[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft neue α-Azolylglykole, Verfahren zu ihrer Herstellung,
Mittel zur Regulierung des Pflanzenwachstums, die diese Verbindungen enthalten, und
Verfahren zur Regulierung des Pflanzenwachstums mit diesen Verbindungen.
[0002] Es ist bekannt, das 2-Chlorethyl-trimethylammoniumchlorid (Chlorcholinchlorid, CCC)
(J. Biol. Chem., 235, 475 (1960)) zur Beeinflussung des Pflanzenwachstums zu verwenden.
Mit seiner Hilfe läßt sich z.B. eine Hemmung des Längenwachstums bei einigen Getreidearten
und eine Hemmung des vegetativen Wachstums bei einigen anderen Kulturpflanzen erreichen.
Die Wirkung dieses Stoffes ist jedoch, insbesondere bei niedrigen Aufwandmengen, nicht
immer ausreichend und genügt den Anforderungen der Praxis nicht.
[0003] Weiterhin ist es bekannt, 1-(4'-Bromphenyl)-1-allyloxy-2--(1",2",4"-triazolyl-(1"))-ethan
zur Regulierung des Pflanzenwachstums von Raps, Weizen, Hafer, Roggen und Gerste zu
verwenden (DE-OS 26 50 831). Dessen Wirkung ist jedoch, vor allem bei niedrigen Aufwandmengen,
nicht immer befriedigend.
[0004] Es wurde nun gefunden, daß α-Azolylglykole der Formel I

in welcher •
R1 Alkyl,
R2 Alkyl oder gegebenenfalls substituiertes Phenyl oder Biphenyl,
R3 Wasserstoff, Alkyl, Alkenyl, Alkinyl oder gegebenenfalls substituiertes Benzyl und
X CH oder N bedeutet
[0005] sowie deren Salze und Metallkomplexe ausgezeichnet zur Beeinflussung des Pflanzenwachstums
geeignet sind und eine sehr gute Pflanzenverträglichkeit zeigen.
[0006] In der Formel I steht R
1 vorzugsweise für einen verzweigten oder unverzweigten Alkylrest mit 1 bis 4 C-Atomen,
wie beispielsweise für einen Methyl-, Ethyl-, n-Propyl-, iso--Propyl-, n-Butyl-, iso-Butyl-
oder tert.-Butylrest.
[0007] R
2 steht vorzugsweise für einen Alkylrest mit 1 bis 6 Kohlenstoffatomen, der unverzweigt
sein kann, wie beispielsweise ein Methyl-, Ethyl-, Propyl-, Butyl- oder Pentylrest
oder verzweigt sein kann und 3 bis 6 Kohlenstoffatome umfassen kann, wie beispielsweise
ein Isopropyl-, tert.--Butyl- oder ein 3-Methyl-butyl-l-rest. Ferner steht R
2 für einen unsubstituierten oder durch Halogen, vorzugsweise Chlor oder Brom, mono-
oder disubstituierten Phenyl-oder Biphenylrest.
[0008] R
3 steht vorzugsweise für Wasserstoff, für einen unverzweigten Alkylrest mit 1 bis 6
Kohlenstoffatomen, wie beispielsweise für einen Methyl-, Ethyl-, Propyl-, Butyl-oder
Pentylrest, für einen verzweigten Alkylrest mit 3 bis 6 Kohlenstoffatomen - wie für
einen Isopropyl- oder iso--Butylrest -, für einen Alkenyl- oder Alkinylrest mit 2
bis 6 Kohlenstoffatomen - wie für einen Vinyl-, Ethinyl-, Propen-2-yl-l-, Propin-2-yl-l-
oder für einen 3-Methyl--buten-2-yl-l-rest -, oder für einen gegebenenfalls durch
Halogen - wie beispielsweise Fluor oder Chlor - mono- oder disubstituierten Benzylrest.
[0009] Die neuen α-Azolylglykole besitzen im Acetal-C-atom und - falls R
2 und R
3 verschieden sind - im Carbinol-C-atom je ein Asymmetriezentrum. Je nach der Beschaffenheit
von R
1 kommen eventuell weitere Asymmetriezentren hinzu. Mit üblichen Trennmethoden können
die Verbindungen in Form einheitlicher Enantiomerer bzw. Diastereomerer erhalten werden.
In der Praxis kann man sowohl die einheitlichen Enantiomeren bzw. Diastereomeren wie
auch die bei der Synthese üblicherweise anfallenden Gemische verwenden. Letztere werden
bevorzugt verwendet.
[0010] Es wurde weiterhin gefunden, daß man die neuen α-Azolylglykole der Formel I dadurch
herstellen kann, daß man
a) ein Keton der Formel II

in der R1, R2 und X die oben erläuterten Bedeutungen haben, katalytisch oder mit komplexen Hydriden
in Gegenwart eines Lösungsmittels und gegebenenfalls in Gegenwart eines Reaktionsbeschleunigers
bei Temperaturen zwischen 0 und 100° C reduziert oder
b) ein Keton der Formel II mit Grignardreagentien der Formel IV

in der R3 die oben erläuterte Bedeutung hat und Hal für Chlor, Brom oder Iod steht, in Gegenwart
inerter Lösungsmittel bei Temperaturen zwischen 0 und 80°C umsetzt oder
c) ein Acetal der Formel V

in der R1, R2 und R3 die oben angegebenen Bedeutungen haben, mit anorganischen oder organischen Säurechloriden
und anschließend mit einem Azol (Triazol, Imidazol) gegebenenfalls in Gegenwart eines
Lösungsmittels und einer Base bei Temperaturen zwischen 0 und 100°C umsetzt.
[0011] Die Ausgangsverbindungen II sind herstellbar durch Umsetzung von α-Halogenethern
der Formel III

in der R
1 und R
2 die oben erwähnte Bedeutung haben und Hal Chlor oder Brom bedeutet, mit Azolen (Triazol,
Imidazol) oder deren Alkali- oder Erdalkalisalzen gegebenenfalls in Gegenwart eines
Lösungsmittels und einer Base bei Temperaturen zwischen 0 und 100°C.
[0012] Die d-Halogenether der Formel III können nach bekannten Methoden hergestellt werden
(vgl. DE-OS 22 01 063 und B. Mylo, Chem. Ber. 44 (1911), S. 3212, Straus und Weber
Ann. 498 (1932), S. 124). Ferner könen die Verbindungen der Formel III auch durch
Halogenierung (z.B. mit N-Bromsuccinimid) deroα-Alkoxyketone hergestellt werden.
[0013] Die Alkohole der Formel V sind teilweise bekannt wie zum ' Beispiel das 1,1-Dimethoxy-2-methylbutin-3-ol-2
(DE-PS 17 68 877), oder das 1,1-Dimethoxy-2-methylbuten-3--ol-2 (DE-PS 11 15 238).
Sie können aber auch nach bekannten Methoden hergestellt werden, indem man Ketone
der Formel VI

[0014] katalytisch oder mit komplexen Hydriden hydriert oder mit Grignardreagentien der
Formel IV umsetzt.
[0015] Geeignete anorganische oderorxanische Säurehalogenide für das Verfahren c) sind beispielsweise
Thionylchlorid, Acetylchlorid oder Acetylbromid. Darüber hinaus sind alle üblichen
gut zugänglichen Säurehalogenide verwendbar.
[0016] Geeignete anorganische oder organische Basen, die gegebenenfalls auch als säurebindende
Mittel in die Verfahren a oder c eingesetzt werden können, sind beispielsweise Alkali-
und Erdalkalihydroxide - wie Natriumhydroxid, Kaliumhydroxid, Calciumhydroxid -, Alkalicarbonate
- wie Kalium- oder Natriumcarbonat -, Alkalihydride - wie Natriumhydrid -, Alkali-
oder Erdalkalialkoholate - wie Natriummethylat, Magnesiummethylat oder Natriumisopropylat
-, oder tertiäre Amine - wie Trimethylamin, Triethylamin, N,N-Dimethylanilin, N,N-Dimethylcyclohexylamin,
N-Methylpiperidin oder Pyridin.
[0017] Ferner können die Azole (Triazol, Imidazol) selbst als Basen verwendet werden. Mit
geeigneten Basen, wie Zum Beispiel Alkalihydrid - wie Natriumhydrid -, Lithiumalkyl
- wie Butyllithium -, oder Alkali- oder Erdalkalialkoholaten - wie Natriummethylat
- können die Azole auch in einer vorgeschalteten Umsetzung zunächst in ihre Salze
überführt und dann als solche zur Reaktion gebracht werden.
[0018] Zu den bevorzugten Lösungs- bzw. Verdünnungsmitteln gehören Halogenkohlenwasserstoffe
- wie Methylenchlorid, Chloroform, 1,2-Dichlorethan, Chlorbenzol -, aliphatische oder
aromatische Kohlenwasserstoffe - wie Cyclohexan, Petrolether, Benzol, Toluol, oder
Xylole -, Ester - wie Essigsäureethylester -, Amide - wie Dimethylformamid -, Nitrile
- wie Acetonitril -, Sulfoxide - wie Dimethylsulfoxid -, Ketone - wie Aceton oder
Methylethylketon -, Ether - wie Diethylether, Tetrahydrofuran oder Dioxan -, oder
entsprechende Gemische.
[0019] Als Reaktionsbeschleuniger kommen vorzugsweise Metallhalogenide - wie Kaliumiodid
-, Kronenether, quartäre Ammoniumverbindungen - wie Tetrabutylammoniumiodid - oder
Säuren oder Kombinationen dieser Reaktionsbeschleuniger in Frage.
[0020] Die erfindungsgemäßen Umsetzungen werden im allgemeinen bei Temperaturen zwischen
0 und 150°C in einem Zeitraum von 1 bis 60 Stunden durchgeführt, drucklos oder unter
Druck, kontinuierlich oder diskontinuierlich.
[0021] Zur Isolierung der erfindungsgemäßen Verbindungen wird nach üblichen Methoden vorgegangen.
Im allgemeinen bedürfen die anfallenden Produkte keiner weiteren Reinigung, sie können
aber auch nach bekannten Methoden wie Umkristallisation, Extraktion, Destillation
oder Chromatographie weiter gereinigt werden.
[0022] Falls gewünscht, werden die α-Azolylglykole den Formel I anschließend nach bekannten
Verfahren in ihre für Pflanzen verträglichen Salze oder in ihre Metallkomplexe überführt.
[0023] Zur Salzbildung eignen sich beispielsweise: Salzsäure, Brom- wasserstoffsäure, Schwefelsäure,
Salpetersäure, Phosphorsäure, Essigsäure oder Dodecylbenzolsulfonsäure. Die Wirksamkeit
der Salze geht auf das Kation zurück, so daß die Wahl des Anions beliebig ist.
[0024] Metallkomplexe bilden sich durch Anlagerung der neuen Verbindungen an die Kationen
von Metallsalzen. Besonders eignen sich hierfür Kupfer(II)-chlorid, Kupfer(II)-sulfat,
Kupfer(II)-nitrat, Zink(II)-chlorid, Eisen(III)-chlorid, Mangan(II)-chlorid, Nickel(II)-bromid.
[0025] Die folgenden Beispiele schildern die Herstellung der neuen Substanzen:
Beispiel 1
[0026] a) Herstellung des Ausgangsmaterials:
[0027] Zu 48 g 1,1-Dimethoxy-3,3-dimethylbutan-2-on (vgl. J.B. Wright J.Am. Chem. Soc. 77
(1955), S. 4883) werden unter Rühren 36,8 g Acetylbromid getropft. Dabei steigt die
Temperatur auf 53°C an. Nach einstündigem Rühren wird diese Lösung zu einer Lösung
von 41,4 g Triazol in 100 ml Dimethylformamid und 100 ml Tetrahydrofuran getropft.
Es wird drei Stunden gerührt, dann das Reaktionsgemisch eingeengt, in Methylenchlorid
aufgenommen und dreimal mit je 50 ml Wasser gewaschen. Die organische Phase wird abgetrennt,
getrocknet und eingeengt. Das verbleibende öl wird über eine Kolonne destilliert.
Zwischen 84 und 86°C/0,1 mbar gehen 44 g 1-(1',2',4'-Triazol-1'-yl)--1-methoxy-3,3-dimethyl-butan-2-on
über.
[0028] b) Herstellung des Endproduktes:
[0029] 39,4 g 1-(1',2',4'-Triazol-1'-yl)-1-methoxy-3,3-dimethylbutan-2-on werden in 80 ml
Methanol bei 10 - 20°C portionsweise mit 4,5 g Natriumborhydrid versetzt. Anschließend
wird 1 Stunde bei Rückflußtemperatur gerührt. Das Reaktionsgemisch wird in 80 ml Wasser
eingerührt und dreimal mit je 100 ml Methylenchlorid extrahiert. Die organische Phase
wird abgetrennt, getrocknet und eingeengt. Das verbleibende öl kristallisiert aus
Petrolether aus. Man erhält so 34 g 1-(1',2',4'-Triazol-1'-yl)-1-methoxy-3,3-dimethyl-
butanol-2 vom Schmelzpunkt 62 - 64°C.
[0030] ber.: C 54,3 H 8,6 N 21,1 gef.: C 54,5 H 8,4 N 21,2.
Beispiel 2
[0031] Zu einer Lösung von 0,2 Mol 4-Chlorphenylmagnesiumbromid (hergestellt aus 4,9 g Magnesium
und 38,3 g 4-Bromchlorbenzol) in 150 ml Ether wird eine Lösung von 1-(1',2',4'--Triazol-1'-yl)-1-methoxyaceton
in 100 ml Ether getropft. Anschließend wird 5 Stunden bei Rückflußtemperatur gerührt.
Zu dem abgekühlten Reaktionsgemisch werden 50 g Eis und dann 25%ige wäßrige Ammoniumchloridlösung
zugetropft, bis sich die Phasen klar trennen. Die organische Phase wird abgetrennt
und die wäßrige Phase zweimal mit je 100 ml Ether extrahiert. Die vereinigten Etherphasen
werden mit Wasser neutral gewaschen, getrocknet und eingeengt. Aus Petrolether erhält
man 23 g kristallines 1-(1',2',4'-Triazol-1'-yl)-1-methoxy-2-(4'-chlorphenyl)-propanol-2
vom Schmelzpunkt 80 - 82°C.
Beispiel 3
[0032] Zu 14,8 g 1,1-(Dimethoxy)-2-methyl-butanol-2 werden unter Rühren 12,3 g Acetylbromid
getropft. Dabei steigt die Temperatur bis 60°C an. Nach einer Stunde Rühren wird dieses
Reaktionsgemisch zu einer Lösung von 13,8 g Triazol in 100 ml Tetrahydrofuran und
50 ml Dimethylformamid getropft. Nach dem Rühren über Nacht wird das Reaktionsgemisch
eingeengt, in Methylenchlorid aufgenommen und dreimal mit je 50 ml Wasser gewaschen.
Die organische Phase wird getrocknet und eingeengt. Das verbleibende öl wird destilliert.
Bei 95 - 110°C/0,4 mbar gehen 6 g 1-(1',2',4'-Triazol-1'--yl)-1-methoxy-2-methylbutanol-2
über.
[0033] Analog Beispielen 1 - 3 können folgende α-Azolylglykole der Formel I hergestellt
werden:

Die neuen Verbindungen können praktisch alle Entwicklungs- ' stadien einer Pflanze
verschiedenartig beeinflussen und werden deshalb als Mittel zur Beeinflussung des
Pflanzenwachstums eingesetzt. Ihre Wirkungsvielfalt hängt ab vor allem
a) von der Pflanzenart und -sorte,
b) von dem Zeitpunkt der Applikation, bezogen auf das Entwicklungsstadium der Pflanze,
und von der Jahreszeit,
c) von dem Applikationsort und -verfahren (Samenbeize, Bodenbehandlung oder Blattapplikation),
d) von den geoklimatischen Faktoren, z.B. Sonnenscheindauer, Durchschnittstemperatur,
Niederschlagsmenge,
e) von der Bodenbeschaffenheit (einschließlich Düngung),
f) von der Formulierung bzw. Anwendungsform des Wirkstoffs und schließlich
g) von den angewendeten Konzentrationen der aktiven Substanz.
[0034] Aus der Reihe der verschiedenartigen Anwendungsmöglichkeiten der Pflanzenwachstumsregulatoren
im Pflanzenbau, in der Landwirtschaft und im Gartenbau, werden einige nachstehend
erwähnt.
[0035] A. Mit den erfindungsgemäß verwendbaren Verbindungen läßt sich das vegetative Wachstum
der Pflanzen stark hemmen, was sich insbesondere in einer Reduzierung des Längenwachstums
äußert. Die behandelten Pflanzen weisen demgemäß einen gedrungenen Wuchs auf; außerdem
ist eine dunklere Blattfärbung zu beobachten.
[0036] Als vorteilhaft für die Praxis erweist sich z.B. die Verringerung des Grasbewuchses
an Straßenrändern, Kanalböschungen und auf Rasenflächen wie Park-, Sport-und Obstanlagen,
Zierrasen und Flugplätzen, so daß der arbeits- und kostenaufwendige Rasenschnitt reduziert
werden kann.
[0037] Von wirtschaftlichem Interesse ist auch die Erhöhung der Standfestigkeit von lageranfälligen
Kulturen wie Getreide, Reis, Mais und Soja. Die dabei verursachte Halmverkürzung und
Halmverstärkung verringert oder beseitigt die Gefahr des "Lagerns" (des Umknickens)
von Pflanzen unter ungünstigen Witterungsbedingungen vor der Ernte.
[0038] Wichtig ist auch die Anwendung zur Hemmung des Längenwachstums und zur zeitlichen
Veränderung des Reifeverlaufs bei Baumwolle. Damit wird ein vollständig mechanisiertes
Beernten dieser wichtigen Kulturpflanze ermöglicht.
[0039] Durch Anwendung der Mittel kann auch die seitliche Verzweigung der Pflanzen vermehrt
oder gehemmt werden. Daran besteht Interesse, wenn z.B. bei Tabakpflanzen die Ausbildung
von Seitentrieben (Geiztrieben) zugunsten des Blattwachstums gehemmt werden soll.
[0040] Mit den Mitteln läßt sich beispielsweise bei Winterraps auch die Frostresistenz erheblich
erhöhen. Dabei werden einerseits das Längenwachstum und die Entwicklung einer zu üppigen
(und dadurch besonders frostanfälligen) Blatt- bzw. Pflanzenmasse gehemmt. Andererseits
werden die jungen Rapspflanzen nach der Aussaat und vor dem Einsetzen der Winterfröste
trotz günstiger Wachstumsbedingungen im vegetativen Entwicklungsstadium zurückgehalten.
Dadurch wird auch die Frostgefährdung solcher Pflanzen beseitigt, die zum vorzeitigen
Abbau der Blühhemmung und zum Übergang in die generative Phase neigen. Auch bei anderen
Kulturen, z.B. Wintergetreide, ist es vorteilhaft, wenn die Bestände durch Behandlung
mit erfindungsgemäßen Verbindungen im Herbst zwar gut bestockt, aber nicht zu üppig
in den Winter hineingehen. Dadurch kann der erhöhten Frostempfindlichkeit und - wegen
der relativ geringen Blatt- bzw. Pflanzenmasse - dem Befall mit verschiedenen, insbesondere
pilzlichen, Krankheiten vorgebeugt werden. Die Hemmung des vegetativen Wachstums ermöglicht
außerdem bei vielen Kulturpflanzen eine dichtere Bepflanzung, so daß ein Mehrertrag,
bezogen auf die Bodenfläche, erzielt werden kann.
[0041] B. Mit den neuen Wirkstoffen lassen sich Mehrerträge sowohl an Pflanzenteilen als
auch an Pflanzeninhaltsstoffen erzielen. So ist es beispielsweise möglich, das Wachstum
größerer Mengen an Knospen, Blüten, Blättern, Früchten, Samenkörnern, Wurzeln und
Knollen zu induzieren, den Gehalt an Zucker in Zuckerrüben, Zuckerrohr sowie Zitrusfrüchten
zu erhöhen, den Proteingehalt in Getreide oder Soja zu steigern oder Gummibäume zu
vermehrtem Latexfluß zu stimulieren.
[0042] Dabei können die neuen Stoffe Ertragssteigerungen durch Eingriffe in den pflanzlichen
Stoffwechsel bzw. durch Förderung oder Hemmung des vegetativen und/oder des generativen
Wachstums verursachen.
[0043] C. Mit den Mitteln lassen sich schließlich sowohl eine Verkürzung bzw. Verlängerung
der Wachstumsstadien als auch eine Beschleunigung bzw. Verzögerung der Reife der geernteten
Pflanzenteile vor oder nach der Ernte erreichen.
[0044] Von wirtschaftlichem Interesse ist beispielsweise die Ernteerleichterung, die durch
das zeitlich konzentrierte Abfallen oder Vermindern der Haftfestigkeit am Baum bei
Zitrusfrüchten, Oliven oder bei anderen Arten und Sorten von Kern-, Stein- und Schalenobst
ermöglicht wird. Derselbe Mechanismus, das heißt die Förderung der Ausbildung von
Trenngewebe zwischen Frucht- bzw. Blatt und Sproßteil der Pflanze ist auch für ein
gut kontrollierbares Entblättern der Bäume wesentlich.
[0045] Die Wirkung der neuen Verbindungen ist besser als bei bekannten Wachstumsregulatoren.
Die Wirkung zeigt sich sowohl bei Monokotylen, z.B. Getreide wie Weizen, Gerste, Roggen,
Hafer und Reis oder Mais als auch bei Dikotylen (z.B. Sonnenblumen, Tomaten, Soja,
Reben, Baumwolle und vor allem Raps) und verschiedene Zierpflanzen wie Chrysanthemen,
Poinsettien und Hibiskus.
[0046] Die neuen α-Azolylglykole können den Kulturpflanzen sowohl vom Samen her (als Saatgutbeizmittel)
als auch über den Boden, d.h. durch die Wurzel, sowie durch Spritzung über das Blatt
zugeführt werden.
[0047] Infolge der hohen Pflanzenverträglichkeit kann die Aufwandmenge stark variiert werden.
[0048] Bei der Saatgutbehandlung werden im allgemeinen Wirkstoffmengen von 0,001 bis 50
g je Kilogramm Saatgut, vorzugsweise 0,01 bis 10 g benötigt.
[0049] Für die Blatt- und Bodenbehandlung sind im allgemeinen Gaben von 0,01 bis 12 kg/ha,
bevorzugt 0,25 bis 3 kg/ha, als ausreichend zu betrachten.
[0050] Die erfindungsgemäßen Mittel können in Form üblicher Formulierungen angewendet werden
wie Lösungen, Emulsionen, Suspensionen, Stäube, Pulver, Pasten und Granulate. Die
Anwendungsformen richten sich ganz nach den Verwendungszwecken; sie sollen in jedem
Fall eine feine und gleichmäßige Verteilung der wirksamen Substanz gewährleisten.
Die Formulierungen werden in bekannter Weise hergestellt, z.B. durch Verstrecken des
Wirkstoffs mit Lösungsmitteln und/oder Trägerstoffen, gegebenenfalls unter Verwendung
von Emulgiermitteln und Dispergiermitteln, wobei im Falle der Benutzung von Wasser
als Verdünnungsmittel auch andere organische Lösungsmittel verwendet werden können.
Als Hilfsstoffe kommen dafür im wesentlichen in Frage: Lösungsmittel wie Aromaten
(z.B. Xylol, Benzol), chlorierte Aromaten (z.B. Chlorbenzole), Paraffine (z.B. Erdölfraktionen),
Alkohole (z.B. Methanol, Butanol), Amine (z.B. Ethanolamin), Dimethylformamid und
Wasser; feste Trägerstoffe wie natürliche Gesteinsmehle (z.B. Kaoline, Tonerden, Talkum,
Kreide) und synthetische Gesteinsmehle (z.B. hochdisperse Kieselsäure, Silikate);
Emulgiermittel wie nichtionogene and anionische Emulgatoren (z.B. Polyoxyethylen-Fettalkohol-Ether,
Alkylsulfonate) und Dispergiermittel wie Lignin, Sulfitablaugen und Methylcellulose.
[0051] Die Formulierungen enthalten im allgemeinen zwischen 0,1 und 95 Gewichtsprozent Wirkstoff,
vorzugsweise zwischen 0,5 und 90.
[0052] Die Formulierungen bzw. die daraus hergestellten gebrauchsfertigen Zubereitungen
wie Lösungen; Emulsionen, Suspensionen, Pulver, Stäube, Pasten oder Granulate werden
in bekannter Weise angewendet, beispielsweise im Vorauflaufverfahren, im Nachauflaufverfahren
oder als Beizmittel.
[0053] Die Beispiele A - K erläutern die Herstellung von Formulierungen:
Beispiel A
[0054] Man vermischt 90 Gewichtsteile der Verbindung 1 mit 10 Gewichtsteilen N-Methyl-α-pyrrolidon
und erhält eine Lösung, die zur Anwendung in Form kleinster Tropfen geeignet ist.
Beispiel B
[0055] 20 Gewichtsteile der Verbindung 2 werden in einer Mischung gelöst, die aus 80 Gewichtsteilen
Xylol, 10 Gewichtsteilen des Anlagerungsproduktes von 8 bis 10 Mol Äthylenoxid an
Salz der Dodecylbenzolsulfonsäure und 5'Gewichtsteilen des Anlagerungsproduktes von
40 Mol Äthylenoxid an 1 Mol Ricinusöl besteht. Durch Ausgießen und feines Verteilen
der Lösung in 10 000 Gewichtsteilen Wasser erhält man eine wäßrige Dispersion, die
0,02 Gew.% des Wirkstoffs enthält.
Beispiel C
[0056] 20 Gewichtsteile der Verbindung 3 werden in einer Mischung gelöst, die aus 40 Gewichtsteilen
Cyclohexanon, 30 Gewichtsteilen Isobutanol, 20 Gewichtsteilen des Anlagerungsproduktes
von 7 Mol Äthylenoxid an 1 Mol Isooctylphenol und 10 Gewichtsteilen des Anlagerungsproduktes
von 40 Mol Äthylenoxid an 1 Mol Ricinusöl besteht. Durch Eingießen und feines Verteilen
der Lösung in 100 000 Gewichtsteilen Wasser erhält man eine wäßrige Dispersion, die
0,02 Gew.% des Wirkstoffs enthält.
Beispiel D ,
[0057] 20 Gewichtsteile der Verbindung 1 werden in einer Mischung gelöst, die aus 25 Gewichtsteilen
Cyclohexanol, 65 Gewichtsteilen einer Mineralölfraktion vom Siedepunkt 210 bis 280°C
und 10 Gewichtsteilen des Anlagerungsproduktes von 40 Mol Äthylenoxid an 1 Mol Ricinusöl
besteht. Durch Eingießen und feines Verteilen der Lösung in 100 000 Gewichtsteilen
Wasser erhält man eine wäßrige Dispersion, die 0,02 Gew.% des Wirkstoffs enthält.
Beispiel E
[0058] 20 Gewichtsteile des Wirkstoffs 3 werden mit 3 Gewichtsteilen des Natriumsalzes der
Diisobutylnaphthalin-α-sulfonsäure, 17 Gewichtsteilen des Natriumsalzes einer Ligninsulfonsäure
aus einer Sulfit-Ablauge und 60 Gewichtsteilen pulverförmigem Kieselsäuregel gut vermischt
und in einer Hammermühle vermahlen. Durch feines Verteilen der Mischung in 20 000
Gewichtsteilen Wasser erhält man eine Spritzbrühe, die 0,1 Gewichtsprozent des Wirkstoffs
enthält.
Beispiel F
[0059] 3 Gewichtsteile der Verbindung 3 werden mit 97 Gewichtsteilen feinteiligem Kaolin
innig vermischt. Man erhält auf diese Weise ein Stäubemittel, das 3 Gew.% des Wirkstoffs
enthält.
Beispiel G
[0060] 30 Gewichtsteile der Verbindung 4 werden mit einer Mischung aus 92 Gewichtsteilen
pulverförmigem Kieselsäuregel und 8 Gewichtsteilen Paraffinöl, das auf die Oberfläche
dieses Kieselsäuregels gesprüht wurde, innig vermischt. Man erhält auf diese Weise
eine Aufbereitung des Wirkstoffs mit guter Haftfähigkeit.
Beispiel H
[0061] 40 Gewichtsteile des Wirkstoffs 1 werden mit 10 Teilen Natriumsalz eines Phenolsulfonsäure-harnstoff-formaldehyd--Kondensats,
2 Teilen Kieselgel und 48 Teilen Wasser innig vermischt. Man erhält eine stabile wäßrige
Dispersion. Durch Verdünnen mit 100 000 Gewichtsteilen Wasser erhält man eine wäßrige
Dispersion, die 0,04 Gew.% Wirkstoff enthält.
Beispiel K
[0062] 20 Teile des Wirkstoffs 2 werden mit 2 Teilen Calciumsalz der Dodecylbenzolsulfonsäure,
8 Teilen Fettalkohol-polyglykolether, 2 Teilen Natriumsalz eines Phenolsulfonsäure--harnstoff-formaldehyd-Kondensats
und 68 Teilen eines paraffinischen Mineralöls innig vermischt. Man erhält eine stabile
ölige Dispersion.
[0063] Die erfindungsgemäßen Mittel können in diesen Aufwendungsformen auch zusammen mit
anderen Wirkstoffen vorliegen, wie z.B. Herbiziden, Insektiziden, Wachstumsregulatoren
und Fungiziden oder auch mit Düngemitteln vermischt und ausgebracht werden. Beim Vermischen
mit Wachstumsregulatoren erhält man dabei in vielen Fällen eine Vergrößerung des Wirkungsspektrums.
Bei einer Anzahl solcher Wachstumsregulatormischungen treten auch synergistische Effekte
auf, d.h. die Wirksamkeit des Kombinationsproduktes ist größer als die addierten Wirksamkeiten
der Einzelkomponenten.
[0064] Die Wirkung der erfindungsgemäß verwendbaren Stoffe als Pflanzenwachstumsregulatoren
wird beispielsweise wie folgt ermittelt:
[0065] Zur Bestimmung der wachstumsregulierenden Eigenschaft der Prüfsubstanzen wurden Testpflanzen
(Sommergerste, Sorte "Union" und Sommerraps, Sorte "Petranova") auf aufreichend mit
Nährstoffen versorgtem Boden in Kunststoffgefäßen von ca. 12,5 cm Durchmesser angezogen.
[0066] Im Nachauflaufverfahren wurden die zu prüfenden Substanzen in wäßriger Aufbereitung
auf die Pflanzen gesprüht. Die beobachtete wachstumsregulierende Wirkung wurde bei
Versuchsende durch Wuchshöhenmessung belegt. Die so gewonnenen Meßwerte wurden zur
Wuchshöhe der unbehandelten Pflanzen in Relation gesetzt. Als Vergleichssubstanz dienten
2-Chlorethyl-trimethylammoniumchlorid und 1-(4'-Bromphenyl)--1-allyloxy-2-(1",2",4"-triazolyl-(1"))-ethan.
[0067] In diesen Versuchen zeigten insbesondere die Substanzen der Beispiele 2, 4, 5, 11,
17 und 19 eine deutlich bessere Wirkung als die Vergleichssubstanzen.
[0068] Gleichlaufend zur Reduzierung des Längenwachstums stieg die Farbintensität der Blätter
an. Der erhöhte Chlorophyllgehalt läßt eine ebenfalls erhöhte Photosyntheserate und
damit eine erhöhte Ertragsbildung erwarten.