(19)
(11) EP 0 060 575 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.09.1982  Patentblatt  1982/38

(21) Anmeldenummer: 82200172.3

(22) Anmeldetag:  15.02.1982
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C22F 1/00, C22F 1/10, C22F 1/18
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE FR GB LI

(30) Priorität: 13.03.1981 CH 1728/81

(71) Anmelder: BBC Aktiengesellschaft Brown, Boveri & Cie.
CH-5401 Baden (CH)

(72) Erfinder:
  • Mercier, Olivier, Dr.
    CH-5400 Ennetbaden (CH)
  • Richter, Dag
    CH-1227 Carouge (CH)
  • Schroeder, Günther, Dr.
    CH-5413 Birmenstorf (CH)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung von Halbzeug aus einer kupferhaltigen Gedächtnislegierung


    (57) Spröde, kupferhaltige Ni/Ti-Gedächtnislegierungen können vom Gusszustand dadurch in für die Weiterverarbeitung geeignetes Halbzeug übergeführt werden, indem ein Gussbarren knapp unterhalb der Soliduslinie homogenisiert und anschliessend im Temperaturbereich von 700 bis 850°C isotherm stranggepresst wird.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung geht aus von einem Verfahren zur Herstellung von Halbzeug aus einer Gedächtnislegierung nach der Gattung des Anspruchs 1.

    [0002] Die Warmverarbeitung von Gedächtnislegierungen auf der Basis von Nickel/Titan ist ein bereits allgemein bekannter Prozess. Ueber das Schmieden, Rundhämmern, Walzen und Ziehen dieser Legierungen existiert bereits eine ansehnliche Literatur (z.B. C.M. Jackson, H.J. Wagner and R.J. Wasilewski, 55 - Nitinol - The alloy with a memory: its physical metallurgy, properties and applications, NASA SP5110, p. 19-21; US-PS 3,508,914. US-PS 3,700,434). Ueber das Strangpressen von Nickel/Titan-Legierungen wurde ebenfalls berichtet (J.H. Hanlon, S.R. Butler, R.J. Wasilewski, Effect of martensitic transformation on the electrical and magnetic properties of NiTi,Trans. Met. Soc. of AIME, 239, p. 1323, 1967). Dabei gelangten verschiedene Strangpressmethoden bei 900°C und Reduktionsverhältnissen von 4:1 bis 16:1 zur Anwendung.

    [0003] Diese Verfahren sind praktisch ausschliesslich für binäre Nickel/Titan-Legierungen entwickelt worden und sind für kupferhaltige ternäre Legierungen ungeeignet, insbesondere bei höheren Kupfergehalten. Die ternären Legierungen des Ni/Ti/Cu-Typs sind bedeutend spröder und enthalten höhere Anteile der sekundären Phase sowie Poren als binäre Ni/Ti-Legierungen. Sie stellen daher an die Verarbeitungsmethoden weit höhere Ansprüche. Da derartige Legierungen grosse technische Bedeutung haben, besteht ein lebhaftes Bedürfnis nach geeigneten Fabrikationsprozessen.

    [0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Herstellungsverfahren für Halbzeug aus ternären Ni/Ti/Cu-Legierungen anzugeben, welches einwandfreie, dichte Erzeugnisse liefert.

    [0005] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäss durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst.

    Ausführunsbeispiel:



    [0006] Aus einer ternären Gedächtnislegierung der nachfolgenden Zusammensetzung wurde zunächst nach üblichen Verfahren ein Rundbarren gegossen.



    [0007] Die Komponenten wurden zunächst in elementarer Form gereinigt, getrocknet und in einem Graphittiegel unter Vakuum zusammen mit einer auf dem Tiegelboden vorgeschmolzenen Legierung eingeschmolzen. Die Schmelze wurde in eine Graphitform abgegossen, wobei ein Gussbarren von 20 mm Durchmesser und 140 mm Länge erzeugt wurde. Der Gussbarren wurde einer Homogenisierungsglühung knapp unterhalb der Soliduslinie, im vorliegenden Fall bei einer Temperatur von 9000C während 24 h unter Argonatmosphäre unterzogen. Von der gegossenen und homogenisierten Stange wurde ein Stück abgetrennt und auf einen Durchmesser von 18 mm und eine Länge von 35 mm abgedreht. Dieser Durchmesser lag geringfügig unter dem Innendurchmesser des Rezipienten der Strangpresse. Um einen geeigneten Träger für den nachträglich aufzubringenden Schmiermittelfilm zu erhalten, wurde das Werkstück während 10 min auf einer Temperatur von 700°C gehalten, wobei an der Oberfläche eine dünne Oxydschicht gebildet wurde. Als Schmiermittel wurde Bornitrid verwendet. Das Strangpressen wurde isotherm bei einer Temperatur von 750 C unter einer Stempelkraft von 150 kN bei einer Stempelgeschwindigkeit von 0,1 mm/s durchgeführt. Der auf diese Weise erhaltene Strang wies einen Durchmesser von 9 mm auf, was einem Reduktionsverhältnis von 4:1 entspricht. Als Werkzeug wurde eine Pressmatrize verwendet, welche auf der Einlaufseite eine konische Fläche mit 45°halbem Oeffnungswinkel und 4,5 mm axialer Länge und auf der Auslaufseite einen zylindrischen Teil von 9 mm Durchmesser und 5 mm axialer Länge aufwies. Am Einlauf des konischen Teils war ein Radius von 5 mm, am Auslauf ein solcher von 2 mm vorhanden.

    [0008] Der Strang von 9 mm Durchmesser (Halbzeug) wurde in ein Stahlrohr von 1 mm Wandstärke eingekapselt und bei 750°C auf einen Durchmesser von 3 mm rundgehämmert. Der Stahlmantel wurde hierauf entfernt und der Draht kalt in mehreren Schritten auf einen Durchmesser von 1 mm heruntergezogen. Die Querschnittabnahme pro Schritt betrug jeweils 10%. Zwischen zwei Schritten wurde der Draht bei 800°C während 15 min zwischengeglüht. Der fertige Draht wurde schliesslich einem Weichglühprozess bei 900°C während 1 h unterworfen, um die gefügemässigen Voraussetzungen für eine optimale nachherige Martensitbildung zu erhalten.

    [0009] Die Zusammensetzung der Gedächtnislegierung, auf die das vorliegende Verfahren zur Herstellung von Halbzeug gerichtet ist, kann grundsätzlich wie folgt lauten:



    [0010] Die Homogenisierungsglühung des Gussbarrens kann während l bis 200 h bei Temperaturen, die 10 bis 200°C unterhalb der Soliduslinie der Legierung liegen, durchgeführt werden. Die Warmverarbeitung durch Strangpressen kann isotherm im Temperaturbereich von 700 bis 850°C mit Stempelgeschwindigkeiten von 0,01 mm/s an aufwärts durchgeführt werden. Das Reduktionsverhältnis kann 4:1 bis 20:1 betragen. Die verwendete Pressmatrize soll einen konischen Teil mit vorzugsweise 450 halbem Oeffnungswinkel besitzen, wobei der Uebergangsradius vom Rezipient in diesen Teil vorzugsweise 1 bis 10 mm oder 1 bis 25% des Rezipientendurchmessers beträgt. Der entsprechende Uebergangsradius am Auslauf des konischen in den zylindrischen Teil der Matrize soll vorzugsweise ebenfalls 1 bis 10 mm oder 1 bis 25% des Rezipientendurchmessers betragen. Der zylindrische Teil der Matrize (Auslauf) soll in axialer Richtung länger als der konische Teil (Einlauf) sein.

    [0011] Es versteht sich von selbst, dass die verwendeten Werkzeuge zum isothermen Strangpressen entsprechend den Anforderungen in der Praxis auch andere als die obengenannten Dimensionen aufweisen können. Dies gilt vor allem auch für die Ausbildung der Pressmatrize, deren Form ausserdem in gewissem Grade vom zu erzeugenden Profil (ob rund, dreieckig, quadratisch, rechteckig, hohl, bandförmig etc.) abhängt.

    [0012] Der Strangpressgeschwindigkeit ist theoretisch nach oben keine Grenze gesetzt, sofern nur die Bedingung des isothermen Verformungsprozesses eingehalten wird. Eine obere Grenze wird nur durch die Praxis festgesetzt und ist wiederum von den Dimensionen des Pressbolzens, vom herzustellenden Profil, der Grösse der Strangpresse, der Legierungszusammensetzung etc. abhängig.

    [0013] Der zur Erleichterung des Aufbringens des Schmiermittels im Beispiel angeführte Oberflächenoxydationsprozess kann auch weggelassen werden und ist für die Erfindung nicht wesentlich.

    [0014] Durch das erfindungsgemässe Verfahren wird die Herstellung von Halbzeug aus der an sich schwer verformbaren spröden Ni/Ti/Cu-Legierung auch bei höheren Kupfergehalten in einfacher Weise ermöglicht.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung von Halbzeug aus einer kupferhaltigen Gedächtnislegierung des Ni/Ti-Typs, ausgehend von einem Gussbarren, dadurch gekennzeichnet, dass der Gussbarren während 1 bis 200 h bei einer Temperatur, welche 10 bis 200°C unterhalb der Solidustemperatur der Legierung liegt, homogenisierend geglüht, abgekühlt, mechanisch bearbeitet, mit einem Schmiermittel überzogen und bei einer Temperatur von 700 bis 850°C isotherm mit einer Stempelgeschwindigkeit von mindestens 0,01 mm/s unter Verwendung einer konisch geformten Pressmatrize mit abgerundeten Kanten und einem Reduktionsverhältnis von 4:1 bis 20:1 stranggepresst wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der halbe Oeffnungswinkel des konischen Teils der Pressmatrize 45° beträgt.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Uebergangsradius des Einlaufs in den konischen Teil der Pressmatrize 1 bis 10 mm oder 1 bis 25% des Rezipientendurchmessers der Strangpresse und dass der Uebergangsradius des Auslaufs des konischen in den zylindrischen Teil der Pressmatrize 1 bis 10 mm oder 1 bis 25 % des Rezipientendurchmessers beträgt.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der zylindrische Teil der Matrize länger als der konische Teil, gemessen in Längsrichtung, ist.
     
    5. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Reduktionsverhältnis 4 : 1, der Rezipientendurchmesser 18 mm, der Radius am Einlauf des konischen Teils der Pressmatrize 5 mm und an dessen Auslauf 2 mm, die axiale Länge des konischen Teils der Pressmatrize 4,5 mm und diejenige des zylindrischen Teils 5 mm misst.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Gedächtnislegierung aus 43 bis 46,5 Gew.-% Ti, 0,5 bis 30 Gew.-% Cu, Rest Ni besteht.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Gedächtnislegierung aus 44,7 Gew.-% Ti, 29,3 Gew.-% Ni und 26 Gew.-% Cu besteht, dass sie während 24 h bei 900°C unter Argonatmosphäre homogenisiert, mechanisch bearbeitet, bei 700°C während 10 min oberflächlich oxydiert und mit einer Schmiermittelschicht aus BN überzogen wird, und dass der auf diese Weise erzeugte Pressbolzen bei 750°C isotherm mit einer Stempelgeschwindigkeit von 0,1 mm/s bei einer Presskraft von 150 kN in einer Strangpresse mit einem Rezipientendurchmesser von 18 mm stranggepresst wird.
     





    Recherchenbericht