[0001] Die Herstellung von Humaninterferon aus Zellen menschlichen Ursprungs hat aufgrund
der medizinischen Bedeutung der Interferone bei der Behandlung akuter und chronischer
Virusinfektionen, sowie bei der Krebstherapie weltweite Beachtung gefunden. Die hierfür
benötigten Mengen von Interferon können jedoch durch die bisher bekannten Herstellungsverfahren
nicht zur Verfügung gestellt werden, da nur niedrige Konzentrationen von Humaninterferon
erreicht werden.
[0002] Die Herstellung der Interferone erfolgt bei den bisher bekannten Verfahren durch
Behandlung der Zellen mit einem Interferoninduktor (z.B. Virus oder Nukleinsäure)
und anschliessende Inkubation der behandelten Zellen in Zellkulturmedium. Die Interferonausbeute
kann hierbei gesteigert werden, wenn Zellen vor der Induktion mit kleinen Mengen Interferon,
dem sogenannten Priming (siehe Stewart et al. in J. Virol, 7, 792 (1971)), behandelt
werden.
[0003] Da Interferone speziesspezifisch wirksam sind, können zur Herstellung von am Menschen
wirksamen Interferonen nur Humanzellen verwendet werden. Dafür kommen sowohl Zellen
des Fibroblastentyps in Frage, welche auf der Oberfläche kultiviert werden, als auch
Zellen hämatopoetischen Ursprungs, welche in Suspension kultiviert werden können.
Zur letzt genannten Gruppe zählen humane lymphoblastoide Zellen, welche den Vorteil
besitzen, unbeschränkte Zeit in Suspensionskultur mit einem Minimum an technischer
Manipulation propagiert werden zu können. Besonders geeignet erwies sich die Zellinie
Namalwa (Strander H., Mogensen, K.E. and Cantell, K.: Production of human lymphoblastoid
Interferon in Journal of Clinical Microbiology 1, 116 (1975)). Diese Zellen produzieren
nach Induktion mit Sendai Virus oder Newcastle Disease Virus 10
2-10
4 Internationale Einheiten (IE) Interferon/ml.
[0004] Desweiteren ist bekannt (siehe EP-A-0.000.520), dass durch Vorbehandlung von Namalwa
Zellen mit kurzkettigen Fettsäuren vor Priming und Virusinduktion sich die Produktion
von Interferon steigern lässt und Werte bis zu 6 x 10
4 IE/ml erreicht.
[0005] Überraschenderweise wurde nun gefunden, dass durch Zugabe einer oder mehreren Stimulatorsubstanzen
aus der Reihe der kurzkettigen Fettsäuren zu NC-37-Zellen, die Interferonproduktion
wesentlich stärker gesteigert werden kann als bei Namalwa Zellen und dass Interferonmengen
von 10
5 IE/ml produziert werden können, wobei die Reinheit einer derartigen Präparation in
bezug auf Gesamtprotein der Erntelösung bei 10
6 IE/mg Protein ohne Verwendung weiterer Reinigungsschritte liegt.
[0006] Als Stimulatorsubstanz hat sich insbesondere eine gesättigte, aliphatische Carbonsäure,
z.B. eine Alkansäure mit 3-6 Kohlenstoffatomen, wie die Propionsäure, n-Buttersäure,
Isobuttersäure, Valeriansäure, Capronsäure und deren Salze mit anorganischen oder
organischen Basen, insbesondere jedoch deren Alkalisalze, bewährt.
[0007] Die NC-37-Zellen wurden von Durr, F.E., Monroe, J.H. Schmitter, K., Traul, K.A.,
und Hirsaut (Y. International Journal of Cancer 6, 436 (1970)) aus peripheren Blutzellen
eines Epstein-Barr Virus (EBV) seroaktiven, gesunden Donors, isoliert und sind bei
Associated Biomedical System Inc., Buffalo (USA), erhältlich.
[0008] NC-37 Zellen werden in einem Wachstumsmedium, vorzugsweise dem Medium RPMI 1640 (Fa.
Gibco, USA oder Fa. Flow, Grossbritannien) kultiviert, welches als Zusätze 1-10 Vol%,
vorzugsweise jedoch 2-6 Vol% vorgereinigtes Humanserum enthält. Hierbei können alternativ
oder zusätzlich zu Humanserum auch Serum oder Serumfraktionen anderer Spezies verwendet
werden, z.B. fötales Rinderserum in einer Konzentration von 2-15 Vol%. Als weitere
Zusätze können Lactalbuminhydrolysat - und Antibiotica - dem Wachstumsmedium zugesetzt
werden.
[0009] Die derart kultivierten Zellen werden in Suspension bei einer Dichte von 0.2 - 5
x 10
6 Zellen/ml, vorzugsweise aber bei einer Dichte von 0.4 - 1 x 10
6 Zellen/ml, mit einer Stimulatorverbindung, z.B. einem Alkalisalz der n-Buttersäure,
in einer Endkonzentration von zweckmässigerweise 1 mMol/I versetzt und zweckmässigerweise
bei einer Temperatur von 33-39 °C inkubiert. Nach einem Zeitraum von 6-72 Stunden,
vorzugszweise jedoch von 24-48 Stunden, werden die Zellen durch Zentrifugation gewonnen
und zweckmässigerweise bei einer Dichte von 1 - 5 x 10
7 Zellen/ml in Medium, mit oder ohne Stimulatorsubstanz supendiert. Diese Suspension
kann nun wahlweise einem «Priming» mit Interferon unterworfen werden: Dazu wird die
Zellsuspension mit 1-1000 IE/ml Humaninterferon, vorzugsweise jedoch 100-500 IE/ml
Humaninterferon, versetzt und bei 37 °C inkubiert. Die Zugabe des Interferons 5 Minuten
vor Zugabe des Interferoninduktors hat sich dabei als ausreichend erwiesen. Die Zellsuspension,
mit oder ohne «Priming» wird beispielsweise mit Sendaivirus bei einer Konzentration
von 2
9 - 2
13 Hämagglutinierende Einheiten HAU/mi, bevorzugt jedoch mit 2
10-2
11 HAU/mi, als Interferoninduktor infiziert und bei 33-39 °C inkubiert. Nach ungefhärt
1-3 Stunden werden die infizierten Zellen durch Zentrifugation gesammelt und bei einer
Dichte von 1 -5 x 10
6 Zellen/ml in einem serumfreien Zellkulturmedium, z.B. in «Minimum Essential Medium
Eagle» (Fa. Gibco, USA oder Fa. Flow, Grossbritannien), für einen Zeitraum von 10-24
Stunden, vorzugsweise aber 18-20 Stunden, bei 33-39 °C und einem pH Wert des Gewebekulturmediums
von 6,7-8,0, vorzugsweise jedoch von 7,3, inkubiert. Die erhaltene Lösung des lymphoblastoiden
Rohinterferons wird durch Zentrifugation von den NC-37-Zellen abgetrennt und zur Inaktivierung
restlicher Induktorviren durch Zugabe von Mineralsäure, beispielsweise von Salzsäure
auf einen pH-Wert von vorzugsweise 2,0 eingestellt und mehrere Tage z.B. 1-5 Tage
bei 0-4 °C inkubiert.
[0010] Zur weiteren Reinigung kann die so gewonnene Lösung von lymphoblastoidem Rohinterferon
nach Belieben literaturbekannten Reinigungsschritten unterzogen werden.
[0011] Die nachfolgenden Beispiele sollen die Erfindung näher erläutern, jedoch nicht dem
Umfang der Erfindung einschränken.
Vorbemerkung:
[0012] NC-37-Zellen werden in Suspensionskultur in Schüttelkulturen, Rollkulturen oder in
einem Fermentor vermehrt. Hierbei wird als Wachstumsmedium das Medium RPMI 1640 verwendet,
dem 0,1 Vol% Lactalbuminhydrolysat, 2-4 Vol% vorgereinigtes Humanserum und zusätzlich
oder alternativ 2-5% fötales Rinderserum zugegeben ist. Weiters enthält das Wachstumsmedium
Antibiotica; entweder Penicillin-Streptomycin oder Gentamycin. Das vorgereinigte Humanserum
wird durch Fällung eines Teiles der Serumproteine mit 6% Polyäthylenglykol 6000 hergestellt
(Inglot et al. Acta Virol.19, 250 (1975)). Alternativ wird als Wachstumsmedium das
«Minimum «Essential Medium Eagle» mit 5-10% fötalem Rinderserum und Antibiotikazusatz
verwendet. Das Sendai Virus wird in embryonierten Hühnerneiern vermehrt, die Reinigung
erfolgt durch Hochgeschwindigkeitszentrifugation und anschliessende Suspension in
Wachstumsmedium mittels Ultraschall-Behandlung. Das Sendai Virus wird bei -70 °C aufbewahrt.
Beispiel 1
[0013] NC-37-Zellen in exponentiellem Wachstumsstadium wurden in Rollflaschenkulturen bei
einer Dichte von 4 x 10
5 Zellen/ml in 2000 ml RPMI 1640 Wachstumsmedium 24 Stunden bei 37 °C kultiviert, und
anschliessend in Gegenwart von 1 mMol/I Natrium-n-butyrat im Wachstumsmedium weitere
40 Stunden bei 37 °C inkubiert. Die Zellen wurden durch Zentrifugation (700 x g, 15
Minuten) gesammelt und bei einer Dichte von 20 x 10
6 Zellen/ml in 66 ml Wachstumsmedium bei 37 °C mit 2 ml Sendai Virus (HAU = 2
14/ml) zwei Stunden bei 37 °C geschüttelt. Die auf diese Weise induzierten Zellen wurden
durch Zentrifugation gesammelt und bei einer Dichte von 2.0 x 10
6 Zellen/ml in 660 ml serumfreiem Eagle's-Minimum Essential Medium (mit Earle Salzen)
bei 37 °C 20 Stunden lang bei pH 7,3 in Rollerflaschen inkubiert. Die Rollgeschwindigkeit
betrug 0,5 Umdrehungen/Minute. Die Rohlösung (= Zellüberstand) wurde nach Abzentrifugieren
der Zellen (200 x g, 15 Minuten) bei einer Temperatur von maximal 10 °C mit 5 n Salzsäure
auf pH 2 eingestellt und 4 Tage bei 4 °C zur Inaktivierung des Sendai Virus gelagert.
Ein gleicher Versuchsansatz, jedoch ohne Zusatz von Natrium-n-butyrat, diente zur
Bestimmung der Interferonproduktionssteigerung durch Stimulatorsubstanzen in NC-37
Zellen.
[0014] Die nachfolgende Tabelle enthält die gefundene Ausbeutesteigerung an Interferon in
NC-37-Zellen nach Zugabe von 1 mMol/I Natrium-n-butyrat.

Beispiel 2
[0015] Um die Interferonproduktion in NC-37-Zellen mit derjenigen in Namalwa Zellen mit
und ohne Zusatz von Stimulatorsubstanzen zu vergleichen, wurde folgendes Beispiel
durchgeführt.
[0016] In Parallelkulturen wurden NC-37-Zellen und Namalwa Zellen bei einer Zelldichte von
0,25 x 10
6 Zellen/ml (Gesamtvolumen je 500 ml) in Minimum Essential Medium Eagle, welches mit
10 Vol% fötalem Rinderserum kompletiert war, entweder mit 1 mMol/1 Natrium-n-butyrat
versetzt, oder unbehandelt 26 Stunden bei 37 °C inkubiert. Die Zellen wurden durch
Zentrifugation gesammelt (700 x g, 15 Minuten) und bei einer Dichte von 5 x 10
7 Zellen/ml bei 37 °C 2 Stunden in Rollkulturflaschen mit Wachstumsmedium, welches
2
10 HAU Sendai/Virus/ml enthielt, inkubiert. Die derart induzierten Zellen wurden durch
Zentrifugation gesammelt und bei einer Dichte von 5 x 10
6 Zellen/ml in serumfreiem Minimum Essential Medium Eagle bei 37 °C 20 Stunden lang
bei pH = 7.3 inkubiert. Die Rohlösung wurden nach Abzentrifugieren der Zellen, analog
zu Beispiel 1 behandelt.
[0017] Das Ergebnis von Beispiel 2 ist in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst und
zeigt im direkten Vergleich die Überlegenheit von NC-37 Zellen gegenüber Namalwa Zellen
für die Produktion von lymphoblastoidem Humaninterferon: Sowohl die Steigerung der
Interferonproduktion durch Natrium-n-butyratbehandlung als auch die absolute Ausbeute
an Interferon liegt in NC-37 Zellen höher als in Namalwa-Zellen.

Beispiel 3
[0018] Zur Bestimmung des «Priming»-Effekts auf die Interferonproduktion in NC-37-Zellen
wurde folgendes Beispiel durchgeführt:
NC-37 Zellen wurden wie in Beispiel 1 kultiviert und bei einer Zelldichte von 0.55
x 106 Zellen/ml, (1000 ml) mit 1 mMol/I Natrium-n-butyrat 48 Stunden bei 37 °C inkubiert.
DieZellen wurden durch Zentrifugation geerntet (700 x g, 15 Minuten), in 22 ml Wachstumsmedium
resuspendiert und in zwei Aliquote zu 11 ml geteilt. Zu einem der Aliquote wurden
500 IE/ml Humaninterferon zugesetzt und 5 Minuten bei 37 °C geschüttelt («Priming»),
das zweite Aliquot wurde unbehandelt gelassen.
[0019] Zu jedem der Aliquote wurden 0,35 ml Sendai Virus Suspension (2
14 HAU/ml) zugesetzt und 2 Stunden bei 37 °C unter Schütteln inkubiert. Die derart induzierten
Zellen wurden durch Zentrifugation gesammelt und bei einer Dichte von 2.0 x 10
6 Zellen/ml in serumfreiem Minimum Essential Medium Eagle bei 37 °C 18 Stunden bei
pH =7.3 inkubiert. Die Rohlösungen (nach Abzentrifugieren der Zellen bei 2000 x g,
15 Minuten) wurden wie in Beispiel 1 behandelt.
[0020] Die Ergebnisse sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst und zeigen, dass
durch «Priming» mit Interferon in NC-37 Zellen eine Steigerung der Interferonproduktion
auf 10
5 IE/ ml Rohlösung erreicht werden konnte:
Effekt des «Primings» mit Humaninterferon auf die Interferonausbeute in NC-37 Zellen:

1. Verfahren zur Herstellung von Humaninterferon, dadurch gekennzeichnet, dass in
Suspension kultivierte NC-37-Zellen mit einer oder mehreren Stimulatorsubstanzen aus
der Reihe der kurzkettigen Fettsäuren oder deren Salzen behandelt werden, die Interferonproduktion
durch virale Induktoren angeregt wird und das so gebildete Interferon abgetrennt und/oder
gereinigt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die verwendeten lymphoblastoiden
Zellen vor der Induktion mit einer «Priming»-Substanz behandelt werden.
3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass als Stimulatorsubstanzen
Alkansäuren mit 3 bis 6 Kohlenstoffatomen und deren Salze verwendet werden.
4. Verfahren nach den Ansprüchen 1-3, dadurch gekennzeichnet, dass als Stimulatorsubstanz
n-Buttersäure und als «Priming»-Substanz Humaninterferon verwendet wird.
5. Verfahren gemäss Anspruch 1-4, dadurch gekennzeichnet, dass die Endkonzentration
der Stimulatorsubstanz 0.5-5 mMol/I beträgt.
6. Verfahren gemäss den Ansprüchen 1-5, dadurch gekennzeichnet, dass Humaninterferon
als «Priming»-Substanz vor und/oder während der Virusinduktion zugesetzt wird.
7. Verfahren gemäss den Ansprüchen 1-6, dadurch gekennzeichnet, dass als Interferoninduktor
ein viraler Induktor verwendet wird.
1. Procédé de préparation d'interféron humain, caractérisé en ce que des cellules
NC-37 cultivées en suspension sont traitées par une ou plusieurs substances stimulantes
de la série des acides gras à chaîne courte ou leurs sels, en ce que la production
d'interféron est stimulée par des inducteurs viraux et en ce que l'interféron ainsi
formé est séparé et/ou purifié.
2. Procédé suivant la revendication 1, caractérisé en ce que les cellules lymphoblastoïdes
utilisées sont traitées avant l'induction avec une substance de «priming».
3. Procédé suivant les revendications 1 et 2, caractérisé en ce qu'on utilise comme
substances stimulantes des acides alcanoïques avec 3 à 6 atomes de carbone ou leurs
sels.
4. Procédé suivant les revendications 1-3, caractérisé en ce qu'on utilise comme substance
stimulante de l'acide n-butyrique et comme substance de «priming» de l'interféron
humain.
5. Procédé suivant la revendication 1-4, caractérisé en ce que la concentration finale
de la substance stimulante est de 0,5-5 mmoles/I.
6. Procédé suivant les revendications 1-5, caractérisé en ce que de l'interféron humain
est ajouté comme substance de «priming» avant et/ ou pendant l'induction par virus.
7. Procédé suivant les revendications 1-6, caractérisé en ce qu'on utilise comme inducteur
d'interféron un inducteur viral.
1. Process for preparing human interferon, characterised in that NC-37 cells cultivated
in suspension are treated with one or more stimulator substances selected from the
series of short- chain fatty acids or salts thereof, the production of interferon
is stimulated by viral inductors and the interferon thus formed is separated off and/or
purified.
2. Process as claimed in claim 1, characterised in that the lymphoblastoid cells used
are treated with a «priming» substance before the induction.
3. Process as claimed in claims 1 and 2, characterised in that alkanoic acids with
3 to 6 carbon atoms and the salts thereof are used as stimulator substances.
4. Process as claimed in claims 1 to 3, characterised in that n-butyric acid is used
as the stimulator substance and human interferon is used as the «priming» substance.
5. Process as claimed in claims 1 to 4, characterised in that the final concentration
of stimulator substance is 0.5 to mmol/I.
6. Process as claimed in claims 1 to 5, characterised in that human interferon is
added ad the «priming» substance before and/or during the virus induction.
7. Process as claimed in claims 1 to 6, characterised in that a viral inductor is
used as the interferon inductor.