[0001] Die Erfindung betrifft einen versteifend wirkenden Einlagestoff für Kleidungsstücke,
bestehend aus einem Vliesstoff mit einem Gehalt von wenigstens 4o Gew.-%, bezogen
auf den Faseranteil, thermisch erweichbarer Fasern sowie aus einer Oberflächenbeschichtung
aus einer thermisch erweichbaren Haftmasse.
[0002] Einlagestoffe der vorstehend angegebenen Art werden durch einen Verbügelungsvorgang
auf die Innenseite des Oberstoffes von Kleidungsstücken aufgeklebt, um Aussehen, Sitz
und Faltenwurf in ansprechender Weise zu verbessern.
[0003] Die eingangs angesprochene Ausführung ist aus GB-PS 14 15 538 bekannt. Sie besteht
aus einem Vliesstoff aus Polyamidfasern, der durch ein vulkanisiertes Bindemittel
in sich verfestigt ist und der eine Haftmassenbeschichtung aus Polyäthylen aufweist.
Die Erweichungstemperatur der Polyamidfasern liegt über derjenigen der Haftmassen-
beschich:ung, und die zum Verbügeln mit einem Oberstoff erforderliche Er
Närmung kann deshalb bei Temperaturen vorgenommen werden, die nachteilige Auswirkungen
auf die Formstabilität des Vliesstoffes mit großer Sicherheit ausschließen. Dabei
ergibt sich allerdings die Schwierigkeit, daß das erhaltene Mehrschichtgebilde im
Anschluß an die Kascrierung nicht mehr tiefgezogen werden kann, ohne die Festigkeit
der Verbindung zwischen dem Einlagestoff und dem Oberstoff in starkem Maße zu gefährden.
[0004] Es wurde zwar schon vorgeschlagen, einen solchen ebenflächig hergestellten Einlagestoff
zusammen mit dem Oberstoff in eine Formpresse einzulegen und bei einer der Erweichungstemperatur
der Haftmasse entsprechenden Temperatur schüsselnd zu verformen und zu verbinden.
Die Verformung des Einlagestoffes gelingt bei einer solchen Vorgehensweise jedoch
nur in einem unvollständigen Maße, und dieser hat die heigung, im Laufe der Zeit seine
ursprüngliche, ebene Gestalt wieder anzunehmen. Schlechte Gebrauchseigenschaften eines
so erzeugten Kleidungsstückes sind die Folge.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen durch Anwendung von Druck und Wärme
mit einem Oberstoff verbindbaren Einlagestoff zu zeigen, der mit üblichen Mitteln
aufkaschiert und gleichzeitig oder anschließend unter Ausbildung schüsselartiger Einwölbungen
bleibend tiefgezogen werden kann.
[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß bei einem Einlagestoff der eingangs genannten
Art dadurch gelöst, daß die thermisch erweichbaren Fasern eine Erweichungstemperatur
haben, die niedriger ist als die Erweichungstemperatur der Haftmasse sowie einen Schrumpfungskoeffizierten
bei Erweichungstemperatur, der weniger als 3 % beträgt. Das Versteifungsmaterial ist
bevorzugt ein Vliesstoff mit isotropen Festigkeitseigenschaften und richtungsneutraler
Formbarkeit. Wölbungen lassen sich in diesem Falle beliebig anbringen, was unter modischen
Gesichtspunkten von großem Vorteil ist.
[0007] Vliesstoffe, bei denen die Fasern bevorzugt in einer Richtung orientiert sind, haben
demgegenüber ein weniger neutrales Umformungsverhalten, jedoch eine größere Steifkraft
in Richtung der Fasern. Das bevorzugte Anwendungsgebiet derartiger Vliesstoffe sind
deshalb die Bereiche, in denen eine gerichtete Umformung vorgenommen wird, wie beispielsweise
der Bereich von Kragen und Revers.
[0008] Das vorgeschlagene Flächengebilde kann Fasern aller einschlägig bekannten Arten enthalten,
sofern gewährleistet ist, daß wenigstens 40 Gew.-% der Fasern hitzeerweichende Fasern
sind, die eine Erweichungstemperatur unterhalb der Erweichungstemperatur der Haftmasse
haben. Ein Gehalt von weniger als 40 Gew.-% der genannten Fasern kann beim Tiefziehen
zum Auftreten von Inhomogenitäten in der Faserstruktur führen und ist aus diesem Grunde
weniger empfehlenswert. Dem Verhältnis sind nach oben vergleichsweise keine Grenzen
gesetzt, und es bestehen keine Bedenken, gegebenenfalls auch einen Einlagestoff zu
verwenden, der zu 100 % aus entsprechenden, hitzeerweichbaren Fasern bestehen. Die
Fasern werden bevorzugt auf trockenem Wege vereint, beispielsweise unter Verwendung
einer Krempelanlage oder einer Luftlegeeinrichtung. Sie können auf mechanischem Wege
verbunden sein, beispielsweise durch eine Vernadelung sowie allein oder gegebenenfalls
zusätzlich auf adhäsivem Wege. Auf die Kreuzungspunkte der Fasern konzentrierte, mechanisch
vernetzte Bindemittel werden bevorzugt. Neben Vliesstoffen können selbstverständlich
als Einlagestoffe auch Gewebe zur Anwendung kommen.
[0009] Die Differenz zwischen der Erweichungstemperatur der Haftmasse und der Erweichungstemperatur
der Fasern beträgt vorzugsweise 20 - 60° C. Innerhalb des genannten Bereiches läßt
sich die Kaschierung vorteilhaft mit dem Tiefziehen vereinen.
[0010] In der nachfolgenden Tabelle sind einige vorteilhafte Zusammenstellungen gut geeigneter,
hitzeerweichbarer Fasern und Haftmassen dargestellt:

[0011] Für Acrylnitrilfasern als thermisch erweichbare Fasern enthaltende Flächengebilde
kommt bevorzugt Polyamid als Haftmasse zur Anwendung, und zwar in einem Verhältnis
von 40 Gew.-% oder mehr, weil Acrylnitrilfasern eine Erweichungstemperatur von 110
0 C oder weniger unter der Einwirkung von Hitze und Wasser haben und eine Einlage,
die diese im Verhältnis von 40 Gew.-% oder mehr enthält, mit einer Finishpresse geformt
werden kann, wie in Schneidereien und Wäschereien gebräuchlich.
[0012] Die genannte Erweichungstemperatur der hitzeerweichbaren Fasern ist die Temperatur,
bei welcher die hitzeerweichenden Fasern zu erweichen beginnen unter Einwirkung von
trockener oder feuchter Hitze.
[0013] Die Erweichungstemperatur der Haftmasse ist die Temperatur, bei welcher die Viskosität
der Harze so weit vermindert ist, daß diese auf die rechte Seite des Oberstoffes durchzuschlagen
beginnen.
[0014] Das textile Flächengebilde darf neben den hitzeerweichbaren Fasern, die bei ihrer
Erweichungstemperatur einen Schrumpfungskoeffizienten von weniger als 3 % haben, keinerlei
andere Fasern enthalten, die bei dieser Temperatur einen größeren Schrumpfungskoeffizienten
aufweisen. Hierdurch wird verhindert, daß nach der Kaschierung und dem Tiefziehen
blasenartige Ablösungserscheinungen zwischen dem Flächengebilde und dem Oberstoff
auftreten. Ein entsprechender nachteiliger Effekt tritt natürlich auch dann auf, wenn
die hitzeerweichbaren Fasern selbst bei ihrer Erweichungstemperatur einen größeren
Schrumpfungskoeffizienten haben.
[0015] Als hitzeerweichbare Fasern kommen bevorzugt Acrylnitrilfasern zur Anwendung, weil
diese bei ihrer Erweichungstemperatur nur einen kaum merklichen Schrumpf aufweisen.
Sind andere Fasern vorhanden, so kann deren Schrumpfungsverhalten bei der angesprochenen
Erweichungstemperatur gegebenenfalls herstellungsbedingt oder durch eine gesonderte
Hitzebehandlung im erforderlichen Maße vermindert werden. Eine typische Faser, die
einer derartigen Verschrumpfung unterzogen werden muß, ist beispielsweise die im übrigen
gut geeignete Vinylidenchloridfaser.
[0016] Obwohl es schwierig ist, beide Forderungen zu vereinen, nämlich den Wunsch nach einer
guten Haftung mit dem Wunsch nach der Formhaltung der verwendeten Fasern im Anschluß
an das Tiefziehen, weil nur ein geringer Unterschied zwischen der Erweichungstemperatur
der Fasern und der Erweichungstemperatur der Haftmasse besteht, können in diesem Falle
ausgezeichnete Ergebnisse erzielt werden, wenn die Erweichungstemperaturen sorgfältig
kontrolliert werden.
[0017] Als hitzeerweichbare Fasern können Reyonfasern, Polyesterfasern, Polyamidfasern u.
dgl. verwendet werden.
[0018] Die Differenz zwischen der Erweichungstemperatur der Haftmasse und der Erweichungstemperatur
der Fasern soll einen Bereich von 20 bis 60
Q C nicht überschreiten. Bei einem geringeren Wert besteht die Gefahr einer Delaminierung
des Versteifungs- und des Oberstoffes beim Tiefziehen unter Anwendung von Druck und
Wärme. Durch höhere Werte,lassen sich vergleichsweise beim Kaschieren größere Arbeitsgeschwindigkeiten
erzielen, die zum Kaschieren der beiden Flächengebilde erforderliche Erwärmung der
Haftmasse kann aber zugleich eine Schädigung der thermisch erweichbaren Fasern der
Versteifungseinlage zur Folge haben, was nicht erwünscht ist. Bereits im Grenzbereich
ist es deshalb nötig, die Zuführung der Wärme sorgfältig zu kontrollieren.
[0019] Die Herstellung eines Kleidungsstückes unter Verwendung des vorgeschlagenen Einlagestoffes
kann bevorzugt wie folgt vorgenommen werden:
In einem ersten Schritt wird auf einem ebenen Träger der Oberstoff mit einem Einlagestoff
der erfindungsgemäß vorgeschlagenen Art durch Verbügeln verbunden. Die Wärmezufuhr wird dabei bevorzugt durch den Oberstoff hindJrch vorgenommen, um eine Zerstörung der hitzeerweichbaren Fasern des Einlagestoffes
zu vermeiden. Weder der Einlagenoch der Oberstoff wird bei diesem Vorgang einer Dehnbeanspruchung
unterworfen, und es gelingt deshalb ohne Schwierigkeiten, eine Verbindung von gleichmäßiger
Festigkeit in allen Teilbereichen zu erzielen.
[0020] Bedingt durch den sehr niedrigen Schrumpfungskoeffizienten von max. 3 % treten nennenswerte
Spannungen nach dem Abkühlen nicht auf, was sich positiv auf die Formhaltigkeit und
die Stabilität der Verbindung zwischen dem Oberstoff und dem Einlagestoff auswirkt.
[0021] Das so erhaltene Zweischichtgebilde wird anschließend in eine Finishpresse eingelegt
und unter Einwirkung von Druck und Wärme tiefgezogen. Die dabei angewendeten Temperaturen
liegen wesentlich unterhalb der Erweichungstemperatur der Haftmasse, und es besteht
deshalb nicht die Gefahr einer Delaminierung.
[0022] Die notwendige Temperaturerhöhung des Zweischichtgebildes läßt sich durch eine Behandlung
mit Wasserdampf beschleunigen. Finishpressen sind gewöhnlich mit einer entsprechenden
Hilfseinrichtung ausgerüstet.
[0023] Das umgeformte Mehrschichtgebilde wird anschließend aus dem Pressenwerkzeug entnommen
und abgekühlt. Es zeichnet sich durch eine bleibende Formhaltigkeit der erzeugten
Wölbung aus. Das Formteil kann unmittelbar verarbeitet werden. Selbstverständlich
ist es ebenfalls möglich, mehrere Mehrschichtgebilde vor dem Tiefziehen zu vernähen
und erst anschließend gemeinsam in der beschriebenen Weise umzuformen, beispielsweise
um Nahtstellen überbrückende Wölbungen einzubringen.
[0024] Der vorgeschlagene Einlagestoff neigt nicht dazu, im Anschluß an das Tiefziehen in
seine ursprünglich ebene Gestalt zurückzukehren. Entsprechend ausgestattete Kleidungsstücke
zeichnen sich dadurch durch eine-bleibend gute Formhaltigkeit aus. Darüberhinaus kann
die gewünschte Wölbung oder Silhouette leicht zurückerhalten werden, indem man das
oben beschriebene Verfahren mit einer Finishpresse anwendet, wenn die Kleidungsstücke
tatsächlich einmal die Form verloren haben. Mit dem vorgeschlagenen Einlagestoff ausgestattete
Kleidungsstücke können deshalb wesentlich länger ohne Beeinträchtigung ihrer Formhalttigkeit
getragen werden, als in üblicher Weise ausgestattete Kleidung.
1. Versteifend wirkender Einlagestoff für ein Kleidungsstück, bestehend aus einem
textilen Flächengebilde mit einem Gehalt von wenigstens 40 Gew.-%, bezogen auf den
Faseranteil, thermisch erweichbarer Fasern sowie aus einer Oberflächenbeschichtung
aus einer thermisch erweichbaren Haftmasse, dadurch gekennzeichnet, daß die thermisch
erweichbaren Fasern eine Erweichungstemperatur haben, die niedriger ist als die Erweichungstemperatur
der Haftmasse sowie einen Schrumpfungskoeffizienten bei Erweichungstemperatur, der
weniger als 3 % beträgt.
2. Einlagestoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Differenz zwischen
der Erweichungstemperatur der Haftmasse und der Erweichungstemperatur der Fasern 20
- 60° C beträgt.