(19)
(11) EP 0 082 810 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
29.06.1983  Patentblatt  1983/26

(21) Anmeldenummer: 82810486.9

(22) Anmeldetag:  12.11.1982
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3B22D 11/16, B22D 11/124
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 20.11.1981 CH 7448/81

(71) Anmelder: SCHWEIZERISCHE ALUMINIUM AG
CH-3965 Chippis (CH)

(72) Erfinder:
  • Sautebin, Raoul
    CH-3960 Sierre (CH)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Kühlen eines Giessstranges während des Stranggiessens


    (57) Die Kühlung eines aus einer Stranggiesskokille während des Stranggiessens austretenden Giessstranges erfolgt durch Aufbringen von Kühlmittel unmittelbar auf die Strangoberfläche. Zur Verminderung der bei zu schroffer Abkühlung des Stranges auftretenden Wölbung des Strangfusses wird dem Kühlmittel zumindest während des Anfahrvorganges eine Substanz beigemischt, die beim Auftreffen auf die heisse Strangoberfläche ein Gas als Zersetzungsprodukt abgibt. Dieses Gas bildet auf der Strangoberfläche einen den Wärmeabfluss vermindernden Isolierfilm. Besonders geeignet sind Substanzen mit Kohlendioxid oder Stickstoff als Zersetzungsprodukt.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Kühlen eines aus einer Stranggiesskokille während des Stranggiessens austretenden Giessstranges durch Aufbringen von Kühlmittel unmittelbar auf die Strangoberfläche, bei dem aus dem Kühlmittel zumindest während des Anfahrvorganges ein Gas freigesetzt wird.

    [0002] Beim Stranggiessen mit direkter Kühlung wird dem aus der Kokille austretenden Giessstrang durch Beaufschlagen der Strangoberfläche mit Kühlmittel unmittelbar unterhalb der Kokille Wärme entzogen. Während des Anfahrvorganges berührt das Kühlmittel zunächst nur den Anfahrboden. Der hierbei eintretende indirekte Wärmeentzug führt zu einer milden Erstarrung des flüssigen Metalls und zu einer ebenen Ausbildung des Stranqfusses. Mit fortschreitendem Absenken des Anfahrbodens trifft das Kühlmittel direkt auf die Oberfläche des Stranges auf, was mit einer sprunghaften Erhöhung der Wärmeabfuhr aus dem Giessstrang verbunden ist. Die als Folge dieses Temperaturschocks auftretenden Wärmespannungen sind grösser als die Dehnungsfestigkeit des Giessstranges und führen zu einer bleibenden Verformung in Form einer konvexen Wölbung des Strangfusses und bei Ueberschreiten der Zerreissfestigkeit überdies zu Rissen im Strang. Um einen Giessstrang mit ebenem Fuss zu erhalten, darf der Strang demzufolge während des Anfahrvorganges nicht zu stark gekühlt werden.

    [0003] Es ist ein Verfahren bekannt, bei dem das Kühlmittel zumindest während des Anfahrvorganges ein unter Druck eingebrachtes Gas enthält. Das auf diese Weise gelöste Gas bildet beim Auftreffen des Kühlmittels auf der Strangoberfläche einen den Wärmeabfluss vermindernden Isolierfilm, welcher eine Herabsetzung der Kühlintensität zur Folge hat.

    [0004] Die diesem Verfahren anhaftenden Nachteile sind einerseits die zur Lösung des Gases im Kühlmittel erforderlichen, aufwendigen Misch- und Kontrolleinrichtungen; andererseits ist dieses Verfahren wegen der allgemein geringen Löslichkeit von Gasen im hauptsächlich als Kühlmittel eingesetzten Wasser praktisch auf die Verwendung von Kohlendioxid beschränkt.

    [0005] Angesichts dieser Gegebenheiten hat sich der Erfinder das Ziel gesetzt, ein Verfahren der eingangs erwähnten Art derart zu verbessern, dass die vorstehend genannten Nachteile entfallen.

    [0006] Erfindungsgemäss wird diese Aufgabe dadurch gelöst, dass dem Kühlmittel eine Substanz, die beim Auftreffen auf die heisse Strangoberfläche das Gas als Zersetzungsprodukt abgibt, beigemischt wird.

    [0007] Mit dem erfindungsgemässen Verfahren lässt sich das Prinzip der Verminderung der Kühlintensität durch einen Isolierfilm aus Gasen auf einfache Weise realisieren. Die Substanz kann in hochkonzentrierter Form -- beispielsweise als in Kühlmittel gesättigte Lösung -- von einem Vorratsbehälter über eine Dosierpumpe in eine Kühlmittelzufuhrleitung eingespiesen werden. Da das Gas erst beim Auftreffen auf die heisse Strangoberfläche durch Zersetzung der Substanz gebildet wird, sind keine besonderen Druck- und Mischeinrichtungen erforderlich.

    [0008] Zur Durchführung des Verfahrens sind im wesentlichen alle Substanzen geeignet, die eine gute Löslichkeit im Kühlmittel zeigen und bei der Zersetzung keine aggressiven bzw. gesundheitsschädlichen Gase abgeben. Hierbei kommen im wesentlichen solche Substanzen in Frage, die bei ihrer Zersetzung Kohlendioxid oder Stickstoff abgeben.

    [0009] Wird Wasser als Kühlmittel verwendet, so können als Substanzen Hydrogencarbonate, insbesondere Natrium- oder Ammoniumhydrogencarbonat, in gelöster Form eingesetzt werden. Ebenfalls können organische Verbindungen in gelöster Form mit mindestens einer Carboxylgruppe -- beispielsweise Säuren oder Ester -- verwendet werden.

    [0010] Da in Wasser gelöste Carbonate mit Kohlendioxid im Gleichgewicht stehen und Kohlendioxid bei Senkung des pH-Wertes leichter freigesetzt wird, kann in Weiterbildung des Verfahrens Säure zur Substanz hinzugegeben werden.

    [0011] Bei der Verwendung von Wasser als Kühlmittel sind Substanzen, welche Stickstoff als Zersetzungsprodukt abgeben, deshalb besonders geeignet, weil sie mit Stickstoff nicht in einem wässrigen Gleichgewicht stehen und demzufolge ein vom pH-Wert unabhängiges Verhalten zeigen.

    [0012] Als Substanz zu Wasser als Kühlmittel ist insbesondere Ammoniumnitrit geeignet. Dieses kann auch als äquimolare Mischung von Natriumnitrit und Ammoniumnitrat in das Kühlmittel eingebracht werden..

    [0013] Das erfindungsgemässe Verfahren lässt sich sowohl mit konventionellen als auch mit elektromagnetischen Stranggiesskokillen realisieren und ist besonders geeignet zum Giessen von Leichtmetallen, insbesondere von Aluminium und Aluminiumlegierungen. Die Konzentration der Substanz richtet sich nach der jeweils gewünschten Verminderung der Kühlintensität und liegt üblicherweise in der Grössenordnung von 10-1 bis 10-3 Mol/Liter.

    [0014] Nach beendetem Anfahrvorgang kann die Zufuhr der Substanz zum Kühlmittel unterbrochen werden. Bei einer anderen Durchführungsart des Verfahrens wird die Konzentration der Substanz im Kühlmittel während des Anfahrvorganges kontinuierlich vermindert. In gewissen Fällen kann es sich jedoch als zweckmässig erweisen, das erfindungsgemässe Verfahren während des gesamten Giessvorganges beizubehalten.

    [0015] Veitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungspeispiele.

    [0016] Auf einer Vertikalstranggiessanlage mit elektromagnetischer Kokille wurde eine Legierung 3004 unter praxisüblichen Be-3ingungen zu Barren vom Format 500 mm x 1600 mm vergossen. Die Kühlwasserzufuhr wurde während des gesamten Giessvorganges auf 600 Liter/Minute konstant gehalten. Bis zu einer erzeugten Stranglänge von 100 mm wurden die in der Tabelle angeführten Substanzen dem Kühlwasser beigemischt. Hierzu wurde aus einem Vorratstank eine gesättigte wässrige Lösung der jeweiligen Substanz über eine Dosierpumpe direkt in die Hauptkühlwasserleitung eingespiesen. Die im Kühlwasser eingestellten Konzentrationen der Substanzen sind ebenfalls in der Tabelle enthalten. Die Zufuhr der Substanzen wurde nach dem Anfahren während des weiteren Giessvorganges unterbrochen.

    Bei Einhaltung der in der Tabelle angeführten Konzentrationen der Substanzen im Kühlwasser während des Anfahrvorganges bildete sich als Folge der verminderten Kühlwirkung ein praktisch wölbunqs- und rissfreier Strangguss aus.


    Ansprüche

    I. Verfahren zum Kühlen eines aus einer Stranggiesskokille während des Stranggiessens austretenden Giessstranges durch Aufbringen von Kühlmittel unmittelbar auf die Strangoberfläche, bei dem aus dem Kühlmittel zumindest während des Anfahrvorganges ein Gas freigesetzt wird,
    dadurch gekennzeichnet,
    dass dem Kühlmittel eine Substanz, die beim Auftreffen auf die heisse Strangoberfläche das Gas als Zersetzungsprodukt abgibt, beigemischt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass dem Kühlmittel eine Kohlendioxid als Zersetzungsprodukt abgebende Substanz beigemischt wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass als Kühlmittel Wasser und als Substanz Hydrogencarbonate, vorzugsweise Natrium- oder Ammoniumhydrogencarbonat, in gelöster Form eingesetzt werden.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass als Kühlmittel Wasser und als Substanz organische Verbindungen mit mindestens einer Carboxylgruppe, vorzugsweise Säuren oder Ester, in gelöster Form eingesetzt werden.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass dem Kühlmittel eine Stickstoff als Zersetzungsprodukt abgebende Substanz beigemischt wird.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass als Kühlmittel Wasser und als Substanz Ammoniumnitrit in gelöster Form eingesetzt wird.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass als Kühlmittel Wasser und als Substanz eine äquimolare Mischung von Natriumnitrit und Ammoniumnitrat in gelöster Form eingesetzt wird.
     
    8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Substanz dem Kühlmittel in einer Konzentration von 10-1 bis 10-3 Mol/Liter beigemischt wird.
     
    9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Substanz dem Kühlmittel in der Form einer gesättigten Lösung zudosiert wird.
     





    Recherchenbericht