(19)
(11) EP 0 081 660 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.06.1983  Patentblatt  1983/25

(21) Anmeldenummer: 82109826.6

(22) Anmeldetag:  23.10.1982
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3G21F 9/34
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE FR GB LI SE

(30) Priorität: 11.11.1981 DE 3144755

(71) Anmelder:
  • Nukem GmbH
    D-63434 Hanau (DE)
  • Deutsche Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen mbH
    D-30014 Hannover (DE)

(72) Erfinder:
  • Hackstein, Karl Gerhard, Dr. Dipl.-Chem.
    D-6450 Hanau 1 (DE)
  • Hrovat, Milan, Dr. Dipl.-Ing.
    D-6458 Rodenbach 2 (DE)
  • Huschka, Hans, Dr. Dipl.-Chem.
    D-6450 Hanau 9 (DE)
  • Rachor, Lothar
    D-6450 Hanau 8 (DE)
  • Schmidt-Hansberg, Thomas, Dr. Dipl.-Chem.
    D-6000 Frankfurt 50 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Formkörper zur Einbindung von abgebrannten Kernbrennstoffstäben und Verfahren zu seiner Herstellung


    (57) Kembrennstoffstäbe in Originalform oder in verformter Gestalt werden zur sicheren Langzeit-Einbindung in Formkörper aus Graphit und Nickelsulfid eingebettet. Die mechanische Integrität und die Wärmeableitung werden erhöht, wenn der Formkörper im Kopf- und Fußbereich Ankerplatten und in kernbrennstoffstabfreien Zonen im Innern parallel zur Hauptachse des Formkörpers in den Ankerplatten befestigte Metallstäbe enthält.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft einen zylindrischen oder polygonalen Formkörper aus Graphit und Nickelsulfid zur sicheren Langzeiteinbindung von abgebrannten Kernbrennstoffstäben in Originalform oder verformter Gestalt und ein Verfahren zur Herstellung solcher Formkörper.

    [0002] Abgebrannte Brennelemente aus Kernreaktoren müssen nach einer gewissen Zeit 'der Zwischenlagerung einer Endbeseitigung zugeführt werden. Weltweit wurden dazu zwei Wege untersucht, nämlich die Wiederaufarbeitung der Brennelemente mit Rückführung der Brennstoffe in die Brennelementfertigung sowie Abtrennung und Endlagerung der Spaltprodukte (hochaktiver Abfall) und alternativ die direkte Endlagerung der abgebrannten Brennelemente. In jedem Fall entsteht hochaktiver Abfall, der 1000 Jahre und mehr sicher in geeignete geologische Formationen eingelagert werden muß.

    [0003] Zum sicheren Langzeit-Einschluß solcher abgebrannter Brennelemente sind zahlreiche Behältertypen vorgeschlagen worden, die die geforderten Bedingungen, wie dichter Einschluß bei den auftretenden Drücken und Temperaturen oder Korrosionsfestigkeit gegen Salzlaugen, gut erfüllen. Als Behältermaterial werden vielerlei metallische und nichtmetallische Werkstoffe verwendet.

    [0004] Da Graphit eine hervorragende Korrosionsbeständigkeit besitzt, ist vorgeschlagen worden (DE-OS 29 42 092), Behälter mit einer Korrosionsschutzschicht aus Graphit zu versehen. Da Graphitformkörper der für die Aufnahme eines Brennelementes notwendigen Abmessungen bisher weder gas- noch flüssigkeitsdicht herzustellen sind, ist eine -anschließende Beschichtung mit Pyrokohlenstoff oder Siliciumkarbid vorgesehen. Nach dem Einfühlen des Brennelements soll der beschichtete Behälter mit einem gleichermaßen beschichteten Deckel gas- und flüssigkeitsdicht verschlossen werden. Hierbei sollen Graphitdichtungen bzw. geeignete Klebemittel zum Einsatz kommen. Ein wesentlicher Nachteil dieses Behälterkonzepts ist der ausserordentlich hohe technische Aufwand, der für die Herstellung und Beschichtung solcher Behälter mit großen Abmessungen notwendig ist. Außerdem lassen sich so große Formkörper nicht mit den geforderten Qualitätsansprüchen beschichten.

    [0005] Es ist auch bekannt, zur Einbindung von radioaktivem und toxischen Abfällen Formkörper aus einer Kohlenstoffmatrix herznstellen (DE-OS 29 17 437), indem man die Abfälle mit einem Gemisch aus Graphitpulver und einem Bindemittel bei höheren Temperaturen presst. Als Bindemittel verwendet man hierbei vorzugsweise Nickelsulfid. Solche Formkörper sind sehr dicht und besitzen eine gute Korrosions- und Auslaugebeständigkeit, insbesondere gegenüber Salzlösungen.

    [0006] In der DE-OS 28 18 781 wird ein Verfahren zur umweltsicheren Lagerung von abgebrannten Kernbrennstoffstäben beschrieben, bei dem die Kernbrennstoffstäbe gebogen und die so erhaltenen Pakete in einen Schutzbehälter untergebracht werden. Vorzugsweise werden dabei die Kernbrennstoffstäbe U-förmig oder zu einer aufgewickelten Rolle verformt. Dieses Verfahren hat den Nachteil, daß man Behälter benötigt und die Wärmeabfuhr von den Kernbrennstoffstäben nach außen relativ schlecht ist.

    [0007] Es ist auch bekannt, die verformten Kernbrennstoffstäbe mit Tonerde und einem dünnen Stahlmantel isostatisch zu einem Block zu verpressen (Sprechsaal 113 (1980), 753-766), der endgelagert werden kann. Auch hier ist jedoch das Problem der Wärmeabfuhr nicht optimal gelöst. Außerdem ist die mechanische Integrität nicht für alle denkbaren Einlagerungsfälle ausreichend.

    [0008] Es war daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, zylindrische oder polygonale Formkörper aus Graphit und Nickelsulfid zur sicheren Langzeit-Einbindung von abgebrannten Kernbrennstoffstäben in Originalform oder in verformter Gestalt zu schaffen, die eine gute Wärmeabführung gewährleisten, eine gute Korrosions- und Auslaugebeständigkeit besitzen und eine holhe mechanische Integrität aufweisen.

    [0009] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß der Formkörper im Kopf- und Fußbereich Ankerplatten und in kernbrennstoffstabfreien Zonen im Innern parallel zur Hauptachse des Formkörpers in den Ankerplatten befestigte Metallstäbe enthält.

    [0010] Für die Ankerplatten und die Metallstäbe kann man alle üblichen Materialien verwenden, vorzugsweise benutzt man jedoch Stahl.

    [0011] Es ist vorteilhaft, Metallstäbe mit einer makroskopisch rauhen Oberfläche zu verwenden, um die mechanische Bindung zwischen Graphit/Nickelsulfid-Matrix und den Stäben zu verbessern.

    [0012] Als vorteilhaft hat es sich auch herausgestellt, wenn der Formkörper das Nickelsulfid überwiegend in Form von Ni3S2 enthält. Dadurch wird die Korrosions- und Auslaugebeständigkeit weiter erhöht. Die Formkörper enthalten im allgemeinen als Matrixwerkstoff 10 bis 75 Gew.% Graphit und 25 - 90 Gew.% Nickelsulfid, vorzugsweise mindestens 80 % davon in Form von Ni3S2.

    [0013] Die erfindungsgemäßen Formkörper besitzen eine außerordentlich hohe mechanische Integrität, so daß die durch das Endlager vorgegebenen Anforderungen restlos erfüllt werden.

    [0014] Die Herstellung dieser Formkörper erfolgt vorzugsweise dadurch, daß in eine Matrize zuerst ein Matrixpulver aus Graphit, Nickel und Schwefel, dann eine Ankerplatte mit daran befestigten Metallstäben, anschließend die verformten oder unverformten Kerabrenastoffstäbe zusammen mit Matrixpulver, eine weitere Ankerplatte mit daran befestigten Metallstäben und abschließend nochmals Matrixpulver eingebracht und bei Temperaturen oberhalb 100°C gepresst wird, wobei die Matrix im Bereich der eingelagerten Kernbrennstoffstäbe vor dem Pressen vorverdichtet wird und die Metallstäbe auf den Ankerplatten nur in Bereichen angebracht werden, oberhalb bzw. unterhalb derer sich keine Kernbrennstoffstäbe befinden. Vorteilhafterweise erfolgt das Pressen bei Temperaturen zwischen 400 und 500°C.

    [0015] Die Ankerplatten werden hierbei so eingepresst, daß die Metallstäbe innerhalb der kernbrennstoffstabfreien Zentral- und Randbereiche bei der Verdichtung aneinander vorbeigleiten und sich in der aushärtenden Matrix verankern. Dadurch wird die mechanische Integrität des Formkörpers -insbesondere bei Zug- und Biegebeanspruchung- wesentlich erhöht, sodaß es möglich ist, die Kernbrennstoffstäbe in beliebiger Form (z.B. gewickelt, geknickt oder in Originalabmessungen)einzub2nden.

    [0016] Vorteilhafterweise werden die Kernbrennstoffstäbe zu scheibenförmigen Spiralen verformt, wobei man einen Zentralbereich von vorzugsweise ≥ 80 mm Durchmesser freiläßt. Bei der.Herstellung dieser Brennstabspiralen hat es sich als vorteilhaft erwiesen, den Windungsabstand ≤ 6 mm zu halten.

    [0017] Die Verdichtungsverhältnisse der Matrix in den kernbrenastoffstabhaltigen und-freien Bereichen werden so aufeinander abgestimmt, daß die Restverformbarkeit in beiden Bereichen gleich groß ist. Dadurch gelingt es, eine gleichmäßige integrale Dichte über der gesamten Formkörperlänge zu erzielen.

    [0018] Neben einer Vielzahl von Kernbrennstoffstäben lassen sich mit dem erfindungsgemäßen Verfahren vorteilhafterweise auch einzelne Brennstabspiralen in die Graphit- Nickelsulfid-Matrix einbinden. Solche Scheiben können in einem für die Endlagerung geeigneten Behälter übereinandergestapelt werden, so daß sie je nach Bedarf leicht rückholbar oder auch endlagerfähig sind. Zur leichteren Rückholbarkeit können die Scheiben mit einem zentralen Greifloch versehen sein. Neben intakten Kernbrennstoffstäben können auf diese Weise auch kontaminierte Kernbrennstoffstabhüllen eingebunden werden.

    [0019] Die Abbildung I zeigt schematisch einen erfindungsgemäßen Formkörper in beispielhafter Ausführungsform im Längsschnitt, Abbildung II einen Kernbrennstoffstab in Spiralform.

    [0020] Der Formkörper enthält im Kopfbereich (2) und im Faßbereich (3) je eine Ankerplatte (1), auf denen Metallstäbe (4) befestigt sind, und zwar nur auf den Bereichen der Ankerplatten (1), zwischen denen sich beim Pressen des Formkörpers keine Kernbrenastoffstäbe (5) befinden. Die Kernbrennstoffstäbe (5) werden daher vorzugsweise zu scheibenförmigen Spiralen (6) mit einem stabfreiem Zentrum (7) verformt, sodaß die Metallstäbe (4) neben dem Außenbereich des Formkörpers auch im Zentrum angeordnet werden können.

    [0021] Anhand der folgenden Beispiele sollen die erfindungsgemäßen Formkörper und das erfindungsgemäße Verfahren näher erläutert werden.

    Beispiel 1:



    [0022] Als Ausgangspulver für die Matrix wurde eine Mischumg aus 43,7 Gew.-% feingepulvertem Naturgraphit, 15 Gew.-% feingemahlenem Schwefel und 41,3 Gew.-% Nickelmetallpulver durch Trockenmischen hergestellt. Die Kernbrennstoffstäbe hatten einen Innendurchmesser von 8 mm und waren mit gesinterten UO2-Pellets mit einer Dichte von 10,4 g/cm3 gefüllt. Die einzelnen Kernbrennstoffstäbe werden in geeignete Stahlrohre gesteckt und diese beidseitig dicht verschlossen. Die an einem Ende eingespannten Kernbrennstoffstäbe wurden mit Hilfe einer hierzu geeigneten Vorrichtung zu Spiralen mit einem maximalen äußeren Windungsabstand von ≤ 6 mm und einem Durchmesser von ca. 260 mm aufgewickelt.

    [0023] Zum Einbinden der Spiralen wurde in eine Stahlmatrize mit 300 mm Durchmesser eine Schicht aus Matrixpulver eingefüllt, diese kalt vorverdichtet und darauf eine Ankerplatte mit 5 Metallstäben (3 an der Peripherie, 2 im Innern) gelegt. Auf die Ankerplatte wurde eine weitere -10 mm dicke- Matrixpulverschicht aufgebracht. Darauf wurde eine Kernbrennstoffstabspirale gelegt und dann Matrixpulver in einer Höhe eingefüllt, die etwa der Schichtdicke einer Kernbrennstoffstabspirale entsprach. Im Zentrum und im Randbereich der Spirale wurde der Matrixpulvergehalt durch zusätzliche Vorverdichtung um ca. 30 % angehoben. Zum Aufbau des Formkörpers wurden weitere 39 Spiralen gemäß dem beschriebenen Arbeitsschritt schichtenweise übereinander angeordnet. Am oberen Ende der letzten Spirale wurde die zweite Ankerplatte mit versetzt angeordneten Metallstäben eingesetzt. Oberhalb dieser Ankerplatte wurde weiteres Matrixpulver eingefüllt- äquivalent der Menge, die zu Beginn des Prozesses unten eingefüllt wurde. Nach dem Erwärmen auf 130°C erfolgte das Fertigpressen mit einem Preßdruck von 50 MN/m2. Zur Umsetzung des Schwefel/ Nickel-Gemisches zum Ni3S2 wurde die Temperatur bei anhaltenden Druck auf 450°C angehoben. Nach dem Abkühlen auf 300°C wurde der Formkörper ausgestoßen.

    [0024] Der fertiggepreßte Formkörper hatte folgende Eigenschaft:


    Beispiel 2:



    [0025] Die Matrixpulverherstellung erfolgte analog dem Beispiel 1. Etwa 5 m lange eingekapselte Kernbrennstoffstäbe wurden 20mal geknickt, so daß die Breite-bei einer Höhe von 450 mm - 250 mm betrug.

    [0026] Das Einbinden der geknickten Brennstäbe erfolgte in einer Vierkantmatrize. Nach dem Einfüllen der ersten Matrixpulverschicht und der Ankerplatte mit 2 außenliegenden Metallstäben wurden 6 geknickte Kernbrennstoffstäbe angeordnet und der Zwischenraum mit Matrixpulver ausgefüllt. Nach dem Einbringen der zweiten Ankerplatte mit versetzt angeordneten Metallstäben wurde diese mit Matrixpulver überschichtet-äquivalent zu der Menge, die zu Beginn des Prozesses unten eingefüllt wurde.

    [0027] Die Pressung erfolgte wie in Beispiel 1.

    [0028] Die Matrixeigenschaften des fertiggepreßten Formkörpers stimmen mit den Eigenschaften des in Beispiel 1 beschriebenen Formkörpers überein.


    Ansprüche

    1. Zylindrische oder polygonale Formkörper aus Graphit und Nickelsulfid zur sicheren Langzeit-Einbindung von abgebrannten Kernbrennstoffstäben in Originalform oder in verformter Gestalt, dadurch gekennzeichnet, daß er im Kopf- (2) und im Fußbereich (3) Ankerplatten (1) und in kernbrennstoffstabfreien Zonen im Innern parallel zur Hauptachse des Formkörpers in den Ankerplatten (1) befestigte Metallstäbe (4) enthält.
     
    2. Formkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet. daß die Metallstäbe (4) eine makroskopisch rauhe Oberfläche besitzen.
     
    3. Formkörper nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß er das Nickelsulfid in Form von Ni3S2 enthält.
     
    4. Formkörper nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Kernbrennstoffstäbe (5) zu scheibenförmigen Spiralen (6) verformt sind, die einen kernbrennstoffstabfreien Zentralbereich (7) mit einem Durchmesser von ≥ 80 mm besitzen.
     
    5. Formkörper nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Windungsabstand der scheibenförmigen Spirale (6) ≤ 6 mm beträgt.
     
    6. Formkörper nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß er nur eine scheibenförmige Spirale (6) eines Kernbrennstoffstabes (5) enthält.
     
    7. Verfahren zur Herstellung von Formkörpern nach Anspruch 1 bis 6, durch Pressen eines Gemisches aus Graphit, Nickel und Schwefel, in dem die Kernbrennstoffstäbe eingebettet sind, in einer Matrize bei Temperaturen oberhalb 100°C, dadurch gekennzeichnet, daß in die Matrize zuerst ein Matrixpulver aus Graphit, Nickel und Schwefel, dann eine Ankerplatte mit daran befestigten Metallstäben, anschließend die Kernbrennstoffstäbe zusammen mit Matrixpulver, eine weitere Ankerplatte mit daran befestigten Metallstäben und abschließend nochmals Matrixpulver eingebracht und gepresst wird, wobei das Matrixpulver im Bereich der eingebetteten Kernbrennstoffstäbe vorverdichtet wird und die Metallstäbe auf den Ankerplatten nur in Bereichen angebracht werden, ober- bzw. unterhalb derer sich keine Kernbrennstoffstäbe in der Matrix befinden.
     
    8. Verfahren zur Herstellung von Formkörpern nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß beim Fertigpressen Temperaturen von 400 bis 500 C angewendet werden.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht