[0001] Die Erfindung geht aus von einem Verfahren zur Herstellung von Halbzeug aus einer
Gedächtnislegierung nach der Gattung des Anspruchs 1.
[0002] Die Warmverarbeitung von Gedächtnislegierungen auf der Basis von Nickel/Titan ist
ein bereits allgemein bekannter Prozess. Ueber das Schmieden, Rundhämmern, Walzen
und Ziehen dieser Legierungen existiert bereits eine ansehnliche Literatur (z.B. C.M.
Jackson, H.J. Wagner and R.J. Wasilewski, 55 - Nitinol - The alloy with a memory:
its physical metallurgy, properties and applications, NASA SP5110, p. 19-21; US-PS
3,508,914. US-PS 3,700,434). Ueber das Strangpressen von Nickel/Titan-Legierungen
wurde ebenfalls berichtet (J.H. Hanlon, S.R. Butler, R.J. Wasilewski, Effect of martensitic
transformation on the electrical and magnetic properties of NiTi,Trans. Met. Soc.
of AIME, 239, p. 1323, 1967). Dabei gelangten verschiedene Strangpressmethoden bei
900°C und Reduktionsverhältnissen von 4:1 bis 16:1 zur Anwendung.
[0003] Diese Verfahren sind praktisch ausschliesslich für binäre Nickel/Titan-Legierungen
entwickelt worden und sind für kupferhaltige ternäre Legierungen ungeeignet, insbesondere
bei höheren Kupfergehalten. Die ternären Legierungen des Ni/Ti/Cu-Typs sind bedeutend
spröder und enthalten höhere Anteile der sekundären Phase sowie Poren als binäre Ni/Ti-Legierungen.
Sie stellen daher an die Verarbeitungsmethoden weit höhere Ansprüche. Da derartige
Legierungen grosse technische Bedeutung haben, besteht ein lebhaftes Bedürfnis nach
geeigneten Fabrikationsprozessen.
[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Herstellungsverfahren für Halbzeug
aus ternären Ni/Ti/Cu-Legierungen anzugeben, welches einwandfreie, dichte Erzeugnisse
liefert.
[0005] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäss durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst.
Ausführunsbeispiel:
[0006] Aus einer ternären Gedächtnislegierung der nachfolgenden Zusammensetzung wurde zunächst
nach üblichen Verfahren ein Rundbarren gegossen.

[0007] Die Komponenten wurden zunächst in elementarer Form gereinigt, getrocknet und in
einem Graphittiegel unter Vakuum zusammen mit einer auf dem Tiegelboden vorgeschmolzenen
Legierung eingeschmolzen. Die Schmelze wurde in eine Graphitform abgegossen, wobei
ein Gussbarren von 20 mm Durchmesser und 140 mm Länge erzeugt wurde. Der Gussbarren
wurde einer Homogenisierungsglühung knapp unterhalb der Soliduslinie, im vorliegenden
Fall bei einer Temperatur von 900
0C während 24 h unter Argonatmosphäre unterzogen. Von der gegossenen und homogenisierten
Stange wurde ein Stück abgetrennt und auf einen Durchmesser von 18 mm und eine Länge
von 35 mm abgedreht. Dieser Durchmesser lag geringfügig unter dem Innendurchmesser
des Rezipienten der Strangpresse. Um einen geeigneten Träger für den nachträglich
aufzubringenden Schmiermittelfilm zu erhalten, wurde das Werkstück während 10 min
auf einer Temperatur von 700°C gehalten, wobei an der Oberfläche eine dünne Oxydschicht
gebildet wurde. Als Schmiermittel wurde Bornitrid verwendet. Das Strangpressen wurde
isotherm bei einer Temperatur von 750 C unter einer Stempelkraft von 150 kN bei einer
Stempelgeschwindigkeit von 0,1 mm/s durchgeführt. Der auf diese Weise erhaltene Strang
wies einen Durchmesser von 9 mm auf, was einem Reduktionsverhältnis von 4:1 entspricht.
Als Werkzeug wurde eine Pressmatrize verwendet, welche auf der Einlaufseite eine konische
Fläche mit 45°halbem Oeffnungswinkel und 4,5 mm axialer Länge und auf der Auslaufseite
einen zylindrischen Teil von 9 mm Durchmesser und 5 mm axialer Länge aufwies. Am Einlauf
des konischen Teils war ein Radius von 5 mm, am Auslauf ein solcher von 2 mm vorhanden.
[0008] Der Strang von 9 mm Durchmesser (Halbzeug) wurde in ein Stahlrohr von 1 mm Wandstärke
eingekapselt und bei 750°C auf einen Durchmesser von 3 mm rundgehämmert. Der Stahlmantel
wurde hierauf entfernt und der Draht kalt in mehreren Schritten auf einen Durchmesser
von 1 mm heruntergezogen. Die Querschnittabnahme pro Schritt betrug jeweils 10%. Zwischen
zwei Schritten wurde der Draht bei 800°C während 15 min zwischengeglüht. Der fertige
Draht wurde schliesslich einem Weichglühprozess bei 900°C während 1 h unterworfen,
um die gefügemässigen Voraussetzungen für eine optimale nachherige Martensitbildung
zu erhalten.
[0009] Die Zusammensetzung der Gedächtnislegierung, auf die das vorliegende Verfahren zur
Herstellung von Halbzeug gerichtet ist, kann grundsätzlich wie folgt lauten:

[0010] Die Homogenisierungsglühung des Gussbarrens kann während l bis 200 h bei Temperaturen,
die 10 bis 200°C unterhalb der Soliduslinie der Legierung liegen, durchgeführt werden.
Die Warmverarbeitung durch Strangpressen kann isotherm im Temperaturbereich von 700
bis 850°C mit Stempelgeschwindigkeiten von 0,01 mm/s an aufwärts durchgeführt werden.
Das Reduktionsverhältnis kann 4:1 bis 20:1 betragen. Die verwendete Pressmatrize soll
einen konischen Teil mit vorzugsweise 45
0 halbem Oeffnungswinkel besitzen, wobei der Uebergangsradius vom Rezipient in diesen
Teil vorzugsweise 1 bis 10 mm oder 1 bis 25% des Rezipientendurchmessers beträgt.
Der entsprechende Uebergangsradius am Auslauf des konischen in den zylindrischen Teil
der Matrize soll vorzugsweise ebenfalls 1 bis 10 mm oder 1 bis 25% des Rezipientendurchmessers
betragen. Der zylindrische Teil der Matrize (Auslauf) soll in axialer Richtung länger
als der konische Teil (Einlauf) sein.
[0011] Es versteht sich von selbst, dass die verwendeten Werkzeuge zum isothermen Strangpressen
entsprechend den Anforderungen in der Praxis auch andere als die obengenannten Dimensionen
aufweisen können. Dies gilt vor allem auch für die Ausbildung der Pressmatrize, deren
Form ausserdem in gewissem Grade vom zu erzeugenden Profil (ob rund, dreieckig, quadratisch,
rechteckig, hohl, bandförmig etc.) abhängt.
[0012] Der Strangpressgeschwindigkeit ist theoretisch nach oben keine Grenze gesetzt, sofern
nur die Bedingung des isothermen Verformungsprozesses eingehalten wird. Eine obere
Grenze wird nur durch die Praxis festgesetzt und ist wiederum von den Dimensionen
des Pressbolzens, vom herzustellenden Profil, der Grösse der Strangpresse, der Legierungszusammensetzung
etc. abhängig.
[0013] Der zur Erleichterung des Aufbringens des Schmiermittels im Beispiel angeführte Oberflächenoxydationsprozess
kann auch weggelassen werden und ist für die Erfindung nicht wesentlich.
[0014] Durch das erfindungsgemässe Verfahren wird die Herstellung von Halbzeug aus der an
sich schwer verformbaren spröden Ni/Ti/Cu-Legierung auch bei höheren Kupfergehalten
in einfacher Weise ermöglicht.
1. Verfahren zur Herstellung von Halbzeug aus einer kupferhaltigen Gedächtnislegierung
des Ni/Ti-Typs, ausgehend von einem Gussbarren, dadurch gekennzeichnet, dass der Gussbarren
während 1 bis 200 h bei einer Temperatur, welche 10 bis 200°C unterhalb der Solidustemperatur
der Legierung liegt, homogenisierend geglüht, abgekühlt, mechanisch bearbeitet, mit
einem Schmiermittel überzogen und bei einer Temperatur von 700 bis 850°C isotherm
mit einer Stempelgeschwindigkeit von mindestens 0,01 mm/s unter Verwendung einer konisch
geformten Pressmatrize mit abgerundeten Kanten und einem Reduktionsverhältnis von
4:1 bis 20:1 stranggepresst wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der halbe Oeffnungswinkel
des konischen Teils der Pressmatrize 45° beträgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Uebergangsradius des
Einlaufs in den konischen Teil der Pressmatrize 1 bis 10 mm oder 1 bis 25% des Rezipientendurchmessers
der Strangpresse und dass der Uebergangsradius des Auslaufs des konischen in den zylindrischen
Teil der Pressmatrize 1 bis 10 mm oder 1 bis 25 % des Rezipientendurchmessers beträgt.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der zylindrische Teil der
Matrize länger als der konische Teil, gemessen in Längsrichtung, ist.
5. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Reduktionsverhältnis
4 : 1, der Rezipientendurchmesser 18 mm, der Radius am Einlauf des konischen Teils
der Pressmatrize 5 mm und an dessen Auslauf 2 mm, die axiale Länge des konischen Teils
der Pressmatrize 4,5 mm und diejenige des zylindrischen Teils 5 mm misst.
6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Gedächtnislegierung
aus 43 bis 46,5 Gew.-% Ti, 0,5 bis 30 Gew.-% Cu, Rest Ni besteht.
7. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Gedächtnislegierung
aus 44,7 Gew.-% Ti, 29,3 Gew.-% Ni und 26 Gew.-% Cu besteht, dass sie während 24 h
bei 900°C unter Argonatmosphäre homogenisiert, mechanisch bearbeitet, bei 700°C während
10 min oberflächlich oxydiert und mit einer Schmiermittelschicht aus BN überzogen
wird, und dass der auf diese Weise erzeugte Pressbolzen bei 750°C isotherm mit einer
Stempelgeschwindigkeit von 0,1 mm/s bei einer Presskraft von 150 kN in einer Strangpresse
mit einem Rezipientendurchmesser von 18 mm stranggepresst wird.