derartiger Giessverfahren erfordern einen relativ grossen apparativen Aufwand und
sind in ihrem Temperaturverhalten schwierig zu steuern.
[0003] Bekannt sind zur Beeinflussung einer kontinuierlichen Erstarrung von Sprengstoffen
Heizkasten (CH-PS 389 449) oder metallische Heizstäbe (CH-PS 503 253 und DE-AS 1 796
168).
[0004] Es ist daher Aufgabe der Erfindung, eine Vorrichtung zu schaffen sowie ein Giessverfahren
anzugeben, welche vollständig ohne schwer zu kontrollierende Wärmezufuhr zum Giesstrichter
einen lunkerfreien Guss, selbst bei sehr kleinen Eingiessöffnungen, ermöglicht. Ferner
sollen komplizierte Wärmevorrichtungen eingespart werden; die Abkühlungsphase soll
von der Umgebungstemperatur relativ unabhängig sein.
[0005] Erfindungsgemäss wird dies durch eine Vorrichtung erzielt, bei der ausserhalb der
Giessform eine Isolationshülle vorgesehen ist, deren radialer Wärmedurchlass in einer
beliebigen Horizontalebene wenigstens annähernd der bei der Erstarrung der Schmelze
frei werdenden, radial abfliessenden Wärmemenge im in derselben Horizontalebene befindlichen
Querschnitt entspricht.
[0006] Gemäss dem erfindungsgemässen Verfahren wird die Isolationshülle samt Wärmeträger
in einem 1. Schritt während mindestens einer Stunde auf wenigstens die Schmelztemperatur
des Wärmespeichers aufgeheizt, in einem 2. Schritt die Sprengstoff- und/oder Treib-Ladung
in die Giessform gegossen und in einem 3. Schritt die Giessform in wenigstens zwei
weiteren Temperaturschritten abgekühlt.
[0007] Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in Unteransprüchen gekennzeichnet.
[0008] Anspruch 2 beschreibt eine vorteilhafte und wirtschaftlich zu realisierende Isolationshülle.
[0009] Aus herstellungstechnischen Gründen erweist sich eine Vorrichtung nach Anspruch 3
in praxi als besonders günstig.
[0010] Die Wärmekapazität einer Isolationshülle lässt sich durch einen in Anspruch 4 angegebenen
Hohlraum zur Aufnahme eines Wärmeträgers massgeblich erweitern und vorbestimmen. Die
Isolationshülle kann auch vollständig als Hohlraum ausgebildet sein und teilweise
oder vollständig mit einem Wärmeträger gefüllt werden.
[0011] Zur Erzielung eines optimalen Abkühlungsverlaufs der Ladung erweist sich ein Wärmeträger
gemäss Anspruch 5 als günstig.
[0012] Ein Wärmeträger nach Anspruch 6 gibt an Stelle der noch flüssigen Ladung so lange
Wärme an die Umgebung nach aussen ab, bis die auf untern Querschnittsebenen gelegenen
lunkergefährdeten Bereiche der Ladung erstarrt sind.
[0013] Besonders vorteilhaft ist der Einsatz der Ladungs-Schmelze (vgl. Anspruch 7) als
Wärmeträger, insbesondere aus Gründen der vereinfachten Manipulation.
[0014] Eine Ausgestaltung gemäss Anspruch 8 ergibt kommunizierende Gefässe und bewirkt damit
ein besonders einfaches Nachfliessen der erstarrenden Schmelze in die Giessform. Im
einfachsten Fall stellt dabei die Eingiessöffnung der Form die Verbindungsleitung
dar.
[0015] Besonders bewährt hat sich ein Giessverfahren nach Anspruch 9 oder 10.
[0016] Nachfolgend werden anhand schematischer Zeichnungen Ausführungsbeispiele der Erfindung
näher beschrieben. Es zeigen
Fig. 1 ein Geschoss mit aufgesetzter Isolationshaube in Schnittdarstellung während
des Erstarrungsprozesses der Ladung und
Fig. 2 den oberen Teil eines weiteren Geschosses mit einer Wärmeisolation sowie einer
eingezeichneten Isochronenschar.
[0017] In beiden Zeichnungen sind gleichartig wirkende Teile mit gleichen Bezugszeichen
versehen.
[0018] Gemäss Fig. 1 ist auf einen Giessling 1 ein Giesstrichter 2 aufgesetzt. In einen
formschlüssig am Giessling 1 aufgesetzten Kragen 4 aus Polyvinilchlorid ist ein Mantel
5 aus Polyurethanschaum mit einem Hohlraum 11 eingesetzt. Der Giesstrichter 2 ist
in üblicher Weise mit Schmelze bis zu einem Niveau N gefüllt. Die Schmelze vermag
während des Erstarrungsprozesses durch die relativ kleine Eingiessöffnung 6a problemlos,
ohne Lunkerbildung, in den Ladungsraum 6 nachfliessen. Dabei dient eine kragenförmige
Ausbildung des Giesstrichters 2 als Latentwärmespeicher 7, in welchem die Schmelze
von aussen nach innen erstarrt und dabei die latent gespeicherte Wärmeenergie nach
aussen abgibt, wodurch im Bereiche der Eingiessöffnung 6a ein Wärmeabfluss nach aussen
bis zuletzt verzögert wird, so dass die Schmelze in diesem Bereiche der Ladung zuletzt
erstarrt.
[0019] Die aus dem Kragen 4 und dem Mantel 5 gebildete Isolationshaube 9 (Isolationshülle)
ist zur Vermeidung von Strahlungsverlusten mit einer Abdeckung 10 versehen.
[0020] Nach dem Erstarren kann die gesamte Isolationshaube 9 mitsamt dem sogenannten verlorenen
Kopf 8 durch manuelles Drehen leicht abgenommen werden.
[0021] Die Isolationshaube 9 weist eine progressiv nach oben zunehmende Isolation auf; durch
Wahl der Umgebungstemperatur lässt sich die Abkühlungsgeschwindigkeit beeinflussen;
der räumliche Erstarrungsverlauf im Giessling 1 ist davon weitgehendst unabhängig.
[0022] Zur Dimensionierung der Isolationshaube 9 bzw. deren Wärmedämmung auf einem bestimmten
Horizontalquerschnitt müssen vom Sprengstoff (oder der Treibladung) folgende physikalische
Daten bekannt sein:
Anteil an Festkörpern, welche als solche keine Latentwärme abzugeben vermögen, der
Wärmeleitwert des erstarrten Spreng-stoffes, die Erstarrungswärme des flüssigen Sprengstoffes
und die Dichte des erstarrten Sprengstoffes.
[0023] Im weiteren müssen vom Giessling bekannt sein:
Dessen Wärmeleitwert sowie die inneren und äusseren Radien auf der jeweils zu berechnenden
Querschnittsebene.
[0024] Ausserdem müssen, ebenfalls im jeweiligen Querschnitt, von der Wärmedämmung der Wärmeleitwert
des vorgesehenen Isoliermaterials, die inneren und äusseren Radien sowie die Wärmeübergangszahl
der äusseren Oberfläche der Isolationshaube 9 an die Luft bekannt sein.
[0025] Zur eigentlichen Berechnung dienen die Systemvoraussetzungen, dass einerseits die
bei der Erstarrung des Sprengstoffes frei werdende Wärmemenge dQ
L gleich sein soll, wie die durch die Wärmeleitung an die Luft abgegebene Wärmemenge
dQ
V:
wobei ΔT die Temperaturdifferenz zwischen Sprengstofferstarrungszone und Aussenraum,
dt die zur Abkühlung der erstarrten Sprengstoffmasse erforderliche Zeit und
R der thermische Widerstand zwischen Sprengstofferstarrungszone und äusserer Oberfläche
sind.
[0026] Der Giessling 1 Fig. 2 weist im Gegensatz zu demjenigen in Fig. 1 eine grössere Eingiessöffnung
6a auf, so dass kein Latentwärmespeicher benötigt wird. Trotzdem lässt sich der Erstarrungsprozess
als Folge der Isolationshaube 9 allgemein charakteristisch darstellen. Die eingezeichnete
Isochronenschar 3, in stündlichen Abständen eingezeichnet, zeigt deutlich wie der
Erstarrungsbereich von unten nach oben fortschreitet und dabei die Schmelze im Bereich
der Eingiessöffnung 6a nach über 6 Stunden in einem zentralen konzentrischen Bereich
noch flüssig ist und somit einen hochwertigen lunkerfreien Sprengeinsatz ergibt.
[0027] Randseitig sind die Horizontalebenen A - H bezeichnet, welche der vorgängig betrachteten
Berechnung der Isolationshaube 9 dienten.
[0028] Im vorliegenden Fall wurde der Berechnung eine Schmelze aus reinem Trinitrotoluol
(TNT) mit einem 20%igen Anteil an Festkörpern zugrunde gelegt. Ein Wiederaufschmelzen
der Festkörper erfolgte nicht; es resultierte ein feinkristallines Gussgefüge.
[0029] Die Isolationshaube 9 wurde während zwei Stunden auf die Schmelztemperatur des TNT
(ca. 80°) aufgeheizt, anschliessend die Schmelze in den Giesstrichter 2 eingegossen
und dann in zwei Temperaturschritten, nämlich während zwei Stunden bei einer Temperatur
von 70° bis 80° C und anschliessend bei Raumtemperatur auf diese abgekühlt.
[0030] Die erfindungsgemässen Vorrichtungen und Verfahren sind keineswegs auf die Verwendung
von TNT beschränkt, jeder an sich bekannte Mischsprengstoff, welcher in seiner flüssigen
Phase Festkörper aufweist, ist hierfür anwendbar. Der Festkörperanteil kann auch durch
einen anderen Hochleistungssprengstoff eingebracht werden, wie beispielsweise Octogen,
Hexogen, Penta etc. Das gleiche gilt auch für die an sich bekannten Treibladungen.
1. Vorrichtung zur Herstellung lunkerfreier Sprengstoff-und/oder Treib-Ladungen vorgegebener
Raumform und Zusammensetzung durch Giessen, wobei der Erstarrungsvorgang innerhalb
der Schmelze von unten nach oben zunehmend verzögert erfolgt, dadurch gekennzeichnet,
dass ausserhalb der Giessform eine Isolationshülle (9) vorgesehen ist, deren radialer
Wärmedurchlass in einer beliebigen Horizontalebene (B-H) wenigstens annähernd der
bei der Erstarrung der Schmelze frei werdenden, radial abfliessenden Wärmemenge im
in derselben Horizontalebene befindlichen Querschnitt entspricht. (Fig. 2)
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Isolationshülle (9)
aus wenigstens einem Kunststoff besteht. (Fig. 1)
3. Vorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Isolationshülle (9)
wenigstens zum Teil aus Polypropylen und/oder geschäumtem Polyurethan besteht. (Fig.
1)
4. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die
Isolationshülle (9) wenigstens einen Hohlraum (11) zur Aufnahme eines Wärmeträgers
aufweist. (Fig. 1)
5. Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Wärmeträger eine
gleiche oder gegenüber der Schmelze höhere Wärmekapazität aufweist. (Fig. 1)
6. Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Wärmeträger ein latente
Wärme speicherndes Medium ist. (Fig. 1)
7. Vorrichtung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass der Wärmeträger Schmelze
ist. (Fig. 1)
8. Vorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass eine Verbindungsleitung
zwischen der in der Giessform befindlichen Schmelze und der im Hohlraum (11) befindlichen
Schmelze vorgesehen ist. (Fig. 1)
9. Verfahren zur Herstellung lunkerfreier Sprengstoff- und/ oder Treib-Ladungen mit
einer Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die
Isolationshülle samt Wärmeträger in einem 1. Schritt während mindestens einer Stunde
auf wenigstens die Schmelztemperatur des Wärmespeichers aufgeheizt wird, dass in einem
2. Schritt die Sprengstoff- und/oder Treib-Ladung in die Giessform gegossen wird und
dass in einem 3. Schritt die Giessform in wenigstens zwei Temperaturschritten abgekühlt
wird.
10. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Giessform während
wenigstens zwei Stunden bei einer Temperatur von 70 - 80° C und anschliessend bei
20* C abgekühlt wird.