[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Dekontamination von Stahloberfläche, insbesondere
in Reaktor-KUhlkreisläufen, durch Abtragen der kontaminierten Oberflächenschicht mit
einer säurehaltigen wässrigen Dekontaminationslösung und zur Aufbereitung der die
abgelösten radioaktiven Stoffe enthaltenden Dekontaminationslösung für die Entsorgung.
[0002] Zur Dekontamination von Reaktor-Kühlkreisläufen wurden häufig wässrige Lösungen von
Mineralsäuren verwendet. Mineralsäuren sind für das Metall der Kühlkreisläufe aggressive
Stoffe, und es ist daher äusserst schwierig, allein durch die Säurekonzentration den
Dekontaminationsvorgang so ablaufen zu lassen, dass in einer annehmbaren Zeit die
kontaminierte Oberflächenschicht wirkungsvoll abgetragen wird, das reine Metall des
Kühlkreislaufes jedoch nicht korrodiert, denn korrodierte Stellen im Kühlsystem könnten
zu Lecks führen, die wegen der u.U. schwerwiegenden Folgen nicht entstehen dürfen.
[0003] Es sind daher kompliziertere Dekontaminationsverfahren entwickelt worden, von denen
eines der bekanntesten das sogenannte "AP-Citrox"-Verfahren ("Kernenergie", 11. Jg.,
1968, S. 285-290) ist. Bei diesem zweistufigen Verfahren wird die kontaminierte Metalloberfläche
in der ersten Prozessstufe durch eine mehrstündige Behandlung mit einer oxydierenden
alkalischen Permanganatlösung für die in der zweiten Prozessstufe erfolgende Auflösung
mit einer reduzierenden wässrigen Lösung von dibasischem Ammoniumcitrat vorbereitet,
die ebenfalls mehrere Stunden in Anspruch nimmt. Auf jeder Stufe folgt eine Spülung
mit Wasser.
[0004] Ein ähnliches zweistufiges Dekontaminationsverfahren ist in der US-PS 3 873 362 beschrieben.
Zum Oxydieren der kontaminierten Stahloberflächenschicht in der ersten Prozessstufe
werden hier wässrige Lösungen von Alkalimetall-Permanganaten, Salpetersäure, Natriumpersulfat,
Natriumbromat und vorzugsweise von Wasserstoffperoxid verwendet. Für die reduzierende
zweite Prozessstufe sind wässrige Lösungen von Mischungen aus Mineralsäuren, wie Schwefelsäure
und/oder Salpetersäure, und komplexbildenden Stoffen, wie Oxalsäure, Zitronensäure
oder Ameisensäure, angegeben, denen noch Korrosionshemmstoffe, z.B. Eisen(III)-sulfat,
Eisen(III)-nitrat, Salpetersäure, Phenylthioharnstoff o.a. zugesetzt sein können.
Die Verwendung von Wasserstoffperoxid in der ersten Prozessstufe hat wegen dessen
leichten Zerfalls in Wasser und Sauerstoff den besonderen Vorteil, dass auf die darauffolgende
Spülung mit Wasser verzichtet werden kann.
[0005] Aus der gebrauchten Dekontaminationslösung der zweiten Prozessstufe werden dann die
gelösten metallischen Komponenten zusammen mit den radioaktiven Stoffen ausgefällt.
Zum Ausfällen können die in der Dekontaminationslösung enthaltene Schwefel- und Oxalsäure
mit Calciumhydroxid neutralisiert werden, so dass-Calciumsulfate und Calciumoxalate
entstehen, die einen grossen Anteil der vorhandenen radioaktiven Stoffe enthalten
und durch Filtrieren von der Flüssigkeit getrennt werden. Statt dessen kann der gebrauchten
Dekontaminationslösung zuerst Kaliumpermanganat zugegeben werden, um die Oxalsäure
zu zersetzen und Mangandioxid und Mangansulfate zu erhalten, die dann durch Einstellen
eines pH-Wertes von etwa 10 mit z.B. Calciumhydroxid ausgefällt werden. Auch hier
wird mit dem Präzipitat nur ein wenn auch grosser Anteil der radioaktiven Stoffe ausgefällt,
so dass in beiden Fällen das Filtrat noch kontaminiert ist und einer nuklearen Entsorgung
zugeführt werden muss.
[0006] Solche zweistufige Dekontaminationsverfahren können als ein kontinuierlich ablaufender
Prozess oder als ein schubweise ablaufender, ein sogenannter Batch-Prozess, durchgeführt
werden. Unbefriedigend sind jedoch, abgesehen von dem grossen Zeitaufwand, ein erheblicher
Bedarf an Chemikalien und an Wasser und vor alle, dass ausser verhältnismässig grossen
Mengen an festen radioaktiven Abfällen auch flüssige radioaktive Abfälle erhalten
werden, wodurch die Entsorgung von gebrauchten Dekontaminationslösungen schwierig
wird. Mit den bekannten Verfahren ist die Dekontamination von Reaktor-Kühlkreisläufen
aufwendig und verhältnismässig kostspielig, insbesondere wenn für die angestrebte
Sicherheit eine Korrosion der reinen Metalloberflächen ausgeschlossen wird.
[0007] Es war daher Aufgabe der vorliegenden:Erfindung, ein Dekontaminationsverfahren für
Reaktor-Kühlkreisläufe zu schaffen, das für die Dekontamination einer gleich grossen
Stahloberfläche kleinere Mengen an Chemikalien und an Spülwasser benötigt, als die
bekannten zweistufigen Verfahren, das eine solche Aufbereitung von gebrauchter Dekomtaminationslösung
zulässt, dass feste radioaktive Abfallstoffe nur in minimalsten Mengen anfallen und
die anfallenden flüssigen Abfälle allenfalls eine geringe, möglichst unterhalb des
zugelassenen Grenzwertes liegende Radioaktivität aufweisen, und das eine leichte Steuerung
des Dekontaminationsvorganges ermöglicht und eine Korrosion der reinen Stahloberflächen
praktisch ausschliesst.
[0008] Die erfindungsgemässe Lösung der Aufgabe besteht in dem im Anspruch 1 gekennzeichneten
Verfahren.
[0009] Bei dem erfindungsgemässen Verfahren enthält die Dekontaminationslösung Ameisensäure
und/oder Essigsäure und ein Reduktionsmittel, vorzugsweise Formaldehyd und/oder Acetaldehyd.
Diese Chemikalien sind nicht nur sehr billig sondern auch relativ ungiftig, so dass
bei der Handhabung dieser Dekontaminationslösung keine besonderen Vorsichtsmassnahmen
erforderlich sind. Bei Kontakt mit den zu dekontaminierenden Stahloberflächen gehen
Fe
2+-Ionen in Lösung. Das erfindungsgemässe Dekontaminationsverfahren ist demnach ein
Einstufenverfahren, das gegenüber einem Zweistufenverfahren einen Gewinn an Zeit und
Aufwand sicherstellt. Durch das in der Dekontaminationslösung enthaltene Reduktionsmittel
werden in der Lösung die Fe
2+ stabil gehalten. Die Flüssigkeit ist dann leicht grünlich gefärbt, aber klar durchsichtig
ohne Trübung,und ihre Zusammensetzung kann während der Behandlung der
-Stahloberfläche verhältnismässig einfach überwacht werden. Es hat sich gezeigt,dass
von einer solchen Dekontaminationslösung Eisenoxide 10 bis 50 mal schneller abgetragen
werden als das reine Grundmaterial, und dies gestattet es, den Dekontaminationsvorgang
ohne grosse Schwierigkeiten so zu führen, dass ein zu einer schädlichen Korrosion
führendes Angreifen der reinen Stahloberfläche durch die Dekontaminationslösung praktisch
ausgeschlossen ist. Für die Entsorgung werden aus der Dekontaminationslösung Eisenverbindungen
ausgefällt. Da die gebrauchte Dekontaminationslösung nur Fe - Ionen enthält, ergeben
sich bei der Ausfällung keine Probleme. Die gebildeten Niederschläge haben die Eigenschaft,
die in der Lösung enthaltenen radioaktiven Stoffe zu adsorbieren, so dass durch die
Abtrennung des Niederschlages sehr hohe Fällungsdekontaminations-Faktoren erzielbar
sind. Der abgetrennte feste Niederschlag enthält dann praktisch alle radioaktiven
Stoffe aus der Dekontaminationslösung, während die Flüssigkeit allenfalls nur eine
unwesentliche Restaktivität aufweist, die unterhalb der Toleranzgrenze liegen kann,
und die Flüssigkeit so für eine Wiederverwendung regeneriert oder einer einfachen
chemischen Entsorgung durch Zersetzung der gelösten Stoffe in gasförmige Produkte
und Wasser, NaOH, evtl. Na
2CO
3, zugeführt werden kann. Die chemische Zusammensetzung der erfindungsgemäss vorgesehenen
Dekontaminationslösung gestattet, die Fe
2+-Ionen in Form von Eisenverbindungen auszufällen, deren Dichte etwa der Dichte von
Eisenoxid entspricht oder die sich leicht in solche Eisenverbindungen umwandeln lassen.
Der bei einem durchgeführten Dekontaminationsverfahren erhaltene radioaktive Abfall
ist dann ungefähr gleich dem von der kontaminierten Oberfläche abgetragenen Material
und stellt somit ein Minimum dar.
[0010] Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
[0011] Im folgenden wird die Erfindung beispielsweise näher erläutert.
[0012] Es soll z.B. ein.aus niederlegiertem oder rostfreiem Stahl hergestellter Reaktor-Kühlkreislauf
in einem kontinuierlich ablaufenden Prozess dekontaminiert werden. Die Grösse der
Innenfläche sowie das Fassungsvermögen des Kühlkreislaufes ist bekannt.
[0013] Als Dekontaminationslösung ist erfindungsgemäss eine wässrige Lösung von Ameisensäure
und/oder Essigsäure und von wenigstens einem Reduktionsmittel zu verwenden. Bevorzugte
Reduktionsmittel sind solche, die aus C, H, 0, auch N zusammengesetzt sind und keine
schädliche Fremdelemente, wie etwa S, enthalten. Solche Reduktionsmittel sind z.B.
Hydrazin, Oxalsäure, Ascorbinsäure, Essigsäureanhydrid usw., wobei die Dekontaminationslösung
nach der Erfindung als Reduktionsmittel vorzugsweise Formaldehyd und/oder Acetaldehyd
enthält.
[0014] Bei der kontaminierten Oberfläche sind in einer Schicht aus einer Mischung von Eisenoxiden
radioaktive Stoffe adsorbiert, und durch vorgängige Probennahmen kann die Dicke und
Zusammensetzung der abzutragenden Oberflächenschicht ermittelt werden (CH-PS : Anmelde
Nr. 2184/80-7). Aufgrund der zur Verfügung stehenden bzw. ermittelten Daten und der
gegebenen Möglichkeiten, wie insbesondere der für die Dekontamination zur Verfügung
stehenden Zeit, Heiz- bzw. Kühleinrichtungen usw., wird dann für die Dekontaminationslösung
die zweckmässige Zusammensetzung, die benötigte Menge und auch der Prozessablauf in
den Grundzügen-festgelegt.
[0015] Von der in den Kühlkreislauf eingeführten Dekontaminationslösung werden die Oxide
der kontaminierten Stahloberfläche direkt und/oder reduktiv gelöst und in lösliche
Eisen(II)-Formiate und/oder Eisen(II)-acetate überführt, welche durch die in der Dekontaminationslösung
vor allem durch in ihr enthaltene Reduktionsmittel geschaffenen reduzierenden Bedingungen
stabilisiert sind und insbesondere eine Oxydation zu ausfallenden Eisen(III)-Verbindungen
nicht stattfindet. Gebrauchte Dekontaminationslösung ist daher leicht grün gefärbt,
aber klar durchsichtig und ohne Trübungen und enthält allenfalls beim Lösungsvorgang
anfallende feste .Partikel der Oxidschicht, die weder bei der Dekontamination selbst
noch bei der Behandlung der gebrauchten Dekontaminationslösung für die Entsorgung
störend in Erscheinung treten.
[0016] Eine im allgemeinen zu befriedigenden Resultaten führende Dekontaminationslösung
nach der Erfindung braucht z.B. nur Ameisensäure und Formaldehyd enthalten, wobei
im Liter Dekontaminationslösung beispielsweise 7-22 ml Ameisensäure und 12-36 ml Formaldehyd
enthalten sind.
[0017] Eine solche Dekontaminationslösung ist bei Anwesenheit von O
2 -Ionen charakterisiert durch folgende Formeln:
für das Reduktionsmittel Ameisensäure

und für das Reduktionsmittel Formaldehyd

Für die Auflösung der kontaminierten Oberflächenschicht gilt:




[0018] Ein Mol Eisen reagiert mit zwei Mol Ameisensäure und,da die Molekulargewichte der
für die Dekontaminationslösung verwendeten Stoffe (HCOOH: MG = 46,03, HCOH: MG = 30,03)
niedrig sind, und, wie sich experimentell gezeigt hat, 1 1 Dekontaminationslösung
bis zu 30 g Eisen in Form von Fe
2+ aufnehmen kann, ergibt sich für die Dekontamination ein verhältnismässig geringer
Chemikalienverbrauch, wobei zudem die Kosten für Ameisensäure und Formaldehyd niedrig
sind, so dass das erfindungsgemässe Verfahren mit einer solchen Dekontaminationslösung
besonders wirtschaftlich ist. Dies gilt auch dann, wenn anstelle von oder zusätzlich
zu Ameisensäure und Formaldehyd Essigsäure und Acetaldehyd für die Dekontaminationslösung
verwendet werden, so dass sich die Dekontaminationslösung nach der Erfindung im Vergleich
mit bekannten Dekontaminationslösungen im allgemeinen durch einen niedrigen Chemikalienverbrauch
und niedrigen Kosten sowie eine hohe Aufnahmekapazität für Eisen auszeichnet.
[0019] Die aus dem Kühlkreislauf austretende gebrauchte Dekontaminationslösung wird während
des Ablösungsprozesses überwacht, wobei laufend die Fe
2+- , die Säure- und die Aldehyd-Konzentration kontrolliert wird. Eine solche Kontrolle
ist analytisch einfach und gestattet eine zuverlässige Steuerung des gesamten Dekontaminationsprozesses,
durch die eine unzulässige Korrosion der reinen Metalloberfläche mit Sicherheit ausgeschlossen
wird.
[0020] Die in der aus dem Kühlkreislauf austretenden Dekontaminationslösung enthaltenen
Eisenverbindungen werden ausgefällt, und die gebrauchte und so gereinigte Dekontaminationslösung
wird zur Wiederverwendung, d.h. zum erneuten Einleiten in den Kühlkreislauf regeneriert.
Das Ausfällen der Eisenverbindungen erfolgt vorzugsweise elektrolytisch, indem die
gebrauchte Dekontaminationslösung durch eine Elektrolysestufe geführt wird, die eine
Eisenkatode und eine Graphitanode enthält.
[0021] An der Anode werden COOH‾-Ionen gemäss

zu Ameisensäure oder zu C0
2 und Wasser oxydiert und an der Katode Fe
2+-Ionen gemäss

zu metallischem Eisen reduziert, an das zumindest ein erheblicher Anteil der in der
Dekontaminationslösung enthaltenen radioaktiven Stoffe adsorbiert ist. Die aus der
Elektrolysestufe austretende Dekontaminationslösung wird gegebenenfalls nach Ergänzung
des Gehaltes an Ameisensäure und/oder Formaldehyd erneut in den Kühlkreislauf eingespeist.
Anstelle der elektrolytischen kann auch eine chemische Ausfällung von Fe
2+ vorgesehen sein, wobei dann allerdings darauf zu achten ist, dass durch den Ausfällungsprozess
keine schädlichen Stoffe, vor allem keine S-Ionen, eingeschleppt werden. Im allgemeinen
wird daher eine elektrolytische Ausfällung bevorzugt.
[0022] Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemässen Dekontaminationsverfahrens ist, dass
die Reaktionen beim Ablösen der kontaminierten Oberflächenschicht irreversibel verlaufen
und deshalb ein Verschleppen von radioaktiven Stoffen auf nicht oder nicht mehr kontaminierte
Oberflächenbereiche nicht zu erwarten ist.
[0023] Nach dem Abtragen der vorgesehenen Schichtdicke wird die Dekontaminationslösung aus
dem Kühlkreislauf abgelassen. Nach dem Ablassen werden in jedem Fall irgendwelche
Rückstände in dem Kühlkreislauf zurückbleiben. Bei dem Dekontaminationsverfahren nach
der Erfindung sind zufolge der Zusammensetzung der Dekontaminationslösung nur solche
Rückstände vorhanden, die durch eine einfache Wärmebehandlung bei 175 - 300°C thermisch
in Eisenoxid und in gasförmige Zersetzungsprodukte, insbesondere C0, C0
2 und H
20, d.h. in dem Kühlkreislauf eigene Zersetzungsprodukte, zersetzt werden und daher
keinerlei schädlichen Einfluss auf den Betrieb haben. Diese thermische Zersetzung
der Rückstände kann durch Einleiten von Heissluft oder Heisswasser vorgenommen werden,
im allgemeinen jedoch entfallen, da der Kühlkreislauf bei Wiederinbetriebnahme sich
in kurzer Zeit auf die erforderliche Temperatur erwärmt.
[0024] Ein nach der Dekontamination noch Restaktivitäten aufweisender Kühlkreislauf kann
auf herkömmliche Weise durch Ionenaustausch nuklearrein gespült werden. Eine solche
Spülung wird jedoch nur in Ausnahmefällen erforderlich sein, da Restaktivitäten durch
eine entsprechende abzutragende Schichtdicke leicht auszuschliessen sind.
[0025] Die abgelassene gebrauchte Dekontaminationslösung wird für eine Entsorgung weiterbehandelt.
Bei der Dekontaminationslösung nach der Erfindung ist der Transporteur für die abgetragenen
radioaktiven Stoffe das in Lösung gegangene Eisen selbst und nicht irgendein anderer
zusätzlicher Stoff, so dass durch Ausfällen des Eisens aus der Dekontaminationslösung
praktisch alle Aktivität in dem Präzipitat enthalten sein wird und die abgetrennte
Flüssigkeit allenfalls nur zulässige Radioaktivität aufweisen wird.
[0026] Bei der Ausfällung zum Entsorgen wird angestrebt, dass alle in der gebrauchten Dekontaminationslösung
enthaltenen radioaktiven Stoffe an eine möglichst kleine Menge Präzipitat adsorbiert
werden, das Präzipitat sich leicht entsorgen lässt und die abgetrennte Flüssigkeit
möglichst keinerlei Umweltbelastung ergibt. Im Gegensatz zu der bei der Regeneration
von gebrauchter Dekontaminationslösung vorgesehenen Ausfällung können bei der entsorgenden
Ausfällung jedoch beliebige Stoffe, wie auch S-Verbindungen eingesetzt werden, sofern
mit diesen auf wirtschaftliche Weise befriedigende Fällungsergebnisse erzielt werden.
[0027] Die hier infrage kommenden Fällungsverfahren sind in der Literatur sehr gut beschrieben
(z.B. L. Hardinger "Taschenbuch der Abwasserbehandlung" I. und II. Teil, Karl Hanser-Verlag,
1977), so dass auf Einzelheiten nicht eingegangen werden braucht. Summarisch werden
hier lediglich erwähnt:
a) Fällung von Fe2+ als FeS mit (NH4)2S gemäss

wobei Ammoniumformiat erhalten wird, das sich thermisch und/ oder katalytisch in C0,
C02, H20 und NH3 zersetzen lässt, und als in Wasser unlösliches Eisen(II)-sulfid (D.4,6) ausfällt,
das ein verhältnismässig kleines Molekulargewicht (MG 87,9) hat, sehr gut filtrierbar
ist und z.B. gegenüber Eisenhydroxid den Vorteil geringen Wassergehaltes im Filterkuchen
hat, das aber bei der Entsorgung schwieriger ist, da es sich z.B. nur schwer einzementieren
lässt. Zudem ist diese Ausfällung wegen des Schwefels besser nur dann anzuwenden,
wenn die abgetrennte Flüssigkeit chemisch entsorgt und nicht zur Wiederverwendung
als Dekontaminationslösung aufbereitet wird.
b) Fällung von Fe3+ und Fe2+ als Hydroxide gemäss


wobei als Fällungsreagenz z.B. NaOH verwendet werden kann.
[0028] Die Fällung als Eisen(II)-hydroxid hat den Vorteil, dass weniger NaOH verbraucht
wird, aber den Nachteil, dass sich das Präzipitat etwas schwerer als Eisen(III)-hydroxid
filtrieren lässt. Wenn dies unerwünscht ist, wird in der gebrauchten Dekontaminationslösung
zuerst Fe(II)-formiat zu Fe(III)-formiat z.B. mit Wasserstoffperoxid oxydiert gemäss

wobei das Eisen(III)-formiat als Formiat der Hexaformiato- trieisen(III)base (Fe
3(HCO
2)6(OH)
2HCO
2). 4 H
20 in der Struktur

vorliegt und ein Verhältnis Fe:(HCO
2) = 3 : 7 zu beachten ist. Das erhaltene Eisen(III)-hydroxid lässt sich leichter als
Eisen(II)-hydroxid von der Flüssigkeit z.B. durch Filtrieren abtrennen, zum Fällen
wird jedoch mehr Fällungsmittel als bei Eisen(II)-hydroxid benötigt.
[0029] Mit NaOH als Fällungsmittel ergeben sich die Reaktionen:

und

[0030] An dem ausfallenden Eisenhydroxid ist zumindest ein sehr grosser Anteil der in der
Dekontaminationslösung enthaltenen radioaktiven Stoffe adsorbiert, und die vom Präzipitat
abgetrennte Flüssigkeit, im vorliegenden Fall eine wässrige Lösung von Natriumformiat
mit allenfalls Resten von Formaldehyd, wird nur sehr wenig oder gar nicht radioaktiv
sein. Das Natriumformiat kann nun oxydativ zu NaOH, Na
2CO
3, Co
2 und H
20 zerlegt werden.
[0031] Ein Vorteil dieser Fällung besteht darin, dass das abgetrennte Präzipitat im Gewicht
dem bei der Dekontamination abgetragenen Material entspricht, also praktisch keine
Gewichtszunahme stattgefunden hat und dass sich das Präzipitat ohne weitere Behandlung
leicht durch Mischen mit Zement entsorgen lässt, wobei zweckmässig dem Ferrozement
ähnliche Produkte hergestellt werden, die einen besonders niedrigen Anfall an zu entsorgendem
kontaminierten Material gewährleisten.
[0032] Ein weiterer Vorteil dieser Eisenhydroxid-Ausfällung ist durch die gersetzbarkeit
des erhaltenen Natriumformiats gegeben. Statt die bei der Dekontamination eines Kühlkreislaufes
anfallende gesamte Menge an gebrauchter Dekontaminationslösung auf einmal dem Fällungsprozess
zu unterwerfen, wird zweckmässig die Dekontaminationslösung in mehrere Chargen unterteilt.
Der ersten Charge wird dann gegebenenfalls nach Behandlung mit Wasserstoffperoxid
die erforderliche geringe Menge an Fällungsmittel,z.B. NaOH,zugesetzt, und nach dem
Abtrennen des Präzipitats wird das erhaltene Natriumformiat oxydativ, elektrolytisch
oder pyrolytisch,wie oben angegeben,zersetzt. Das erhaltene flüssige Produkt wird
dann zum Ausfällen der zweiten Charge Dekontaminationslösung verwendet usw.Man kommt
daher mit einer bedeutend kleineren Menge an Fällungsstoff aus, und das entsorgende
Fällen der gebrauchten Dekontaminationslösung kann als Kreisprozess gestaltet oder
als solcher in einen kontinuierlichen Dekontaminationsprozess eingebaut werden. Besonders
günstig ist ein solches Vorgehen, wenn die nach dem Ausfällen abgetrennte Flüssigkeit
noch gewisse Restaktivitäten aufweist, da damit eine entsprechende Verdünnung der
Aktivität erzielt wird. Welches Fällungsverfahren im einzelnen Fall anzuwenden ist,
ergibt sich aus den jeweils vorhandenen Einrichtungen, Ausführungsmöglichkeiten und
insbesondere auch aus dem Fassungsvermögen des Kühlkreislaufs und der zu dekontaminierenden
Materialmenge.
[0033] Das Trennen von Niederschlag und Flüssigkeit kann durch einfaches Filtrieren erfolgen.
Zum leichten Filtrieren können der gebrauchten Dekontaminationslösung Flockungsmittel,
wie z.B. Polyacrylamid, zugesetzt werden, durch die die ausgefällten Partikel zu grösseren
Partikeln zusammengefügt werden. Als bevorzugtes Flockungsmittel wird das Präzipitat
eines früheren Fällungsprozesses verwendet.
[0034] Die abgetrennte Flüssigkeit wird, wie erwähnt, entweder zur Wiederverwendung als
Dekontaminationslösung aufbereitet oder "chemisch" entsorgt. Zur chemischen Entsorgung
wird insbesondere der Formaldehyd zu Ameisensäure oxidiert

und die so gewonnene Ameisensäure wird zusammen mit der vorhandenen Ameisensäure durch
ein Oxydationsmittel in H
20 und C0
2 zersetzt

und ebenso werden Salze der Ameisensäure entsorgt.
[0035] Die so erhaltenen Abfallstoffe sind die umweltfreundlichsten überhaupt und führen
zu keinen Problemen in der Beseitigung. Als Ox
ydationsmittel kann jedes beliebige verwendet werden, wobei bei der Auswahl im wesentlichen
nur auf Wirtschaftlichkeit, d.h. auf niedrige Kosten, und darauf zu achten ist, dass
die vorteilhafte chemische Entsorgung nicht durch das Oxydationsmittel beeinträchtigt
wird.
[0036] Vorstehend ist die Erfindung anhand einer einfachen Dekontaminationslösung mit Ameisensäure
und Formaldehyd ausführlich behandelt worden; es ist jedoch ohne weiteres verständlich,
dass diese Ausführungen auch für jede beliebige andere Zusammensetzung der Dekontaminationslösung
nach der Erfindung Gültigkeit haben.
[0037] Das Dekontaminationsverfahren nach der Erfindung kann als kontinuierlich ablaufender
Prozess mit im Kreislauf umgewälzter Dekontaminationslösung wie auch als Batch-Prozess
durchgeführt werden, wobei die erzielten Vorteile die gleichen sind.
[0038] Es hat sich insbesondere gezeigt, dass mit dem Dekontaminationsverfahren nach der
Erfindung kontaminierte Oberflächen von niederlegiertem Stahl sowie von rostfreiem
Stahl wirkungsvoll dekontaminiert werden können. So konnte z.B. bei einer Probe aus
rostfreiem Stahl, deren hauptsächlich Magnetit aufweisende Oberfläche eine Aktivität
von 8 µCi/cm2 aufwies, durch das erfindungsgemässe Dekontaminationsverfahren die Aktivität
bis auf 0,025 µCi/cm
2 vermindert werden, was bei einem Materialabtrag von etwa 10 mg/cm
2 einen hohen Dekontaminationsfaktor von 330 ergibt.
1. Verfahren zur Dekontamination von Stahloberflächen, insbesondere in Reaktor-Kühlkreisläufen,
durch Abtragen der kontaminierten Oberflächenschicht mit einer säurehaltigen wässrigen
Dekontaminationslösung und zur Aufbereitung der die abgelösten radioaktiven Stoffe
enthaltenden verbrauchten Dekontaminationslösung für die Entsorgung, dadurch gekennzeichnet,
dass die kontaminierte Stahloberfläche mit einer als Dekontaminationslösung dienenden
wässrigen Lösung aus Ameisensäure und/oder Essigsäure zum Auflösen von Eisenoxiden
und Eisen und aus wenigstens einem Reduktionsmittel zur Stabilisierung der Fe2+-Ionen in der Lösung behandelt und während der Behandlung die Lösungszusammensetzung
überwacht wird, und dass aus der gebrauchten wässrigen Dekontaminationslösung alles
gelöste Eisen als Eisenverbindung oder Eisenverbindungen ausgefällt wird, wobei die
radioaktiven Stoffe von der bzw. den Eisenverbindung(en) adsorbiert werden, und das
kontaminierte Präzipitat einer nuklearen Entsorgung zugeführt wird, während die aktivitätsfreie
Lösung zur Wiederverwendung regeneriert oder chemisch entsorgt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die wässrige Dekontaminationslösung
als Reduktionsmittel Formaldehyd und/oder Acetaldehyd enthält.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zur Behandlung der kontaminierten
Stahloberfläche die wässrige Dekontaminationslösung im Kreislauf umgewälzt wird, wobei
aus der gebrauchten Dekontaminationslösung das gelöste Eisen ausgeschieden und die
Dekontaminationslösung auf die Zusammensetzung für einen neuen Lösungsvorgang gebracht
wird.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass aus der gebrauchten Dekontaminationslösung
das gelöste Eisen durch Elektrolyse ausgeschieden wird, wobei die Fe2+-Ionen vorzugsweise
an einer Eisen-Katode zu Metall reduziert werden.
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Abtragen der kontaminierten
Oberflächenschicht die Stahloberfläche einer Wärmebehandlung bei einer Temperatur
von 175° bis 300° C unterworfen wird, bei welcher die Rückstände thermisch in Eisenoxid
als einen der Stahloberfläche eigenen Stoff und in gasförmige Zersetzungsprodukte,
insbesondere C0, C02, H20, zersetzt werden.
6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass aus der gebrauchten Dekontaminationslösung
das gelöste Eisen als Sulfid ausgefällt wird.
7. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass aus der gebrauchten Dekontaminationslösung
das gelöste Eisen als Eisen(II)-hydroxid ausgefällt wird.
8. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass vor der Eisenausfällung
in der gebrauchten Dekontaminationslösung die gelösten Eisen(II)-Verbindungen durch
Zugabe eines Oxydationsmittels, insbesondere Wasserstoffperoxid, zu Eisen(III)-Verbindungen
oxydiert werden und als wasserunlösliche Eisen(III)-Verbindungen ausgefällt werden.
9. Verfahren nach Anspruch 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, dass zum Ausfällen von
Eisen(II)-hydroxid bzw. Eisen(III)-Verbindungen der gebrauchten Dekontaminationslösung
Alkalimetall-Hydroxid oder -Carbonat, insbesondere NaOH, zugesetzt und nach dem Abtrennen
des Präzipitats von der Flüssigkeit das in ihr vorhandene ameisensaure und/oder essigsaure
Alkalimetallsalz oxydativ zu Alkalimetall-Hydroxid, Alkalimetall-Carbonat, Kohlenoxide
und Wasser zersetzt wird.
10. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass das Ausfällen von wasserlöslichen
Eisenverbindungen aus der gebrauchten Dekontaminationslösung chargenweise vorgenommen
wird, wobei nach dem Ausfällen einer ersten Charge Dekontaminationslösung und oxydativer Behandlung der abgetrennten Flüssigkeit die so behandelte Flüssigkeit zum
Ausfällen von Eisenverbindungen aus der zweiten Charge Dekontaminationslösung verwendet
und der Vorgang so oft wiederholt wird, bis alles Eisen aus der gesamten Dekontaminationslösung
ausgefällt ist.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass die
ausgefällten Eisenverbindungen durch Filtrieren von der Flüssigkeit getrennt werden.
12. Verfahren nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass vor dem Filtrieren der
gebrauchten Dekontaminationslösung ein Flockungsmittel zugesetzt wird.
13. Verfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass gebrauchter Dekontaminationslösung
als Flockungsmittel Präzipitat eines vorgängigen Fällungsprozesses zugegeben wird.
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 14, dadurch gekennzeichnet, dass die
ausgefällten Eisenverbindungen thermisch und/oder katalytisch in die radioaktiven
Stoffe enthaltende Eisenoxide und in aktivitätsfreie gasförmige Zersetzungsprodukte,
insbesondere CO, C02, H20, zersetzt werden und die Eisenoxide einer nuklearen Entsorgung zugeführt werden.
15. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 bis 14, dadurch gekennzeichnet, dass die
die radioaktiven Stoffe enthaltenden Präzipitate durch Mischen mit Zement nuklear
entsorgt werden.
16. Verfahren nach Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet, dass durch Mischen der Präzipitate
mit Zement ein Ferrozement ähnliches Produkt hergestellt wird.
17. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zur chemischen Entsorgung
die aktivitätsfreie Lösung durch ein Oxydationsmittel oxydiert und zu Wasser und insbesondere
CO, C02, Na2CO3 und gegebenenfalls NaOH zersetzt wird.