(19)
(11) EP 0 069 421 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
12.01.1983  Patentblatt  1983/02

(21) Anmeldenummer: 82200780.3

(22) Anmeldetag:  23.06.1982
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C22F 1/00, C22F 1/10, C21D 7/13
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI SE

(30) Priorität: 26.06.1981 CH 4224/81

(71) Anmelder: BBC Aktiengesellschaft Brown, Boveri & Cie.
CH-5401 Baden (CH)

(72) Erfinder:
  • Gessinger, Gernot, Dr.
    CH-5413 Birmenstorf (CH)
  • Schroeder, Günther, Dr.
    CH-5413 Birmenstorf (CH)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung eines Halbzeugs oder eines Fertigteils aus einem metallischen Werkstoff durch Warm-Formgebung


    (57) Halbzeug und Fertigteile aus Aluminium-, Kupfer-, Nickel- und Eisenlegierungen mit und ohne oxydischen Dispersoiden werden durch Warmumformung hergestellt, indem der Verformungsvorgang isotherm oder quasiisotherm in einem einzigen Arbeitsgang dicht unterhalb der Solidustemperatur der Legierung des Werkstücks bei verhältnismässig tiefer Verformungsgeschwindigkeit und niedrigen spezifischen Formänderungskräften durchgeführt wird, wobei Werkstück und Werkzeug zumindest während der letzten, länger dauernden Phase der Formgebung auf möglichst genau der gleichen, höchstzulässigen Temperatur nahe der Soliduslinie gehalten werden. Vorteilhafterweise vorgängige Homogenisierungsglühung des Werkstoffes bei dieser höchstzulässigen Temperatur und Abkühlung auf Raumtemperatur vor dem Umformprozess. Sehr gutes Formfüllungsvermögen.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung geht aus von einem Verfahren zur Herstellung eines Halbzeugs oder eines Fertigteils nach der Gattung des Anspruchs 1.

    [0002] Bei der Warm-Formgebung metallischer Werkstoffe trachtet man aus wirtschaftlichen Gründen danach, einerseits die Anzahl der Verfahrensschritte möglichst niedrig zu halten, andererseits möglichst nahe an die endgültige Form heranzukommen, um das Ausmass eventuell erforderlicher kostspieliger spanabhebender Bearbeitung zu beschränken. Bekannte Verfahren dieser Art sind z.B. das isotherme oder quasi-isotherme Umformen (Umformen mit beheizten Werkzeugen), wie es sich vor allem beim Schmieden (Gesenkschmieden) durchgesetzt hat. Man versucht ferner, durch Formgebung im sog. superplastischen Zustand des Werkstoffes - sofern sich ein solcher Zustand überhaupt einstellen lässt - gleichzeitig den Formänderungswiderstand herabzusetzen und das Formfüllungsvermögen zu verbessern (siehe: G.Schröder, Isothermes und superplastisches Umformen beim Gesenkschmieden, Werkstatt und Betrieb 113/1980/11, S. 765 - 770; G.H.Gessinger, Isothermes Umformen - Ein kostengünstiges Präzisionsschmiedeverfahren, Fachberichte Hüttenpraxis Metallweiterverarbeitung 11/78, S. 954-957).

    [0003] Bei den beschriebenen Umformverfahren werden die Möglichkeiten kostengünstiger Fertigung nur in unvollkommener Weise genutzt. Die konventionelle isotherme Verformung wird in der Regel bei Temperaturen durchgeführt, die vergleichsweise tief liegen, d.h. aus Sicherheitsgründen einen beträchtlichen Abstand von der Solidustemperatur aufweisen. Bei diesen Temperaturen lässt jedoch die Duktilität des zu verformenden Werkstücks zu wünschen übrig und die notwendigen Formänderungskräfte sowie die Formänderungsenergie-ist verhältnismässig hoch. Beim superplastischen Umformen andererseits ist man auf ein ultrafeines Korn des Rohlings angewiesen, das sich nur durch gewisse Legierungszusätze und aufwendige thermomechanische Verfahren erreichen lässt. Gewisse Werkstoffe zeigen überhaupt keine Superplastizität, so dass man wegen dieser Forderungen bezüglich Gefügeaufbau wieder an entsprechende Werkstoffgrenzen anstösst. Es besteht daher ein grosses Bedürfnis, ganz allgemein die Möglichkeiten der Warm-Formgebung metallischer Werkstoffe durch Verfeinerung und Verbreiterung der Verfahren zu erweitern und auf möglichst viele Werkstoffe zu erstrecken.

    [0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Warm-Formgebungsverfahren für metallische Werkstoffe anzugeben, welches bei grosser Einfachheit die Herstellung von Halbzeug oder Fertigteilen in möglichst wenig Arbeitsschritten erlaubt und dank gutem Formfüllungsvermögen die konstruktiven Grenzen zu erweitern gestattet. Das Verfahren soll womöglich auf eine Vielzahl von Werkstoffen anwendbar sein.

    [0005] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäss durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst.

    [0006] Der Leitgedanke der Erfindung besteht darin, den Werkstoff möglichst dicht unterhalb der Solidustemperatur zu verformen, lokale Verflüssigung jedoch peinlichst zu vermeiden. Durch diese Massnahme wird die Fliess-Spannung (Verformungswiderstand) des Werkstoffs ganz beträchtlich herabgesetzt, so dass optimales Formfüllungsvermögen erreicht wird.

    [0007] Die Erfindung wird anhand der nachfolgenden Ausführungsbeispiele und einer erläuternden Figur beschrieben.

    [0008] Dabei zeigt:

    die Figur das Arbeitsdiagramm des Verfahrens in Form einer Zeit/Temperatur-Funktion.



    [0009] In der Figur stellt die Abszisse die Zeit-, die Ordinate die Temperaturachse dar. Mit der Horizontalen auf dem Niveau 1 ist die Solidustemperatur Tsol des zu verformenden Werkstoffs (Legierung) gekennzeichnet, welche unter allen Umständen während des ganzen Arbeitsprozesses nicht erreicht werden darf. Andernfalls würden sich örtliche Anschmelzungen ergeben und der Zusammenhang und kontrollierte Gefügeaufbau des Werkstücks ginge verloren. 2 ist die maximale Temperatur, welche - meist am Ende der Formgebung - gleichzeitig vom Werkstück und Werkzeug erreicht werden darf. Je nach Legierung und Art des Werkstücks muss sie stets um einen gewissen Betrag unterhalb. 1 (Tsol) bleiben. 3 stellt die Homogenisierungstemperatur des Werkstücks dar, für welche dasselbe wie für Temperatur 2 gilt, damit mit Sicherheit spätere Anschmelzungen während des Umformens vermieden werden. 4 ist der Verlauf der Werkstücktemperatur über der Zeit bis zum Ende der Formgebung. Diese Operation zerfällt in die Vorwärmphase 8 und die Umformphase 9.. 5 stellt den Verlauf der Werkstücktemperatur bei normaler Abkühlung auf Raumtemperatur dar. 6 ist der analoge Verlauf nach der Formgebung für den-Fall, dass an letztere direkt eine weitere zusätzliche Wärmebehandlung (z.B. Warmauslagern, Thermalhärten etc.) angeschlossen wird. In den meisten Fällen wird man um eine vorgängige Homogenisierung des Werkstoffs nicht herumkommen. Diese stellt jedoch keine unbedingt notwendige Voraussetzung für das erfindungsgemässe Verfahren dar, bedeutet jedoch eine bevorzugte Sicherheitsmassnahme. Der Verlauf der Temperatur während der Homogenisierungsphase 10 ist durch den Linienzug 7 dargestellt.

    Ausführungsbeispiel I:



    [0010] Gesenkpressen eines Radialverdichterrades aus einer Al-Cu-Mg-Ni-Legierung.

    [0011] Ein Radialverdichterrad von 180 mm Durchmesser wurde in einem Arbeitsgang durch isothermes Hochtemperaturpressen aus einem scheibenförmigen zylindrischen Rohling hergestellt. Die verwendete Aluminiumlegierung entsprach der US-AA-Norm 2618 und hatte folgende Zusammensetzung:





    [0012] Als Ausgangsmaterial wurde eine Scheibe in Form eines Stangenabschnittes benutzt. Die Stange war ihrerseits aus einem Abschnitt eines durch Strangguss hergestellten Pressbolzens grösseren Durchmessers durch Strangpressen hergestellt worden. Bei grösseren Rohlingabmessungen (Scheibe von mehr als 200 mm Durchmesser) können als Vorformen auch durch Freiformschmieden hergestellte Werkstücke zum Einsatz gelangen. Die Form des herzustellenden Verdichterrades wies 18 radial stehende, am Umfang in tangentialer Richtung leicht gekrümmte Schaufeln von ca. 30 mm Tiefe auf, welche am Fuss eine Wandstärke von ca. 4 mm, am Kopf eine solche von ca. 2 mm hatten. Der scheibenförmige Radkörper hatte am Umfang eine axiale Wandstärke von ca. 6 mm.

    [0013] Versuche in der Praxis haben bewiesen, dass es völlig unmöglich ist, einen Körper von derart komplizierter Geometrie durch konventionelles Pressen oder Schmieden zu fertigen. Die Istform weicht zufolge ungenügenden Formfüllungsvermögen beträchtlich von den Sollwerten ab.

    [0014] Das Vormaterial wurde vor der Formgebung einer Homogenisierungsglühung bei einer Temperatur von 5200C während 20 h unterworfen. Diese Massnahme dient zur Vermeidung örtlichen Anschmelzens oder örtlicher Porenbildung beim nachträglichen Durchlaufen der maximalen Temperatur während des Verformungsvorganges. Letzterer wurde als isothermes Hochtemperaturgesenkpressen auf einer speziell eingerichteten und mit einer induktiven Werkstück- und Werkzeugheizung versehenen hydraulischen Presse durchgeführt.' Die Presse war für niedrige Stempelgeschwindigkeiten von 0,05 - 5 mm/s eingerichtet, welche während des Pressens beliebig verändert werden konnte. Ferner konnte die Presskraft auch über längere vorbestimmte Zeitdauer nach Erreichen eines vorgegebenen Grenzwertes konstant gehalten werden. Tisch und Stempel waren mit einer Kühlvorrichtung versehen. Die induktive Heizanlage bestand aus je einer Induktionsspule für die Erwärmung des Werkstückrohlings wie auch der aus Warmarbeitsstahl gefertigten Werkzeuge (Gesenke). Eine genaue Temperaturkontrolle und Temperaturregelung wurde über Thermoelemente im Werkzeug sowie über Taster am Werkstückrohling gewährleistet. Zum Transport des Werkstücks in die Erwärmungszone bzw. in den Bereich des Werkzeuges sowie zum Ausstossen aus dem Werkzeug nach erfolgter Umformung und Transport bis zur Ablage diente eine speziell konstruierte Vorrichtung.

    [0015] Der Werkstückrohling in Form einer Scheibe wurde zunächst durch Einschieben in die zugehörige Induktionsspule durchgehend auf eine Temperatur von 4800 ± 100C erwärmt. Daraufhin wurde der Rohling in das auf 480° - 520°C erwärmte Gesenk eingelegt. Nun wurde die Pressgeschwindigkeit auf einen mittleren Wert von ca. 0,5 - 1 mm/s eingestellt. Während dieser ersten Phase des Stauchens, bei welcher sich die Werkstücktemperatur der Werkzeugtemperatur anpasst, stieg die Presskraft nur wenig an (von 0 auf ca. 500 kN). In einer zweiten Phase erfolgte nun das Ausformen der Schaufeln, wobei die Stempelgeschwindigkeit auf 0,05 - 0,1 mm/s herabgesetzt wurde und die Presskraft gleichzeitig stetig anstieg, bis sie ihr Maximum erreichte (ca. 3000 kN). Die Presskraft wurde nun konstant gehalten, um während dieser ca. 5 - 10 min dauernden dritten Phase die Form vollends zu füllen. Die Presszeit für ein derartiges Verdichterrad betrug ca. 10 - 20 min, wobei der mittlere Pressdruck sich zu ca. 120 MPa ergab.

    [0016] Bei der hier gepressten Al-Cu-Mg-Ni-Legierung liegt die Solidustemperatur bei 549°C, die Lösungsglühtemperatur bei 5300C. Bei 520°C existiert in dieser Legierung noch die ungelöste intermetallische Verbindung FeNiAl9 als selbständige Phase. Sie verhindert ein unkontrolliertes Kornwachstum bei der Hochtemperaturformgebung. Die Verformungstemperatur von 480° - 520°C war in dieser Beziehung optimal gewählt und örtliche Porenbildung durch Anschmelzungen war ebenfalls nicht zu befürchten.

    [0017] Im Vergleich zum erfindungsgemässen Gesenkpressen stellt sich die Formgebung nach konventioneller Schmiedetechnik, die für die vorgenannte Aluminiumlegierung im Temperaturbereich von ca. 410 - 450°C durchgeführt wird, wesentlich ungünstiger. Die Pressdrücke liegen hier erfahrungsgemäss bei 200 - 500 MPa, was schwerere und kräftigere Pressen erfordert. Das Formfüllungsvermögen ist bedeutend schlechter, so dass die Schaufeln das Sollmass (Rippenwandstärke 2 - 4 mm) bei weitem nicht erreichen und man mit Rippenstärken von ca. 8 - 10 mm im ersten Arbeitsgang Vorlieb nehmen muss. Dies bedingt mindestens einige weitere Arbeitsschritte, unter anderem eine zusätzliche kostspielige spanabhebende Bearbeitung.

    Ausführungsbeispiel II:



    [0018] Gesenkpressen einer Turbinenschaufel aus einer ausscheidungshärtbaren Nickelbasis-Superlegierung.

    [0019] Eine Turbinenschaufel von 150 mm Länge und 35 mm Breite wurde in einem Arbeitsgang durch isothermes Hochtemperaturpressen aus einem Stangenabschnitt hergestellt. Die verwendete Legierung mit dem Handelsnamen Nimonic-80A hatte folgende Zusammensetzung:



    [0020] Als Ausgangsmaterial wurde ein Abschnitt aus einer gewalzten Stange benutzt. Um für die Formgebung ein homogenes Gefüge bereitzustellen, wurde das Vormaterial zunächst unter Schutzgas bei einer Temperatur von 1080°C während 8h geglüht und anschliessend in Wasser abgeschreckt. Die zur Durchführung der Operation vorgesehene hydraulische Presse war im Prinzip ähnlich aufgebaut wie diejenige unter Beispiel I beschriebene. Sie wies einen Einstellbereich für die Stempelgeschwindigkeit von 0,05 - 25 mm/s auf. Ausserdem war sie derart gekapselt, dass wahlweise ein Betrieb unter Schutzgas oder Vakuum möglich war. Als Werkzeug dienten Gesenke aus der bekannten Molybdänlegierung TZM, welche Arbeitstemperaturen bis über 1200°C erlauben. Die induktive Heizung war gleich gestaltet wie diejenige unter Beispiel I. Zusätzlich zum Transportsystem für das Werkstück waren Schleusenkammern vorhanden, welche den Uebergang zwischen Pressraum und Aussenwelt ermöglichten.

    [0021] Der Rohling wurde zunächst in der zugehörigen Induktionsspule auf eine Temperatur von 1100° l 20°C erwärmt und anschliessend in das auf 11500 - 1200°C erwärmte TZM-Gesenk eingelegt. Daraufhin wurde der Stempel mit einer Pressgeschwindigkeit von ca. 4 mm/s gegen die untere Gesenkhälfte gedrückt (Phase I). Nach beginnendem Anstieg der Presskraft wurde dann mit einer Pressgeschwindigkeit von ca. 0,1 mm/s zwecks Füllen der Gratpartie weiterverformt (Phase II). Nach Erreichen der Maximalkraft wurde dieser Wert bis zur endgültigen Formfüllung während ca. 5 min. konstant gehalten (Phase III). Diese Phase kann je nach Form und Werkstoff ca. 1 - 10 min dauern. Die gesamte Presszeit für eine derartige Turbinenschaufel kann ca. 2 - 15 min betragen. Der mittlere Pressdruck erreichte im vorliegenden Fall den Wert von ca. 200 MPa.

    [0022] Die vorliegende Nickelbasis-Superlegierung weist eine Solidustemperatur von ca. 1360°C und eine Lösungsglühtemperatur von ca. 1080°C auf. Im Temperaturbereich von 11500 - 1200°C, was einen hinreichend grossen Abstand von der Soliduslinie zur Verhütung von Anschmelzungen entspricht, existieren noch ungelöste Metallkarbide in feinverteilter Form. Diese verhüten ein unkontrolliertes Kornwachstum während der Hochtemperaturverformung, was auch durch den Vergleich von metallographischen Schliffbildern festgestellt werden konnte.

    [0023] Beim konventionellen Schmieden/Pressen unter Hämmern und Spindelpressen hoher Geschwindigkeit sind die Pressdrücke vergleichsweise beträchtlich höher und würden im vorliegenden Beispiel Werte von 500 - 1000 MPa erreichen. Abgesehen von der erforderlichen Grösse derartiger Maschinen kommt man dabei auch an die Grenzen der Temperatur-Materialfestigkeit (Gefahr der Oberflächenrisse) der Gesenkwerkstoffe. Betreffend Formfüllungsvermögen bestehen die gleichen Nachteile wie unter Beispiel I ausgeführt wurde.

    Ausführungsbeispiel III:



    [0024] Hochtemperaturpressen einer Turbinenschaufel aus einem oxyddispersionsgehärteten rostfreien ferritischen Stahl.

    [0025] Eine Turbinenschaufel von 200 mm Länge und 50 mm Breite wurde in einem Arbeitsgang durch isothermes Hochtemperaturpressen aus einem Stangenabschnitt hergestellt. Die verwendete Eisenlegierung hatte die nachfolgende Zusammensetzung:



    [0026] Als Ausgangsmaterial wurde ein Abschnitt aus einer stranggepressten Stange verwendet. Die Legierung an sich wurde in bekannter Weise pulvermetallurgisch durch mechanisches Legieren und darauffolgendes Verdichten durch Strangpressen hergestellt. Der Rohling wurde zuerst während 15 min bei einer Temperatur von 1150°C homogenisiert und wieder auf Raumtemperatur abgekühlt. Die weiteren Verfahrensschritte wurden in analoger Weise wie unter Beispiel II beschrieben durchgeführt. Die Werkstücktemperatur betrug nach dem Vorwärmen ca. 1150°C, diejenige der TZM-Werkzeuge (Gesenkoberteil und -Unterteil) 11500 - 1200oC. Alle übrigen Parameter wurden in ähnlicher Art wie Beispiel II eingehalten (Verformungsphasen I-III). Die in submikroskopischer Form und Verteilung vorliegenden oxydischen Dispersoide Y203 und TiO2 sind bis über 1200°C thermisch stabil und verhindern ein unkontrolliertes Kornwachstum während den Operationen mit Sicherheit. Ein auf diese Art und Weise hergestelltes Fertigteil aus einer Dispersionslegierung zeichnet sich durch maximale Dichte, d.h. absolute Porenfreiheit gegenüber noch herkömmlicher Art durch Pulvermetallurgie (Pressen + Sintern, heiss-isostatisches Pressen) direkt gefertigtes Werkstück aus.

    Ausführungsbeispiel IV:



    [0027] Hochtemperatur-Strangpressen/Warmfliesspressen von Halbzeug und Fertigteilen aus einer Cu/Al/Ni-Gedächtnislegierung mit Oxyddispersoid.

    [0028] Ein Rundstab von 5 mm Durchmesser wurde durch isothermes Hochtemperaturstrangpressen aus einem Pressbolzen von 20 mm Durchmesser hergestellt. Die verwendete Formgedächtnislegierung hatte folgende Zusammensetzung:



    [0029] Als Ausgangsmaterial wurde ein pulvermetallurgisch durch mechanisches Legieren aus einer Cu/Ni-Vorlegierung und Aluminium mit A1203 hergestellter vorverdichteter Barren verwendet, welcher als Pressbolzen diente. Der Pressbolzen wurde zunächst während 1 h bei 950°C homogenisiert und wieder auf Raumtemperatur abgekühlt. Hierauf wurde er auf eine Temperatur von 850°C erhitzt und bei einer Temperatur von 850° - 950°C durch eine Matrize aus einer Nickelbasislegierung (Handelsbezeichnung IN-100) zu einem Strang von 5 mm Durchmesser gepresst. Durch die Anwesenheit des A1203-Dispersoids in ultrafeiner Verteilung wird ein unzulässiges Kornwachstum während des Pressvorgangs vermieden.

    [0030] Das Strangpressen und auch das Warmfliesspressen bei diesen verhältnismässig hohen Temperaturen dicht unter der Soliduslinie erlaubt dank dem besseren Formfüllungsvermögen kompliziertere Formen und Uebergänge mit kleineren Krümmungsradien. Es können auf diese Weise insbesondere auch dünnwandige Rippen (z.B. an Rippenrohren) erzeugt werden, was vor allem auch für Wärmeaustauscher von grosser Bedeutung ist (Aluminium- oder Kupferlegierungen).

    [0031] Die Erfindung ist nicht auf die obigen Ausführungsbeispiele beschränkt. Sowohl Werkstück wie Werkzeug sollen für den Verformungsprozess auf eine Temperatur gebracht werden, welche zwischen 5 Kelvin und höchstens 0,15 Tsol in Grad Kelvin (Tsol = Solidustemperatur in Grad Kelvin) tiefer liegt als Tsol. Der Temperaturunterschied im Werkstückquerschnitt und über die gesamte Zeit der isothermen/ quasiisothermen Formgebung soll höchstens 500C und die Verformungsgeschwindigkeit 4 von 0 bis 10s-1 betragen, wobei

    Vorteilhafterweise wird das Werkstück vor der Formgebung während 0,1 bis 100 h bei einer Temperatur, welche der höchsten effektiv auftretenden Verformungstemperatur entspricht, zwecks Vermeidung von örtlichen Anschmelzungen und Porenbildung homogenisiert und wieder auf Raumtemperatur abgekühlt. Die Abkühlung nach der Formgebung kann auch in einem Abschrecken auf Raumtemperatur in Wasser oder Oel erfolgen. Ferner kann die Abschreckung ähnlich Thermalhärtung auch auf eine über der Raumtemperatur liegende Temperatur in ein Metall- oder Salzbad mit nachfolgender Auslagerung durchgeführt werden. Die Warmverformung kann prinzipiell in einem Gesenkschmieden, Warmpressen, Warmfliesspressen oder Warmstrangpressen bestehen. Vorteilhafterweise sollte die Warmverformung in einem Temperaturgebiet durchgeführt werden, in dem ausser einer als Hauptgefügebestandteil vorliegenden ersten Phase mindestens während der gesamten Verformungszeit noch eine das Kornwachstum hemmende zweite Phase vorliegt. Letztere kann beispielsweise bevorzugt aus einem oxydischen Dispersoid, wie Y203, Ti02, A1203 etc. oder aus einem gewöhnlichen Oxyd oder aus einem Karbid bestehen. Auf diese Weise lassen sich zum Beispiel Aluminiumlegierungen, Kupferlegierungen (insbesondere Cu/ Al/Ni), Nickelbasis-Superlegierungen, Nickelbasis-Dispersionslegierungen sowie Nickellegierungen des Typs Ni/Ti (Gedächtnislegierungen) oder Ni/Ti/Cu umformen. Das Verfahren lässt sich ferner auf warmfeste, rostfreie ferritische, ferritisch-austenitische und austenitische Stähle, insbesondere oxyddispersionsgehärtete Stähle anwenden. Der zu verformende Werkstoff kann ausserdem im Rohzustand als poröser Sinterkörper oder als grüner, kalt vorgepresster Körper aus einem Sinterwerkstoff vorliegen, welcher während des Verformungsvorganges gleichzeitig verdichtet, gesintert und in die beabsichtigte Form übergeführt wird.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung eines Halbzeugs oder eines Fertigteils aus einem metallischen Werkstoff durch Warm-Formgebung, dadurch gekennzeichnet, dass ein zunächst als Gussbarren, Walzbarren oder Schmiederohling vorliegendes Werkstück auf eine Temperatur erwärmt wird, welche 5 Grad Kelvin bis höchstens 0,15 Tsol in Grad Kelvin unterhalb der Solidustemperatur des Werkstoffes liegt, dass das Werkstück hierauf mit einem Werkzeug in Kontakt gebracht wird, dessen Temperatur konstant gehalten wird und um 5 Grad Kelvin bis 0,15 Tsol in Grad Kelvin tiefer liegt als die Solidustemperatur des Werkstoffes jedoch höher als die Vorwärmtemperatur des Werkstücks, und dass das Werkstück mit einer Verformungsgeschwindigkeit 4 bezogen auf die Querschnittsänderung von 0 bis 10s-1 isotherm oder quasiisotherm derart verformt wird, dass der Temperaturunterschied im ganzen Werkstückquerschnitt und über die gesamte Zeit der Formgebung hin betrachtet höchstens 50°C beträgt, wobei folgendermassen definiert ist:

    v = Werkzeuggeschwindigkeit

    h = Werkstückhöhe

    Tsol = Solidustemperatur in Grad Kelvin,


    und dass schliesslich das Werkstück einer Abkühlung unterworfen wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Werkstück vor der Erwärmung zur Warm-Formgebung während 0,1 bis 100 h bei einer Temperatur, welche der höchsten effektiv auftretenden Verformungstemperatur entspricht, zwecks Vermeidung späterer örtlicher Anschmelzungen und Porenbildung homogenisiert und danach wieder auf Raumtemperatur abgekühlt wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Abkühlung des Werkstücks in einem Abschrecken von Verformungstemperatur auf Räumtemperatur in Wasser, Oel oder auf eine über der Raumtemperatur liegende Temperatur in Oel, Metall oder Salzbad besteht und dass das Werkstück anschliessend bei Raumtemperatur oder bei einer über Raumtemperatur liegenden Temperatur ausgelagert wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Warmverformung in einem Gesenkschmieden, Warmpressen, Warmfliesspressen oder Warmstrangpressen besteht.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Warmverformung in einem Temperaturgebiet des Werkstoffes durchgeführt wird, in welchem ausser einer ersten Phase als Hauptgefügebestandteil mindestens während der Gesamtzeit der Verformung noch eine das ` Kornwachstum hemmende zweite Phase vorliegt.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die das Kornwachstum hemmende Phase aus einem Oxyddispersoid wie Y203, Ti02 oder aus einem Oxyd oder einem Karbid besteht.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der zu verformende Werkstoff eine Aluminiumlegierung ist.
     
    8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Aluminiumlegierung die nachfolgende Zusammensetzung aufweist:


     
    9. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der zu verformende Werkstoff eine Kupferlegierung des Typs Cu/Al/Ni ist.
     
    10. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der zu verformende Werkstoff eine Nickelbasis-Superlegierung oder eine Nickelbasis-Dispersionslegierung oder eine Nickellegierung des Typs Ni/Ti oder Ni/Ti/Cu ist.
     
    11. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der zu verformende Werkstoff ein warmfester rostfreier ferritischer, ferritisch-austenitischer oder austenitischer Stahl ist.
     
    12. Verfahren nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass der zu verformende Werkstoff ein ferritischer, oxyddispersionsgehärteter Stahl ist.
     
    13. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der zu verformende Werkstoff ein im Rohzustand als poröser Sinterkörper oder als grüner, kalt vorgepresster Körper vorliegender Sinterwerkstoff ist, welcher gleichzeitig während des Verformungsvorganges verdichtet, gesintert und in die beabsichtigte Form übergeführt wird.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht