[0001] Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf eine rückstossfreie Flugkörper-Anlage,
mit mindestens einem Rohr und für jedes Rohr mindestens ein Raketengeschoss, wobei
diese Anlage insbesondere für die Panzer- und Flugabwehr, also sich bewegende Punktziele,
gedacht ist. Andere Anwendungen sind darin enthalten.
[0002] Es gibt eine Vielzahl von Waffensystemen zur Bekämpfung von Panzer und Flugzeugen,
die Raketengeschosse benutzen, wobei rückstossfreie Rohre benutzt werden können. Bei
allen Raketengeschossen, speziell bei solchen, die nicht nachgesteuert werden, ist
eine sehr hohe Anfangsgeschwindigkeit erwünscht; wenn dabei die Treibladung mitbeschleunigt
werden muss, erhöht sich das Gesamtgewicht des Geschosses und demselben wird bald
eine Grenze gesetzt, insbesondere beim mobilen Einsatz solcher Waffensysteme.
[0003] Es ist ein Ziel der vorliegenden Erfindung eine Flugkörper-Anlage anzugeben, die
von wenigen Personen transportiert werden kann und bei welcher das Raketengeschoss
eine sehr hohe Anfangsgeschwindigkeit erreicht und eine bisher nicht bekannte Ziel-
bzw. Treffgenauigkeit erreicht wird. Dieses Ziel wird mit einer in den Ansprüchen
beschriebenen Flugkörper-Anlage erreicht.
[0004] Die Erfindung wird nun anhand einer Zeichnung von Ausführungsbeispielen näher erläutert
werden.
Fig. 1 zeigt, teilweise im Längsschnitt, ein erstes Ausführungsbeispiel eines Rohres
und eines Raketengeschosses gemäss der Erfindung,
Fig. 2 zeigt, im Längsschnitt , ein zweites Ausführungsbeispiel,
Fig. 3 zeigt, teilweise im Längsschnitt, ein drittes Ausführungsbeispiel,
Fig. 4 zeigt einen Schnitt von Fig. 3,
Fig. 5 zeigt ein Anwendungsbeispiel des Geschosses gemäss Fig. 1,
Fig. 6 zeigt ein Anwendungsbeispiel der Raketengeschosse gemäss Fig. 3 und 4,
Fig. 7 zeigt, teilweise im Längsschnitt, ein weiteres Ausführungsbeispiel,
Fig. 8 zeigt, im Längsschnitt und im vergrösserten Massstab ein Detail von Fig. 7,
und
Fig. 9 zeigt einen Schnitt von Fig. 8.
[0005] Man erkennt in Fig. 1 das Raketenrohr 1 mit zwei umlaufenden Ringen 2 und 3, in welchen
sich Treibladungen 4 und 5 befinden. An den Stellen, an den sich die Ringe 2 und 3
befinden, sind Gasdurchlassöffnungen 2a und 3a im Rohr angeordnet. Am hinteren Ende
des Rohres befindet sich die Austrittsdüse 6. Im Raketenrohr 1 befindet sich das Raketengeschoss
7, wobei es sich hier um ein mehrstufiges Raketen
geschoss handelt. Hinten, in der Fig. 1 links, befindet sich die erste Stufe 8, die
vorzugsweise aus kreisringförmigen dünnen Folien aus Nitroglyzerin-Nitrocellulose
besteht. Die Treibladung der ersten Stufe ist um die Verlängerung der Düse 9 der zweiten
Stufe 10 angeordnet, die in Fig. 2 im Schnitt dargestellt ist und dort erläutert werden
wird. Diese Verlängerung weist Löcher 11 auf, durch die zum Zwecke der Druckentlastung
die Gase der ersten Stufe treten. Man erkennt ferner am hinteren Ende des Raketen
geschosses das Leitwerk 12, das aus drei oder mehr Flügeln 13 besteht. Die Gase treten
anfänglich durch das Leitwerk und erteilen dem Geschoss eine der Stellung der Flügel
entsprechende Drehung, beispielsweise fünf Umdrehungen pro Sekunde, zum Ausgleich
der durch den Bau und den Abbrand der Treibladungen bedingten Unwucht. Beispielsweise
kann eine solche Ungenauigkeit durch Schwerpunktsverlagerungen eine Querkraft hervorrufen,
welche auf 1000 m Entfernung eine Abdrift von 100 m zur Folge haben würde; durch eine
Drehung des Geschosses kann diese Abdrift auf wenige Dezimeter herabgesetzt werden.
Dagegen ist eine Drallstabilisierung des Geschosses wegen der Beeinträchtigung des
Hohlladungseffektes nicht möglich. Erfindungsgemäss soll das Geschoss gleich beim
Start in Drehung versetzt werden, nach Möglichkeit ohne Züge im Rohr, d.h. bei Verwendung
eines Glattrohres. Auf der Höhe der zweiten Stufe ist am Raketengeschoss ein dichtender,
der Führung im Rohr dienender mehrteiliger Treibspiegel 57 angebracht der sich löst,
nachdem die Rakete das Rohr verlassen hat.
[0006] Der an sich bekannte und hier nicht näher erläuterte Kopf des Geschosses enthält
die Geschossspitze 14 und eine Hohlladung 15, sowie beispielsweise einen nicht dargestellten
Aufschlagzünder. In der Austrittsdüse 6 befindet sich ein bei der Zündung wegfliegender
Deckel 43 mit einer Schwarzpulverkapsel 44 und einem Zünder 45.
[0007] Der Ablauf eines Schusses ist der folgende: Zunächst wird mit dem Zünder 45 die Schwarzpulverladung
gezündet, welche die Treibladung der ersten Stufe 8 zündet, die dem Geschoss eine
Anfangsbeschleunigung erteilt, wobei das Rohr gleichzeitig als Brennkammer dient.
Die Schwarzpulverladung zündet gleichzeitig die Treibladung der zweiten Stufe 10,
die aus erheblich dickwandigeren Pulverstangen besteht. Hat sich das Geschoss im Rohr
etwa um eine Kaliberlänge weiterbewegt, wird die erste Treibladung 4 des Rohres gezündet,
wodurch der Druck im Rohr auf grosser Höhe gehalten wird. Auch diese Gase treten anfänglich
durch das Leitwerk 12 bis zur Abschlussdüse 6 hindurch. Nach einem weiteren Fortschreiten
des Geschosses im Rohr wird die zweite Treibladung 5 gezündet, wobei sich noch weitere
Treibladungen anschliessen können. Dabei ist zu beachten, dass die Treibladungen 4
und 5 und eventuell weitere, nicht beschleunigt zu werden brauchen. Im Innern des
Rohres baut sich ein Innendruck von der Grössenordnung 1000 bar auf, wobei auf das
Rohr keine Rückstosskräfte wirken und dieses somit beim Abschuss in Ruhe bleibt. Das
Rohr samt Geschoss ist nur einmal verwendbar und für einen nächsten Schuss muss das
gesamte Rohr mit dem Geschoss ausgetauscht werden. Das Rohr kann in einer dazu geeigneten
Einrichtung neu geladen werden, wobei die Befestigungen 16 und 17 der Ringe 2, 3 entfernt
und die Ringe frei gelegt werden können.
[0008] Es gibt verschiedene Arten ein Geschoss zu stabilisieren, beispielsweise die gebräuchliche
Drallstabilisierung und die sogenannte Pfeilstabilisierung. Bei der sogenannten Pfeilstabilisierung
wird der Einfluss des Seitenwindes auf die Geschossbahn dadurch beseitigt, dass man
dem Geschoss während der Flugdauer eine konstante Geschwindigkeit erteilt, was in
diesem Beispiel bedeutet, dass die Schubkraft der zweiten Stufe gleich gross sein
muss wie der Luftwiderstand, sodass die durch die erste Stufe und die Treibladungen
am Rohr erteilte Anfangsgeschwindigkeit beibehalten wird.
[0009] Beim Laden des Raketengeschosses werden die Pulverstangen der zweiten Stufe durch
die Düse 9 hindurch in die Brennkammer eingeführt. Nach dem Einführen der letzten
Pulverstange wird die Oeffnung im die zweite Stufe 10 abschliessenden Siebrost 18
durch einen Siebrostverschluss 19 bajonettartig verschlossen.
[0010] Nachfolgend ist ein Ausführungsbeispiel als Panzerabwehrgeschoss gegeben. Kaliber
100 mm, Rohrlänge 3 m, Gewicht des geladenen Rohres 100 kg, Gewicht der stationären
Treibladung je 2,5 kg, Ladungsgewicht der ersten mobilen Ladung 8 0,5 kg mit einer
Brenndauer von 5 ms, der zweiten Stufe 0,5 kg mit einer Brenndauer von 1 s; Rohrinnendruck
über 1000 bar, Anfangsgeschwindigkeit etwa 1000 m/s, Zielentfernung ca. 1000 m.
[0011] Bei diesem Kaliber erreicht das Gewicht des Rohres und des Geschosses eine Grösse
bei welchem das Rohr nicht mehr von einem Mann alleine bedient und gerichtet werden
kann. Um eine zweckmässige Bedienung zu erreichen, wird das Rohr, siehe Fig. 5, auf
eine stativförmige Richtlafette 20 gelegt, dessen Oberteil 21 ausgebildet ist, um
ein schnelles Auswechseln der Rohre zu ermöglichen. Zwischen dem Stativ und dem Oberteil
befindet sich eine elektrische oder hydraulische Richthilfe 22, die mit den Händen
oder Füssen bedient werden kann um das Oberteil, das ausserdem ein Zielfernrohr 23,
sowie einen Entfernungsmesser aufweist, gegenüber dem Stativ in Abhängigkeit von der
Entfernung, dem Erhebungswinkel und den beiden Richtwinkelgeschwindigkeiten zu verstellen.
Als weitere Bedienungshilfe kann es zweckmässig sein, eine Verstelleinrichtung anzubringen,
die es erlaubt, auf elektrischem oder hydraulischem Wege das Zielfernrohr gegenüber
dem Rohr so in Abhängigkeit der Zielentfernung, des Erhebungswinkels und der beiden
Richtwinkelgeschwindigkeiten zu verstellen, dass bei einem bewegten Ziel der richtige
Vorhaltewinkel des Rohres auf das Ziel eingestellt bleibt, falls das Zielfernrohr
ständig auf das Ziel eingestellt nachgeführt wird. Das Gesamtgewicht der Richtlafette
einschliesslich der Hydraulik und den Bedienungshilfen beträgt ungefähr 100 kg. Durch
die Stellung des Schützen einerseits und infolge der nach vorne austretenden Gase
andererseits wird verhindert, dass der Schütze durch die aus dem Rohr vorne und hinten
austretenden Treibstoffgase belästigt wird. Dies gilt auch für die Gase der beim Abschuss
bereits gezündeten zweiten Stufe 10, die durch die nach vorne austretenden Gase abgelenkt
werden.
[0012] Bei noch grösserem Kaliber und dadurch bedingten grösseren Abmessungen und Gewichten
ist es zweckmässig, die Rohre an einer stationären oder mobilen Richtlafette fest
zu installieren und das Geschoss samt Treibladungen vom Rohr getrennt anzuordnen und
für jeden Schuss neu am Rohr anzubringen. In der Fig. 2 ist ein solches Ausführungsbeispiel
dargestellt, wobei es sich hier um ein 200 Millimeter-Kaliber handelt. Man erkennt
das Rohr 24, das auf einem nicht dargestellten Oberteil der Richtlafette 20 aufliegt
und an welchem mittels einem Bajonettverschluss 26 eine kugelförmige Brennkammer 27
befestigt ist, in welcher sich das einstufige Raketengeschoss 28 befindet. Die in
der Brennkammer 27 enthaltene, ringförmig um das Ende des Raketengeschosses angeordnete
Treibladung 29 besteht, ebenso wie die stationären Treibladungen 4 und 5 des vorhergehenden
Beispiels aus kleinen Pulverstangen mit geeignetem Querschnitt. Das Raketengeschoss
28 kann einen ähnlichen Raketenkopf wie im vorhergehenden Beispiel aufweisen, mit
einer Spitze 30 und einer Hohlladung 31 von 160 mm Durchmesser. Das Raketengeschoss
kann das gleiche Leitwerk 32 mit Flügeln 33 aufweisen, wobei je nach Stellung der
Flügel dem Geschoss eine mehr oder weniger grosse Drehung erteilt wird und das Leitwerk
der Führung der Rakete im Rohr dient. An das Leitwerk schliesst sich die Brennkammer
34 der Rakete an, die vor deren Düse 35 mit einem Gitterrost 36 mit einer Oeffnung
36a abgeschlossen ist. Diese Brennkammer 34 enthält, wie die Brennkammer 10 im vorhergehenden
Beispiel, einen als Treibspiegel dienenden Boden 37, der den gesamten Innendruck des
Rohres von etwa 1000 bar aufzunehmen hat und demzufolge eine geeignete Stärke aufweisen
muss, während bei dieser Anordnung der restliche Teil dieser Raketenstufe vom Rohrinnendruck
entlastet ist und nur für den etwa 10 mal kleineren Brennkammerdruck dieser Stufe
dimensioniert werden muss. Dies gilt auch für das vorhergehende Beispiel. Die Brennkammer
34 wird wie im vorhergehenden Beispiel mit relativ dicken Pulverstangen geladen, deren
Gesamtschubkraft derart bemessen wird, dass sie dem Luftwiderstand des Geschosses
entspricht, um wie weiter oben beschrieben, die Abdrift durch den Seitenwind zu verhindern.
In der Höhe des Treibspiegels weist das Raketengeschoss einen dreiteiligen Treibspiegelring
38 auf, der sich nach dem Verlassen des Rohres vom Geschoss trennt. Das Raketengeschoss
wird gegenüber der stationären Brennkammer 27 mittels einer Dichtung 39 abgedichtet.
Die innere Wandung 40 der stationären Brennkammer 27 weist Löcher 41 auf, um dem Brenngas
den Durchtritt zum Raketengeschoss zu ermöglichen. Die stationäre Brennkammer 27 wird
durch eine Austrittsdüse 42 mit einem Deckel 43 abgeschlossen, wobei der Deckel bei
der Zündung wegfliegt und aus einem verbrennbaren Material wie Cellulose gefertigt
sein kann. Am Deckel 43 ist eine Schwarzpulverkapsel 44 mit Zünder 45 befestigt.
[0013] Die Schussabgabe erfolgt über den Zünder 45, der die Schwarzpulverladung 44 zündet,
wodurch sowohl die stationäre Treibladung 29 als auch die Treibladung in der Brennkammer
34 des Raketengeschosses gezündet werden. Dabei erteilt im wesentlichen die stationäre
Treibladung der Rakete die Anfangsgeschwindigkeit, während die Treibladung des Raketengeschosses
der Aufrechterhaltung der Anfangsgeschwindigkeit, d.h. der Ueberwindung des Luftwiderstandes
dient, wodurch das Raketen
geschoss Seitenwind-unempfindlich wird.
[0014] Das beschriebene Beispiel hat ungefähr folgende Daten:
Kaliber 200 mm, Hohlladung 160 mm, Geschossgewicht 25 kg, Gewicht der Geschoss-Treibladung
4 kg, Schubkraft = Luftwiderstand 1'000 kg, Anfangsgeschwindigkeit 1'000 m/sek., Zielentfernung
1'000 m, Länge des Rohres 4 m, Gewicht des Rohres 500 kg, Gewicht der geladenen stationären
Brennkammer 250 kg, Gewicht der stationären Treibladung 30 kg, Brennzeit 10 ms.
[0015] Bei der Verwendung dieses Raketengeschosses als Panzerabwehrrakete kann sie auf eine
ähnliche Lafette montiert werden wie im vorhergehenden Beispiel mit dem Unterschied,
dass das Rohr, wie eingangs erwähnt, fest auf dem Lafettenoberteil befestigt ist.
Dabei ist es zweckmässig, für das Einführen des Geschosses und der geladenen Brennkammer
eine Lademulde 25 zu verwenden, die in Figur 2 nur angedeutet ist. Ausserdem können
die gleichen Bedienungshilfen wie vorhergehend beschrieben verwendet werden.
[0016] Mit dem grosskalibrigen Raketenrohr können eine Vielzahl von anderen Geschosskörpern
verschossen werden, z.B.
[0017] 2) Granaten aller Art
[0018] 3) sogenannte Bomblets, d.h. Flugkörper mit Hohlladungen, die so zu Boden fallen,
dass die Hohlladung von ca. 80 mm Durchmesser nach oben gerichtet ist und auf Panzer
oder andere Fahrzeuge anspricht. Bomblets eignen sich zum zeitweiligen Sperren eines
Gebietes für Panzer und Fahrzeuge aller Art, wobei beispielsweise 10 Stück pro Schuss
abgefeuert werden können. Die Zeitdauer, während welcher die Bomblets scharf sind,
ist nur der eigenen Truppe bekannt und kann vorher eingestellt werden und
[0019] 4) Flugzeugabwehrgeschosse. In den Fig. 3, 4 und 6 ist ein Flugzeugabwehrsystem dargestellt,
welches auf der grosskalibrigen Flugkörperanlage gemäss Fig. 2 basiert. Der stationäre
Teil, d.h. das Rohr 24, die stationäre Brennkammer 27 mit den hinteren Verschlussteilen
42 und 43 sind die gleichen wie bei Fig. 2 und daher nur teilweise dargestellt. Statt
eines einzelnen Geschosses sind eine Vielzahl, in vorliegendem Beispiel 19, Einzelgeschosse
im Rohr angeordnet, mit je einem Gewicht von etwa 1 kg, einem Durchmesser von ungefähr
25 mm und einer Länge von 800 mm. Die Spitze 47 des Einzelgeschosses 46 enthält einen
Aufschlag- oder Annäherungszünder und einen Zeitzünder. Jedes Einzelgeschoss enthält
eine Brennkammer 48 mit einer Treibladung 49 von ungefähr 0,25 kg Gewicht und einer
Brennzeit von 3 bis 4 Sekunden, sowie einen Brennkammerboden 50 und weist ein Leitwerk
51 mit Flügel 52 auf. Die Einzelgeschosse sind in einer mehrteiligen Hülse 53 mit
einem Gitter oben und einem Treibspiegelboden 54 mit Gasdurchlassöffnungen 54a gehalten,
der gegenüber der stationären,Brennkammer 27 mit einer Dichtung 55 abgedichtet ist.
Wie beim vorhergehenden Beispiel dient die stationäre Treibladung 29 dazu, den Raketen
eine Anfangsgeschwindigkeit von etwa 1'000 m/Sek. zu erteilen, während die einzelnen
Treibladungen der Geschosse dazu dienen, diese Anfangsgeschwindigkeit während der
Brennzeit von 3 bis 4 Sekunden zu bewahren, um so die vorher beschriebene Stabilisierung
zu erreichen. Sehr bald nach dem Austreten der Geschosse aus dem Rohr fällt die Hülse
mit dem Treibspiegelboden und dem Gitter ab. Die Treibladungen der Flugkörper werden
beim Abschuss gezündet, beispielsweise direkt durch die Gase im Rohr, die durch die
Gasdurchlassöffnungen 54a hindurchtreten. Die Gase bewirken ebenfalls eine Drehung
des Flugkörpers im Rohr durch das Leitwerk.
[0020] Bei einer Treibladung von 0,25 kg je Einzelgeschoss beträgt die Schubkraft etwa 15
kg, was ausreicht, die Anfangsgeschwindigkeit von 1'000 m/Sek. während 3 bis 4 Sekunden
aufrecht zu erhalten. Ein 4 km entferntes Flugziel wird daher in 4 Sekunden erreicht.
In dieser Zeit kann ein Flugzeug ein geändertes Ausweichmanöver von ca. 50 m ausführen.
Um eine gute Trefferwahrscheinlichkeit zu erreichen, ist es zweckmässig, mehrere,
beispielsweise 8 bis 12 Rohre auf einer gemeinsamen Lafette anzuordnen, wie dies in
Fig. 6 schematisch dargestellt ist. Man erkennt dort den oberen Teil 58 einer stationären
oder mobilen Lafette, das beidseitig je eine horizontal angeordnete, schwenkbare Achse
56 trägt, an welcher ein Befestigungblock 57 angeordnet ist, der beispielsweise 4
Raketenrohre 24 trägt, die wie in vorliegendem Beispiel geladen sind. Falls nun die
8 Rohre gleichzeitig feuern, werden etwa 150 Geschosse gleichzeitig gestartet. Bei
einer mittleren Streuung von 2,5% der Entfernung, befinden sich in einem Zielkreis
von 100 m (8'000 m
2) etwa 150 Geschosse, das sind etwa ein Geschoss pro 50 m
2. Es könnte daher ein Ziel von 50 m mit einiger Wahrscheinlichkeit getroffen werden.
Bei Verwendung von weniger Geschossen, die aber mit Annäherungszünder versehen sind,
wird die Trefferwahrscheinlichkeit durch die Splitterdichte erhöht. Der Zeitzünder
bewirkt ausserdem, dass die Geschosse nach 4 bis 6 Sekunden zerlegt werden. Bei der
Verwendung der vorliegend beschriebenen Lafette ist es nur möglich, einen Treffer
in einer Ebene zu erzielen, die genau senkrecht auf der Richtachse steht. Dabei geht
das Richten so vor sich, dass mit einem Radargerät ein anfliegendes Ziel erfasst wird.
Dabei wird die Zielentfernung und die Bewegung, sowie die zeitliche Veränderung der
Bewegung (Beschleunigung) des Ziels räumlich ermittelt. Aus diesen Daten kann ein
angeschlossener Rechner den Punkt in der Zielebene errechnen und laufend korrigieren,
an dem das Ziel die Zielebene durchstösst. Der Rechner ermittelt ferner bei bekannter
Geschossballistik den Erhebungswinkel der Schwenkachse und den genauen Abschusszeitpunkt,
sowie die Anzahl der abzufeuernden Rohre. Das Richten und der Abschuss der gesamten
Salve erfolgen automatisch. Auf diese Weise ist es möglich, mit grosser Trefferwahrscheinlichkeit
eine grosse Menge von Geschossen an das Ziel zu bringen. Bei der Verwendung einer
einzigen Lafette besteht der Nachteil, dass ein Ziel, das parallel zur Zielebene fliegt,
nicht getroffen werden kann. Um daher auch solche Ziele zu erfassen, ist es notwendig,
mehrere Lafetten zu verwenden, deren Richt- oder Schwenkachsen einen Winkel zueinander
bilden.
[0021] Bei der Berechnung der Erhebungswinkel ist es möglich zu verhindern, dass Geschossplitter
auf bestimmte Bereiche fallen, indem bestimmte Winkelbereiche gesperrt werden.
[0022] Falls das Radargerät und der Rechner mitsamt der Bedienungsperson sich kardanisch
gelagert auf der Schwenkachse befinden, braucht diese Achse nicht horizontal angeordnet
werden und kann daher dem Geländeverlauf angepasst werden.
[0023] Das in weiten Grenzen beliebige Aufstellen der Richtlafette, bzw. der Schwenkachse
kann auch dadurch erreicht werden, dass das Rechengerät mechanisch oder elektrisch
mit der Schwenkachse gekoppelt wird und die Abweichung der Schwenkachse von der Horizontalen
im Rechengerät durch ein Pendelsystem berücksichtigt wird. Dadurch kann die Richtlafette
auf den Boden gestellt werden und der Zielvorgang kann dann sofort, ohne weitere Vorbereitungen
erfolgen.
[0024] Sowohl die Raketenrohre als auch die Raketengeschosse können anders als beschrieben
ausgeführt und verwendet werden. So ist es beispielsweise möglich, beim Ausführungsbeispiel
gemäss Fig. 1 nur eine oder mehr als zwei stationäre Treibladungen zu verwenden und
die beiden Teile in anderen Dimensionen zu bauen, als vorgeschlagen. Ausserdem ist
es möglich, eine andere Richtlafette mit anderen Richthilfen zu verwenden und insbesondere
Richtgestelle zu verwenden, die an einen zentralen Rechner angeschlossen sind.
[0025] Beim Ausführungsbeispiel gemäss Fig. 2 ist es auch möglich, statt einer einstufigen
eine mehrstufige Rakete zu verwenden, während die angegebenen Daten sinngemäss variiert
werden können. Bei der Ausbildung der Flugkörper als Flugabwehrgeschosse ist eine
grosse Variation in den Dimensionen und in der Anzahl und Art der pro Rohr verwendeten
Einzelgeschosse möglich. Auch hinsichtlich der stationären und in den Flugkörpern
verwendeten Treibladungen sind eine andere Auswahl unter an sich bekannten Materialien
möglich.
[0026] In den Figuren 7 bis 9 ist eine Ausführungsvariante des Beispiels gemäss Figur 2
dargestellt mit dem Ziel, das auszutauschende Teil so leicht wie möglich zu gestalten.
Dabei wird bei jedem Schuss nicht mehr die gesamte hintere Brennkammer ausgewechselt,
sondern nur noch eine Raketengeschoss samt Kartusche, das bei gleichem Kaliber etwa
60 kg gegenüber etwa 250 kg wiegt.
[0027] Die von hinten über einen weg- oder abklappbaren, bei 59 angedeuteten Düsenboden
einführbare Kartusche 60 enthält eine Kartuschenhülse 61, zweckmässigerweise aus einem
brennbaren Material, mit der stationären Treibladung 62 (siehe Fig. 8), dem Marschtriebwerk
63, das demjenigen von Fig. 2 entspricht. Die Hülsenwand 71 der Kartusche kann zylindrisch
oder konisch ausgebildet sein, um die Kartusche besser einführen und herausziehen
zu können. An der Hülse schliesst sich hinten die bekannte Austrittsdüse 64 an, während
vorne der Gefechtskopf 65 angeordnet ist, der eine Hohlladung, Schrapnell, Bomblets
oder dergl. aufweisen kann. Das Innere 66 der stationären Brennkammer 67 ist zylindrisch
oder konisch ausgebildet. In Fig. 9 erkennt man die aus Stangen mit für den Abbrand
zweckmässigem Profil bestehende Treibladung 68, die Brennkammerwand 69 und die konzentrisch
dazu angeordnete, aus Pulverstangen oder Plättchen bestehende stationäre Treibladung
62 zwischen der Hülsenwand 71 und einer inneren Kartuschenwand 70, wobei in der inneren
Kartuschenwand 70 Oeffnungen 73 angebracht sind, die nichtradial verlaufen, um durch
Einwirkung der Brenngase auf das Leitwerk 32 dem Geschoss eine zusätzliche Drehung
zu erteilen. Die anderen angedeuteten Elemente sind wie in den vorhergehenden Beispielen,
insbesondere wie gemäss Fig. 2.
[0028] Die Zündkapsel 45 mit Schwarzpulverladung 44 ist am Kartuschenboden angeordnet. Die
Vorratsmunition kann am hinteren Ende des Geschützes angeordnet sein, beispielsweise
in einem Karussel mit einer an sich bekannten Ladeautomatik. Dabei ist es zweckmässig,
die Vorratsmunition vor den Abgasen zu schützen und ein Schutzblech 74 vorzusehen.
Die Vorratsmunition kann verschiedene Arten von Geschossen umfassen, das heisst, für
die Panzer-oder Flugabwehr, oder für andere Ziele.
[0029] Der Schütze braucht dann nur das entsprechende Bedienungselement einzustellen, wodurch
die Zuführung der entsprechenden Munition erfolgt und diese automatisch in die stationäre
Brennkammer eingeführt und das Düsenbodenstück verschlossen wird. Gleichzeitig wird
der Rech- der für die Berechnung des Vorhaltewinkels mit der Ballistik die zuder geladenen
Munition gehört in Betrieb gesetzt. Bei den Flugabwehrgeschossen wird ausserdem der
Zeitzünder für die Zerlegung des Gefechtskopfes eingestellt, falls kein Annäherungszünder
verwendet wird.
[0030] Aus obigem geht hervor, dass das Geschütz sehr vielseitig und mit hoher Schussfolge
verwendet werden kann.
[0031] Die afette kann stationär oder je nach Kaliber auf leichteren Rad- oder Kettenfahrzeugen
angeordnet werden. Bei Schuss- oder Zielvorgang muss die Lafette möglichst unbew glich
sein. Das Fahrzeug muss daher anhalten, woraufhi die Lafette, eventuell mitsamt dem
Fahrzeug, durch nehrere geeignete hydraulische oder mechanische Stützen angehoben
wird und schnellstens geschossen werden kann. Es ist offensichtlich, dass das Fahrzeug,
bzw. die Lafette in geeigneter Weise eingerichtet sein muss, um dem Rohr eine weitgehende
Bewegungsfreiheit sowohl in vertikaler als auch in horizontaler Richtung zu gewährleisten
und dass die Bedienungsmannschaft vor den aus dem Rohr austretenden Abgasen wirksam
geschützt sein muss.
1. Rückstossfreie Flugkörper-Anlage, mit mindestens einem Abschussrohr und für jedes
Rohr mindestens ein Raketengeschoss,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Rohr (1, 24) mindestens eine Kammer (2, 3; 27, 67) zur Aufnahme einer Treibladung
(4, 5; 29, 62) aufweist und dass das mit einem Leitwerk (12, 32, 51) versehene Raketengeschoss
(7, 28, 46) zwecks Erhaltung der Anfangsgeschwindigkeit und Ausschaltung des Einflusses
des Seitenwindes mindestens eine Treibladung (10, 34, 49, 68) enthält, deren Schubkraft
etwa dem Luftwiderstand des mit der Anfangsgeschwindigkeit fliegenden Geschosses entspricht.
2. Anlage nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Leitwerk (12, 32, 51) mindestens drei Flügel (13, 33, 52) aufweist und die
Brennkammern (1, 2, 3; 8, 10; 27, 67) derart ausgestaltet sind, dass die austretenden
Gase durch das Leitwerk strömen und das Geschoss schon im Rohr in Drehung setzen,
um dessen unwuchtbedingte Bahnfehler auszugleichen.
3. Anlage nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Rohr (1) mindestens zwei um das Rohr be
festigte Ringe (2,3) zur Aufnahme je einer Treibladung (4, 5) und an der Stelle der
Ringe Gasdurchlass-Oeffnungen (2a, 3a) aufweist.
4. Anlage nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Raketengeschoss (7) zweistufig ist, wobei der Schub der zweiten Stufe (10)
etwa dem Luftwiderstand des fliegenden Geschosses entspricht.
5. Anlage nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet,
dass die erste Stufe (8) eine Treibladung aus kreisringförmigen dünnen Nitroglyzerin-Nitrocellulose-Folien
enthält.
6. Anlage nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet,
dass das nach jedem Schuss auszuwechselnde Rohr (1) auf einer Richtlafette (20) ruht,
die eine vertikal und horizontal verstellbare Richthilfe (22), ein Zielfernrohr (23)
und einen Entfernungsmesser aufweist.
7. Anlage nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass am hinteren Ende des Rohres (24) eine der Aufnahme einer stationären Treibladung
(29) dienende, kugelförmige Kammer (27) mit einem Bajonettverschluss (26) anbringbar
ist.
8. Anlage nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Innenwand (40) der Kammer (27) Gasdurchlass-Oeffnungen (41) aufweist.
9. Anlage nach einem der Ansprüche 1 bis 8,
dadurch gekennzeichnet,
dass die stationäre Brennkammer (l, 27, 67) nach hinten mit einem lösbaren Deckel
(43, 59) abgeschlossen ist, der an seiner Innenseite eine Zündkapsel (44) mit einem
Zünder (45) aufweist.
10. Anlage nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass am hinteren Ende des Rohres (24) eine zylindrische oder konische, stationäre
Brennkammer (67) angeordnet ist, die eine zylindrische oder konische Innenwand (66)
aufweist, in die eine Kartusche (60) mit zylindrischer oder konischer Hülsenwand (71)
einschiebbar ist, die das Raketengeschoss (28) mit einer Zündkapsel (44) und Zünder
(45) sowie Triebwerk (63) und Gefechtskopf (65) enthält.
11. Anlage nach Anspruch 10,
dadurch gekennzeichnet,
dass sich die stationäre Treibladung (62) zwischen der Hülsenwand (71) und einer inneren
Kartuschenwand (70) befindet und dass die innere Kartuschenwand Oeffnungen (73) aufweist,
die nichtradial angeordnet sind, um durch Einwirken der Brenngase auf das Leitwerk
(32) des Geschosses dieses in zusätzliche Drehung zu versetzen.
12. Anlage nach Anspruch 10 oder 11,
dadurch gekennzeichnet,
dass nach Lösen des Verschlusses (59), das Düsenbodenstück (64) seitlich schwenkbar
ist.
13. Anlage nach einem der Ansprüche 10 bis 12,
dadurch gekennzeichnet,
dass sie Vorratsmunition mit unterschiedlichen Gefechtsköpfen aufweist und die Kartuschen
(60) auf einem am hinteren Ende des Geschützes angeordneten Karussel gelagert sind,
das durch ein Schutzblech (74) vor Abgasen geschützt ist.
14. Anlage nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Raketengeschoss (28, 46) eine einzige Stufe (34; 48, 49) aufweist, deren
Schub etwa dem Luftwiderstand des fliegenden Geschosses entspricht.
15. Anlage nach einem der Ansprüche 1 bis 15,
dadurch gekennzeichnet,
dass die zweite (10) oder einzige Stufe (34) einen als Treibspiegel dienenden Boden
(37) aufweist, der ausgebildet ist, den gesamten Innendruck des Rohres aufzunehmen.
16. Anlage nach einem der Ansprüche 1 bis 15,
dadurch gekennzeichnet,
dass vor der Düse (9, 35) der zweiten oder einzigen Stufe ein Gitterrost (18, 36)
mit einem Verschlussteil (19) angeordnet ist.
17. Anlage nach einem der Ansprüche 1 bis 16,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Raketengeschoss (7, 28) einen der Führung im Rohr (1, 24) dienenden mehrteiligen
Treibspiegelring (57, 38) aufweist, der derart angebracht ist, dass er sich nach dem
Verlassen des Rohres löst.
18. Anlage nach Anspruch 14 oder 15,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Raketengeschoss (28, 46) gegenüber dem Rohr (24) durch eine Dichtung (39)
abgedichtet ist.
19. Anlage nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Rohr (24) fest mit einem Oberteil einer Richtlafette (20) verbunden ist,
die eine vertikal und horizontal verstellbare Richthilfe (22), ein Zielfernrohr (23)
und einen Entfernungsmesser, sowie eine Lademulde (25) aufweist.
20. Anlage nach einem der Ansprüche 1 bis 19,
dadurch gekennzeichnet,
dass sie Mittel aufweist, um bei einem bewegten Ziel das Rohr im richtigen Vorhaltewinkel
einzustellen, falls das Zielfernrohr ständig auf das Ziel gerichtet ist.
21. Anlage für die Flugabwehr nach einem der Ansprüche 7 bis 14,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Rohr (24) eine Anzahl Raketengeschosse (46) enthält, die an einen gemeinsamen
Treibspiegelboden (54) lösbar angeordnet sind.
22. Anlage nach Anspruch 21,
dadurch gekennzeichnet,
dass mehrere Rohre (24) gleichgerichtet an einer Richtlafette (55) befestigt sind,
die eine einzige, in einer Richtung verschwenkbare Achse (56) aufweist.
23. Anlage nach Anspruch 21 oder 22,
dadurch gekennzeichnet,
dass sie ein Gerät zur Erfassung des Zieles und ein Rechengerät zur Berechnung des
Erhebungswinkels der Schwenkachse (56), des Abschusszeitpunktes und der Anzahl Geschosse
aufweist.
24. Anlage nach Anspruch 23,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Erfassungsgerät und das Rechengerät sich kardangelagert auf der Schwenkachse
(56) befinden.
25. Anlage nach einem der Ansprüche 1 bis 20,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Spitze (14, 30) des Geschosses (7, 28) eine Hohlladung (15,31) aufweist.
26. Anlage nach Anspruch 21,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Geschosse (46) einen Aufschlags- oder Näherungszünder und einen Zeitzünder
aufweisen.