[0001] Es ist bekannt, daß man zellulosehaltiges Material, z.B. Holz oder Abfälle von Einjahrespflanzen,
mit Mineralsäuren chemisch aufschließen kann. Hierbei wird die enthaltene Zellulose,
die ein makromolekularer Stoff ist, unter Spaltung von glykosidischen Bindungen in
wasserlösliche, kleinere Moleküle bis hinunter zu den Monomereinheiten, den Glucosemolekülen,
zerlegt. Die so gewonnenen Zucker können u.a. zu Alkohol vergoren oder als Fermentationsrohstoff
zur Produktion von Proteinen verwendet werden. Hierin liegt die technische Bedeutung
der Holzverzuckerung. Als für diesen Zweck geeignete Mineralsäuren sind verdünnte
Schwefelsäure (Scholler-Verfahren) und konzentrierte Salzsäure (Bergius-Verfahren)
bereits vor Jahrzehnten großtechnisch eingesetzt worden; siehe hierzu z.B. Ullmanns
Encyklopädie der technischen Chemie, 3. Auflage, München-Berlin, 1957, Band 8, S.
591 ff.
[0002] Es ist des weiteren bekannt, daß man zur Holzverzuckerung auch Fluorwasserstoff verwenden
kann. Die Lage seines Siedepunktes (19.7°C) erlaubt es, ihn ohne Wasser als Lösungsmittel
mit dem aufzuschließenden Substrat in Kontakt zu bringen und ihn nach vollzogenem
Aufschluß mit vergleichsweise geringem Aufwand wiederzugewinnen. Als Aufschluß-Substrat
eignet sich hierbei nicht nur natives Material: vielmehr wurde auch schon vorgeschlagen,
stattdessen Altpapier oder Lignozellulose, den Rückstand einer Vorhydrolyse, zu verwenden,
der nur noch sehr wenig Hemizellulosen und andere Holz-Begleitstoffe enthält und fast
nur noch aus Zellulose und Lignin besteht. Dieser Vorhydrolyse können nicht nur Holz,
sondern auch Papier oder Rückstände von -Einjahrespflanzen aller Art wie Stroh oder
Bagasse unterworfen werden. Sie besteht gemäß dem Stand der Technik aus einer Einwirkung
von Wasser oder verdünnter Mineralsäure (ca. 0.5 %ig) bei 130 bis 150°C (vgl. z.B.
Handbuch "Die Hefen", Band II, Nürnberg, 1962, S. 114 ff.) oder von gesättigtem Wasserdampf
bei 160 bis 230°C (vgl. US-PS 4.160.695).
[0003] Zur Umsetzung von Fluorwasserstoff mit zellulosehaltigem Material sind drei technische
Verfahrensprinzipien literaturbekannt:
die Umsetzung mit gasförmigem Fluorwasserstoff unter Atmosphärendruck,
die Extraktion mit flüssigem Fluorwasserstoff und schließlich
die Umsetzung mit gasförmigem Fluorwasserstoff im Vakuum.
[0004] In der DE-PS 585 318 wird ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Behandlung von Holz
mit gasförmigem Fluorwasserstoff beschrieben, bei dem in einer ersten Zone eines Reaktionsrohres
mit Förderschnecke Fluorwasserstoffgas, das mit einem Inertgas verdünnt sein kann,
mit Holz dadurch zur Umsetzung gebracht wird, daß diese Zone von außen unter den Siedepunkt
des Fluorwasserstoffs gekühlt wird. Nach dem Aufschluß, der sich gegebenenfalls in
einer Zwischenzone vollzieht, wird nach diesem Verfahren der Fluorwasserstoff durch
äußere Erwärmung und/oder Ausblasen mit einem Inertgasstrom ausgetrieben, um in der
erwähnten Kühlzone wieder mit frischem Holz in Berührung gebracht zu werden.
[0005] In der Praxis gestaltet sich die Durchführung dieses Verfahrens jedoch schwierig.
Beim Kondensieren des Fluorwasserstoffes auf dem Substrat verteilt sich dieser nur
ungleichmäßig, so daß es zu örtlichen Überhitzungen kommt. Dies geht z.B. aus der
DE-PS 606 009 hervor, in der es heißt: "Es hat sich nämlich gezeigt, daß beim bloßen
Befeuchten der Polysaccharide, z.B. des Holzes, mit Flußsäure bzw. beim Beladen des
Holzes und dergl. mit Flußsäuredämpfen Temperatursteigerungen auftreten können, die
zu einer-teilweisen Zerstörung der gebildeten Umwandlungsprodukte führen. Eine Abführung
dieser Wärme durch Kühlung ist aber infolge der schlechten Wärmeleitfähigkeit des
zellulosehaltigen Materials schwierig." Als Abhilfe wird in dieser Patentschrift eine
Extraktion mit flüssigem Fluorwasserstoff beschrieben, welche aber große Mengen Fluorwasserstoff
erfordert und mit .dem Nachteil behaftet ist, daß zur Verdampfung des Fluorwasserstoffs
aus dem Extrakt und aus dem Extraktionsrückstand (Lignin) große Wärmemengen zu- und
bei der anschließenden Kondensation wieder abgeführt werden müssen.
[0006] Die einige Jahre später veröffentlichte AT-PS 147 494 setzt sich mit beiden erwähnten
Verfahren auseinander. Als Abhilfe gegen den ungleichmäßigen und unvollkommenen Abbau
des Holzes beim Aufschluß mit hochkonzentrierter oder wasserfreier Flußsäure in flüssigem
oder gasförmigem Zustand bei niederen Temperaturen, sowie gegen die Nachteile des
hohen Flußsäureüberschusses beim Extraktionsverfahren wird in dieser Patentschrift
ein technisch aufwendiges Verfahren beschrieben, bei dem das Holz vor der Einwirkung
des Fluor-
'wasserstoffes möglichst weitgehend evakuiert wird, und auch die Rückgewinnung des
Fluorwasserstoffes sich im Vakuum vollzieht. Das Verfahren ist auch in der Zeitschrift
"Holz Roh- und Werkstoff" 1 (1938) 342-344 beschrieben. Der hohe technische Aufwand
bei diesem Verfahren ist nicht nur durch die Vakuumtechnik an sich bedingt, sondern
auch durch den Umstand, daß der Siedepunkt von Fluorwasserstoff bereits bei 150 mbar
den Wert von -20°C unterschreitet; dies bedeutet, daß ohne Zuhilfenahme aufwendiger
Kühlmittel bzw. -aggregate keine Kondensation mehr möglich ist.
[0007] Der literaturbekannte Stand der Technik des Holzaufschlusses mit Fluorwasserstoff
wird durch die beschriebenen drei Verfahren bzw. Vorrichtungen gekennzeichnet. Keine
dieser Methoden bzw. Vorrichtungen vereinigt demnach niedrigen Aufwand und gutes Aufschlußergebnis
in technisch befriedigender Weise. Die an sich ökonomische Art der Umsetzung von zellulosehaltigen
Material mit einem Fluorwasserstoff-Inertgas-Gemisch, das aus der Fluorwasserstoff-Desorption
stammt, gemäß der oben bereits erwähnten DE-PS 585 318, wird nach der später veröffentlichten
DE-PS 606 009 offenbar durch die Notwendigkeit beeinträchtigt, bei der Absorption
unter den Siedepunkt des Fluorwasserstoffes zu kühlen.
[0008] Überraschenderweise wurde nun gefunden, daß man gasförmigen Fluorwasserstoff im Gemisch
mit einem inerten Trägergas unter Erzeugung einer für gute Ausbeuten erforderlichen
Beladung des Substrates nahezu verlustfrei im Kreis führen kann, ohne daß die technisch
stark nachteilige Kühlung unter den Siedepunkt des Fluorwasserstoffes dabei notwendig
wird. Dies gelingt durch Teilung des Desorptionvorganges in mehrere Stufen, in denen
die Desorption im Gleichstrom oder Gegenstrom von HF-Gasgemischen und Reaktionsgut
(Substrat) erfolgt. Entsprechend der unterschiedlichen HF-Beladung des Substrates
beim Eintritt in die einzelnen Desorptionsstufen werden HF-Gasgemische unterschiedlicher
HF-Konzentrationen gebildet, die an verschiedenen Stellen der Sorptionsstufe derart
auf das Substrat einwirken, daß HF-arme Gasgemische auf unbeladenes oder wenig mit
HF beladenes Material, Gasgemische mit höheren HF-Konzentrationen auf bereits stärker
beladenes Material einwirken.
[0009] Diese Maßnahme war nicht naheliegend. Angaben in der Literatur lassen vielmehr den
Schluß zu, daß eine ausreichende Beladung von Holzmaterial auch mit unverdünntem Fluorwasserstoff
oberhalb seines Siedepunktes nicht möglich ist. In einer Arbeit von Fredenhagen und
Cadenbach, Angew. Chem. 46 (1933) 113/7 heißt es (S. 115 rechts unten bis S. 116 links
oben): "Wenn man gasförmigen HF bei Zimmertemperatur auf Holz einwirken läßt, so wird
HF absorbiert und infolge dessen steigt die Temperatur. Dies bewirkt aber, daß keine
weiteren HF-Mengen absorbiert werden, so daß die Reaktion zum Stillstand kommt und
keine weitere Temperaturerhöhung eintritt." Um so überraschender war nun der Befund,
daß die Fluorwasserstoff-Sorption von der Wärmetönung der Reaktion, die sich nur bis
zu relativ niedrigen Beladungen bemerkbar macht, weitgehend unabhängig ist, vielmehr
bei gegebener Temperatur nur von der HF-Konzentration im einwirkenden Gasgemisch abhängt.
d.h. also auch bei Temperaturen oberhalb des Siedepunktes von Fluorwasserstoff bis
zu den für gute Ausbeuten erforderlichen Beladungshöhen durch stufenweise Erzeugung
und Verwendung von Strömen unterschiedlicher HF-Konzentration geführt werden kann.
[0010] Erfindungsgegenstand ist somit ein kontinuierliches Verfahren zum Aufschluß von zellulosehaltigem
Material (Substrat) mit gasförmigem Fluorwasserstoff durch Sorption des HF und anschließende
Desorption, das dadurch gekennzeichnet ist, daß die Sorption des HF durch das Substrat
bei einer Temperatur oberhalb seines Siedepunktes in einer Sorptionsstufe erfolgt,
und daß danach das Substrat durch Erwärmen in n Desorptionsstufen von dem sorbierten
HF befreit wird, wobei n eine ganze Zahl und wobei die genannten Stufen in jeweils
gasdicht voneinander getrennten Reaktoren ablaufen, und wobei das Substrat durch eine
gasdichte Schleuse in den Sorptionsreaktor eingebracht wird, diesen durchläuft und
dann nacheinander durch gasdichte Schleusen in den ersten, zweiten ..... n-ten Desorptionsreaktor
gelangt und aus dem letzten (n-ten) Desorptionsreaktor ausgetragen wird, und wobei
die Desorption jeweils durch Einwirken eines von n erhitzten Gasströmen im Gegenstrom
zum oder, vorzugsweise, Gleichstrom mit dem Substrat unter Anreicherung des jeweiligen
Gasstroms mit dem bei der Desorption freiwerdenden HF erfolgt, und wobei die n HF-Gasströme,
die neben dem HF ein inertes Trägergas enthalten, im Gegenstrom zum Substrat auf dieses
derart einwirken, daß Gasströme niedriger HF-Konzentration auf unbeladenes oder noch
wenig mit HF beladenes Substrat und Gasströme hoher HF-Konzentration auf stärker mit
HF beladenes Substrat einwirken, und wobei der aus den einzelnen Gasströmen entstandene
Gesamtgasstrom nach erfolgter Sorption den Sorptionsreaktor, weitgehend an HF verarmt,
verläßt und entweder nach Aufteilung in Einzelgasströme im Kreislauf den Desorptionsstufen
zugeführt wird oder zunächst die letzte Desorptionsstufe durchläuft und danach aufgeteilt
und den anderen Desorptionsstufen und dem Sorptionsreaktor zugeführt.wird.
n ist eine ganze Zahl. vorzugsweise von 2 bis 6, insbesondere von 2 bis 4.
[0011] Die durch gasdichte Schleusen voneinander getrennten Reaktoren können gleichen oder
verschiedenen Typs sein: beispielsweise eignen.sich Rührgefäße. Drehrohre, Flugtrockner,
Rutschbetten, Schneckenförderer, vertikale Gegenstrom- oder Fließbettreaktoren. Sie
können gegebenenfalls mit einer Heiz- oder Kühlvorrichtung versehen sein.
[0012] Als zellulosehaltiges Material eingesetzt werden können Holz oder Abfälle von Einjahrespflanzen
(z.B. Stroh oder Bagasse) oder, vorzugsweise, ein Vorhydrolysat von Holz oder Abfällen
von Einjahrespflanzen, oder, ebenfalls vorzugsweise, Altpapier.
[0013] Bekanntlich ist zum Aufschluß der Zellulosen, der ja eine hydrolytische Spaltung
darstellt, die Anwesenheit einer bestimmten Menge von Wasser erforderlich. Dieses
Wasser kann entweder dadurch eingebracht werden, daß es im Substrat als Restfeuchte
von 0,5 bis 20, vorzugsweise 1 bis 10, insbesondere 3 bis 7, Gew.% vorhanden ist,
oder daß es im HF-Inertgas-Gemisch enthalten ist, oder in beiden.
[0014] Der Transport des Reaktionsgutes (Substrats), des zellulosehaltigen Materials, von
einem Reaktor zum anderen erfolgt beispielsweise durch freien Fall, über Zellenradschleusen
und/oder durch Förderschnecken.
[0015] Als inertes Trägergas eignen sich Luft, Stickstoff. Kohlendioxid oder eines der Edelgase,
vorzugsweise Luft oder Stickstoff.
[0016] Die Gasführung erfolgt erfindungsgemäß so, daß die Gasaustrittsöffnung eines Sorptionsreaktors
über eine Gasleitung mit zwischengeschalteter Gaspumpe (Gebläse) und n-1 Abzweigungen
mit den Gaseintrittsöffnungen von n Desorptionsreaktoren, und die Gasaustrittsöffnungen
dieser n Desorptionsreaktoren über Gasleitungen mit n Gaseintrittsöffnungen des Sorptionsreaktors
verbunden sind. Vor den Gaseintrittsöffnungen der Desorptionsreaktoren sind noch jeweils
ein Ventil und ein Wärmetauscher zwischengeschaltet..
[0017] Auch vor den Gaseintrittsöffnungen des Sorptionsreaktors können gegebenenfalls Wärmeaustauscher
angeordnet sein.
[0018] Sie haben ggf. die Aufgabe, jeweils das zur Sorption bestimmte Gasgemisch auf die
hierfür optimale Temperatur zu bringen. Sie haben unter Umständen des weiteren die
Aufgabe, bei der Desorption eventuell freigewordene Begleitstoffe des Einsatzmaterials
wie Wasser. Essigsäure, ätherische Öle, auszukondensieren, den Fluorwasserstoff hingegen
gasförmig passieren zu lassen.
[0019] Der den Sorptionsreaktor verlassende, maximal 5 Gew.-% HF enthaltende, vorzugsweise
fast vollständig HF-freie Gasstrom wird durch die Abzweigungen in n Teilgasströme
aufgeteilt, deren Größe von der jeweiligen Einstellung der . Ventile abhängt. Diese
Teilgasströme werden in den Wärmetauschern auf die für die Desorption-jeweils erforderliche
Temperatur aufgeheizt und in den Desorptionsreaktoren im Gegenstrom zum oder, vorzugsweise,
im Gleichstrom mit dem Substrat auf dieses einwirken gelassen. Dabei werden die n
Teilgasströme durch die bei der Desorption abgegebene HF wieder mit HF angereichert.
[0020] Diese Anreicherung mit HF ist in den einzelnen Teilgasströmen verschieden groß. Im
ersten Desorptionsreaktor wird bei der Desorption des Substrats, das hier mit maximaler
HF-Beladung eingebracht wird, viel HF·frei. In den folgenden Desorptionsreaktoren
erfolgt die Desorption bei Substrat, das in den vorangegangenen Desorptionsstufen
bereits jeweils immer weiter von HF befreit worden ist. Im letzten (n-ten) Desorptionsreaktor
wird nur noch wenig HF frei, da das Substrat bereits weitgehend an HF verarmt in diesen
eingebracht wird. Beim Verlassen dieses letzten Desorptionsreaktors enthält das Substrat
nur noch HF-Spuren.
[0021] Die Aufteilung in n Teilgasströme kann auch so erfolgen, daß der die Gasaustrittsöffnung
des Sorptionsreaktors verlassende Gasstrom zunächst vollständig durch die Pumpe dem
letzten (n-ten) Desorptionsreaktor - nach Aufheizen in dem vorgeschalteten Wärmetauscher
- zugeführt wird. worin er auf das bereits weitgehend an HF verarmte Substrat einwirkt.
Erst nach Verlassen dieses letzten (n-ten) Desorptionsreaktors wird der Gasstrom aufgeteilt
in einen (n-ten) Teilgasstrom, der direkt der entsprechenden Gaseintrittsöffnung des
Sorptionsreaktors zugeführt wird, und in n-1 Teilgasströme, die dem vorletzten ((n-1)-ten)
bis ersten Desorptionsreaktor, nach Aufheizung im jeweiligen vorgeschalteten Wärmetauscher,
zugeführt werden.
[0022] Die HF-Konzentration im n-ten HF-Trägergas-Strom, der den letzten (n-ten) Desorptionsreaktor
verläßt, ist relativ niedrig und nimmt im vorletzten ((n-1)-ten) und den vorhergehenden
immer mehr zu und ist im ersten HF-Trägergas-Strom, der den ersten Desorptionsreaktor
verläßt, am höchsten (bis über 95 Gew.-%). .
[0023] Die HF-Trägergas-Ströme unterschiedlicher HF-Konzentration werden durch Gasleitungen
den n Gaseintrittsöffnungen des Sorptionsreaktors zugeführt, und zwar so, daß der
n-te HF-Gasstrom auf nur wenig mit HF beladenes Substrat und der erste HF-Gasstrom
auf das mit HF (nahezu) maximal beladene Substrat trifft. Die übrigen HF-Gasströme
werden an dazwischenliegenden Gaseintrittsöffnungen des Sorptionsreaktors dem Substrat
zugeführt.
[0024] Die maximale HF-Beladung des zellulosehaltigen Materials richtet sich nach dessen
Art und Beschaffenheit sowie nach der Verweilzeit in der Sorptionsstufe und liegt
demgemäß zwischen 10 und 120 %, bevorzugt zwischen 30 und 80 %, bezogen auf das Gewicht
des eingesetzten Materials.
[0025] Gegebenenfalls kann das mit HF beladene Substrat nach Verlassen des Sorptionsreaktors
und vor Eintritt in den ersten Desorptionsreaktor noch einen Verweilreaktor durchlaufen,
der gegebenenfalls eine Zerkleinerungsvorrichtung für grobstückiges Reaktionsgut aufweist
und dessen Temperatur zweckmäßig in einem Bereich gehalten wird, der von den Temperaturen
im letzten Teil des Sorptionsreaktors und im ersten Desorptionsreaktor eingeschlossen
wird.
[0026] Die optimale Verweilzeit, d.h. die durchschnittliche Aufenthaltsdauer des Substrats
in der Apparatur vom Anfang der Sorption bis zum Ende der Desorption hängt von Art
und Beschaffenheit des aufzuschließenden Materials ab und muß auf den jeweiligen Fall
abgestimmt werden. Sie kann demgemäß im Bereich von etwa 30 min bis etwa 5 h liegen.
[0027] Für die Desorption wählt man Substrat-Temperaturen im Bereich von 40 bis 120°C, vorzugsweise
von 50 bis 90°C, wobei die Temperaturen für die einzelnen Stufen verschieden sein
können, hingegen für die jeweils zugeordnete Sorption eine Temperatur im Bereich von
20 bis 50°C, vorzugsweise 30 bis 45°C.
[0028] Im Gegensatz zum normalen Gegenstromprinzip gemäß dem Stand der Technik erlaubt es
die erfindungsgemäße Anordnung, die Strömungsgeschwindigkeit und Temperatur des HF-Trägergasgemisches
an die in den einzelnen Bereichen der Sorptionsstufe und in den einzelnen Desorptionsstufen
jeweils unterschiedlichen, vom HF-Beladungsgrad des Substrats abhängigen Erfordernisse
anzupassen.
[0029] Die Erfindung soll anhand der Figuren 1 bis 3 näher erläutert werden.
[0030]
Figur 1 stellt das Fließbild eines erfindungsgemäßen Reaktionsablaufs in einem Sorptions-
und drei Desorptionsreaktoren dar.
Figur 2 stellt einen Ausschnitt aus dem Gesamtfließbild von Figur 1 dar mit einer
weiteren Unterteilung eines der Gaskreisläufe mit teilweiser Rückführung.
Figur 3 stellt das Fließbild einer weiteren erfindungsgemäßen Möglichkeit des Reaktionsablaufs
in einem Sorptions- und drei Desorptionsreaktoren dar.
[0031] In diesen Figuren stellen dar:

[0032] Der Sorptionsreaktor 1 ist über die Gasleitung 8a, die Pumpe 4, das Ventil 9a und
den Wärmetauscher 5a mit dem Desorptionsreaktor 3a, und dieser über die Gasleitung
7a und den Wärmetauscher 6a mit dem Sorptionsreaktor 1 verbunden. Ferner ist der Sorptionsreaktor
1 über die Gasleitung 8a, die Pumpe 4, die Gasleitungen 8b bzw. 8c, die Ventile 9b
bzw. 9c und die Wärmetauscher 5b bzw. 5c mit den Desorptionsreaktoren 3b bzw 3c, und
diese über die Gasleitungen 7b bzw. 7c und die Wärmetauscher 6b bzw. 6c mit dem Sorptionsreaktor
1 verbunden.
[0033] Das aufzuschließende zellulosehaltige Material (Substrat) wird in den Sorptionsreaktor
1 eingebracht. In den Figuren 1 und 3 wird dieser Vorgang durch den Pfeil.12a symbolisiert.
[0034] Durch die Gasleitungen 7a, 7b und 7c werden dem Sorptionsreaktor 1 HF-Inertgas-Gemische,
deren HF-Konzentration in der Gasleitung 7a am niedrigsten und in der Gasleitung 7c
am höchsten ist, zugeführt. Im Sorptionsreaktor 1 strömen diese dem Substrat entgegen
und treten als fast vollständig HF-freier Gesamtgasstrom aus dem Reaktor 1 aus.
[0035] Vom Sorptionsreaktor 1 wird das mit HF beladene Substrat in den Verweilreaktor 2
transportiert (Pfeil 12b) und von dort nacheinander in den ersten, zweiten und dritten
Desorptionsreaktor 3c, 3b und 3a (Pfeile 12c, 12d und 12e).
[0036] Der den Sorptionsreaktor 1 verlassende Gasstrom wird nach Passieren der Gasleitung
8a und der Pumpe 4 in drei Teilströme, entsprechend der jeweiligen Einstellung der
Ventile 9a, 9b und 9c aufgeteilt. Nach Erwärmung in den Wärmetauschern 5a bzw. 5b
bzw. 5c treten diese Teilgasströme in die Desorptionsreaktoren 3a bzw. 3b bzw. 3c
ein und durchströmen diese im Gegenstrom zum, oder, vorzugsweise, im Gleichstrom mit
dem Substrat.
[0037] Durch die Einwirkung der erwärmten Gasströme auf das HF-beladene Substrat wird HF.desorbiert.
Im ersten Desorptionsreaktor 3c wird, da hier das Substrat mit maximaler HF-Beladung
eingebracht.wird, am meisten HF durch Desorption frei, im Reaktor 3b eine geringere
Menge, und im letzten Desorptionsreaktor 3a, in den das Substrat bereits größtenteils
von HF befreit eintritt, wird die geringste HF-Menge frei. Entsprechend sind die HF-Konzentrationen
in den die Desorptionsreaktoren verlassenden Gasströmen beim Reaktor 3c am höchsten
und beim Reaktor 3a am geringsten. Der HF-Gasstrom, der aus dem Reaktor 3b austritt,
hat eine dazwischenliegende mittlere HF-Konzentration.
[0038] Die HF-Gasströme unterschiedlicher HF-Konzentration wer--den durch die Gasleitungen
7a bzw. 7b bzw. 7c - nach Passieren der zwischengeschalteten Wärmetauscher 6a bzw.
6b bzw. 6c - an verschiedenen EinlaBstellen des Sorptionsreaktors 1 in diesen eingespeist.
Dabei trifft der HF-Gasstrom aus der Gasleitung 7a mit der geringsten HF-Konzentration
auf Substrat, das erst ganz wenig mit HF beladen ist. Der HF-Gasstrom aus der Gasleitung
7c mit der höchsten HF-Konzentration trifft auf Substrat, das (nahezu) die maximale
HF-Beladung aufweist. Der HF-Gasstrom aus der Gasleitung 7b wird an einer dazwischen
liegenden Stelle des Sorptionsreaktors 1 auf Substrat einwirken gelassen, das bereits
eine relativ hohe HF-Beladung aufweist.
[0039] Nach erfolgter Desorption im Reaktor 3a verläßt das Substrat diesen in nunmehr aufgeschlossener
Form (Pfeil 12f). Es enthält nur noch Spuren von Rest-Fluorwasserstoff und wird der
Aufarbeitung zugeführt, die in an sich bekannter Weise erfolgt.
[0040] Eine besondere Ausführungsform wird schematisch in Figur 2 dargestellt. In die Gasleitung
7a wird ein Dreiwegeventil (10) zwischengeschaltet, das es erlaubt, einen (mehr oder
weniger großen) Teil des aus dem Desorptionsreaktor 3a austretenden HF-Gasstroms über
eine Gasleitung (11) in einen speziellen Kreislauf wieder zurückzuführen und zwischen
dem Ventil 9a und einer zwischengeschalteten Pumpe (4a) in die Gasleitung 8a über
eine Verzweigung einzuleiten. Das Drei-Wege-Ventil 10 kann auch ein Steuerventil sein.
Der in diesem speziellen Kreislauf zurückgeführte Teil des HF-Inertgas-Gemisches beträgt
etwa 10 bis etwa 90 %, vortzugsweise etwa 50 bis etwa 90 %, des Gesamtgemisches, das
den Desorptionsreaktor 3a verläßt. Selbstverständlich kann man das Dreiwegeventil
10 durch ein T-Stück ersetzen und in die Gasleitung 11 ein (Steuer)ventil einbauen.
[0041] Diese besondere Anordnung, die analog auch .eine teilweise Rückführung der die Desorptionsreaktoren
3c bzw. 3b verlassenden HF-Inertgas-Gemische ermöglicht, erlaubt es, die Gasgeschwindigkeiten
der durchlaufenden HF-Inertgas-Gemische zu optimieren.
[0042] Figur 3 zeigt eine weitere besondere Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens.
In die Gasleitung 7a wird ein Dreiwegeventil (10a) zwischengeschaltet, das es erlaubt,
die Aufteilung des den Sorptionsreaktor 1 verlassenden Gasstroms in Teilgasströme
erst nach Passieren des Desorptionsreaktors 3a vorzunehmen. Während ein Teilstrom
nur den Reaktor 3a passiert und direkt dem Sorptionsreaktor 1 zugeführt wird, werden
die beiden anderen Teilströme noch durch einen zweiten Desorptionsreaktor (3c bzw.
3b) geleitet, bevor sie durch die Gasleitungen 7c bzw. 7b dem Reaktor 1 zugeführt
werden.
[0043] Diese besondere Ausführungsform erlaubt in der letzten Desorptionsstufe das Einwirken
einer möglichst großen Gasmenge, das heißt der gesamten Trägergasmenge, auf das Substrat,
wodurch die Desorption beschleunigt wird.
[0044] Es ist vorteilhaft, eventuell im den Sorptionsreaktor verlassenden Gasstrom noch
enthaltenes HF zur Sorption auszunutzen, indem man diesen Gasstrom durch den Substrat-Vorratssilo
leitet, bevor er über die Gasleitung 8a der Pumpe 4 zugeführt wird.
[0045] Das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte, aufgeschlossene Material stellt
ein Gemisch aus Lignin und oligomeren Sacchariden dar. Es kann in an sich bekannter
Weise durch Extraktion mit Wasser, zweckmäßig in der Wärme oder Siedehitze, und durch
gleichzeitiges oder anschließendes Neutralisieren mit Kalk aufgearbeitet werden. Eine
Filtration liefert Lignin, das z.B. als Brennmaterial Verwendung finden kann, sowie
eine geringe Menge Caiciumfluorid, das von dem im Reaktionsgut enthaltenen Rest-Fluorwasserstoff
herrührt. Das Filtrat, eine klare, schwach gelbliche Zuckerlösung, kann entweder unmittelbar
oder nach Einstellen einer zweckmäßigen Konzentration der alkoholischen Gärung bzw.
Fermentierung zugeführt werden. Die gelösten, oligomeren Zucker können auch durch
kurze Nachbehandlung, z.B. mit stark verdünnter Mineralsäure bei Temperaturen oberhalb
100°C, nahezu quantitativ in Glucose überführt werden.
Beispiel 1
[0046] Beispiel 1 wurde in einer apparativen Anordnung durchgeführt, die schematisch in
Fig. 1 dargestellt ist. Sie bestand aus einem Sorptionsreaktor (1), einem Verweilreaktor
(2) und drei Desorptionsreaktoren (3a, 3b, 3c), die miteinander durch Rohrleitungen
und Zellenradschleusen verbunden waren. Als Sorptionsreaktor diente ein senkrecht
stehendes Rohr aus nichtrostendem Stahl von 5 cm lichter Weite und 80 cm Länge, das
am oberen Ende eine gasdichte Zellenradschleuse mit Einfülltrichter trug und am unteren
Ende ebenfalls mit einer gasdichten Zellenradschleuse versehen war. In der Längsachse
des Rohres war eine langsam rotierende, mit schmalen Flügeln versehene Welle angebracht.
An 3 Stellen, die über die unteren zwei Drittel der Rohrlänge verteilt waren, befanden
sich Einleitungen für HF-haltige Gase. Die Gasaustrittsöffnung befand sich kurz unterhalb
der oberen Zellenradschleuse. Der Verweilreaktor war ein zylindrisches Gefäß von ca.
2 1 Inhalt aus halbtransparentem Polyethylen. Die Desorptionsreaktoren bestanden aus
nichtrostendem Stahl und waren als heizbare Drehrohr-Reaktoren ausgebildet, die vom
Substrat und von den strömenden Gasen gleichsinnig durchflossen werden konnten. Das
nutzbare Volumen der Desorptionsreaktoren betrug jeweils etwa 3 1.
[0047] Im Sorptionsreaktor (1) wurde gekörnte Lignocellulose, die als Rückstand bei einer
Vorhydrolyse von Fichtenholzspänen erhalten worden war und einen Wassergehalt von
etwa 3 Gew.-% aufwies, kontinuierlich durch ihr Eigengewicht von oben nach unten gefördert.
Durch die drei Gaseinleitungen wurden aus der Desorption stammende HF-Stickstoff-Gemische
verschiedener Konzentration eingeleitet, und zwar an der untersten Einleitungsstelle
mit der höchsten, an der obersten mit der niedrigsten HF-Konzentration. Mit Hilfe
von am unteren Zellenrad entnommenen Proben wurde die Fördergeschwindigkeit so einreguliert,
daß das aus dem Reaktor austretende Reaktionsgemisch etwa 60 g HF auf 100 g eingesetzte
Lignocellulose enthielt. Aus der unteren Zellenradschleuse gelangte das Substrat durch
freien Fall in den Verweilreaktor (2) und verblieb dort durchschnittlich 30 Min. Durch
Anblasen des Gefäßes mit warmer Luft wurde im Inneren eine Temperatur von 50°C aufrechterhalten.
Der den Sorptionsreaktor (1) oben verlassende, nahezu HF-freie Stickstoff wurde durch
eine Gasleitung (8a) über eine Gaspumpe (4) und die abzweigenden Gasleitungen (8b,
8c) auf die drei Desorptionsreaktoren (3a, 3b, 3c) verteilt. Mit Hilfe der Drosselventile
(9a, 9b, 9c) und der Gaserhitzer (5a, 5b, 5c) wurde der in den jeweiligen Desorptionsreaktor
eingeleitete Stickstoff so einreguliert, daß unter Mitwirkung der am Reaktor selbst
vorhandenen Heizung die folgenden Gasgemische und Desorptionsgrade erhalten wurden:
Erster Desorptionsreaktor (3c): Eingetragen wurde aus dem Verweilreaktor (2) mittels
gasdichter Zellenradschleuse im Gewichtsverhältnis 60 : 100 mit HF-beladene Lignocellulose;
ausgetragen wurde ein Substrat mit einer Beladung von ca. 35 : 100 (Gew.-Verhältnis
HF zu Lignocellulose); die Desorptionstemperatur lag bei 60 - 70°C; das austretende
Gasgemisch enthielt ca. 65 Gew.-% HF.
[0048] Zweiter Desorptionsreaktor (3b): Eingetragen wurde das mit HF beladene Produkt aus
dem ersten Desorptionsreaktor (3c) mittels gasdichter Zellenradschleuse; ausgetragen
wurde ein Substrat mit einer Beladung von ca. 10 : 100; die Desorptionstemperatur
lag bei 70 - 80°C; das austretende Gasgemisch enthielt ca. 25 Gew.-% HF.
[0049] Dritter Desorptionsreaktor (3a): Eingetragen wurde das mit HF beladene Produkt aus
dem zweiten Desorptionsreaktor (3b) mittels gasdichter Zellenradschleuse; ausgetragen
wurde ein Substrat mit ca. 0.5 Gew.-% HF; die Desorptionstemperatur lag bei ca. 90°C;
das austretende Gasgemisch enthielt ca. 5 Gew.-% HF.
[0050] Die in den Desorptionsreaktoren erzeugten drei Gasgemische wurden durch die Rohrleitungen
(7a, 7b, 7c) und die Wärmetauscher (6a, 6b, 6c), wo sie auf 25 - 30°C abgekühlt wurden,
in der oben bereits beschriebenen Weise in den Sorptionsreaktor (1) geleitet, so-daß
unter kontinuierlicher Förderung von Substrat durch die Apparatur Kreisläufe von Trägergas
(Stickstoff) und HF zustande kamen.
[0051] Das aufgeschlossene, von HF weitgehend befreite Substrat wurde in üblicher Weise
mit heißem Wasser extrahiert, die
[0052] so erhaltene Lösung mit Calciumhydroxid neutralisiert, filtriert und eingedampft.
Es wurde so Holzzucker von heller Farbe in einer Ausbeute von 90 %, bezogen auf die
ursprünglich vorhandene Cellulose, erhalten.
Beispiel 2
[0053] In der in Beispiel 1 beschriebenen Apparatur und nach dem dort ausführlich beschriebenen
Verfahren wurden rohe, bis auf eine Restfeuchte von etwa 5 Gew.-% getrocknete Fichtenholz-Hobelspäne
aufgeschlossen. Bei der Desorption in den Reaktoren 3c bis 3a wurden Holzbegleitstoffe
wie Essigsäure mit ausgetrieben und in den Wärmetauschern 6c bis 6a auskondensiert
und abgetrennt. Nach üblicher Aufarbeitung, wie in Beispiel 1 beschrieben, wurde Holzzucker
in einer Ausbeute von etwa 70 Gew.-%, bezogen auf die im eingesetzten Material enthaltenen
Kohlenhydrate, erhalten.