[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur thermischen Zersetzung und Umsetzung von
organischen und anorganischen Substanzen in einem aus mechanisch bewegten Füllkörpern
bestehenden Bett, das sich.in einem beheizten, aufrechtstehenden zylinderförmigen
Reaktor befindet, sowie eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.
[0002] In der Kerntechnik fallen einet Reihe von festen und flüssigen organischen und anorganischen
Abfällen an, die meist radioaktiv oder sonst hochgiftig sind und sicher beseitigt
werden müssen. Diese Beseitigung erfolgt normalerweise durch Verbrennung oder pyrolytische
Zersetzung unter Beachtung zahlreicher sicherheitstechnischer Erfordernisse, wie Abgasbehandlung,
Reparaturfreundlichkeit und Betriebssicherheit der verwendeten Anlagen.
[0003] In der DE-OS 26 41 264 wird ein Verfahren und eine Vorrichtung zur pyrohydrolytischen
Zersetzung von Abfallstoffen beschrieben, wobei die Reaktion bei Temperaturen zwischen
600 und 1000°C stattfindet. Dieses Verfahren hat jedoch den Nachteil, daß durch die
unterschiedlichen Zersetzungsvorgänge von flüssigen und festen Stoffen unterschiedliche
thermische Belastungen auftreten, die zu unterschiedlich heißen und kalten Stellen
im Reaktor führen. Dadurch läuft auch die Zersetzungsreaktion unterschiedlich schnell
ab, je nachdem, an welcher Stelle im Reaktor sich das Reaktionsgemisch befindet. Da
die Verweilzeit durch die Dosierleistung und das Volumen des Reaktors vorgegeben wird,
entstehen örtlich unterschiedliche Zersetzungswirkungsgrade, die insgesamt den Anteil
an höheren Kohlenwasserstoffen (Teer, Ruß) im Abgas ansteigen lassen. Darüberhinaus
ist auch die Korrosion nur sehr eingeschränkt beherrschbar, da die Zersetzungsprodukte
nur unvollständig durch beigemischte basische Zuschläge Ca(OH)
2 gebunden werden können. Dies liegt vor allem daran, daß die Vermischungsgüte der
zu zersetzenden flüssigen Substanz mit dem vorhandenen festen organischen Abfall und
dem in fester Form vorliegenden basischen Zuschlag sehr gering ist.
[0004] Aus der DE-OS 28 55 650 ist es bekannt, die pyrolytische Zersetzungsreaktion für
flüssige Abfälle in einem Wirbelschichtreaktor auszuführen. Der Nachteil des Wirbelbett-Verfahrens
liegt jedoch in seinem kleinem Leistungsbereich und im großen Staubaustrag begründet.
Der Leistungsbereich wird dadurch begrenzt, daß bei zu kleiner Leistung das Wirbelbett
zusammenbricht und bei zu großer Leistung Unzersetztes in den Austrag gerät. Weiterhin
führt die Anwendung der Wirbeltechnik auf die Schadstoffbeseitigung zu großen Abgasmengen,
die technisch und wirtschaftlich sehr aufwendig gereinigt werden müssen.
[0005] In der DE-OS 30 28 193 wird ein Verfahren zur pyrolytischen Zersetzung von organischen
Substanzen in einem Reaktor beschrieben, wobei diese Substanzen mit basischen Verbindungen
gemischt in einem Festbett-Reaktor eingebracht werden, dessen kugelförmigen Füllkörper
mechanisch bewegt werden. Der Reaktor wird dabei von-außen-beheizt.
[0006] Bei diesem Verfahren werden die Füllkörper mittels eines Rührers so bewegt, daß sie
durch die abgeschiedenen Zersetzungsprodukte nicht zusammenbacken. Es können hierbei
allerdings nur relativ kleine Abfallmengen in der Größenordnung von 1 kg/h verarbeitet
werden, da bei größeren Ofendurchmessern Probleme bei der Wärmeübertragung auftreten.
Bei einem Ofendurchmesser von mehr als 15 cm reicht im allgemeinen die integrale Wärmeleitfähigkeit
der Füllkörperschüttung nicht mehr aus, um ein Durchbrechen von unzersetzten Abfallprodukten
in der Ofenmitte zu verhindern.
[0007] Es war daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren und eine Vorrichtung
zur thermischen Zersetzung und Umsetzung von organischen und anorganischen Substanzen
in einem aus mechanisch bewegten Füllkörpern bestehenden Bett zu finden, das sich
in einem beheizten, aufrechtstehenden zylinderförmigen Reaktor befindet, die'technisch
und wirtschaftlich einfach und unweltfreundlich arbeiten und einen erhöhten Durchsatz
erlauben.
[0008] Diese Aufgabe wurde erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Füllkörper an der Reaktorwandung
in axialer Richtung entlanggeführt und im Reaktorzentrum entgegengesetzt zurückgeführt
werden.
[0009] Durch gezieltes Rühren der Füllkörperschüttung werden die Füllkörper in einem speziellem
Umlauf innerhalb des Reaktors bewegt. Dadurch wird einerseits Energie von der Außenwand
des Reaktors gleichmäßig nach innen transportiert und andererseits ein Schichtaufbau
von füllkörperfremden Substanzen auf den Füllkörpern und auf der Reaktorinnenwand
vermieden. Gleichzeitig entsteht ein relativ grobkörniger Staub als festes Reaktionsprodukt,
der mit dem Abgas ausgetragen wird. Das Abgas wird anschließend auf bekannte Weise
entstaubt.
[0010] Das erfindungsgemäße Verfahren verhindert unterschiedliche thermische Belastungen
des Reaktors sowie unterschiedlich schnell ablaufende Zersetzungsreaktionen. Die Abgasmenge
wird lediglich durch den minimal notwendigen Spülgasstrom, z.B. Stickstoff, vergrößert.
Das erfindungsgemäße Verfahren ist weitgehend unempfindlich gegen Über-und Unterdosierungen.
Vorübergehende Überdosierungen sind problemlos, stöchiometrische Mischungen der zu
zersetzenden Stöffe mit Zuschlagstoffen müssen nur über größere Zeiträume stimmen.
[0011] Es ist von besonderem Vorteil, wenn die Füllkörper an der Reaktorwandung von unten
nach oben geführt werden. Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren lassen sich auch größere
spezifische Abfallmengen durchsetzen, ohne daß es zu einem Durchbrechen von unzersetzten
Produkten in der Reaktormitte kommt.
[0012] Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird vorzugsweise eine Vorrichtung
verwendet, bestehend aus einem beheizten, aufrechtstehenden zylinderförmigen Reaktor
mit Füllkörpern und einem Rührer aus Rührerachse, Tragarmen und einem oder mehreren
Wendeln, wobei die Steigung der Wendeln zwischen 10 und 45° beträgt, die Wendeln mit
der Wandung des Reaktors einen Winkel ψ zwischen 45 und 85° bilden, die Tragarme in
Drehrichtung gesehen nach vorne unten um einen Winkel ϕ zwischen 5 und 45° geneigt
sind und die Breite der Wendeln und Tragarme größer ist als der Füllkörperdurchmesser
bzw. der hydraulische Durchmesser der Füllkörper.
[0013] Die Abbildungen I und II zeigen schematisch eine beispielhafte Ausführungsform:
Innerhalb eines beheizten, aufrechtstehenden,zylinderför-' migen Reaktors mit der
Reaktorwand (7) und der Reaktorbodenplatte (10) ist ein Rührer (1) aus Rührerachse
(8), Tragarmen (9) und Rührerwendeln (2) angeordnet. Der Rüh- rer bewegt die im Reaktorinnern (3) vorhandenen Füllkörper (4), beispielsweise
mit einer Drehzahl von 0,1 bis 2/min, in einenlangsame Umlaufbewegung in axialer Richtung
an der Reaktorwand (7) entlang, mit Rückführung im Reaktorzentrum. Die Steigung der
Wendeln (2) beträgt zwischen 10 und 45°. Die Wendeln (2) bilden mit der Wand (7) des
Reaktors einen Winkel ψ zwischen 45 und 85°. Die Tragarme (9), in Drehrichtung gesehen,
sind nach vorn unten um einen Winkel ϕ zwischen 5 und 45° geneigt. Weiterhin ist die
Breite der Wendeln (2) und der Tragarme (9) größer als der Füllkörperdurchmesser bzw.
der hydraulische Durchmesser der Füllkörper.
[0014] Es ist besonders günstig, wenn die Steigung der Wendeln (2) zwischen 20 und 30° beträgt,
die Wendeln (2) mit der Wandung (7) des Reaktors einen Winkel ψ zwischen 65 und 75°
bilden und die Tragarme (9) um einen Winkel f zwischen 15 und 25° geneigt sind. Ferner
ist es vorteilhaft, wenn die Wendeln (2) mindestens eingängig sind, ebenso, wenn der
Abstand zwischen der Außenkante (6) der Wendeln (2) und der Wandung (7) höchstens
75 % des Durchmessers der kleinsten Füllkörper beträgt. Das gilt auch für den Abstand
des untersten Tragarmes (9) vom Boden (10) des Reaktors, der höchstens 75 % des Durchmessers
der kleinsten Füllkörper betragen soll. Zur besseren Bewegung der Füllkörper ist es
günstig, wenn die Vorderkante (5) des Tragarmes (9) schaufel- oder keilförmig ausgebildet
ist.
[0015] Es hat sich gezeigt, daß die erfindungsgemäße Vorrichtung am günstigsten arbeitet,
wenn die Füllkörperschüttung (4) im Reaktor ein Verhältnis von Höhe zu Breite zwischen
0,75 und 1,5 einnimmt, wobei ein Höhen- zu Breitenverhältnis der Füllkörperschüttung
(4) für die Füllkörperbewegung besonders vorteilhaft ist.
[0016] Der Rührer ist zweckmäßigerweise aus einem metallischen Material gefertigt, das härter
als die Füllkörper sowie korrosions- und hochwarmfest ist.
[0017] Um Unwuchten zu vermeiden, können auch zwei und mehr Wendeln (2) auf der Rührerachse
(8) angeordnet werden. Durch die definierte Steigung der Wendeln (2) und den definierten
Anstellwinkel von Wendeln (2) und Trägerarmen (9) wird eine gerichtete Füllkörperbewegung
an der Reaktorwand (7) und im Reaktorinnern erzeugt. Damit entsteht aber in den oberen
und unteren Füllkörperschichten auch ein gerichteter Strom von außen nach innen bzw.
umgekehrt, der die Wärmestromdichte von der Außenheizung zum Reaktorinnern wesentlich
erhöht.
[0018] Die Reaktionsvorgänge und Stofftransportmechanismen werden dadurch beschleunigt,
so daß Reaktordurchmesser von 0,5 bis 1,5 m verwendet werden können, die spezifische
Durchsätze von 10 bis 100 kg Abfallsubstanzen pro Stunde gestatten, ohne daß es zu
Durchbrüchen im Reaktorinnern kommt.
1. Verfahren zur thermischen Zersetzung und Umsetzung von organischen und anorganischen
Substanzen in einem aus mechanisch bewegten Füllkörpern bestehenden Bett, das sich
in einem beheizten, aufrechtstehenden zylinderförmigen Reaktor befindet, dadurch gekennzeichnet,
daß die Füllkörper an der Reaktorwandung in axialer Richtung entlanggeführt und im
Reaktorzentrum entgegengesetzt zurückgeführt werden.
2. Verfahren zur thermischen Zersetzung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
die Füllkörper an der Reaktorwandung von unten nach oben geführt werden.
3. Vorrichtung zur thermischen Zersetzung und Umsetzung von organischen und anorganischen
Substanzen nach Anspruch 1 und 2, bestehend aus einem beheizten, aufrechtstehenden
zylinderförmigen Reaktor mit Füllkörpern und einem Rührer aus Rührerachse, Tragarmen
und einem oder mehreren Wendeln, dadurch gekennzeichnet, daß die Steigung der Wendeln
(2) zwischen 10 und 45° beträgt, die Wendeln (2) mit der Wandung (7) des Reaktors
einen Winkel ψ zwischen 45 und 85° bilden, die Tragarme (9) in Drehrichtung gesehen
nach vorne unten um einen Winkel ϕ zwischen 5 und 45° geneigt sind und die Breite
der Wendeln (2) und Tragarme (9) größer ist als der Füllkörperdurchmesser bzw. der
hydraulische Durchmesser der Füllkörper.
4. Vorrichtung nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Steigung der
Wendeln (2) zwischen 20 und 30° beträgt, die Wendeln (2) mit der Wandung (7) des Reaktors
einen Winkel ψ zwischen 65 und 75° bilden und die Tragarme (9) um einen Winkel ϕ zwischen
15 und 25° geneigt sind.
5. Vorrichtung nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Wendeln (2)
mindestens eingängig sind.
6. Vorrichtung nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Abstand zwischen
der Außenkante (6) der Wendeln (2) und der Wandung (7) des Reaktors höchstens 75 %
des Durchmessers der kleinsten Füllkörper beträgt.
7. Vorrichtung nach Anspruch 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Abstand des
untersten Tragarmes (9) vom Boden (10) des Reaktors höchstens 75 % des Durchmessers
der kleinsten Füllkörper beträgt.
8. Vorrichtung nach Anspruch 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Vorderkante
(5) der Tragarme (9) schaufel- oder keilförmig ausgebildet ist.
9. Vorrichtung nach Anspruch 1 bis 8, dadurch gekenn- zeichnet, daß die Füllkörperschüttung (4) im Reaktor ein Verhältnis von Höhe
zu Breite zwischen 0,75 und 1,5 einnimmt.
10. Vorrichtung nach Anspruch 1 bis 9 , dadurch gekennzeichnet, daß die Füllkörperschüttung
(4) im Reaktor ein Höhen/Breitenverhältnis zwischen 0,9 und 1,1 einnimmt.