(19)
(11) EP 0 091 567 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
19.10.1983  Patentblatt  1983/42

(21) Anmeldenummer: 83102493.0

(22) Anmeldetag:  14.03.1983
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3D01F 9/22, D01F 11/06, D01F 6/18
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 18.03.1982 DE 3209795

(71) Anmelder: HOECHST AKTIENGESELLSCHAFT
65926 Frankfurt am Main (DE)

(72) Erfinder:
  • Fester, Walter, Dr.
    D-6240 Königstein/Taunus (DE)
  • Huber, Bernd, Dr.
    D-8420 Kelkheim/Donau (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung thermostabiler Fasern und Fäden


    (57) Die Erfindung betrifft kontinuierliche Verfahren zur Herstellung von in Dimethylformamid unlöslichen synthetischen Fäden und Fasern aus Acrylnitril, die einen Gewichtsverlust von maximal 20, vorzugsweise 15% beim Aufheizen auf 400°C aufweisen, durch Verspinnen entsprechender Polymerlösungen, kontinuierliche Behandlung der erhaltenen Fadenstränge vor dem ersten Trocknen oder Erhitzen mit einer Kupfer (I)-lonen enthaltenden wässrigen Lösung, Thermofixieren des Kupfergehaltes und Erhitzen der Stränge auf 200 bis 350°C.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft kontinuierliche Verfahren zur Herstellung von in N,N-Dimethylformamid unlöslichen synthetischen Fäden und Fasern aus Acrylnitrilpolymerisaten, die einen Gewichtsverlust von maximal 20 %, vorzugsweise 15 % beim Aufheizen auf 400°C aufweisen.

    [0002] übliche Polyacrylnitrilfäden und -fasern weisen unter diesen Bedingungen einen Gewichtsverlust von ca. 30 bis 40 % auf und verlieren weitgehend ihre textiltechnologischen Eigenschaften.

    [0003] Bisher konnten Fasern mit ähnlich geringem Gewichtsverlust nur durch eine gesonderte Voroxidation, wie sie zur Herstellung von Kohlenstoffasern bekannt ist, erhalten werden.

    [0004] Diese üblicherweise sehr zeitraubende und kostspielige Voroxidation kann nicht mit dem Herstellungsverfahren der Ausgangsfäden kontinuierlich kombiniert werden.

    [0005] Es hat insbesondere in den letzten Jahren daher nicht an Versuchen gefehlt, die Voroxidationszeit durch den Einsatz von Schwermetallsalzen als Katalysatoren zu verkürzen. Beispielsweise wurde das Tränken der Polyacrylnitrilfäden oder -fasern mit einer Kupfer(II)-Chloridlösung vorgeschlagen.

    [0006] Aber auch unter diesen Bedingungen, wie sie in der JP-OS 49 035 629 beschrieben werden, beträgt die Voroxidationszeit noch immer 3 Stunden.

    [0007] Die Behandlung von Acrylfasern mit Kupfer(I)-Salzen zur Erzielung einer Färbbarkeit mit Säurefarbstoffen kam nur in den Anfängen der Acrylfaserverarbeitung als sogenanntes Cupro-Ionen-Färbeverfahren zur Anwendung. Eine Zusammenfassung dieser Arbeiten wird beispielsweise von Rath et al. in "Melliand Textilberichte" 38 (1957), Seiten 431 bis 435 und 538 bis 542 beschrieben. In jüngerer Zeit wurde in der JP-OS 51-90387 die Nachbehandlung von Formkörpern mit Kupfer(I)-Salzen mit dem Ziel beschrieben, die Voroxidation bei der Thermostabilisierung dieser Produkte zu katalysieren.

    [0008] Bei der Umsetzung von Kupfer(I)-Salzen mit Polymerisaten, die Acrylnitrilbausteine enthalten, wird ein Cupro-Ionen-Komplex mit den Nitrilgruppen des Polyacrylnitrils gebildet. Die nachträgliche Umsetzung von Kupfer(I)-Salzen mit geformten Gebilden aus Polyacrylnitril ist jedoch außerordentlich aufwendig und, bedingt durch die Instabilität der Kupfer(I)-Salze in wäßrigen Lösungen insbesondere bei erhöhten Temperaturen,nicht reproduzierbar zu regeln. Die Behandlung von Polyacrylnitrilpulvern mit Lösungen von Kupfer(I)-Salzen führt zu Produkten, die in den bekannten Lösungsmitteln für Polyacrylnitril unlöslich sind oder aber bei den Lösungsversuchen bilden sich gelartige unverspinnbare Massen. Setzt man beispielsweise einer fertigen Spinnlösung Kupfer(I)-Salze zu, so beginnt die Spinnlösung zu gelieren und ist nicht mehr störungsfrei verspinnbar, während möglicherweise eine Extrudierung von Kupfer(I)-Salzen enthaltenden Spinnmassen zu Spritzgußartikeln noch nicht behindert wird.

    [0009] Es bestand also nach wie vor die Aufgabe, Fäden und Fasern aus organischen Polymeren auf einfache, kontinuierliche Weise herzustellen, die die Eigenschaften der durch langwierige Voroxidation erhaltenen Fäden aufweisen oder aber diese Eigenschaften sogar übertreffen.

    [0010] Uberraschend konnte gefunden werden, daß es möglich ist, in Dimethylformamid unlösliche synthetische Fasern und Fäden aus Acrylnitrilpolymerisaten mit erhöhter Thermostabilität herzustellen, wenn die in üblicherweise zu Strängen oder Kabeln versponnenen Polymerisate während ihres Herstellungsprozesses vor dem ersten Trocknen oder einer ersten Temperaturbehandlung über 100°C kontinuierlich mit einer Kupfer(I)-Ionen enthaltenden wäßrigen Lösung behandelt werden, der Kupfergehalt in den Strängen oder Kabeln gleichzeitig oder durch eine anschließende Erwärmung auf Temperaturen über 60, vorzugsweise über 100°C fixiert wird und die Stränge oder Kabel während oder nach dem Trocknen auf Temperaturen von 200 bis 350°C erhitzt werden. Die Aufnahme der Kupfer(I)-Ionen erfolgt bei diesem Verfahren innerhalb von Sekunden und kann daher in den Herstellungsprozeß von acrylnitrilhaltigen Fäden und Fasern ohne Schwierigkeiten integriert werden. Es spielt dabei keine wesentliche Rolle, ob die Fäden nach einem Trocken- oder Naßspinnverfahren erzeugt wurden. Besonders leicht erfolgt die Aufnahme der Kupfer(I)-Ionen naturgemäß bei naßgesponnenen Fäden; es ist jedoch auch möglich, trocken gesponnene noch lösungsmittelhaltige Fäden innerhalb des Waschprozesses bzw. Nachbehandlungsprozesses mit Kupfer(I)-Ionen zu beladen. Je nach der gewünschten Menge an aufgenommenen Kupfer(I)-Ionen kann die Behandlung vor, während oder nach der Wäsche der Stränge oder Kabel erfolgen. Der Kupfer(I)-Gehalt in den Fäden kann darüber hinaus selbstverständlich auch durch die Länge der Einwirkungszeit und die Konzentration in der Badflüssigkeit beeinflußt werden.

    [0011] Die Aufnahme der Kupfer(I)-Ionen aus einem Bad oder aus einer Sprühstrecke von Raumtemperatur erfolgt weitgehend reversibel, das heißt, der Kupfergehalt kann durch nachfolgende Wäschen wieder entfernt werden. Aus diesem Grunde ist es erforderlich, für eine Fixierung des Kupfergehaltes in der Faser zu sorgen. Diese Fixierung kann durch eine Temperaturbehandlung über etwa 60°C, vorzugsweise über 85°C erfolgen oder aber durch einen Trocknungsvorgang, bei dem entsprechend hohe Temperaturen üblicherweise überschritten werden. Naturgemäß ist für den Fixierprozeß nicht nur die angewandte Temperatur, sondern auch die Verweilzeit der Fäden oder Kabel von Bedeutung. Während die Fixierung beispielsweise bei 65°C längere Verweilzeiten erfordert, sind bei Temperaturen über 100°C für den gleichen Effekt nur noch Zeiten von einer Minute oder gegebenenfalls einigen Sekunden erforderlich. Im Gegensatz zu der Aufnahme der Kupfer(I)-Ionen aus wäßrigen Lösungen bei Raumtemperatur wird bei Anwendung von Badtemperaturen ab etwa 60°C gleichzeitig auch eine Fixierung der Kupfer(I)-Ionen im Polymermolekül beobachtet. Wird also beispielsweise das Kupfer(I)-Bad bei Kochtemperatur gehalten, so tritt die Aufnahme der Kupfer(I)-Ionen und die Fixierung gleichzeitig ein. Nachteilig bei diesem Verfahren ist jedoch, daß die Stabilität wäßriger Kupfer(I)-Ionen enthaltener Lösungen im allgemeinen mit der Temperatur deutlich abnimmt, die Regelbarkeit der Aufnahme an Kupferionen wird dadurch üblicherweise merklich erschwert.

    [0012] Nach einer solchen Temperaturbehandlung oder Fixierung läßt sich der Gehalt an Kupfer(I) nicht mehr auswaschen, es ist zu vermuten, daß unter diesen Bedingungen die Kupfer(I)-Ionen komplex in das Polyacrylnitril eingebaut worden sind.

    [0013] Eine übliche Verfahrensweise besteht darin, das Kabel oder die Stränge durch ein Kupfer(I)-Ionen haltiges Bad hindurchzuziehen und nach dem weitgehenden Abquetschen der überschüssigen Badflüssigkeit zum Beispiel über heiße Galetten von zum Beispiel 100°C Oberflächentemperatur zu führen. Danach kann, falls gewünscht, eine weitere Wäsche vorgesehen werden, um oberflächlich anhaftende Kupfersalze usw. von den Fäden zu entfernen, um dann in einem nachfolgenden Bad eine übliche Präparation auf die Fäden oder Kabel aufzubringen, bevor sie endgültig getrocknet werden.

    [0014] Es ist jedoch auch möglich, die Kabel direkt vor dem ersten Trocknen mit einer Kupfer(I)-Ionenlösung zu behandeln und die Fixierung mit dem Trocknen vorzunehmen. In diesem Fall weisen die Fäden oberflächlich nicht komplex gebundene Kupferverbindungen auf, die bei einem ersten Kontakt mit Wasser abgelöst werden können. Statt des Einsatzes von beheizten Galetten oder Walzen ist es auch möglich, die Temperaturbehandlung zur Fixierung des Kupfergehaltes in einer Dampfatmosphäre zum Beispiel bei Temperaturen über 95°C oder unter Einsatz von Infrarotstrahlern oder durch das Führen über eine Kontaktwärmestrecke vorzunehmen.

    [0015] Das Behandlungsmedium ist in allen Fällen eine wäßrige Lösung von Kupfer(I)-Salzen. Zur Herstellung einer solchen Lösung kann man in unterschiedlicher Weise vorgehen. Als Beispiele seien die nachfolgenden Möglichkeiten genannt:

    Die gewünschte Lösung kann durch Auflösung von Kupfer(I)-Salzen, zum Beispiel cuCl, in Wasser erfolgen, wobei es wegen der schlechten Löslichkeit dieser Salze von Vorteil ist, diese Lösungen in 20 bis 50 %igen Natriumchloridlösungen zu bereiten.



    [0016] Weiterhin kann eine Kupfer(I)-Ionenlösung durch elektrolytische Reduktion von Kupfer(II)-Lösungen oder durch Erhitzen von Kupfer(II)-Salzlösungen in Gegenwart von metallischem Kupfer direkt erzeugt werden, wobei das Kupfer in Form eines Pulvers zugesetzt wird oder durch Elektrolyse erzeugt werden kann.

    [0017] Darüberhinaus kann die Lösung durch Mischen einer Kupfer(II)-Salzlösung mit einem Reduktionsmittel hergestellt werden.

    [0018] Hierbei hat sich als übliches Kupfer(II)-Salz das Kupfersalz CuSO4 x 5 H20 als besonders günstig erwiesen.

    [0019] Von den vielen möglichen Reduktionsmitteln erwiesen sich Aldehydsulfoxylate und hierbei insbesondere das Natriumsalz der Hydroxymethansulfinsäure als besonders günstig, da mit diesem System hohe Kupfer(I)-Ionenkonzentrationen mit guter Stabilität erhalten werden können. Die Stabilität kann zusätzlich durch geeignete Komplexbildner noch erhöht werden. Einen wesentlichen Beitrag zur Stabilität der Kupfer(I)-Lösungenleisten die benötigten niedrigen Temperaturen der wäßrigen Lösungen. Im Gegensatz zu dem alten Cuproionenverfahren, bei dem bei Kochtemperatur gearbeitet wurde, genügt praktisch in fast allen Fällen eine Temperatur in der Nähe der Raumtemperatur. Gegebenenfalls können Temperaturen leicht über der Raumtemperatur, das heißt also zum Beispiel von 25 bis 30°C,Anwendung finden, da hier die Temperaturkonstanz des Bades durch einfachste technische Mittel sichergestellt werden kann. Falls gewünscht, kann jedoch auch bei höheren Temperaturen, zum Beispiel 60 bis 95°C gearbeitet werden.

    [0020] Da die Stabilität von Kupfer (I)-Lösungen auch bei Raumtemperatur nur für kürzere Zeiten gewährleistet ist, hat sich die folgende Verfahrensweise als besonders günstig herausgestellt.

    [0021] Eine Kupfer(II)-Salzlösung in Wasser und eine wäßrige Lösung, die das Reduktionsmittel enthält, werden getrennt in das Bad in der Nähe der Einlaufstelle des Kabels zudosiert und im Bad vermischt. Es kann so sichergestellt werden, daß das Kabel jeweils mit frischer Kupfer(I)-Lösung beaufschlagt wird. Kabel und Badflüssigkeit bewegen sich dabei im Gleichstrom, überschüssige Badflüssigkeit, die zweckmäßigerweise weitgehend verbraucht ist, wird in der Nähe des Kabelauslaufes aus der Wanne abgezogen und beispielsweise nach dem Auffrischen zurückgeführt.

    [0022] Die Konzentration an Kupfer(I)-Ionen kann je nach den gewünschten Fasereigenschaften in weiten Grenzen schwanken.

    [0023] Wird die Kupfer(I)-Lösung durch Reduktion von Kupfer(II)-Verbindungen hergestellt, so ist das Reduktionsmittel wenigstens in der stöchiometrischen Menge einzusetzen. Vorzugsweise arbeitet man mit einem geringen Überschuß, um die Anwesenheit von Kupfer(II)-Salzen zu vermeiden. Im Gegensatz zu den Kupfer(I)-Verbindungen können die Kupfer(II)-Ionen nicht von den Polymermolekülen komplex gebunden werden, sie werden also bei nachfolgenden Wäschen ausgewaschen und belasten das Abwasser. Ein starker Überschuß an Reduktionsmitteln bringt im allgemeinen keine weiteren Vorteile. Es besteht vielmehr die Gefahr, daß die Kupfer(I)-Verbindung weiter reduziert wird zu metallischem Kupfer, daß dann nicht mehr in die Fäden oder Fasern eingelagert werden kann.

    [0024] Eine Ausnahme scheinen hier die Aldehydsulfoxylate zu machen, bei denen auch ein größerer Überschuß bei Raumtemperatur die Kupferabscheidung nicht verstärkt.

    [0025] Für das erfindungsgemäße Verfahren können die in der Technik üblichen Verfahren zur Herstellung von Polyacrylnitrilfasern und -fäden angewandt werden. Wie bereits oben erwähnt, ergeben sich besondere Vorteile beim Naßspinnverfahren, da allgemein die Diffusion der Kupfer(I)-Ionen in die naßgesponnenen Fäden leichter erfolgt als bei trocken gesponnenen Fäden.

    [0026] Das Aufbringen der Kupfer(I)-Ionenlösung auf die Kabel oder Fadenstränge kann nach verschiedenen bekannten Verfahren erfolgen, so zum Beispiel durch Leiten der Kabel oder Stränge durch ein Bad. Es ist jedoch auch möglich, die Lösung über Sprühstrecken oder ähnliches aufzubringen. Vorteilhaft ist die möglichst weitgehende Abquetschung der Faserkabel oder Stränge vor und nach der Behandlung mit der wäßrigen Kupfer(I)-Ionenlösung. Es kann so sichergestellt werden, daß die Verschleppung der Kupferionen in und andere BäderTeine unnötige Verdünnung des Kupfer(I)-Ionen- . behandlungsbades in tolerierbaren Grenzen bleibt. Selbstverständlich ist es von Vorteil, wenn Maßnahmen ergriffen werden, die eine gute und gleichmäßige Durchdringung eines Fadenkabels oder Stranges in der Behandlungsflotte gewährleisten. Beispielsweise sollten Kabel so breit in dem Behandlungsbad geführt werden, daß eine Verarmung der Kupferionenkonzentration bzw. eine verzögerte Durchdringung mit dem Behandlungsbad im Inneren des Kabels nach Möglichkeit zu vernachlässigen ist.

    [0027] Wie bereits oben ausgeführt, ist es erforderlich, die Kupfer(I)-Ionen in dem Faden- oder Fasermaterial durch eine thermische Behandlung zu fixieren. Erst nach einer Erhitzung auf Temperaturen von über 60°, vorzugsweise über etwa 100°C tritt die gewünschte Komplexbildung innerhalb kurzer Zeit ein, die Kupferverbindungen sind dann durch eine Wäsche nicht mehr aus dem behandelten Fadengut zu entfernen. Bei einer nachfolgenden Wäsche nach der Temperaturbehandlung . wird natürlich die Menge an Kupferverbindungen, die an der Oberfläche des Fadengutes sich befunden hat und nicht fixiert werden konnte, abgewaschen.

    [0028] Unter den eingesetzten acrylnitrilenthaltenden Polymerisaten sind solche Polymere zu verstehen, die zu mehr als 50 %, vorzugsweise zu mehr als 85 %,aus Acrylnitrileinheiten aufgebaut sind. Besonders gute Ergebnisse wurden mit Polyacrylnitrilen erhalten, die zu wenigstens 98 % aus Acrylnitrileinheiten aufgebaut sind. Als weitere Copolymerkomponenten kommen in Betracht zum Beispiel Acrylsäure, Methacrylsäure und deren Ester und Amide, Vinylacetat, Vinylchlorid, Vinylidenchlorid, Vinylidencyanid oder andere mit Acrylnitril copolymerisierbare ungesättigte Verbindungen.

    [0029] Um die gewünschte gute Thermostabilität der erzeugten Fäden oder Fasern sicherzustellen, ist nach dem Trocknen, gegebenenfalls auch gemeinsam mit dem Trocknen eine weitere Tempera- turbehandlung durchzuführen, die bei 200 bis 350°C, vorzugsweise zwischen 250 und 330°C erfolgen.soll. Dabei ist es erforderlich, die Fäden unter Spannung zu halten, vorzugsweise sogar einer geringfügigen zusätzlichen-Verstreck-ung zu unterwerfen. Das Aufheizen der Fäden auf diese Temperaturen kann nach bekannten üblichen Verfahren erfolgen, wie zum Beispiel das mehrfache Leiten über beheizte Galetten, Einsatz von Infrarotstrahlern oder das Führen über eine Kontaktwärmestrecke.

    [0030] Durch diese Hochtemperaturbehandlung unter Spannung haben sich die behandelten Fadenstränge oder Kabel im allgemeinen verfärbt, sie weisen dunkelbraune bis schwarze Farbtöne auf. Die thermische Stabilität der erhaltenen Fäden wurde mit Hilfe der Thermo-Gravimetrischen-Analyse untersucht. Als Meßgerät wurde der Thermoanalyzer 2 der Firma Mettler Instrumente AG, Greifensee, Zürich, eingesetzt. Die Proben wurden bei einem Heizprogramm von 10°C/min und eine Luftdurchführung von 5 1/h auf 400°C erhitzt und anschließend der Gewichtsverlust bestimmt. Die so kontinuierlich hergestellten Fäden zeigen einen Gewichtsverlust von nur noch maximal 20 %, vorzugsweise weniger als 15 % bei einem derartigen Aufheizen auf 400°C. Sie können innerhalb weniger Minuten in voroxidierte Fasern bzw. Fadenstränge überführt werden, die dann anschließend einem Carbonisierungsprozeß über 700°C unterworfen werden können.

    [0031] Aufgrund der guten thermischen Beständigkeit eignen sich derartige Fäden und Fasern insbesondere auch für technische Zwecke.wie zum Beispiel als Filtermaterial für Heißgasfiltrationen, zur Herstellung von Schutzbekleidung und dergleichen und als Verstärkungsfasern oder -fäden für anorganische und organische Werkstoffe wie z.B. als Asbestersatz z.B. in Reibbelägen oder dergleichen. Darüber hinaus ist es möglich, durch eine weitere Temperaturbehandlung im spannungslosen Zustand die erhaltenen Produkte.praktisch unbrennbar zu machen. Bei dieser Temperaturbehandlung tritt im allgemeinen eine Kräuselung der so behandelten Fäden auf.

    [0032] Bei der Temperaturbehandlung nach dem Trocknen bei Temperaturen von 200 bis 350°C spielt selbstverständlich auch die Verweilzeit des Fadengutes bei diesen Temperaturen eine Rolle. Im allgemeinen sind Verweilzeiten von wenigen Sekunden bis zu einigen Minuten erforderlich, um den gewünschten Effekt zu erzielen. In jedem Fall ist die Temperaturbehandlung so kurz, daß sie in einen kontinuierlichen Fäden- oder Faserherstellungsprozeß integriert werden kann. Falls eine Entfernung der an der Oberfläche der Fäden bzw. Kabel haftenden Kupferverbindungen nicht erforderlich ist, ist es möglich, den Kupferfixierprozeß mit dem Trocknen und der anschließenden Temperaturbehandlung zu kombinieren.

    [0033] Zur weiteren Verdeutlichung der Erfindung sollen die nachfolgenden Beispiele dienen. Falls nicht anders angegeben, beziehen sich die Prozent- und Teilangaben auf Gewichtseinheiten.

    Beispiel 1



    [0034] Eine 17 %ige Lösung von Polyacrylnitril in Dimethylformamid wurde in bekannter.Weise nach dem Naßspinnverfahren versponnen. Das eingesetzte Polyacrylnitril bestand zu 99,5 % aus Acrylnitrilbausteinen und zu 0,5 % aus Acrylsäuremethylesterbausteinen und wies eine relative Viskosität von 2,9 auf. Die relative Viskosität wurde an Lösungen bestimmt, die 0,5 g Polymer in 100 ml N,N-Dimethylformamid aufwiesen, Meßtemperatur 25°C. Die Temperatur der Spinnlösung betrug 90°C. Benutzt wurde eine 300 Lochdüse mit einem Durchmesser der Bohrungen von 80 µm.

    [0035] Diese Spinnlösung wurde in ein Spinnbad aus 50 % N,N-Dimethyl formamid (DMF) und 50 % Wasser bei 50°C versponnen und mit einer Geschwindigkeit von 7 m/min aus dem Fällbad abgezogen, anschließend einer Naßverstreckung bei 60°C im Verhältnis 1:2,31 in einem Bad, das zu 60 % aus DMF und 40 % Wasser bestand, unterworfen und dann mit Wasser bei 30°C lösungsmittelfrei gewaschen. Nach dem Waschvorgang wurde das Faserband zur Entfernung eines Großteils des Wassers abgequetscht und durch eine Wanne geführt, die eine wäßrige Lösung von 100 g CuSO4 x 5 H20 pro Liter und 20 g pro Liter des Natriumsalzes der Hydroxymethansulfinsäureenthielt. Darüber hinaus enthielt dieses Behandlungsbad noch die erforderliche Faserpräparation. Verweilzeit in diesem Bad ca. 1,5 Sekunden.

    [0036] Die Behandlungslösung wurde durch kontinuierliche Dosierung einer wäßrigen Lösung von 200 g/1 CuS04 x 5 H20 und einer wäßrigen Lösung von 40 g/1 des Natriumsalzes der Hydroxymethansulfinsäure * ergänzt. Die Mischungen der beiden Lösungen erfolgte kurz vor dem Eintritt in die Behandlungswanne.

    [0037] * Formel: CH2SO2Na x 2 H20

    [0038] Nach Durchlaufen der Wanne wurde das Faserband abermals abgequetscht und anschließend auf zwei Heizgaletten bei 130°C getrocknet (Kontaktzeit 7 Sekunden) und anschließend auf zwei Heizgaletten von 170°C (Kontaktzeit 14 Sekunden) einer Verstreckung von 1:1,85 unterworfen und auf einer weiteren Galette von 250°C (Kontaktzeit 9 Sekunden) einer Verstreckung von 1:1,61 unterzogen und hieran anschließend über ein kaltes Abzugsorgan zur Aufspulung gebracht. Die erhaltenen braun-schwarz verfärbten Fäden besaßen eine Festigkeit von 25 cN/dtexeine Dehnung von 7,8 % und einen Anfangsmodul von 1000 cN/tex der Einzelfadentiter betrug 3,0 dtex. Die thermische Stabilität dieser Fasern wurde mit Hilfe des Thermoanalyzers 2 der Firma Mettler gemessen. Dabei wurde bei den nach diesem Beispiel hergestellten Fäden ein Gewichtsverlust von 12 % bis zu einer Erhitzungstemperatur von 400°C festgestellt. Eine entsprechend hergestellte Faser, die jedoch keiner Behandlung mit einer Kupfer(I)-Salzlösung unterzogen wurde, zeigte nach dieser Meßtechnik einen Gewichtsverlust von 33 %.

    [0039] Die Erhitzung der erhaltenen Fäden bzw. Fasern auf 300°C ohne Spannung für die Dauer von 2 Stunden führte zu einer unbrennbaren Faser, die eine gute Kräuselung aufwies.

    Beispiel 2



    [0040] Eine Polymerlösung,wie in Beispiel 1 beschrieben, wurde durch eine Düse mit 600 Loch, Lochdurchmesser 60 µm in ein Fällbad versponnen, das aus 61 % DMF und 39 % Wasser bestand. Die Temperatur des Fällbades betrug 50°C. Die frischgesponnenen Fäden wurden mit einer Geschwindigkeit von 6 m/min aus dem Fällbad abgezogen, einer Naßverstreckung bei 98°C von 1:4,86 in einem Bad, das zu 62 % aus DMF und 38 % Wasser bestand, unterworfen und anschließend mit Wasser bei 80°C lösungsmittelfrei gewaschen. Nach dem Waschvorgang wurde das Faserband zur Entfernung eines Großteils des Wassers abgequetscht und durch eine Wanne geführt, die eine wäßrige Lösung von 75 g/1 CuSO4 x 5 H20 und 50 g/l des Natriumsalzes der Hydroxymethansulfinsäure* sowie eine übliche Faserpräparation enthielt. Die Lösung wurde durch kontinuierliche Dosierung einer wäßrigen Lösung von 150 g/1 CuSO4 x 5 H20 mit einer wäßrigen Lösung von 100.g/1 des Natriumsalzes der Hydroxymethansulfinsäure ergänzt. Die Mischung der beiden Lösungen erfolgte kurz vor dem Eintritt in die Behandlungswanne. Die Kupfersulfatlösung, die zur (Formel CH2SO2Na x 2 H2O)

    [0041] Aufstärkung benutzt wurde, enthielt zusätzlich die Faserpräparation.

    [0042] Nach Durchlaufen der Wanne wurde das Faserband abermals abgequetscht und nachfolgend auf 2 Heizgaletten bei 190°C (Kontaktzeit 7 Sekunden) getrocknet und anschließend auf 2 Heizgaletten von 310°C einer Verstreckung von 1:1,54 unterworfen. Das Kabel wurde anschließend auf 2 weiteren Galetten mit 310 und 330°C Oberflächentemperatur aufgeheizt und anschließend über ein kaltes Abzugsorgan zur Aufspulung gebracht, wobei nochmals eine Verstreckung um 1:1,06 erfolgte. Die reinen Kontaktzeiten des behandelten Kabels bei 310°C betrugen 50 Sekunden und bei 330°C 15,7 Sekunden. Die dunkelverfärbten Einzelfilamente des behandelten Kabels zeigten einen Gewichtsverlust bis 400°C von 7 %. Die weiteren textiltechnischen Daten betrugen

    [0043] Titer 1,5 dtex

    [0044] Festigkeit: 23 cN/tex

    [0045] Anfangsmodul 1160 cN/tex

    [0046] Dehnung 7 %

    [0047] Alle Angaben des Anfangsmoduls beziehen sich auf einen Dehnungswert von 100 %.

    Beispiel 3



    [0048] Es wurde eine Verspinnung entsprechend Beispiel 2 durchgeführt, wobei jedoch das mit der Kupferlösung behandelte Faserkabel nach der Trocknung bei 190° (Kontaktzeit 11 Sekunden) einer weiteren Wäsche bei 80°C und einer Präparierung unterzogen wurde, um dann einer zweiten Trocknung bei 190°C (Kontaktzeit 11 Sekunden) unterworfen zu werden.

    [0049] Hieran anschließend wurde das Kabel über 4 Galetten geführt, die auf 310, 310, 310 und 330° Oberflächentemperatur aufgeheizt waren. Die Kontaktzeit des Kabels bei 310°C betrug 61 Sekunden bei 330°C 18 Sekunden. Während der Hochtemperaturbehandlung wurden die Fasern einer Verstreckung von 1:1,25 unterzogen. Das erhaltene Fadengut wurde einer thermogravimetrischen Analyse unterzogen und zeigte einen Gewichtsverlust beim Aufheizen bis auf 400°C von weniger als 10 %. Die gefundenen textilen Daten betrugen

    [0050] Titer 3,3 dtex

    [0051] Festigkeit 30 cN/tex

    [0052] Dehnung 11 %

    [0053] Anfangsmodul 811 cN/tex Die erhaltenen Fasern bzw. Fadenstränge konnten nach einer stark verkürzten Voroxidation, wie sie zur Kohlenstofffaserherstellung angewendet wird, einer Carbonisierung bei Temperaturen über 700°C unterzogen werden. Die Voroxidationszeit betrug bei diesen Kabelsträngen weniger als 7.Minuten und damit nur noch einen geringen Bruchteil der sonst benötigten Zeit.

    Beispiel 4



    [0054] Es wurden Fadenkabel entsprechend 3 hergestellt und anschließend diese Proben spannungslos einer Erhitzung im Trockenschrank bei 250°C während einer Zeit von 120 Minuten unterzogen. Es wurden Fasern mit guter Kräuselung erhalten, die unbrennbar waren. Die Fasern wiesen nach dieser Behandlung folgende textile Werte auf

    [0055] Titer 3,5 dtex

    [0056] Festigkeit 30 cN/tex

    [0057] Dehnung 13 %

    [0058] Anfangsmodul 800 cN/tex.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung von in N,N-Dimethylformamid unlöslichen synthetischen Fasern und Fäden aus Acrylnitrilpolymerisaten mit erhöhter Thermostabilität, dadurch gekennzeichnet, daß eine Lösung eines Polymerisates, das zu mehr als 50 Gew.-% aus Acrylnitrileinheiten besteht, nach einem bekannten Trocken- oder Naßspinnprozeß zu Fadensträngen oder -kabeln versponnen wird, die während des Herstellungsprozesses jedoch vor dem ersten Trocknen oder einer Temperaturbehandlung über 100°C kontinuierlich mit einer Kupfer(I)-Ionen enthaltenden wäßrigen Lösung behandelt werden, der Kupfergehalt in den Strängen oder Kabeln gleichzeitig oder durch eine anschließende Erwärmung auf Temperaturen über 60, vorzugsweise über 100°C fixiert wird und die Stränge oder Kabel während oder nach dem Trocknen auf Temperaturen von 200 bis 350°C erhitzt werden.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Kupfer(I)-Ionen enthaltende Lösung etwa Raumtemperatur aufweist.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Temperaturbehandlung während oder nach dem Trocknen bei 250 bis 330°C erfolgt.
     
    4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Fixierung des Kupfergehaltes und die Trocknung bzw. die Trocknung und die anschließende Temperaturbehandlung oder alle drei Wärmebehandlungen als gemeinsame Verfahrensstufe durchgeführt werden.
     
    5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Kupfer(I)-Ionenkonzentration der Behandlungslösung 0,1 bis 50 g/l, vorzugsweise 0,5 bis 30 g/1 beträgt.
     
    6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Fadenstränge oder -kabel nach der kontinuierlichen Behandlung mit einer Kupfer(I)-Ionen enthaltenden Lösung und einem weitgehenden Abstreifen und/oder Abquetschen der überschüssigen Lösung zunächst einer Temperaturbehandlung über 60, vorzugsweise über 100°C unterworfen werden, um dann weiteren Waschprozessen, dem Präparieren und der Trocknung mit anschließender thermischer Behandlung unterzogen zu werden.
     
    7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Kupfer(I)-Ionen enthaltende Lösung kontinuierlich durch Vermischen einer Kupfer(II)-Ionen enthaltenden Lösung mit einer ein Reduktionsmittel enthaltenden wäßrigen Lösung erzeugt bzw. aufgefrischt wird, wobei das Reduktionsmittel zumindest im stöchiometrischen Verhältnis zugegeben werden muß.
     
    8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß -.als Kupfer(II)-Ionen enthaltende Lösung eine Lösung von Kupfer(II)-Sulfat in Wasser und als Reduktionsmittel enthaltende Lösung eine Lösung eines Aldehydsulfoxylats, vorzugsweise des Natriumsalzes der Hydroxymethansulfinsäure, in Wasser eingesetzt wird.