[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Kühlen eines aus einer Stranggiesskokille
während des Stranggiessens austretenden Giessstranges durch Aufbringen von Kühlmittel
unmittelbar auf die Strangoberfläche, bei dem aus dem Kühlmittel zumindest während
des Anfahrvorganges ein Gas freigesetzt wird.
[0002] Beim Stranggiessen mit direkter Kühlung wird dem aus der Kokille austretenden Giessstrang
durch Beaufschlagen der Strangoberfläche mit Kühlmittel unmittelbar unterhalb der
Kokille Wärme entzogen. Während des Anfahrvorganges berührt das Kühlmittel zunächst
nur den Anfahrboden. Der hierbei eintretende indirekte Wärmeentzug führt zu einer
milden Erstarrung des flüssigen Metalls und zu einer ebenen Ausbildung des Stranqfusses.
Mit fortschreitendem Absenken des Anfahrbodens trifft das Kühlmittel direkt auf die
Oberfläche des Stranges auf, was mit einer sprunghaften Erhöhung der Wärmeabfuhr aus
dem Giessstrang verbunden ist. Die als Folge dieses Temperaturschocks auftretenden
Wärmespannungen sind grösser als die Dehnungsfestigkeit des Giessstranges und führen
zu einer bleibenden Verformung in Form einer konvexen Wölbung des Strangfusses und
bei Ueberschreiten der Zerreissfestigkeit überdies zu Rissen im Strang. Um einen Giessstrang
mit ebenem Fuss zu erhalten, darf der Strang demzufolge während des Anfahrvorganges
nicht zu stark gekühlt werden.
[0003] Es ist ein Verfahren bekannt, bei dem das Kühlmittel zumindest während des Anfahrvorganges
ein unter Druck eingebrachtes Gas enthält. Das auf diese Weise gelöste Gas bildet
beim Auftreffen des Kühlmittels auf der Strangoberfläche einen den Wärmeabfluss vermindernden
Isolierfilm, welcher eine Herabsetzung der Kühlintensität zur Folge hat.
[0004] Die diesem Verfahren anhaftenden Nachteile sind einerseits die zur Lösung des Gases
im Kühlmittel erforderlichen, aufwendigen Misch- und Kontrolleinrichtungen; andererseits
ist dieses Verfahren wegen der allgemein geringen Löslichkeit von Gasen im hauptsächlich
als Kühlmittel eingesetzten Wasser praktisch auf die Verwendung von Kohlendioxid beschränkt.
[0005] Angesichts dieser Gegebenheiten hat sich der Erfinder das Ziel gesetzt, ein Verfahren
der eingangs erwähnten Art derart zu verbessern, dass die vorstehend genannten Nachteile
entfallen.
[0006] Erfindungsgemäss wird diese Aufgabe dadurch gelöst, dass dem Kühlmittel eine Substanz,
die beim Auftreffen auf die heisse Strangoberfläche das Gas als Zersetzungsprodukt
abgibt, beigemischt wird.
[0007] Mit dem erfindungsgemässen Verfahren lässt sich das Prinzip der Verminderung der
Kühlintensität durch einen Isolierfilm aus Gasen auf einfache Weise realisieren. Die
Substanz kann in hochkonzentrierter Form -- beispielsweise als in Kühlmittel gesättigte
Lösung -- von einem Vorratsbehälter über eine Dosierpumpe in eine Kühlmittelzufuhrleitung
eingespiesen werden. Da das Gas erst beim Auftreffen auf die heisse Strangoberfläche
durch Zersetzung der Substanz gebildet wird, sind keine besonderen Druck- und Mischeinrichtungen
erforderlich.
[0008] Zur Durchführung des Verfahrens sind im wesentlichen alle Substanzen geeignet, die
eine gute Löslichkeit im Kühlmittel zeigen und bei der Zersetzung keine aggressiven
bzw. gesundheitsschädlichen Gase abgeben. Hierbei kommen im wesentlichen solche Substanzen
in Frage, die bei ihrer Zersetzung Kohlendioxid oder Stickstoff abgeben.
[0009] Wird Wasser als Kühlmittel verwendet, so können als Substanzen Hydrogencarbonate,
insbesondere Natrium- oder Ammoniumhydrogencarbonat, in gelöster Form eingesetzt werden.
Ebenfalls können organische Verbindungen in gelöster Form mit mindestens einer Carboxylgruppe
-- beispielsweise Säuren oder Ester -- verwendet werden.
[0010] Da in Wasser gelöste Carbonate mit Kohlendioxid im Gleichgewicht stehen und Kohlendioxid
bei Senkung des pH-Wertes leichter freigesetzt wird, kann in Weiterbildung des Verfahrens
Säure zur Substanz hinzugegeben werden.
[0011] Bei der Verwendung von Wasser als Kühlmittel sind Substanzen, welche Stickstoff als
Zersetzungsprodukt abgeben, deshalb besonders geeignet, weil sie mit Stickstoff nicht
in einem wässrigen Gleichgewicht stehen und demzufolge ein vom pH-Wert unabhängiges
Verhalten zeigen.
[0012] Als Substanz zu Wasser als Kühlmittel ist insbesondere Ammoniumnitrit geeignet. Dieses
kann auch als äquimolare Mischung von Natriumnitrit und Ammoniumnitrat in das Kühlmittel
eingebracht werden..
[0013] Das erfindungsgemässe Verfahren lässt sich sowohl mit konventionellen als auch mit
elektromagnetischen Stranggiesskokillen realisieren und ist besonders geeignet zum
Giessen von Leichtmetallen, insbesondere von Aluminium und Aluminiumlegierungen. Die
Konzentration der Substanz richtet sich nach der jeweils gewünschten Verminderung
der Kühlintensität und liegt üblicherweise in der Grössenordnung von 10-
1 bis 10-
3 Mol/Liter.
[0014] Nach beendetem Anfahrvorgang kann die Zufuhr der Substanz zum Kühlmittel unterbrochen
werden. Bei einer anderen Durchführungsart des Verfahrens wird die Konzentration der
Substanz im Kühlmittel während des Anfahrvorganges kontinuierlich vermindert. In gewissen
Fällen kann es sich jedoch als zweckmässig erweisen, das erfindungsgemässe Verfahren
während des gesamten Giessvorganges beizubehalten.
[0015] Veitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung
bevorzugter Ausführungspeispiele.
[0016] Auf einer Vertikalstranggiessanlage mit elektromagnetischer Kokille wurde eine Legierung
3004 unter praxisüblichen Be-3ingungen zu Barren vom Format 500 mm x 1600 mm vergossen.
Die Kühlwasserzufuhr wurde während des gesamten Giessvorganges auf 600 Liter/Minute
konstant gehalten. Bis zu einer erzeugten Stranglänge von 100 mm wurden die in der
Tabelle angeführten Substanzen dem Kühlwasser beigemischt. Hierzu wurde aus einem
Vorratstank eine gesättigte wässrige Lösung der jeweiligen Substanz über eine Dosierpumpe
direkt in die Hauptkühlwasserleitung eingespiesen. Die im Kühlwasser eingestellten
Konzentrationen der Substanzen sind ebenfalls in der Tabelle enthalten. Die Zufuhr
der Substanzen wurde nach dem Anfahren während des weiteren Giessvorganges unterbrochen.

Bei Einhaltung der in der Tabelle angeführten Konzentrationen der Substanzen im Kühlwasser
während des Anfahrvorganges bildete sich als Folge der verminderten Kühlwirkung ein
praktisch wölbunqs- und rissfreier Strangguss aus.
I. Verfahren zum Kühlen eines aus einer Stranggiesskokille während des Stranggiessens
austretenden Giessstranges durch Aufbringen von Kühlmittel unmittelbar auf die Strangoberfläche,
bei dem aus dem Kühlmittel zumindest während des Anfahrvorganges ein Gas freigesetzt
wird,
dadurch gekennzeichnet,
dass dem Kühlmittel eine Substanz, die beim Auftreffen auf die heisse Strangoberfläche
das Gas als Zersetzungsprodukt abgibt, beigemischt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass dem Kühlmittel eine Kohlendioxid
als Zersetzungsprodukt abgebende Substanz beigemischt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass als Kühlmittel Wasser und
als Substanz Hydrogencarbonate, vorzugsweise Natrium- oder Ammoniumhydrogencarbonat,
in gelöster Form eingesetzt werden.
4. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass als Kühlmittel Wasser und
als Substanz organische Verbindungen mit mindestens einer Carboxylgruppe, vorzugsweise
Säuren oder Ester, in gelöster Form eingesetzt werden.
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass dem Kühlmittel eine Stickstoff
als Zersetzungsprodukt abgebende Substanz beigemischt wird.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass als Kühlmittel Wasser und
als Substanz Ammoniumnitrit in gelöster Form eingesetzt wird.
7. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass als Kühlmittel Wasser und
als Substanz eine äquimolare Mischung von Natriumnitrit und Ammoniumnitrat in gelöster
Form eingesetzt wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Substanz
dem Kühlmittel in einer Konzentration von 10-1 bis 10-3 Mol/Liter beigemischt wird.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Substanz
dem Kühlmittel in der Form einer gesättigten Lösung zudosiert wird.