(19)
(11) EP 0 051 247 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
12.05.1982  Patentblatt  1982/19

(21) Anmeldenummer: 81108959.8

(22) Anmeldetag:  27.10.1981
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C07D 307/935, A61K 31/34
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 28.10.1980 HU 259680

(71) Anmelder: CHINOIN Gyogyszer és Vegyészeti Termékek Gyára RT.
H-1045 Budapest IV (HU)

(72) Erfinder:
  • Tömösközi, István, Dr.
    H-1045 Budapest (HU)
  • Gyóri, Péter, Dr. Dipl. Ing. Chem.
    H-1106 Budapest (HU)
  • Kovács, Gábor, Dr. Dipl. Ing. Chem.
    H-1142 Budapest (HU)
  • Virág, Sándor, Dr.
    H-1136 Budapest (HU)
  • Körmöczy, Péter, Dr.
    H-1014 Budapest (HU)
  • Stadler, István, Dr.
    H-1095 Budapest (HU)

(74) Vertreter: Lotterhos, Hans Walter (DE) 


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(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) 4-Thia- und 4-Sulfinyl-PGI1-Derivate, Verfahren zu deren Herstellung sowie diese Verbindungen enthaltende pharmazeutische Präparate


    (57) Die Erfindung betrifft 4-Thia- und 4-Sulfinyl-PGl1-Derivate der Formel I

    (Q = -S-oder-SO-,

    A = C1-C6-Alkylen,

    B = Äthylen,Vinylen,Äthinylen,

    R1 = H,C1-C4-Alkyl,

    R2 = C1-C8-Alkyl, gegebenenfalls monosubstituiertes Aryloxymethyl,

    R3 = H, Acetyl,

    Z = -COOH,-CN,-CH2OH,-COOW,

    W = pharmakologisch verträgliches Kation, C1-C4-Alkyl).


    Zur Herstellung der Verbindungen der Formel werden Halogenverbindungen der Formel II

    (X=Br,J) entweder

    a) durch Umsetzen mit Thioharnstoff, Alkalimetallsulfid, -hydrogensulfid, H2S oder einem Mercaptoessigsäuresalz und Ansäuern,wobei X durch-SH ersetzt wird,in das Thiol (III) übergeführt, das dann nach Zusatz von Basen mit einem Äthylenderivat der Formel V

    (R4, R5 = H, C1-C3Alkyl) oder mit einem Alkylhalogenid der Formel VI

    umgesetztwird, oder

    b) (zur Herstellung von I, Z = -COOH,) mit einem Mercaptocarbonsäuresalz der Formel VII

    umgesetzt, wobei die nach a) oder b) erhaltenen 4-Thia-PGl1,-Derivate (I) gewünschtenfalls zu den 4-Sulfinyl-PGI,-Derivaten (I) oxydiert und/oder durch Veresterung, Salzbildung, Amidierung, Hydrolyse, Reduktion in eine andere Verbindung der Formel übergeführt werden können.


    Die Verbindungen I sind im Gegensatz zum PGl2 stabil, hemmen die Thrombocytenaggregation, erweitern die Gefäße und die Bronchien und schützen die Magenschleimhaut.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft neue, biologisch aktive und therapeutisch verwendbare 4-Thia- und 4-Sulfinyl-PGI1-Derivate der allgemeinen Formel

    in der

    Q -S- oder -SO-,

    A geradkettiges oder verzweigtes C1-C6-Alkylen,

    B Äthylen, Vinylen oder Äthinylen,

    R1 Wasserstoff oder C1-C4-Alkyl,

    R2 geradkettiges oder verzweigtes C1-C8-Alkyl oder gegebenenfalls monosubstituiertes Aryloxymethyl,

    R3 Wasserstoff oder Acetyl und

    Z -COOH, -CN, -CH2OH oder -COOW bedeuten,


    worin W ein Äquivalent eines pharmakologisch verträglichen Kations oder ein C1-C4-Alkyl ist.

    [0002] Ist R2 monosubstituiertes Aryloxymethyl, so wird als Substituenten Chlor oder Methoxy der Vorzug gegeben.

    [0003] In der allgemeinen Formel I kann das Wasserstoffatom des 3-Kohlenstoffatoms der 2-Oxa-bicyclo[ 3.3.0]octan-Struktur sterische α-oder ß- (Exo oder Endo) Konfiguration haben. Die Erfindung umfaßt beide Epimer-Reihen. Außerdem kann die Hydroxylgruppe der Seitenkette am 6-Kohlenstoffatom der 2-0xa-bicyclof3.3.0 Joctan-Struktur S-oder R-Konfiguration aufweisen.

    [0004] Die Verbindungen der Erfindung können in Form von Racematen oder optisch aktiven Enantiomeren vorliegen.

    [0005] Ein wichtiger Vertreter der 1976 entdeckten endogenen Prostaglandine ist das Prostacyclin (PGI2), das eine bedeutende biologische Wirksamkeit aufweist (Prostacyclin, ed.: J.R.Vane und S.Bergström, Raven Press, N.Y., 1979).

    [0006] Vom therapeutischen Standpunkt ist die die Thrombocytenaggregation hemmende, die peripheren Gefäße erweiternde und die cytoprotektive Wirkung des Prostacyclins sehr bedeutend. Die therapeutische Nutzung dieser biologischen Wirkungen wird jedoch durch die außerordentlich große Instabilität des Prostacyclins stark beschränkt. Seine Halbzeit in wäßriger Lösung bei neutralem pH beträgt nämlich nur 3,5 Minuten. Infolgedessen sind vom therapeutischen Standpukt dem Prostacyclin alle die Verbindungen vorzuziehen, die bei etwa gleicher biologischer Aktivität eine größere Stabilität als das Prostacyclin aufweisen.

    [0007] Es wurde überraschenderweise gefunden, daß die Verbindungen der allgemeinen Formel I diesen Kriterien entsprechen. Sie hemmen die Thrombocytenaggregation, sie führen eine Erweiterung der vorzugsweise peripheren Gefäße und der Bronchien herbei,und sie üben eine Schutzwirkung auf die Magenschleimhaut aus. Sie zeigen damit praktisch die gleiche biologische Aktivität wie das Prostacyclin, zeichnen sich aber gleichzeitig durch eine viel größere Stabilität aus. Thermisch und hydrolytisch sind die Verbindungen der Erfindung in einem extrem großen pH-Bereich stabil. Außerdem zeigen die einzelnen Vertreter der Verbindungen der allgemeinen Formel I - je nach ihrer Struktur - auf den genannten Wirkungsgebieten eine höhere Selektivität als das Prostacyclin.

    [0008] Die mit den Verbindungen der Erfindung erzielte Hemmwirkung auf die mit ADP (Adenosindiphosphat) bzw. Kollagen erzeugte Thrombocytenaggregation wurde nach Born untersucht. Die Wirkstoffkonzentration, die in 50 % die Aggregation des an Thrombocyten angereicherten Human- plasmas(PRP) hemmt, ist in der nachstehenden Tabelle angegeben.



    [0009] Die haemodynamische Wirkung der Wirkstoffe wurde an Katzen untersucht. Den Ergebnissen ist zu entnehmen, daß das 4-Thia-PGI1 erst in einer Dosis von 100 ug/kg den Kreislauf in dem gleichen Maße beeinflußt, wie PGI2 in einer Dosis von 1 µg/kg. Dies zeigt, daß die unerwünschten Nebenwirkungen bei den Verbindungen der Erfindung wesentlich geringer sind.

    [0010] Das 4-Thia-PGI1 erzeugt eine Erschlaffung der Trachea des Meerschweinchens. Die Relaxation kann mit Inderal (1-Isopropylamino-3-[1-naphthyloxy ]-propan-2-ol) nicht gehemmt werden. Das Maß der Relaxation betrug:

    bei einer Dosis von 1 pg/ml 4-Thia-PGI1 = 50 % ,

    bei einer Dosis von 10 µg/ml 4-Thia-PGI1 = 83 % .



    [0011] Die Erfindung betrifft auch pharmazeutische Präparate, die als Wirkstoff mindestens eine der Verbindungen der allgemeinen Formel I enthalten. Zur Herstellung der pharmazeutischen Präparate können die üblichen Hilfsstoffe, wie z.B. Füllmittel, Zusätze, die den Geschmack und den Geruch verbessern, die die Formulierung erleichtern, die den pH und den osmotischen Druck regulieren, Stabilisierungsmittel und/oder Resorptionsbeschleuniger, dem Wirkstoff oder den Wirkstoffen zugegeben werden. Die Präparate können, ebenso wie die Hilfsstoffe, fest, halb-flüssig oder flüssig sein. Als feste Päparate sind z.B. Tabletten, Kapseln, Pillen, Dragees, Pulver, als flüssige Präparate, Infusionen, Inha'lations- und Injektionslösungen, Umschlaglösungen, Löffelarzneien, Tropfen usw. und als halb-flüssige Präparate Creme, Salben, Suppositorien, Balsam usw. zu nennen. Die Lösungen, Emulsionen können unter Verwendung bekannter Trägergase in Sprayform zubereitet werden.

    [0012] Die erforderliche Dosierung der Wirkstoffe hängt von der Schwere der Erkrankung, der Geschwindigkeit der Resorption des Arzneimittels, der Empfindlichkeit des zu behandelnden Objektes oder Organs oder dessen Reaktionsfähigkeit ab. Sie variiert gewöhnlich zwischen etwa 1 ug/kg und 10ü mg/kg.

    [0013] Die Erfindung betrifft ferner di.e Herstellung der 4-Thia- und 4-Sulfinyl-PGI1-Verbindungen der Formel I, wobei man vorzugsweise von einer Verbindung der allgemeinen Formel

    in der B, R1, R2 und R3 die oben angegebene Bedeutung haben und X Brom oder Jod bedeutet, ausgeht. (Die Verbindungen der allgemeinen Formel II sind bekannt (Tetrahedron Lett., 1978, 581).)

    [0014] Hierbei wird gemäß Erfindung so verfahren, daß man die Verbindung der allgemeinen Formel II entweder

    a) mit Thioharnstoff, Alkalimetallsulfid, Alkalimetallhydrogensulfid, Schwefelwasserstoff oder einem Salz der Mercaptoessigsäure umsetzt und mit Säure behandelt, wobei das Halogenatom der Halogenverbindung der allgemeinen Formel II durch -SH ersetzt wird, und das erhaltene Thiol der allgemeinen Formel

    in der R1, R2, R3 und B die oben angegebene Bedeutung haben, nach Zugabe von Basen mit einem Äthylenderivat der allgemeinen Formel

    in der Z die oben angegebene Bedeutung hat und R4 und R5 unabhängig voneinander Wasserstoff oder C1-C3-Alkyl bedeuten oder mit einem Alkylhalogenid der allgemeinen Formel

    in der X, A und Z die oben angegebene Bedeutung haben, umsetzt, oder

    b) zur Herstellung von Verbindungen der allgemeinen Formel I, in der Z -COOH ist, mit einem Salz einer Mercaptosäure der allgemeinen Formel

    in der A die oben angegebene Bedeutung hat, umsetzt, wobei die nach Verfahrensvariante a) oder b) erhaltene 4-Thia-Verbindung der allgemeinen Formel I (Q = -S-) gewünschtenfalls durch Oxydation in die entsprechende 4-Sulfinyl-Verbindung der allgemeinen Formel I (Q = -SO-) und/oder durch Veresterung, Amidierung, Salzbildung, Hydrolyse und/oder Reduktion in eine andere Verbindung der all-. gemeinen Formel I übergeführt werden kann.



    [0015] Gemäß Verfahrensvariante a') werden die Verbindungen der allgemeinen Formel II - vorzugsweise in C1-C4-Alkanolen oder deren wäßrigen Gemischen - bei 25 bis 120°C mit Thioharnstoff, Alkalimetallsulfid, Alkalimetallhydrogensulfid oder Schwefelwasserstoff umgesetzt und das entstandene Produkt durch basische Hydrolyse und darauf folgendes Ansäuern oder saure Behandlung in ein Thiol der allgemeinen Formel III übergeführt.

    [0016] Nach einer bevorzugten Verfahrensweise werden die Halogenverbindungen der allgemeinen Formel 11 mit einem Salz der Mercaptoessigsäure, vorzugsweise mit Natrium-mercaptoacetat, umgesetzt, wobei Verbindungen der allgemeinen Formel

    in der B, R1, R und R3 die oben angegebene Bedeutung haben, entstehen, die nach alkalischer Hydrolyse die Thiole der allgemeinen Formel III liefern.

    [0017] Die Thiole der allgemeinen Formel III werden entweder mit Äthylenverbindungen der allgemeinen Formel V in Gegenwart einer katalytischen Menge von Alkalimetallhydroxyden oder Alkylimetallalkoholaten, vorzugsweise Natriumäthylat, oder tertiären Aminen, vorzugsweise Triäthylamin oder Pyridin, oder mit Alkylhalogeniden der allgemeinen Formel VI in Gegenwart einer äquivalenten oder etwas überschüssigen Menge an Base in C1-C4-Alkanol oder vorzugsweise in Aceton umgesetzt.

    [0018] Gemäß Verfahrensvariante b) wird die Umsetzung in C1-C4-Alkanolen, z.B. Äthanol, oder in einem Gemisch von Alkanolen und Wasser vorzugsweise bei 25 bis 70°C durchgeführt.

    [0019] Die Salze der Mercaptocarbonsäuren sind ambidente nucleophile Reagenzien. Da aber die Reaktion des "weichen" Thiolat-Ions an dem Kohlenstoffatom, das ebenfalls ein "wiches" elektrophiles Halogenatom trägt, sehr viel stärker "begünstigt" als die des "harten" nucleophilen Carboxylations ist, entsteht nur die Verbindung der allgemeinen Formel I (Diese Reaktion ist in J.Chem.Educ. 1968, 45, S. 581 und 683 ausführlich beschrieben.)

    [0020] Die erhaltenen 4-Thia-Verbindungen der allgemeinen Formel I (Q = -S-) werden in bekannten Lösungsmitteln, vorzugsweise in chlorierten Kohlenwasserstoffen, z.B. Dichlormethan., durch Oxydation mit organischen Persäuren in die entsprechenden 4-Sulfinyl-Verbindungen der allgemeinen Formel I (Q = -SO-) übergeführt. Als Persäuren können vorzugsweise m-Chlor-perbenzoesäure oder Peressigsäure verwendet werden.

    [0021] Die als zusätzliche Reaktionen der Verbindungen der allgemeinen Formel I angegebenen Reaktionen, wie z.B. die Veresterung, Salzbildung, Amidierung, Hydrolyse oder Reduktion können in an sich bekannter Weise durchgeführt werden. So können z.B. in den erhaltenen Verbindungen die Estergruppen durch alkalische Hydrolyse in die freien Carboxylgruppen, bzw. deren Salz oder in die freien Hydroxylgruppen übergeführt werden. Die freien Carboxylgruppen können in an sich bekannter Weise verestert bzw. amidiert werden. Nach Dehydrierung der Amide kann man Nitrile und aus den Nitrilen bzw. Amiden kann man durch Hydrolyse freie Säuren erhalten.

    [0022] Weitere Einzelheiten der Erfindung sind den folgenden Beispielen zu entnehmen.

    Beispiel 1



    [0023] 3ß-(Acetylmercapto-methyl)-6ß-(3α-acetocy -oct-1-trans-enyl)-7α-acetoxy-cis-2-oxa-bicyclo [ 3.3.0 ]octan (Verbindung der Formel IV: B = trans-Vinylen, R1 = Wasserstoff, R2 = n-Pentyl, R3 = Acetyl.) In 10 ml wasserfreiem Aceton löst man 0,956 g (0,002 Mol) 3ß-Jodme- thyl-6ß-(3α -acetoxy-oct-1-trans-enyl)-7α-acetoxy-cis-2-oxa-bicyclo-[ 3.3.0]octan (Verbindung der Formel II: X = Jod; B, R1, R2, R3 wie oben angegeben), gibt unter Rühren 0,21 g (0,204 Mol) Natriummercaptoacetat zu und erhitzt das Reaktionsgemisch unter Rühren auf einem Bad von 60°C. Die Reaktion wird mittels Dünnschichtchromatographie beobachtet. Der Rf-Wert der Ausgangsverbindung beträgt 0,53 und der Rf-Wert des Endproduktes beträgt 0,47 an Kieselgel (Elution mit einem 1 : 1 Gemisch von Hexan und Äthylacetat). Nach Verbrauch der Ausgangsverbindung wird das Reaktionsgemisch auf 40 ml Wasser von

    [0024] 0°C gegossen, 3-mal mit je 50 ml Äther extrahiert, die Ätherlösung 2-mal mit je 20 ml kaltem Wasser, mit 20 ml gesättigter Natriumchloridlösung gewaschen, über Magnesiumsulfat getrocknet und eingeengt. Die Titelverbindung wird in Form eines zähen Öls in einer Menge von 0,8 - 0,85 g (94 - 99 %) erhalten. Das Endprodukt braucht für die weitere Verarbeitung nicht gereinigt zu werden, aber es kann - falls erforderlich - an Kieselgel chromatographiert und mit einem 1 : 2 Gemisch von Äthylacetat und Hexan eluiert werden. Rf: 0,26 ( 1 : 2 Gemisch von Äthylacetat und Hexan) H -NMR (CDC13): 5,48 (m, 2H), 5,18 (m, 1H), 4,75 (q, 1H), 4,48 (m, 1H), 4,15 (m, 1H), 3,09 (dd, 2H), 2,34 (s, 3H), 2,03 (s, 3H), 2,00 (s, 3H), 0,87 (t, 3H) ppm.

    Beispiel 2



    [0025] 3ß-Mercaptomethyl-6ß-(3α -hydroxy-oct-1-trans-enyl)-7α-hydroxy- cis-2-oxa-bicyclo [ 3.3.0]octan

    [0026] (Verbindung der Formel III: B = trans-Vinylen, R1 und R3 = Wasserstoff, R2 = n-Pentyl)

    [0027] Man löst 1,472 g 3ß-Jodmethyl-6ß-(3α-hydroxy-oct-1-trans-enyl)-7α-hydroxy-cis-2-oxa-bicyclo[3.3.0]octan (Verbindung der Formel II: X = Jod; B, R1, R2, R wie oben angegeben) in 5 ml wasserfreiem Äthanol, gibt 0,3 g Thioharnstoff zu der Lösung und erhitzt die Lösung unter Rühren und unter Rückfluß bis zum Verbrauch der Ausgangsverbindung. Die Reaktion ist nach 60 bis 80 Stunden beendet. Der Rf-Wert der Jodverbindung der Formel II beträgt 0,38 (Elution mit einem 1 : 1 Gemisch von Hexan und Aceton). Das gebildete Thiuronium-Salz bleibt praktisch am Startpunkt. Nach Beendigung der Reaktion wird das Äthanol durch Einengen auf einem Rotationsverdampfer entfernt, der Rückstand in 5 ml einer 1 M wäßrigen Natriumhydroxydlösung gelöst und 4 Stunden bei 80°C gerührt. Nach Abkühlen verdünnt man das Reaktionsgemisch mit 10 ml wasser, säuert es mit 2 ml 1 M wäßriger Natriumhydrogensulfatlösung an und extrahiert es 3-mal mit je 30 ml Äther. Die Ätherlösung wird mit 10 ml gesättigter Natriumchloridlösung gewaschen und über Magnesiumsulfat getrocknet. Nach dem Abdestillieren des Lösungsmittels erhält man 1,063 g (94,7 %) der Titelverbindung als Öl. Rf = 0,33, Elutionsmittel: 1 : 1 Gemisch von Hexan und Acetat. Das erhaltene Produkt liefert nach Behandeln mit 2 ml Acetanhydrid in 5 ml Pyridin bei Raumtemperatur für 14 Stunden ein mit dem Produkt des Beispiels 1 identisches Triacetylderivat.

    Beispiel 3



    [0028] 4-Thia-ß-PG11-methylester (Verbindung der Formel I: Q = -S-, A = -CH2-CH2-, B = trans-Vinylen, R1 und R3 = Wasserstoff, R2 = n-Pentyl, Z = -COOCH3) 0,601 g (0,022 Mol) des in Beispiel 2 erhaltenen Produktes löst man in 20 ml wasserfreiem Äthanol und versetzt die Lösung zunächst mit 0,8 ml Acylsäuremethylester und dann unter Rühren mit ein paar Tropfen einer 5 %igen äthanolischen Natriumäthylatlösung. Die Reaktion ist bei Raumtemperatur in 1 bis 2 Stunden beendet. Der Verlauf der Reaktion wird an einer Kieselgel-Dünnschicht mit einem 1 : 1 Gemisch von Hexan und Aceton als Elutionsmittel beobachtet. Rf-Wert der Zielverbindung: 0,33 und der Ausgangsverbindung: 0,27. Nach Beendigung der Reaktion wird das Äthanol aus dem Reaktionsgemisch durch Eindampfen auf einem Rotationsverdampfer entfernt und der Rückstand an einer 100 g Kieselgelsäule mit einem 1 : 1 Gemisch von Hexan und Aceton als Elutionsmittel .chromatographiert.

    [0029] Man erhält 0,678 g (88 %) 4-Thia-ß-PGI1-methylester.

    [0030] H1-NMR (CDCl3): 5,5 (m, 2H), 4,43 (q, 1H), 4,16 (m, 1H), 4,06 (m, 1H), 3,66 (s, 3H), 3,61 (m, 1H), 2,84-2,85 (m, 7H), 2,5-1,15 (m, 15H), 0,84 (t, 3H) ppm.

    Beispiel 4



    [0031] 3(R,S)-Methyl-4-thia-ß-PGI1-methylester

    [0032] (Verbindung der Formel 1: A =-CH(CH3)-CH2 , Q, B, R1, R2, R3, Z wie in Beispiel 3)

    [0033] Es wird wie in Beispiel 3 verfahren aber statt Acrylsäuremethylester 0,8 ml Crotonsäuremethylester verwendet. Die Titelverbindung erhält man in einer Ausbeute von 66 % in Form eines chromatographisch nicht trennbaren Epimerengemisches. Die Komponenten unterscheiden sich in der absoluten sterischen Konfiguration des Methylsubstituenten am 3-Kohlenstoffatom. Rf = 0,31, mit einem 1 : 1 Gemisch von Hexan und Aceton.

    [0034] H1-NMR-(CDCl3): 5,53 (m, 2 H), 4,45 (q, 1H), 4,25-3,97 (m, 2H), 3,67 (s, 3H), 3,60 (m, 1H), 3,22 (m, 1H), 2,56-1,18 (m, 20H), 1,33 (2d, 3H, J = 7,5 Hz), 0,87 (t, 3H) ppm.

    Beispiel 5



    [0035] 4-Thia-ß-PGI1-nitril

    [0036] (Verbindung der Formel I: Z = -C≡N, Q, A, B, R1, R2, R3 wie in

    Beispiel 3 angegeben)



    [0037] Es wird wie in Beispiel 3 verfahren aber statt Acrylsäuremethylester 0,8 ml Acrylonitril verwendet. Man erhält 0,629 g (89 %) der Titelverbindung in Form eines farblosen öls. Rf = 0,21. Elutionsmittel:

    1 : 1 Gemisch von Aceton und Hexan.

    IR (Film): 3300 - 3100 (assoziiertes OH), 2190 (C≡N) cm-1


    Beispiel 6



    [0038] 4-Thia-ß-PGI1

    [0039] (Verbindung der allgemeinen Formel I: Z =-COOH, Q, A, B, R1, R2, R3 wie in Beispiel 3)

    [0040] 0,386 g (0,001 Mol) des nach Beispiel 3 hergestellten 4-Thia-ß-PGI1- methylesters löst man in 10 ml Methanol, gibt unter Rühren 2 ml 0,5 M Natriumhydroxydlösung zu und läßt das Reaktionsgemisch 24 Stunden bei Raumtemperatur stehen. Während dieser Zeit wird der Ester vollkommen verseift (auf dem Dünnschichtchromatogramm - Elutionsmittel = 1 : 1 Gemisch von Hexan und Aceton - verschwindet der dem Ester entsprechende Fleck Rf = 0,27 und ein sich von dem Startpunkt kaum bewegender Fleck erscheint). Danach wird das Methanol im Vakuum auf einem Rotationsverdampfer entfernt, der erhaltene Rückstand mit 1 ml 1 M wäßriger Natriumhydrogensulfatlösung angesäuert und mit 30 ml eines 1 : 1 Gemisches von Äther und Äthylacetat extrahiert. Die so erhaltene organische Lösung wird 2-mal mit je 5 ml gesättigter Natriumchloridlösung gewaschen und über Magnesiumsulfat getrocknet. Nach Entfernung des Lösungsmittels erhält man als Rückstand 0,360 g (96,6 %) der Titelverbindung als kristalline Substanz, die aus einem Gemisch von Äther und Hexan oder Äthylacetat und Hexan umkristallisiert werden kann.

    [0041] Rf = 0,18, Elutionsmittel: 20 : 10 : 1 Gemisch von Benzol, Dioxan und Essigsäure.

    Beispiel 7



    [0042] 4-Sulfinyl-ß-PGI1-methylester

    [0043] (Verbindung der Formel I: Q = -SO-, A, B, R1, R2, R3, Z wie in Beispiel 3)

    [0044] Man löst 1,00 g (0,0026 Mol) des nach Beispiel 3 hergestellten 4-Thia- ß-PGI1-methylesters in 20 ml wasserfreiem Dichlormethan, kühlt die Lösung auf 0°C und gibt unter Rühren in kleinen Portionen 0,55 g (0,0032 Mol) 3-Chlor-perbenzoesäure innerhalb von 15 Minuten zu. Nach weiterem Rühren von 30 Minuten wird die Lösung in einem Schütteltrichter mit 5 ml gesättigter Natriumhydrogencarbonatlösung, 5 ml 5 %iger Natriumhydrogensulfatlösung und 2 mal mit je 5 ml Wasser ausgeschüttelt bzw. gewaschen. Das Gemisch wird über Magnesiumsulfat getrocknet und das Lösungsmittel im Vakuum entfernt. Man erhält 0,845 g (81 %) Rohprodukt.

    [0045] Rf = 0,106, an Kieselgel; Elutionsmittel: 1 : 2 Gemisch von Aceton und Hexan.


    Ansprüche

    1. 4-Thia- und 4-Sulfinyl-PGI1-Derivate der allgemeinen Formel

    in der

    Q -S- oder -SO-,

    A geradkettiges oder verzweigtes C1-C6-Alkylen,

    B Äthylen, Vinylen oder Äthinylen,

    R1 Wasserstoff oder C1-C4-Alkyl,-

    R2 geradkettiges oder verzweigtes C1-C8-Alkyl oder gegebenenfalls monosubstituiertes Aryloxymethyl,

    R3 Wasserstoff oder Acetyl und

    Z -COOH, -CN, -CH2OH oder -COOW bedeuten,


    worin W ein Äquivalent eines pharmakologisch verträglichen Kations oder ein C1-C4-Alkyl ist.
     
    2. 4-Thia-ß-PGI1-methylester.
     
    3. 3-(R,S)-Methyl-4-thia-ß-PGI1-methylester.
     
    4. 4-Thia-ß-PGI1.
     
    5. 4-Thia-ß-PGI1-nitril.
     
    6. 4-Sulfinyl-ß-PGI1-methylester.
     
    7. Verfahren zur Herstellung von 4-Thia- und 4-Sulfinyl-PGI1-Derivaten der allgemeinen Formel

    in der

    Q -S- oder -SO-,

    A geradkettiges oder verzweigtes C1-C6-Alkylen,

    B Äthylen, Vinylen oder Äthinylen,

    R1 Wasserstoff oder C1-C4-Alkyl,

    R2 geradkettiges oder verzweigtes C1-C8-Alkyl oder gegebenenfalls monosubstituiertes Aryloxymethyl,

    R3 Wasserstoff oder Acetyl und

    Z -COOH, -CN, -CH2OH oder -COOW bedeuten,


    worin W ein Äquivalent eines pharmakologisch verträglichen Kations oder ein C1-C4-Alkyl ist,
    dadurch gekennzeichnet, daß man eine Halogenverbindung der allgemeinen Formel

    in der R1, R2, R3 und B die oben angegebene Bedeutung haben und X Brom oder Jod ist, entweder

    a) mit Thioharnstoff, Alkalimetallsulfid, Alkalimetallhydrogensulfid, Schwefelwasserstoff oder einem Salz der Mercaptoessigsäure umsetzt, ansäuert und das erhaltene Thiol der allgemeinen Formel

    in der R1, R2, R3 und B die oben angegebene Bedeutung haben nach Zugabe von Basen mit einem Äthylenderivat der allgemeinen Formel

    in der Z die oben angegebene Bedeutung hat und R4 und R5 unabhängig voneinander Wasserstoff oder C1-C3-Alkyl bedeuten, oder mit einem Alkylhalogenid der allgemeinen Formel

    in der A, Z und X die oben angegebene Bedeutung haben, umsetzt, oder

    b) zur Herstellung von Verbindungen der allgemeinen Formel I in der Z -COOH ist, mit einem.Salz einer Mercaptocarbonsäure der allgemeinen Formel

    in der A die oben angegebene Bedeutung hat; umsetzt, wobei die erhaltene 4-Thia-ß-PGI1-Verbindung der allgemeinen Formel I gewünschtenfalls durch Oxydation in die entsprechende 4-Sulfinyl-PGI1-Verbindung der allgemeinen Formel I und/ oder durch Veresterung, Salzbildung, Amidierung, Hydrolyse und/ oder Reduktion in eine andere Verbindung der allgmeinen Formel 1 ubergeführt werden.


     
    8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß man die Oxydation der 4-Thia-ß-PGI1-Verbindung der allgemeinen Formel I zur entsprechenden 4-Sufinyl-PGI1-Verbindung mit 3-Chlorperbenzoesaure durchführt.
     
    9. Pharmazeutische Präparate, die als Wirkstoff eine oder mehrere Verbindungen der Ansprüche 1 bis 6 enthalten.
     





    Recherchenbericht