[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Verstrecken von Faserkabeln aus Polyester
mit einer Vorverstreckung.
[0002] Bei der Verstreckung synthetischer Fäden muß auf eine gleichmäßige Verstreckung aller
Filamente untereinander und auch auf die Gleichmäßigkeit über die Länge jedes Filaments
geachtet werden, da sich Abweichungen in der Verstreckung beim Färben als deutlich
unterschiedlich anfärbende Stellen abheben. Diese Forderung ist besonders schwierig
beim Verstrecken sogenannter Faserkabel zu erfüllen, also Filamentscharen von vielen
Tausend Filamenten, die später zu Stapelfasern verarbeitet werden. Besonders gleichmäßig
verstreckte und damit gleichmäßig anfärbende Fasern ergibt dabei das Verfahren nach
der DE-AS 1 193 198, nach welchem Polyesterkabel bei konstanter Länge zwischen den
Einlaufwalzen im 40 - 70°C heißen Wasserbad vorgewärmt, dann unter Aufrechterhaltung
dieser Temperatur in ein zweites, auf 60 - 100°C gehaltenes Bad geleitet und dort
verstreckt werden, wobei die Temperatur jeweils um zumindest 10°C über der Temperatur
des ersten Bades gehalten wird.
[0003] Ein recht ähnliches Verfahren zum Vorwärmen von Kabeln aus Polyesterfäden ist aus
der DE-AS 21 49 793 bekannt. Danach werden die Kabel beim Umlaufen der vorletzten
Walze des Einlaufwalzenwerkes durch ein auf 40 - 65°C heißes Tauchbad geleitet. Zweck
ist das gleichmäßige Durchwärmen des Kabels. Auch nach dieser Veröffentlichung bleibt
das Kabel deshalb vom Wasserbad an bis zur Verstreckung stets bei erhöhter Temperatur.
[0004] Die nach diesem Stand der Technik erhaltenen Faserkabel, bzw. die daraus gewonnenen
Stapelfasern entsprechen jedoch noch nicht in jeder Hinsicht den an sie gestellten
Anforderungen, insbesondere nicht hinsichtlich der Gleichmäßigkeit der Anfärbbarkeit.
[0005] Die Erfindung hat sich daher die Aufgabe gestellt, eine weitere Verbesserung der
Gleichmäßigkeit der Verstreckung von Faserkabeln zu erzielen, die sich in einer deutlichen
Senkung der Zahl der Färbefehler ausdrückt. Dabei sollen jedoch Verstreckverhältnis,
Verstrecktemperatur und Verstreckmedium frei wählbar bleiben.
[0006] Das erfindungsgemäße Verfahren löst diese Aufgabe dadurch, daß eine Vorverstreckung
in Wasser bei 71 - 90°C stattfindet, daß das Verstreckverhältnis in der Vorverstreckung
so gewählt wird, daß die Hauptverstreckung bei einem Minimum der Verstreckspannung
erfolgt, und daß die Faserkabel zwischen Vor- und Hauptverstreckung wieder auf unter
40 C abkühlen.
[0007] Bevorzugt liegt das Verstreckverhältnis in der Vorverstreckzone zwischen 1:1,05 und
1:1,6; besonders bevorzugt liegt das Vorverstreckverhältnis unter 1:1,4, ganz besonders
bevorzugt im Bereich von 1:1,1 und 1:1,3.
[0008] Faserkabel sind endlose Gebilde aus einer großen Zahl von Filamenten und durch Zusammenfassen
der Filamente mehrerer Spinndüsen entstanden. Die Faserkabel haben Titer von bis zu
1 Million dtex und auch mehr. Sie werden nach der gemeinsamen Behandlung aller Filamente
meist zu Stapelfasern zerschnitten, die ihrerseits zu Spinnfasergarnen weiterverarbeitet
werden.
[0009] Die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzten Faserkabel bestehen aus Polyester,
d.h. aus linearen Hochpolymeren und mindestens 85 % wiederkehrenden Einheiten aus
Terephthalsäure und einem zweiwertigen Alkohol. Die restlichen 15 % der wiederkehrenden
Einheiten des Polymeren können von Comonomeren sowohl in der Dicarbonsäure- als auch
in der Glykolkomponente gebildet werden.
[0010] Bei der Vorverstreckung handelt es sich um eine orientierende Verstreckung, also
bereits eine solche, mit der eine Zunahme der Doppelbrechung einhergeht, jedoch ist
sie noch.nicht mit einer Streckpunktbildung verbunden. Unter einem Streckpunkt versteht
man dabei die plötzlich und gut sichtbare Durchmesserveränderung ("Flaschenhals")
von Polyesterfilamenten geringer Orientierung beim Verstrecken. Eine Zunahme der Doppelbrechung
der Spinnware erfolgt erst bei einem Vorverstreckverhältnis von 1:1.05.
[0011] Erfindungsgemäß wird die Vorverstreckung in Wasser vorgenommen. Wasser bedeutet dabei
sowohl reines Wasser, als auch wässerige Lösungen oder Emulsionen z.B. der üblichen
Textilhilfsmittel, Avivagen oder Präparationen.
[0012] Das Wasser hat erfindungsgemäß eine Temperatur von 71 - 90
0C. Wenn die Temperatur außerhalb dieser Grenzen liegt, dann steigt die Zahl der Färbefehler
stark an.
[0013] Überraschenderweise hat sich gezeigt, daß eine Vorverstrekkung in Heißdampf nicht
die für die Erfindung charakteristische Minimierung der Verstreckspannung in der Hauptverstreckzone
erbringt. Bei einer Zweistufenverstreckung mit Dampf kann zwar ebenfalls ein Minimum
der Färbefehler erreicht werden, doch entsprechen diese Werte mit etwa 100 .Färbefehlern
je 20 g nur Fasern nach dem Stand der Technik.
[0014] Die Vorverstreckung in Wasser bei 71 - 90°C wird mit einem solchen Verstreckverhältnis
durchgeführt, daß die in der Hauptverstreckung erforderliche Streckspannung ein Minimum
erreicht. Daraus ergeben sich Vorverstreckverhältnisse zwischen 1:1,05 und 1:1,6.
Ein Abweichen von diesen Verstreckverhältnissen in der Vorverstreckzone führt zu einer
Verschlechterung der Färbegleichmäßigkeit.
[0015] Die Hauptverstreckung wird wie üblich durchgeführt, also z.B. in Wasserdampf oder
in heißem Wasser. Die besten Resultate ergeben sich, wenn man auch die Hauptverstreckung
in heißem Wasser durchführt. Auch die Hauptverstreckung ist eine orientierende Verstreckung.
Im Gegensatz zur Vorverstreckung ist sie aber mit Streckpunktbildung verbunden.
[0016] Die Hauptverstreckung kann auch zweistufig erfolgen oder von den unterschiedlichen
Fixierprozessen gefolgt sein, der Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens bleibt
erhalten.
[0017] Die Vorverstreckung wird erfindungsgemäß so ausgeführt, daß die erforderliche Streckspannung
in der Hauptverstrekkung ein Minimum einnimmt.
[0018] Das Minimum der Streckspannung in der Hauptverstreckzone ermittelt man durch Variieren
des Vorverstreckverhältnisses. Die Streckspannung ist der Quotient aus der Zugkraft
des Faserkabels, die mit einem handelsüblichen Zugkraftmesser (z.B. Fa. Schmidt, Waldkraiburg)
gemessen werden kann, und dem Endtiter des verstreckten Faserkabels. Der Endtiter
des verstreckten Faserkabels ergibt sich dabei als Produkt des eingesetzten Spinntiters
mit dem angewendeten Gesamtverstreckverhältnis.
[0019] Die besten Ergebnisse werden erzielt, wenn die Vorverstrekkung so ausgeführt wird,
daß die Hauptverstreckung tatsächlich bei dem Minimum der Streckverspannung vonstatten
geht. Jedoch können von diesen Werten der Streckspannung in der Hauptverstreckung
um bis zu 10 % des Mimimalwertes überschritten werden, ohne daß die Zahl der Färbefehler
bereits nicht mehr akzeptabel wäre.
[0020] Nach der Erfindung ist es ferner wichtig, daß die Faserkabel zwischen der Vor- und
der Hauptverstreckung auf unter 40
0C abkühlen. Dazu ist nicht unbedingt aktive, zusätzliche Kühlung erforderlich, sondern
man kann dies durch Führen der Faserkabel um unbeheizte Walzen erreichen. Da bei Faserkabeln
wegen der großen auftretenden Kräfte stets mehrere Walzen benützt werden, z.B. Walzenseptette,
nehmen die Faserkabel darauf von allein annähernd Zimmertemperatur an sofern nur nicht
zusätzlich beheizt wird.
[0021] Vorteilhaft ist allerdings Kühlung der Walzen mit Wasser.
[0022] Wenn man den Faserkabeln nicht Gelegenheit gibt, nach der Vorverstreckung bei 71
- 90°C abzukühlen, verschlechtern sich die Werte der Färbegleichmäßigkeit deutlich,
wie Beispiel 3 zeigt.
[0023] Die Zahl der Färbefehler wird aus einer Anfärbung mit Rhodamin ermittelt:
3,5 g des Farbstoffs Basic Violet 10 (Color Index No. 45 170, revised third edition
1975; (R)Rhodamin B der BASF AG) werden in 5 Liter destilliertem Wasser bei Zimmertemperatur
gelöst', dann eine Emulsion von 30 ml o-Kresol (= Carrier) und 10 ml Alkylarylpolyglykolethersulfat
(= Emulgator,(R)Hostapal BV der HOECHST AG) zugegeben und gut gemischt.
[0024] Daraufhin wird in einem 2 1 Becherglas 1 1 dieser Farbflotte zum Kochen erhitzt und
etwa 1 m des zu prüfenden gekräuselten Kabelbandes 3 Minuten in die kochende Flotte
gegeben.
[0025] Das so gefärbte Kabelband wird dann unter fließendem Leitungswasser gespült, bis
das Wasser keine Rotfärbung mehr zeigt.
[0026] Anschließend wird das Kabelband mindestens 15 Minuten in einer Lösung von 0,5 g/1
eines Alkylarylpolyglykolethers (Emulgator
(R)Hostapal CV der HOECHST AG) etwa 75 - 80° unter öfterem Rühren ausgewaschen und nochmals
mit fließendem Leitungswasser gespült, bis kein Schaum mehr sichtbar ist.
[0027] Nach Tauchen des Kabelbades in destilliertem Wasser wird gut abgeschleudert und kurz
an der Luft getrocknet.
[0028] Die Auszählung von unverstreckten Kapillaren bzw. Verklebungen an rhodamingefärbten
Kabelbändern wird in einem dunklen Raum unter UV-Licht durchgeführt. Unverstreckte
Kapillaren leuchten dabei hell- bis dunkelrot.
[0029] Umfangreiche Messungen und Versuche haben gezeigt, daß die Mehrzahl der handelsüblichen
Fasern aus Polyäthylenterephthalat zwischen 100 und 1 000 Färbefehlern je 20 g Faser
aufweisen. Diese Zahlen können bei sonst unverändertem Verfahren durch die erfindungsgemäße
Vorverstreckung auf 5 bis 50 Färbefehler je 20 g Fasern reduziert werden.
[0030] Die folgenden Beispiele erläutern das erfindungsgemäße Verfahren.
Beispiel 1:
[0031] Ein Polyethylenterephthalat-Faserkabel aus 446 080 Filamenten mit einem Einzeltiter
der verstreckten Faser von 1,7 dtex wurde zwischen Walzenseptetten zweistufig verstreckt.
Die Breite des Faserkabels betrug dabei etwa 30 cm.
[0032] Das erste Septett lief mit einer Umfangsgeschwindigkeit von 43 m/min bei Zimmertemperatur.
Zwischen erstem und zweitem Septett befand sich ein Wasserbad von 79°C und von 3,20
m Länge. Die Geschwindigkeiten des 2. Septetts sind in Tabelle 1 aufgeführt, die Temperatur
der Walzen des 2. Septetts betrug 14°C. Aus den Geschwindigkeiten von erstem und zweiten
Septett ergibt sich das Vorverstreckverhältnis VV. Vom 2. Septett lief das Faserkabel
durch ein 2. Verstreckbad der Länge 3,60 m und einer Temperatur von 79°C zu einem
3. Se
p- tett, das mit einer Umfangsgeschwindigkeit der Walzen von 118 m/min bei einer Temperatur
der Walzen von 185°C lief. Es ergab sich ein Gesamtverstreckverhältnis GV von 2,7.
Ein viertes Septett mit einer Temperatur von 140°C und einer Umfangsgeschwindigkeit
von 116 m/min folgte.
[0033] In der Tabelle sind noch die Eigenschaften der erhaltenen Fasern sowie die gemessenen
Werte der Streckverspannung in der Vorverstreckung VV sowie in der Hauptverstreckung
H
V sowie die Zahl der Färbefehler pro 20 g Stapelfasern angegeben.

Die Tabelle 1 zeigt wie mit dem Minimum der Streckspannung in der Hauptverstreckung
auch das Minimum der Zahl der Fä
r- befehler pro 20 g Fasern erreicht wird.
[0034] Figur 1 zeigt den monotonen Anstieg der Streckspannung in der Vorverstreckzone VV
mit zunehmender Vorverstreckung. Dieser Zusammenhang ist nicht überraschend. Umso
überraschender ist aber der in Figur 2 gezeigte Verlauf der Streckspannung in der
Hauptverstreckzone als Funktion des Verstreckverhältnisses der Vorverstreckzone -
bei konstanter Gesamtverstreckung.
[0035] Ebenso überraschend ist das in Figur 3 dargestellte Minimum der Rhodaminereignisse
(Färbefehler) in Abhängigkeit vom Verstreckverhältnis in der Vorverstreckzone. Es
liegt an derselben Stelle wie auch das Minimum der Streckspannung in der Hauptverstreckzone
(Fig. 2).
[0036] Figur 4 stellt die ausgeprägte Abhängigkeit der Zahl der Färbefehler n/20 g (Rhodaminereignisse)
von der Temperatur des Vorverstreckbades dar. Diese Kurve zeigt, daß die Temperatur
des Vorverstreckbades zwischen 71 und 90°C liegen muß, wenn Polyethylenterephthalat-Kabel
verarbeitet werden (siehe Beispiel 2).
Beispiel 2:
[0037] Beispiel 1 wurde wiederholt mit konstanter Geschwindigkeit von 51,6 m/min des 2.
Septetts, also einem Vorverstreckverhältnis von 1:1,2, wie es sich nach Beispiel 1
als ideal herausgestellt hatte. Dabei wurde aber diesmal die Temperatur des 1. Bades
variiert.
[0038] Die Ergebnisse gehen aus Tabelle 2 hervor.

[0039] Tabelle 2 zeigt, wie die Zahl der Rhodaminereignisse (Färbefehler bei steigender
Wassertemperatur bis 80°C zunächst sinkt, dann aber mit weiter steigender Wassertemperatur
wieder ansteigt. Die bereits erwähnte Fig. 4 stellt dies graphisch dar.
Beispiel 3:
[0040] Ein Polyethylenterephthalat-Kabel mit einem Gesamtverstrecktiter 800 000 dtex, Einzeltiter
1,7 dtex wurde bei einer Belegungsdichte auf den Walzen von 26 000 dtex/cm verstreckt.
Das 1. Septett lief mit einer Umfangsgeschwindigkeit von 48 m/min bei Zimmertemperatur.
Das 1. Wasserbad wies eine Temperatur von 80°C auf. Das 2. Septett hatte jeweils eine
Umfangsgeschwindigkeit von 57,6 m/min, woraus sich ein Vorverstreckverhältnis von
1:1,2 ergibt, variiert wurde die Galettentemperatur.
[0041] Das 2. Wasserbad hatte 80°C. Das 3. Septett hatte eine Temperatur von 179°C, das
4. Septett 135°C.
[0042] Die weiteren Daten sind Tabelle 3 zu entnehmen.

Bei einer Galettentemperatur von 14
0C sank dabei die Temperatur des Faserkabels von 70°C beim Einlauf in das 2. Septett
bis auf 28°C auf der 6. Galette.
[0043] Tabelle 3 zeigt, wie bei weitgehend konstanten Verstreckbedingungen die Zahl der
Färbefehler stark ansteigt, wenn das Faserkabel vor dem Erreichen des zweiten Wasserbades
nicht abkühlen kann, sondern durch beheizte Galetten auf 70°C bzw. 80°C gehalten wird.
Es mußte bei dieser Fahrweise sogar das Gesamtverstreckverhältnis reduziert werden,
da eine große Zahl gerissener Filamente zu Wickeln am 3. Septett führten.
1. Verfahren zum Verstrecken von Faserkabeln aus Polyestern mit einer Vorverstreckung
und einer Hauptverstreckung, dadurch gekennzeichnet, daß die Vorverstrekkung in Wasser
von 71 - 90°C stattfindet, daß das Streckverhältnis in der Vorverstreckung so gewählt
wird, daß die Hauptverstreckung bei einem Minimum der Streckspannung erfolgt, und
daß die Faserkabel zwischen Vor- und Hauptverstreckung wieder auf unter 40°C abkühlen.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Verstreckverhältnis
in der Vorverstreckzone zwischen 1 : 1,05 und 1 : 1,6 liegt.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Verstreckverhältnis
in der Vorverstreckung unter 1 : 1,4 liegt.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Verstreckverhältnis
in der Vorverstreckung zwischen 1 : 1,1 und 1 : 1,3 liegt.