(19)
(11) EP 0 090 148 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
05.10.1983  Patentblatt  1983/40

(21) Anmeldenummer: 83101052.5

(22) Anmeldetag:  04.02.1983
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3B01J 8/10, G21F 9/14, G21F 9/32
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE DE FR GB IT

(30) Priorität: 17.02.1982 DE 3205569

(71) Anmelder: Nukem GmbH
D-63434 Hanau (DE)

(72) Erfinder:
  • Bastian, Heinrich, Dipl.-Ing.
    D-6454 Bruchköbel (DE)
  • Huschka, Hans, Dr. Dipl. Chem.
    D-6450 Hanau 9 (DE)
  • Kemmler, Gerhard, Dr. Dipl. Chem.
    D-6450 Hanau 1 (DE)
  • Schlich, Elmar, Dr. Dipl.-Ing.
    D-6466 Gründau 3 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren und Vorrichtung zur thermischen Zersetzung von organischen und anorganischen Substanzen


    (57) Bekannte Verfahren zur thermischen Zersetzung und Umsetzung von organischen und anorganischen Substanzen, die mit mechanisch bewegten Füllkörpern in einem beheizten Reaktor arbeiten, erreichen nur einen geringen spezifischen Durchsatz. Höhere Durchsätze kann man erreichen, wenn die Füllkörper an der Reaktorwandung in axialer Richtung entlanggeführt und im Reaktorzentrum zurückgeführt werden. Das erreicht man vorzugsweise mit einem Rührer, bestehend aus Rührerachse, Tragarmen und Wendeln, bei dem die Wendeln eine Steigung von 10 bis 45°C besitzen, die Wendeln mit der Reaktorwandung einen Winkel von 45 bis 85° bilden, die Tragarme um einen Winkel von 5 bis 45° geneigt sind und die Breite von Tragarmen und Wendeln größer ist als der Füllkörperdurchmesser.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur thermischen Zersetzung und Umsetzung von organischen und anorganischen Substanzen in einem aus mechanisch bewegten Füllkörpern bestehenden Bett, das sich.in einem beheizten, aufrechtstehenden zylinderförmigen Reaktor befindet, sowie eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.

    [0002] In der Kerntechnik fallen einet Reihe von festen und flüssigen organischen und anorganischen Abfällen an, die meist radioaktiv oder sonst hochgiftig sind und sicher beseitigt werden müssen. Diese Beseitigung erfolgt normalerweise durch Verbrennung oder pyrolytische Zersetzung unter Beachtung zahlreicher sicherheitstechnischer Erfordernisse, wie Abgasbehandlung, Reparaturfreundlichkeit und Betriebssicherheit der verwendeten Anlagen.

    [0003] In der DE-OS 26 41 264 wird ein Verfahren und eine Vorrichtung zur pyrohydrolytischen Zersetzung von Abfallstoffen beschrieben, wobei die Reaktion bei Temperaturen zwischen 600 und 1000°C stattfindet. Dieses Verfahren hat jedoch den Nachteil, daß durch die unterschiedlichen Zersetzungsvorgänge von flüssigen und festen Stoffen unterschiedliche thermische Belastungen auftreten, die zu unterschiedlich heißen und kalten Stellen im Reaktor führen. Dadurch läuft auch die Zersetzungsreaktion unterschiedlich schnell ab, je nachdem, an welcher Stelle im Reaktor sich das Reaktionsgemisch befindet. Da die Verweilzeit durch die Dosierleistung und das Volumen des Reaktors vorgegeben wird, entstehen örtlich unterschiedliche Zersetzungswirkungsgrade, die insgesamt den Anteil an höheren Kohlenwasserstoffen (Teer, Ruß) im Abgas ansteigen lassen. Darüberhinaus ist auch die Korrosion nur sehr eingeschränkt beherrschbar, da die Zersetzungsprodukte nur unvollständig durch beigemischte basische Zuschläge Ca(OH)2 gebunden werden können. Dies liegt vor allem daran, daß die Vermischungsgüte der zu zersetzenden flüssigen Substanz mit dem vorhandenen festen organischen Abfall und dem in fester Form vorliegenden basischen Zuschlag sehr gering ist.

    [0004] Aus der DE-OS 28 55 650 ist es bekannt, die pyrolytische Zersetzungsreaktion für flüssige Abfälle in einem Wirbelschichtreaktor auszuführen. Der Nachteil des Wirbelbett-Verfahrens liegt jedoch in seinem kleinem Leistungsbereich und im großen Staubaustrag begründet. Der Leistungsbereich wird dadurch begrenzt, daß bei zu kleiner Leistung das Wirbelbett zusammenbricht und bei zu großer Leistung Unzersetztes in den Austrag gerät. Weiterhin führt die Anwendung der Wirbeltechnik auf die Schadstoffbeseitigung zu großen Abgasmengen, die technisch und wirtschaftlich sehr aufwendig gereinigt werden müssen.

    [0005] In der DE-OS 30 28 193 wird ein Verfahren zur pyrolytischen Zersetzung von organischen Substanzen in einem Reaktor beschrieben, wobei diese Substanzen mit basischen Verbindungen gemischt in einem Festbett-Reaktor eingebracht werden, dessen kugelförmigen Füllkörper mechanisch bewegt werden. Der Reaktor wird dabei von-außen-beheizt.

    [0006] Bei diesem Verfahren werden die Füllkörper mittels eines Rührers so bewegt, daß sie durch die abgeschiedenen Zersetzungsprodukte nicht zusammenbacken. Es können hierbei allerdings nur relativ kleine Abfallmengen in der Größenordnung von 1 kg/h verarbeitet werden, da bei größeren Ofendurchmessern Probleme bei der Wärmeübertragung auftreten. Bei einem Ofendurchmesser von mehr als 15 cm reicht im allgemeinen die integrale Wärmeleitfähigkeit der Füllkörperschüttung nicht mehr aus, um ein Durchbrechen von unzersetzten Abfallprodukten in der Ofenmitte zu verhindern.

    [0007] Es war daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur thermischen Zersetzung und Umsetzung von organischen und anorganischen Substanzen in einem aus mechanisch bewegten Füllkörpern bestehenden Bett zu finden, das sich in einem beheizten, aufrechtstehenden zylinderförmigen Reaktor befindet, die'technisch und wirtschaftlich einfach und unweltfreundlich arbeiten und einen erhöhten Durchsatz erlauben.

    [0008] Diese Aufgabe wurde erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Füllkörper an der Reaktorwandung in axialer Richtung entlanggeführt und im Reaktorzentrum entgegengesetzt zurückgeführt werden.

    [0009] Durch gezieltes Rühren der Füllkörperschüttung werden die Füllkörper in einem speziellem Umlauf innerhalb des Reaktors bewegt. Dadurch wird einerseits Energie von der Außenwand des Reaktors gleichmäßig nach innen transportiert und andererseits ein Schichtaufbau von füllkörperfremden Substanzen auf den Füllkörpern und auf der Reaktorinnenwand vermieden. Gleichzeitig entsteht ein relativ grobkörniger Staub als festes Reaktionsprodukt, der mit dem Abgas ausgetragen wird. Das Abgas wird anschließend auf bekannte Weise entstaubt.

    [0010] Das erfindungsgemäße Verfahren verhindert unterschiedliche thermische Belastungen des Reaktors sowie unterschiedlich schnell ablaufende Zersetzungsreaktionen. Die Abgasmenge wird lediglich durch den minimal notwendigen Spülgasstrom, z.B. Stickstoff, vergrößert. Das erfindungsgemäße Verfahren ist weitgehend unempfindlich gegen Über-und Unterdosierungen. Vorübergehende Überdosierungen sind problemlos, stöchiometrische Mischungen der zu zersetzenden Stöffe mit Zuschlagstoffen müssen nur über größere Zeiträume stimmen.

    [0011] Es ist von besonderem Vorteil, wenn die Füllkörper an der Reaktorwandung von unten nach oben geführt werden. Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren lassen sich auch größere spezifische Abfallmengen durchsetzen, ohne daß es zu einem Durchbrechen von unzersetzten Produkten in der Reaktormitte kommt.

    [0012] Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird vorzugsweise eine Vorrichtung verwendet, bestehend aus einem beheizten, aufrechtstehenden zylinderförmigen Reaktor mit Füllkörpern und einem Rührer aus Rührerachse, Tragarmen und einem oder mehreren Wendeln, wobei die Steigung der Wendeln zwischen 10 und 45° beträgt, die Wendeln mit der Wandung des Reaktors einen Winkel ψ zwischen 45 und 85° bilden, die Tragarme in Drehrichtung gesehen nach vorne unten um einen Winkel ϕ zwischen 5 und 45° geneigt sind und die Breite der Wendeln und Tragarme größer ist als der Füllkörperdurchmesser bzw. der hydraulische Durchmesser der Füllkörper.

    [0013] Die Abbildungen I und II zeigen schematisch eine beispielhafte Ausführungsform:

    Innerhalb eines beheizten, aufrechtstehenden,zylinderför-' migen Reaktors mit der Reaktorwand (7) und der Reaktorbodenplatte (10) ist ein Rührer (1) aus Rührerachse (8), Tragarmen (9) und Rührerwendeln (2) angeordnet. Der Rüh- rer bewegt die im Reaktorinnern (3) vorhandenen Füllkörper (4), beispielsweise mit einer Drehzahl von 0,1 bis 2/min, in einenlangsame Umlaufbewegung in axialer Richtung an der Reaktorwand (7) entlang, mit Rückführung im Reaktorzentrum. Die Steigung der Wendeln (2) beträgt zwischen 10 und 45°. Die Wendeln (2) bilden mit der Wand (7) des Reaktors einen Winkel ψ zwischen 45 und 85°. Die Tragarme (9), in Drehrichtung gesehen, sind nach vorn unten um einen Winkel ϕ zwischen 5 und 45° geneigt. Weiterhin ist die Breite der Wendeln (2) und der Tragarme (9) größer als der Füllkörperdurchmesser bzw. der hydraulische Durchmesser der Füllkörper.



    [0014] Es ist besonders günstig, wenn die Steigung der Wendeln (2) zwischen 20 und 30° beträgt, die Wendeln (2) mit der Wandung (7) des Reaktors einen Winkel ψ zwischen 65 und 75° bilden und die Tragarme (9) um einen Winkel f zwischen 15 und 25° geneigt sind. Ferner ist es vorteilhaft, wenn die Wendeln (2) mindestens eingängig sind, ebenso, wenn der Abstand zwischen der Außenkante (6) der Wendeln (2) und der Wandung (7) höchstens 75 % des Durchmessers der kleinsten Füllkörper beträgt. Das gilt auch für den Abstand des untersten Tragarmes (9) vom Boden (10) des Reaktors, der höchstens 75 % des Durchmessers der kleinsten Füllkörper betragen soll. Zur besseren Bewegung der Füllkörper ist es günstig, wenn die Vorderkante (5) des Tragarmes (9) schaufel- oder keilförmig ausgebildet ist.

    [0015] Es hat sich gezeigt, daß die erfindungsgemäße Vorrichtung am günstigsten arbeitet, wenn die Füllkörperschüttung (4) im Reaktor ein Verhältnis von Höhe zu Breite zwischen 0,75 und 1,5 einnimmt, wobei ein Höhen- zu Breitenverhältnis der Füllkörperschüttung (4) für die Füllkörperbewegung besonders vorteilhaft ist.

    [0016] Der Rührer ist zweckmäßigerweise aus einem metallischen Material gefertigt, das härter als die Füllkörper sowie korrosions- und hochwarmfest ist.

    [0017] Um Unwuchten zu vermeiden, können auch zwei und mehr Wendeln (2) auf der Rührerachse (8) angeordnet werden. Durch die definierte Steigung der Wendeln (2) und den definierten Anstellwinkel von Wendeln (2) und Trägerarmen (9) wird eine gerichtete Füllkörperbewegung an der Reaktorwand (7) und im Reaktorinnern erzeugt. Damit entsteht aber in den oberen und unteren Füllkörperschichten auch ein gerichteter Strom von außen nach innen bzw. umgekehrt, der die Wärmestromdichte von der Außenheizung zum Reaktorinnern wesentlich erhöht.

    [0018] Die Reaktionsvorgänge und Stofftransportmechanismen werden dadurch beschleunigt, so daß Reaktordurchmesser von 0,5 bis 1,5 m verwendet werden können, die spezifische Durchsätze von 10 bis 100 kg Abfallsubstanzen pro Stunde gestatten, ohne daß es zu Durchbrüchen im Reaktorinnern kommt.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur thermischen Zersetzung und Umsetzung von organischen und anorganischen Substanzen in einem aus mechanisch bewegten Füllkörpern bestehenden Bett, das sich in einem beheizten, aufrechtstehenden zylinderförmigen Reaktor befindet, dadurch gekennzeichnet, daß die Füllkörper an der Reaktorwandung in axialer Richtung entlanggeführt und im Reaktorzentrum entgegengesetzt zurückgeführt werden.
     
    2. Verfahren zur thermischen Zersetzung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Füllkörper an der Reaktorwandung von unten nach oben geführt werden.
     
    3. Vorrichtung zur thermischen Zersetzung und Umsetzung von organischen und anorganischen Substanzen nach Anspruch 1 und 2, bestehend aus einem beheizten, aufrechtstehenden zylinderförmigen Reaktor mit Füllkörpern und einem Rührer aus Rührerachse, Tragarmen und einem oder mehreren Wendeln, dadurch gekennzeichnet, daß die Steigung der Wendeln (2) zwischen 10 und 45° beträgt, die Wendeln (2) mit der Wandung (7) des Reaktors einen Winkel ψ zwischen 45 und 85° bilden, die Tragarme (9) in Drehrichtung gesehen nach vorne unten um einen Winkel ϕ zwischen 5 und 45° geneigt sind und die Breite der Wendeln (2) und Tragarme (9) größer ist als der Füllkörperdurchmesser bzw. der hydraulische Durchmesser der Füllkörper.
     
    4. Vorrichtung nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Steigung der Wendeln (2) zwischen 20 und 30° beträgt, die Wendeln (2) mit der Wandung (7) des Reaktors einen Winkel ψ zwischen 65 und 75° bilden und die Tragarme (9) um einen Winkel ϕ zwischen 15 und 25° geneigt sind.
     
    5. Vorrichtung nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Wendeln (2) mindestens eingängig sind.
     
    6. Vorrichtung nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Abstand zwischen der Außenkante (6) der Wendeln (2) und der Wandung (7) des Reaktors höchstens 75 % des Durchmessers der kleinsten Füllkörper beträgt.
     
    7. Vorrichtung nach Anspruch 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Abstand des untersten Tragarmes (9) vom Boden (10) des Reaktors höchstens 75 % des Durchmessers der kleinsten Füllkörper beträgt.
     
    8. Vorrichtung nach Anspruch 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Vorderkante (5) der Tragarme (9) schaufel- oder keilförmig ausgebildet ist.
     
    9. Vorrichtung nach Anspruch 1 bis 8, dadurch gekenn- zeichnet, daß die Füllkörperschüttung (4) im Reaktor ein Verhältnis von Höhe zu Breite zwischen 0,75 und 1,5 einnimmt.
     
    10. Vorrichtung nach Anspruch 1 bis 9 , dadurch gekennzeichnet, daß die Füllkörperschüttung (4) im Reaktor ein Höhen/Breitenverhältnis zwischen 0,9 und 1,1 einnimmt.
     




    Zeichnung