(19)
(11) EP 0 097 842 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
11.01.1984  Patentblatt  1984/02

(21) Anmeldenummer: 83105497.8

(22) Anmeldetag:  03.06.1983
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C22B 11/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI NL

(30) Priorität: 24.06.1982 DE 3223501

(71) Anmelder: Degussa Aktiengesellschaft
D-60311 Frankfurt (DE)

(72) Erfinder:
  • Renner, Hermann, Dr. Dipl.-Chem.
    D-6520 Worms (DE)
  • Kleiss, Karlheinz
    D-6464 Linsengericht 2 (DE)
  • Schlodder, Rainer, Dr. Dipl.-Chem.
    D-6458 Rodenbach (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Gewinnung von Edelmetallen aus Lösungen


    (57) Es wird ein Verfahren zur Gewinnung von Edelmetallen aus verdünnten wässrigen oder nichtwässrigen, Salze von Unedelmetallen und/oder schwerfüchtige anorganische oder organische Verbindungen enthaltende Lösungen beschrieben, das generell einsetzbar, einfach durchzuführen ist und hohe Edelmetallausbeuten liefert. Zur Edelmetall-Lösung wird elementares Tellur oder eine reduzierbare Tellurverbindung bei Temperaturen von 100 bis 250° C zugesetzt und der entstandene Niederschlag auf bekannte Weise aufgearbeitet.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewinnung von Edelmetallen aus verdünnten wässrigen oder nichtwässrigen Lösungen, die Salze von Unedelmetallen und/oder andere schwerflüchtige anorganische oder organische Verbindungen enthalten. Zu den gewinnbaren Edelmetallen zählen Silber, Gold und die Platinmetalle.

    [0002] In der chemischen Technologie der Edelmetalle fallen in vielen Bereichen wässrige und nichtwässrige Lösungen an, deren Edelmetallanteil unter möglichst weitgehender Abtrennung zusätzlich anwesender Ballaststoffe, wie Unedelmetallsalze, Neutralsalze oder schwerflüchtiger organischer Verbindungen, gewonnen werden müssen.

    [0003] In manchen Fällen, wie bei einigen Verfahren der hydrometallurgischen Edelmetallgewinnung aus Erzen, deren Folgeprodukten oder aus Recyclingmaterialien, steht die Aufarbeitung solcher Lösungen im Mittelpunkt der Edelmetallgewinnungsprozesse. Des weiteren führt die naßchemische Scheidung der Edelmetalle (Pt, Pd, Rh, Ir, Ru, Os, Au, Ag) untereinander und ihre Trennung von Unedelmetallen sowie die Edelmetallreinigung zu relativ stark verdünnten Abfallösungen, wie Mutterlaugen aus Fällungen und Kristallisationen oder Waschlösungen. Ihre Edelmetallanteile müssen wegen ihres hohen Werts wiedergewonnen werden. Schließlich liefern zahlreiche chemische Prozesse, die mit Hilfe von Edelmetallen, z.B. in Form von Katalysatoren durchgeführt werden, edelmetallhaltige Abfallösungen unterschiedlichster Zusammensetzung. Die Rentabilität solcher Prozesse ist fast immer nur dann gegeben, wenn sie ein weitgehendes Recycling des eingesetzten Edelmetalls gestatten.

    [0004] Nur in Ausnahmefällen, vor allem wenn die aufzuarbeitenden Lösungen sich nur aus Edelmetallverbindungen und einem nicht zu hoch siedenden Lösungsmittel zusammensetzen, führt eine einfache oder Vakuumdestillation zur Isolierung und ausreichender Konzentrierung der Edelmetalle. Beim Vorliegen von zusätzlichen Beimengungen, wie Unedelmetallsalzen, Neutralsalzen oder organischen, hochsiedenden Verbindungen, kann die Einführung der edelmetallhaltigen Abfallösungen in den Hüttenprozeß einer Edelmetallhütte ein brauchbarer Aufarbeitungsweg sein. Alle Edelmetalle werden vollkommen von der flüssigen Bleischmelze aufgenommen, während alle anderen Bestandteile oder deren Folgeprodukte in das Abgas, in die Schlacke oder in die sulfidische Phase übergehen. Aus wässrigen oder mit Wasser mischbaren Lösungen können die gelösten Edelmetalle durch Reduktion in den elementaren Zustand ausgefällt und der an sich bekannten Weiterverarbeitung zugeführt werden. Diese Reduktion und damit die Gewinnung der Edelmetallkonzentrate kann mittels elektrischen Stroms, mittels unedler Metalle, wie Zink, Eisen oder Aluminium, oder mittels reduzierender Verbindungen, wie Hydrazin, oder Natriumboranat, durchgeführt werden. Diese Reduktionsmethode ist jedoch mit Mängeln behaftet, wie die oft unvollständige Ausfällung, das Einbringen zusätzlicher abwasserbelastender Metalle und die Mitreduktion des meist in beträchtlicher Menge anwesenden Kupfers, die Mitfällung von Hydroxiden unedler Metalle, sowie die Entstehung von entzündlichem Wasserstoffgas. Außerdem lassen sich die Reduktionsreaktionen in der Regel nicht in organischen Lösungen durchführen. Für organische Lösungen, speziell für flüssige Abfälle aus homogenkatalytischen Prozessen der Oxo-Synthese, sind zur Überführung der darin enthaltenen, zum Teil hochverdünnter Edelmetalle in Konzentrate Verbrennungs- und Pyrolyseverfahren vorgeschlagen worden.

    [0005] Diese Verfahren haben den Nachteil, daß leicht Luftverschmutzungen auftreten, der meist in diesen Lösungen enthaltene Phosphor in der Asche verbleibt und beim Aufarbeiten der Konzentrate zu Schwierigkeiten führen kann.

    [0006] Speziell zur Wiedergewinnung von Rhodium aus Rückständen der Oxo-Synthese ist aus der DE-AS 29 11 193 ein Verfahren bekanntgeworden, bei dem die Rückstände mit Schwefel oder einer schwefelabspaltenden Verbindung umgesetzt werden und der sich bildende Niederschlag aufgearbeitet wird. Dieses Verfahren hat den Nachteil, daß es nicht in wässrigen'Lösungen angewendet werden kann, der Schwefel meist zusätzliche, die Aufarbeitung störende Reaktionsprodukte bildet und oft in so großen Mengen von den organischen Lösungsmitteln aufgenommen wird, daß er ihre Weiterverarbeitung behindert.

    [0007] Es war daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur Gewinnung von Edelmetallen aus verdünnten wässrigen und nichtwässrigen Lösungen zu finden, die Salze von Unedelmetallen und/oder andere schwerflüchtige anorganische oder organische Verbindungen enthalten, wobei das Verfahren leicht durchführbar, generell einsetzbar und mit hoher Edelmetallausbeute arbeiten sollte, ohne daß es bei der Aufarbeitung der Konzentrate und der sonstigen Reaktionsprodukte zu Schwierigkeiten kommen durfte.

    [0008] Diese Aufgabe wurde erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Edelmetalle durch Zusatz von elementarem Tellur oder reduzierbaren Tellurverbindungen zur Lösung bei Temperaturen von 100 bis 250° C niedergeschlagen werden und der Niederschlag auf bekannte Weise aufgearbeitet wird. Die Zugabe des elementaren Tellurs bzw. der reduzierbaren Tellurverbindungen erfolgt vorteilhafterweise bei Temperaturen von 120 bis 200° C, wobei bei Lösungen mit niedrigen Siedepunkten der organischen Lösungsmittel und bei wässrigen Lösungen vorzugsweise in geschlossenen Druckbehältern gearbeitet wird. Allerdings ist es auch möglich, das niedrigsiedende Lösungsmittel z.B. auf dem Destillationsweg durch ein höhersiedendes zu ersetzen.

    [0009] Überraschenderweise stellen elementares Tellur bzw. reduzierbare Tellurverbindungen im Gegensatz zu den bekannten Verfahren und im Gegensatz zu dem bekannten Schwefel und auch Selen Fällungsmittel für Edelmetalle aus verdünnten Lösungen dar, die durch hohe Effektivität hinsichtlich der Edelmetallausbeuten, durch die generelle Anwendbarkeit sowohl in wässrigen als auch in organischen Lösungen, sowie durch die ausgezeichnete Trennschärfe zwischen Edelmetallen und unedlen Elementen, zu denen hier auch das Kupfer gehört, sich auszeichnen.

    [0010] Die entstehenden Niederschläge, die die Edelmetalle elementar oder in Form von Telluriden enthalten, können in bekannter Weise, z.B. durch Röstprozesse oder naßchemisch aufgearbeitet werden. Dabei kann das zurückgewonnene Tellur bzw. die tellurhaltige Fraktion stets erneut dem Fällungsprozess zugegeben werden, so daß der Tellurverbrauch, abgesehen von geringen Ausschleppungsverlusten sehr gering ist. Das Tellur stellt somit ein regenerierbares Zementationsmittel dar. Tellur hat den weitern Vorteil, daß es von den organischen Abfallösungen, beispielsweise der Oxo-Synthese, praktisch nicht aufgenommen wird, so daß die von Edelmetall befreiten organischen Lösungsmittel gegebenenfalls bedenkenlos verbrannt werden können.

    [0011] Selen kann für die Wiedergewinnung von Edelmetallen aus organischen Lösungen ebenfalls eingesetzt werden, doch besitzt es praktisch die gleichen Nachteile wie der bekannte Schwefel.

    [0012] Das erfindungsgemäße Verfahren ist sowohl für wässrige Edelmetallösungen, die außerdem noch weitere Kationen und Anionen enthalten können, wie Halogenide, Cyanide, Sulfate, Thiosulfate oder Phosphate, als auch für organische Lösungsmittel anwendbar, die beispielsweise Alkohole, Aldehyde, chlorierte Kohlenwasserstoffe oder phosphororganische Verbindungen enthalten können.

    [0013] Die Menge der Tellurzugabe richtet sich in erster Linie am Edelmetallgehalt der Lösungen. Sie kann durch einfache Versuche ermittelt werden.

    [0014] Folgende Beispiel sollen das erfindungsgemäße Verfahren näher erläutern:

    1. In einem 250 ml Becherglas werden 100 ml Sumpf aus der oxo-Synthese, der 644 ppm Rhodium enthält, mit 0,5 g Tellur versetzt und unter Rühren 1 Stunde bei 150 °C behandelt. Der Niederschlag wird abfiltriert und konventionell auf Rhodium aufgearbeitet. Das Filtrat enthält nur noch 1 ppm Rhodium. Die Ausbeute an Rhodium beträgt mehr als 99 Gew.%. Der Tellurgehalt im Filtrat beträgt 35 ppm.

    2. In einem 10 1 Becherglas werden 7,5 1 Sumpf aus der Oxo-Synthese, der 165 ppm Rhodium enthält, mit 22,5 g Te versetzt und unter Rühren 3 Stunden bei 150 °C behandelt. Der Niederschlag wird abfiltriert und konventionell auf Rhodium aufgearbeitet. Das Filtrat enthält noch 2 ppm Rhodium. Die Ausbeute an Rhodium beträgt mehr als 98 Gew.%.

    3. In einem 800 l Reaktionsbehälter werden 700 1 Sumpf aus der Oxo-Synthese, der 160 ppm Rhodium enthält, mit 2,1 kg Tellur versetzt und unter Rühren bei 150 °C behandelt. Der Niederschlag wird abfiltriert und konventionell auf Rhodium aufgearbeitet. Das Filtrat enthält noch 2 ppm Rhodium. Die Ausbeute an Rhodium beträgt somit 98 Gew.%.

    4. In einem 250 ml Becherglas werden 100 ml Sumpf aus der Oxo-Synthese, der 495 ppm Rhodium enthält, mit 0,5 g Tellur versetzt und unter Rühren 1 Stunde bei 200 °C behandelt. Der Niederschlag wird abfiltriert und konventionell auf Rhodium aufgearbeitet. Das Filtrat enthält noch 3 ppm Phodium. Die Ausbeute an Rhodium beträgt mehr als 99 Gew.%.

    5. 700 ml einer salzsauren, ammoniumchloridhaltigen Abfallösung aus der Platinscheidung-werden in einem Druckbehälter nach Zugabe von 25 g Tellur 3 Stunden unter Rühren bei 150 °C behandelt. Die Metallgehalte (mg/l) vor und nach der Behandlung zeigt folgende Tabelle:

    6. 100 ml einer salzsauren ammoniumchloridhaltigen Abfallösung aus der Platinscheidung werden mit 100 ml Glykoll versetzt. Die wässrige Phase wird unter Aufheizen auf 150 °C verdampft. Nach Zugabe von 5 g Tellur wird 1 Stunde bei 150 °C reagieren lassen. Die Metallgehalte (mg/l) vor und nach der Behandlung zeigt folgende Tabelle:

    7. 700 ml einer salzsauren, ammoniumchloridhaltigen Abfallösung aus der Platinscheidung werden mit Natronlauge abgestumpft und anschließend in einem Druckbehälter nach Zugabe von 25 g Tellur 3 Stunden unter Rühren bei 150 °C behandelt. Die Metallgehalte (mg/l) vor und nach der Behandlung zeigt folgende Tabelle:

    8. 700 ml einer salzsauren ammoniumchloridhaltigen Ab-fallösung aus der Platinscheidung werden mit Schwefeloxid gesättigt und in einem Druckreaktor nach Zugabe von 10 g Tellur 3 Stunden bei 150 °C unter Rühren behandelt. Die Metallgehalte (mg/l) vor und nach der Behandlung betrugen:

    9. 700 ml einer salzsauren, NH4CL-haltigen Abfallösung aus der Platinscheidung werden in einem Druckbehälter nach Zugabe von 40 g Tellur 3 Stunden bei 200 °C behandelt. Die Metallgehalte (mg/l) vor und nach der Behandlung betrugen:

    10. 700 ml einer silberhaltigen Fixierbad-Abfallösung mit 4000 mg Ag/1 werden in einem Druckbehälter mit 5 g Tellur versetzt und unter Rühren 3 Stunden bei 150 °C behandelt. Der Silbergehalt im Filtrat beträgt 1 mg/l.




    Ansprüche

    1. Verfahren zur Gewinnung von Edelmetallen aus verdünnten wässrigen oder nichtwässrigen Lösungen, die Salze von Unedelmetallen und/oder andere schwerflüchtige anorganische oder organische Verbindungen enthalten, dadurch gekennzeichnet, daß die Edelmetalle durch Zusatz von elementarem Tellur, oder reduzierbaren Tellurver- bindungen zur Lösung bei Temperaturen von 100 bis 250°C niedergeschlagen werden und der Niederschlag auf bekannte Weise aufgearbeitet wird.
     
    2. Verfahren zur Gewinnung von Edelmetal'len nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Zugabe des Tellurs oder der Tellurverbindungen bei Temperaturen von 120 bis 200° C erfolgt.
     
    3. Verfahren zur Gewinnung von Edelmetallen nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Fällung bei Anwesenheit niedrigsiedender Lösungsmittel in einem geschlossenen Druckbehälter durchgeführt wird.