[0001] Die Erfindung betrifft einen elektrisch isolierten Gegenpresseur für ein Drei-Walzensystem
einer Tiefdruckrotationsmaschine, die mit Mitteln zur Durchführung eines sogenannten
elektrostatischen Druckunterstützungsverfahrens ausgerüstet ist. Die Erfindung betrifft
ferner ein Verfahren zur Herstellung des neuen Gegenpresseurs.
[0002] Das Druckwerk einer Tiefdruckrotationsmaschine besteht in der Regel aus dem Druckzylinder
und dem über dem Druckzylinder angeordneten zylinderförmigen Gummipresseur (Zwei-Walzensystem).
Zwischen Gummipresseur und Druckzylinder wird die Papierbahn durchgeführt, wobei die
in den Näpfchen des Druckzylinders vorhandene Farbe auf das Papier übertragen werden
soll. Der Gummipresseur ist mit einer elastischen Oberflächenschicht ausgerüstet und
hat die Aufgabe, die Papierbahn mit relativ hohem Druck gegen den Druckzylinder zu
pressen, so daß die Farbe möglichst vollständig von der Druckzylinderoberfläche auf
das Papier übertragen wird. Wenn besonders hohe Drücke auf eine relativ breite Druckzylinderoberfläche
übertragen werden sollen, ist über dem Gummipresseur noch ein zylinderförmiger, sogenannter
Stahl- oder Gegenpresseur angeordnet, der auf die Oberfläche des Gummipresseurs gepreßt
werden kann (Drei-Walzensystem) und die Anpressung des Gummipresseurs auf den Druckzylinder
unterstützt.
[0003] Zur Verbesserung der Farbübertragung bei Tiefdruckrotationsmaschinen sind elektrostatische
Kräfte ausnutzende Druckunterstützungsverfahren entwickelt worden, bei denen auf die
Oberfläche des Gummipresseurs eine elektrische Ladung aufgebracht wird. Zu diesem
Zweck trägt der Gummipresseur außenseitig eine leitfähige Schicht über einer Isolationsschicht,
die auf einem geerdeten Metallkern angeordnet ist. Damit die Ladung des Gummipresseurs
nicht auf den Gegenpresseur des Drei-Walzensystems abfließen kann, ist bei bekannten
Vorrichtungen die Oberfläche des aus einem Stahlzylinder bestehenden Gegenpresseurs
schichtförmig mit einer elektrisch isolierenden Ummantelung aus Kunststoff (Rilsan)
versehen.
[0004] Ein elektrostatisches Druckhilfeverfahren dient nicht nur zur Verbesserung einer
schlechten Farbübertragung (missing dots), sondern bei zufriedenstellender Farbübertragung
auch zur Verminderung des Anpreßdrucks der Presseure, so daß deren Verschleiß gemindert
und die Energieaufwendung verringert werden können. Insofern haben sich die elektrostatischen
Druckunterstützungsverfahren in den letzten Jahren immer mehr durchsetzen können.
[0005] Es hat sich in der Praxis gezeigt, daß die Kunststoffbeschichtung des Gegenpresseurs
eines Drei-Walzensystems den Belastungen nicht gewachsen ist. Die Oberfläche der Ummantelung
wird insbesondere durch den Einfluß von Chemikalien rauh und sogar wellig, so daß
im Betrieb Unwuchten auftreten. Die Unwuchten führen zu unterschiedlich hohen Anpreßdrücken
des Gummipresseurs und stören dadurch die homogene Farbübertragung sowie den ruhigen
Lauf des Druckwerks; die Wellung hat außerdem Passerschwierigkeiten zur Folge. Die
Umrollungszahlen eines Gegenpresseurs sind daher relativ niedrig, so daß hohe Kosten
durch das erforderliche Stillsetzen der Maschine und die Wiederbeschichtung des Gegenpresseurs
entstehen.
[0006] Des weiteren stellen sich zwischen der Kunststoffschicht und der Oberfläche des Stahlzylinders
Hohlraumzonen ein, in denen sich sogar Wasser ansammeln kann. Diese Zonen vermindern
den Isolationswert der Beschichtung ganz erheblich. Das Wasser verursacht außerdem
Korrosion in der Oberfläche des Stahlzylinders. Die Hohlraumzonen bewirken darüber
hinaus eine Verminderung der Wärmeableitung vom Gummipresseur auf den Gegenpresseur.
Der Gegenpresseur ist bekanntlich wassergekühlt, damit er die durch das Walken des
Gummipresseurs entstehende Wärme besser aufnehmen und abführen kann. Die Kunststoffbeschichtung
behindert ohnehin den Wärmeabfluß. Der Wärmeabfluß wird darüber hinaus jedoch durch
die Hohlraumzonen gestört. Geringe Abhilfe schafft ein höherer Preßdruck, der aber
wiederum einen höheren Energieaufwand und höheren Verschleiß'zur Folge hat, so daß
der angestrebte Zweck des elektrostatischen Druckunterstützungsverfahrens, nämlich
die Erniedrigung des Anpreßdrucks, häufig nicht erreicht werden kann.
[0007] Aufgabe der Erfindung ist, einen verschleißfesten, für die Anwendung eines elektrostatischen
Druckunterstützungsverfahrens geeigneten Gegenpresseur mit einfachen Mitteln zu schaffen,
der die beschriebenen Nachteilen bekannter Presseure nicht aufweist.
[0008] Die Aufgabe wird durch einen Gegenpresseur, bestehend aus einem vorzugsweise wassergekühlten
Stahlzylinder mit einer elektrisch isolierenden Ummantelung gelöst, der sich dadurch
auszeichnet, daß die Ummantelung aus Keramik besteht. Zweckmäßigerweise ist zwischen
der Stahloberfläche des Gegenpresseurs und der Keramikschicht noch eine Haftvermittlerschicht
angeordnet. Die Keramikbeschichtung ist Dicke der/ vorzugsweise von 1,0 bis 2,0 mm
dick. DiejHaftvermittlerschicht beträgt vorzugsweise von 0,2 bis 0,6 mm. Nach einer
besonderen Ausführungsform der Erfindung besteht die Keramikschicht im wesentlichen
aus A1
20
3 mit geringen Anteilen von TiO
2, SiO
2 und Fe203, vorzugsweise 94 Gew.-% A1
20
3, 2,5 Gew.-% TiO
2, 2,0 Gew.-% Si0
2 und 1,5 Gew.-% Fe
20
3. Die Haftvermittlerschicht besteht im wesentlichen aus überwiegend Nickel mit geringen
Anteilen Aluminium. Vorzugsweise besteht die Haftvermittlerschicht aus 95 ,5 Gew.-%
Ni und 4,5 Gew.-%
Al.
[0009] Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung des neuen Gegenpresseurs ist dadurch
gekennzeichnet, daß die Keramikschicht und/oder die Haftvermittlerschicht durch ein
an sich bekanntes Flammspritzverfahren aufgetragen werden. Beim Flammspritzverfahren
handelt es sich um ein Pulverspritzverfahren. Das Pulver wird mit einer Spritzpistole
aufgetragen, in der es unter Ausnutzung der Schwerkraft durch ein Dosierventil fließt,
um dann mit reduziertem Druck von einer Aspiratorkammer aufgenommen zu werden. Von
hier wird das Pulver durch die Spritzflamme gewirbelt, in der es aufgeschmolzen wird
und sich auf das Werkstück zu einer Spritzschicht aufbaut. Für die Spritzflamme kann
ein Acetylensauerstoff oder ein Wasserstoffsauerstoffgemisch benutzt werden. Die Erfindung
sieht vor, das zu verspritzende Pulver für die Dosierung insbesondere durch Rühren
in Bewegung zu halten, damit der Flammspritzstrom nicht unterbrochen wird.
[0010] Zweckmäßig ist, die Oberfläche der gespritzten Keramikschicht auf Maß zu schleifen,
wobei eine sehr glatte Oberfläche entsteht. Nach einer besonderen Ausführungsform
der Erfindung wird die Keramikoberfläche mit Kunststoff oder einem Lack versiegelt,
so daß die ggf. vorhandene Porosität der Keramikschicht zumindest oberflächlich geschlossen
wird, damit keine vom Gummipresseur ggf. übertragenen Farbbestandteile oder dergleichen
Chemikalien in die Keramikbeschichtung eindringen können, wodurch deren Isolierfähigkeit
beeinträchtigt werden könnte. Vorzugsweise erfolgt die Versiegelung der Keramikoberfläche
vor dem Schleifen, wobei das Schleifen derart durchgeführt wird, daß die Porenversiegelung
erhalten bleibt.
[0011] Das Flammspritzverfahren schafft eine Keramikbeschichtung, die eine hervorragende
Isolationswirkung und eine hohe Verschleißfestigkeit gewährleistet. Ablösungen der
Beschichtung von der Metalloberfläche treten ebenso wie Unwuchten nicht auf. Zudem
besitzt die neue Beschichtung eine sehr gute Wärmeleitfähigkeit, so daß das Druckwerk
trotz der Walkung des Gummipresseurs kalt bleibt. Letzteres führt auch zu höheren
Umrollungszahlen für den Gummipresseur.
[0012] Überraschend ist, daß der Anpreßdruck des neuen Gegenpresseurs ganz erheblich vermindert
werden kann, wobei dennoch die gleiche Farbübertragungsqualität erzielt wird. Es können
z. B. Anpreßdrücke von etwa 1 kp/cm2 gewählt werden, während bei herkömmlichen, mit
Kunststoff beschichteten Gegenpresseuren zur Erzielung gleicher Druckqualitäten Anpreßdrücke
von etwa3,5 kp/an
2eingestellt werden müssen. Woraus dieser überraschende Effekt resultiert, ist nicht
bekannt. Die sich daraus ergebenden Vorteile sind geringerer Verschleiß des Druckwerks
und erhebliche Senkung der Energieaufwendung sowie höhere Effektivität der elektrostatischen
Druckhilfe.
[0013] Die Verwendung einer in der Regel spröden Keramikbeschichtung bot sich nicht ohne
weiteres an, wenn man berücksichtigt, daß theoretisch der Isolationswert einer gleich
dicken Kunststoffschicht zumindest gleich ist und außerdem eine Keramikschicht eine
niedrige Temperaturwechselbeständigkeit aufweist, im Druckwerk jedoch zonal deutliche
Temperaturwechsel und auch zonal unterschiedliche Temperaturen auftreten. Offenbar
wirkt die Haftvermittlerschicht ausgleichend, so daß sehr hohe Umrollungszahlen erzielt
werden können.
[0014] Die Farbübertragung des Papiers ist bei Verwendung des neuen Gegenpresseurs bei niedrigen
Anpreßdrücken ganz hervorragend und kann mit herkömmlichen Druckwerken nicht erzielt
werden.
[0015] Anhand der Zeichnung wird der neue Gegenpresseur näher erläutert. Das schematisch
abgebildete Drei-Walzendruckwerk einer Tiefdruckrotationsmaschine weist den Druckzylinder
1, den Gummipresseur 2 und den Gegenpresseur 3 auf. Zwischen dem Gummipresseur 2 und
dem Druckzylinder 1 wird die Papierbahn 4 durchgeführt. Die Mittel zur Ausführung
des elektrostatischen Druckunterstützungsverfahrens sind zur Erhaltung der Übersichtlichkeit
der Zeichnung nicht dargestellt.
[0016] Erfindungsgemäß besteht der Gegenpresseur aus dem Stahlzylinder 5, auf dem eine Metallegierung
als Haftvermittlerschicht 6 aufgetragen ist, auf der wiederum eine Keramikschicht
7 angeordnet ist. Die Oberfläche der Keramikschicht 7 ist geschliffen. Die Keramikschicht
7 ist infolge des Auftrags nach dem Flammspritzverfahren sinterartig mit der Haftvermittlerschicht
6 fest verbunden, während die Haftvermittlerschicht legierungsartig mit der Oberfläche
des Stahlzylinders 5 verbunden ist.
1. Gegenpresseur für ein Drei-Walzensystem einer Tiefdruckrotationsmaschine, die mit
Mitteln zur Durchführung eines elektrostatischen Druckunterstützungsverfahrens ausgerüstet
ist, wobei der Gegenpresseur mit einer elektrisch isolierenden Ummantelung beschichtet
ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Ummantelung aus Keramik besteht.
2. Gegenpresseur nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Stahlzylinder wassergekühlt
ist.
3. Gegenpresseur nach Anspruch 1 und/oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen
der Stahloberfläche und der Keramikschicht eine Haftvermittlerschicht angeordnet ist.
4. Gegenpresseur nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet,
daß die Keramikbeschichtung von 1,0 bis 2,0 mm dick ist.
5. Gegenpresseur nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet,
daß die Haftvermittlerschicht von 0,2 bis 0,6 mm dick ist.
6. Gegenpresseur nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet,
daß die Keramikbeschichtung im wesentlichen aus Al2O3 mit geringen Anteilen von TiO2, SiO2 und Fe2O3, vorzugsweise aus 94 Gew.-% Al2O3, 2,5 Gew.-% TiO2, 2,0 Gew.-% SiO2 und 1,5 Gew.-% Fe203, besteht.
7. Gegenpresseur nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet
, daß die Haftvermittlerschicht im wesentlichen aus überwiegend Nickel mit geringen
Anteilen Aluminium, vorzugsweise aus 95,5 Gew.-% Ni und 4,5 Gew.-% Al, besteht.
8. Gegenpresseur nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet
, daß die Oberfläche der Keramikbeschichtung geschliffen ist.
9. Gegenpresseur nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet
, daß zumindest die oberflächlich angeordneten Poren der Keramikbeschichtung zumindest
teilweise mit einem Kunststoff oder Lack ausgefüllt sind.
10. Gegenpresseur nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet
, daß die Keramikbeschichtung auf die Haftvermittlerbeschichtung aufgesintert ist.
11. Gegenpresseur nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet
, daß die Haftvermittlerbeschichtung auf die Stahloberfläche aufgesintert ist.
12. Verfahren zur Herstellung eines Gegenpresseurs nach Anspruch 1 bis 11, dadurch
gekennzeichnet, daß die Keramikschicht und/oder die Haftvermittlerschicht durch ein
Flammspritzverfahren aufgetragen werden.
13. Verfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, daß während des Flammspritzens
der pulverförmige Rohstoff für die Dosierung durch Rühren in Bewegung gehalten wird.
14. Verfahren nach Anspruch 12 und/oder 13, dadurch gekennzeichnet , daß die flammgespritzte
Keramikoberfläche mit Kunststoff oder Lack versiegelt wird.
15. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 12 bis 14, dadurch gekennzeichnet,
daß die Oberfläche auf Maß geschliffen wird.