[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewinnung von Edelmetallen aus verdünnten
wässrigen oder nichtwässrigen Lösungen, die Salze von Unedelmetallen und/oder andere
schwerflüchtige anorganische oder organische Verbindungen enthalten. Zu den gewinnbaren
Edelmetallen zählen Silber, Gold und die Platinmetalle.
[0002] In der chemischen Technologie der Edelmetalle fallen in vielen Bereichen wässrige
und nichtwässrige Lösungen an, deren Edelmetallanteil unter möglichst weitgehender
Abtrennung zusätzlich anwesender Ballaststoffe, wie Unedelmetallsalze, Neutralsalze
oder schwerflüchtiger organischer Verbindungen, gewonnen werden müssen.
[0003] In manchen Fällen, wie bei einigen Verfahren der hydrometallurgischen Edelmetallgewinnung
aus Erzen, deren Folgeprodukten oder aus Recyclingmaterialien, steht die Aufarbeitung
solcher Lösungen im Mittelpunkt der Edelmetallgewinnungsprozesse. Des weiteren führt
die naßchemische Scheidung der Edelmetalle (Pt, Pd, Rh, Ir, Ru, Os, Au, Ag) untereinander
und ihre Trennung von Unedelmetallen sowie die Edelmetallreinigung zu relativ stark
verdünnten Abfallösungen, wie Mutterlaugen aus Fällungen und Kristallisationen oder
Waschlösungen. Ihre Edelmetallanteile müssen wegen ihres hohen Werts wiedergewonnen
werden. Schließlich liefern zahlreiche chemische Prozesse, die mit Hilfe von Edelmetallen,
z.B. in Form von Katalysatoren durchgeführt werden, edelmetallhaltige
Abfallösungen unterschiedlichster Zusammensetzung. Die Rentabilität solcher Prozesse
ist fast immer nur dann gegeben, wenn sie ein weitgehendes Recycling des eingesetzten
Edelmetalls gestatten.
[0004] Nur in Ausnahmefällen, vor allem wenn die aufzuarbeitenden Lösungen sich nur aus
Edelmetallverbindungen und einem nicht zu hoch siedenden Lösungsmittel zusammensetzen,
führt eine einfache oder Vakuumdestillation zur Isolierung und ausreichender Konzentrierung
der Edelmetalle. Beim Vorliegen von zusätzlichen Beimengungen, wie Unedelmetallsalzen,
Neutralsalzen oder organischen, hochsiedenden Verbindungen, kann die Einführung der
edelmetallhaltigen Abfallösungen in den Hüttenprozeß einer Edelmetallhütte ein brauchbarer
Aufarbeitungsweg sein. Alle Edelmetalle werden vollkommen von der flüssigen Bleischmelze
aufgenommen, während alle anderen Bestandteile oder deren Folgeprodukte in das Abgas,
in die Schlacke oder in die sulfidische Phase übergehen. Aus wässrigen oder mit Wasser
mischbaren Lösungen können die gelösten Edelmetalle durch Reduktion in den elementaren
Zustand ausgefällt und der an sich bekannten Weiterverarbeitung zugeführt werden.
Diese Reduktion und damit die Gewinnung der Edelmetallkonzentrate kann mittels elektrischen
Stroms, mittels unedler Metalle, wie Zink, Eisen oder Aluminium, oder mittels reduzierender
Verbindungen, wie Hydrazin, oder Natriumboranat, durchgeführt werden. Diese Reduktionsmethode
ist jedoch mit Mängeln behaftet, wie die oft unvollständige Ausfällung, das Einbringen
zusätzlicher abwasserbelastender Metalle und die Mitreduktion des meist in beträchtlicher
Menge anwesenden Kupfers, die Mitfällung von Hydroxiden unedler Metalle, sowie die
Entstehung von entzündlichem Wasserstoffgas. Außerdem lassen sich die Reduktionsreaktionen
in der Regel nicht in organischen Lösungen durchführen. Für organische Lösungen, speziell
für flüssige Abfälle aus homogenkatalytischen Prozessen der Oxo-Synthese, sind zur
Überführung der darin enthaltenen, zum Teil hochverdünnter Edelmetalle in Konzentrate
Verbrennungs- und Pyrolyseverfahren vorgeschlagen worden.
[0005] Diese Verfahren haben den Nachteil, daß leicht Luftverschmutzungen auftreten, der
meist in diesen Lösungen enthaltene Phosphor in der Asche verbleibt und beim Aufarbeiten
der Konzentrate zu Schwierigkeiten führen kann.
[0006] Speziell zur Wiedergewinnung von Rhodium aus Rückständen der Oxo-Synthese ist aus
der DE-AS 29 11 193 ein Verfahren bekanntgeworden, bei dem die Rückstände mit Schwefel
oder einer schwefelabspaltenden Verbindung umgesetzt werden und der sich bildende
Niederschlag aufgearbeitet wird. Dieses Verfahren hat den Nachteil, daß es nicht in
wässrigen'Lösungen angewendet werden kann, der Schwefel meist zusätzliche, die Aufarbeitung
störende Reaktionsprodukte bildet und oft in so großen Mengen von den organischen
Lösungsmitteln aufgenommen wird, daß er ihre Weiterverarbeitung behindert.
[0007] Es war daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur Gewinnung von
Edelmetallen aus verdünnten wässrigen und nichtwässrigen Lösungen zu finden, die Salze
von Unedelmetallen und/oder andere schwerflüchtige anorganische oder organische Verbindungen
enthalten, wobei das Verfahren leicht durchführbar, generell einsetzbar und mit hoher
Edelmetallausbeute arbeiten sollte, ohne daß es bei der Aufarbeitung der Konzentrate
und der sonstigen Reaktionsprodukte zu Schwierigkeiten kommen durfte.
[0008] Diese Aufgabe wurde erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Edelmetalle durch Zusatz
von elementarem Tellur oder reduzierbaren Tellurverbindungen zur Lösung bei Temperaturen
von 100 bis 250° C niedergeschlagen werden und der Niederschlag auf bekannte Weise
aufgearbeitet wird. Die Zugabe des elementaren Tellurs bzw. der reduzierbaren Tellurverbindungen
erfolgt vorteilhafterweise bei Temperaturen von 120 bis 200° C, wobei bei Lösungen
mit niedrigen Siedepunkten der organischen Lösungsmittel und bei wässrigen Lösungen
vorzugsweise in geschlossenen Druckbehältern gearbeitet wird. Allerdings ist es auch
möglich, das niedrigsiedende Lösungsmittel z.B. auf dem Destillationsweg durch ein
höhersiedendes zu ersetzen.
[0009] Überraschenderweise stellen elementares Tellur bzw. reduzierbare Tellurverbindungen
im Gegensatz zu den bekannten Verfahren und im Gegensatz zu dem bekannten Schwefel
und auch Selen Fällungsmittel für Edelmetalle aus verdünnten Lösungen dar, die durch
hohe Effektivität hinsichtlich der Edelmetallausbeuten, durch die generelle Anwendbarkeit
sowohl in wässrigen als auch in organischen Lösungen, sowie durch die ausgezeichnete
Trennschärfe zwischen Edelmetallen und unedlen Elementen, zu denen hier auch das Kupfer
gehört, sich auszeichnen.
[0010] Die entstehenden Niederschläge, die die Edelmetalle elementar oder in Form von Telluriden
enthalten, können in bekannter Weise, z.B. durch Röstprozesse oder naßchemisch aufgearbeitet
werden. Dabei kann das zurückgewonnene Tellur bzw. die tellurhaltige Fraktion stets
erneut dem Fällungsprozess zugegeben werden, so daß der Tellurverbrauch, abgesehen
von geringen Ausschleppungsverlusten sehr gering ist. Das Tellur stellt somit ein
regenerierbares Zementationsmittel dar. Tellur hat den weitern Vorteil, daß es von
den organischen Abfallösungen, beispielsweise der
Oxo-Synthese, praktisch nicht aufgenommen wird, so daß die von Edelmetall befreiten
organischen Lösungsmittel gegebenenfalls bedenkenlos verbrannt werden können.
[0011] Selen kann für die Wiedergewinnung von Edelmetallen aus organischen Lösungen ebenfalls
eingesetzt werden, doch besitzt es praktisch die gleichen Nachteile wie der bekannte
Schwefel.
[0012] Das erfindungsgemäße Verfahren ist sowohl für wässrige
Edelmetallösungen, die außerdem noch weitere Kationen und Anionen enthalten können,
wie Halogenide, Cyanide, Sulfate, Thiosulfate oder Phosphate, als auch für organische
Lösungsmittel anwendbar, die beispielsweise Alkohole, Aldehyde, chlorierte Kohlenwasserstoffe
oder phosphororganische Verbindungen enthalten können.
[0013] Die Menge der Tellurzugabe richtet sich in erster Linie am Edelmetallgehalt der Lösungen.
Sie kann durch einfache Versuche ermittelt werden.
[0014] Folgende Beispiel sollen das erfindungsgemäße Verfahren näher erläutern:
1. In einem 250 ml Becherglas werden 100 ml Sumpf aus der oxo-Synthese, der 644 ppm
Rhodium enthält, mit 0,5 g Tellur versetzt und unter Rühren 1 Stunde bei 150 °C behandelt.
Der Niederschlag wird abfiltriert und konventionell auf Rhodium aufgearbeitet. Das
Filtrat enthält nur noch 1 ppm Rhodium. Die Ausbeute an Rhodium beträgt mehr als 99
Gew.%. Der Tellurgehalt im Filtrat beträgt 35 ppm.
2. In einem 10 1 Becherglas werden 7,5 1 Sumpf aus der Oxo-Synthese, der 165 ppm Rhodium
enthält, mit 22,5 g Te versetzt und unter Rühren 3 Stunden bei 150 °C behandelt. Der
Niederschlag wird abfiltriert und konventionell auf Rhodium aufgearbeitet. Das Filtrat
enthält noch 2 ppm Rhodium. Die Ausbeute an Rhodium beträgt mehr als 98 Gew.%.
3. In einem 800 l Reaktionsbehälter werden 700 1 Sumpf aus der Oxo-Synthese, der 160
ppm Rhodium enthält, mit 2,1 kg Tellur versetzt und unter Rühren bei 150 °C behandelt.
Der Niederschlag wird abfiltriert und konventionell auf Rhodium aufgearbeitet. Das
Filtrat enthält noch 2 ppm Rhodium. Die Ausbeute an Rhodium beträgt somit 98 Gew.%.
4. In einem 250 ml Becherglas werden 100 ml Sumpf aus der Oxo-Synthese, der 495 ppm
Rhodium enthält, mit 0,5 g Tellur versetzt und unter Rühren 1 Stunde bei 200 °C behandelt.
Der Niederschlag wird abfiltriert und konventionell auf Rhodium aufgearbeitet. Das
Filtrat enthält noch 3 ppm Phodium. Die Ausbeute an Rhodium beträgt mehr als 99 Gew.%.
5. 700 ml einer salzsauren, ammoniumchloridhaltigen Abfallösung aus der Platinscheidung-werden
in einem Druckbehälter nach Zugabe von 25 g Tellur 3 Stunden unter Rühren bei 150
°C behandelt. Die Metallgehalte (mg/l) vor und nach der Behandlung zeigt folgende
Tabelle:

6. 100 ml einer salzsauren ammoniumchloridhaltigen Abfallösung aus der Platinscheidung
werden mit 100 ml Glykoll versetzt. Die wässrige Phase wird unter Aufheizen auf 150
°C verdampft. Nach Zugabe von 5 g Tellur wird 1 Stunde bei 150 °C reagieren lassen.
Die Metallgehalte (mg/l) vor und nach der Behandlung zeigt folgende Tabelle:

7. 700 ml einer salzsauren, ammoniumchloridhaltigen Abfallösung aus der Platinscheidung
werden mit Natronlauge abgestumpft und anschließend in einem Druckbehälter nach Zugabe
von 25 g Tellur 3 Stunden unter Rühren bei 150 °C behandelt. Die Metallgehalte (mg/l)
vor und nach der Behandlung zeigt folgende Tabelle:

8. 700 ml einer salzsauren ammoniumchloridhaltigen Ab-fallösung aus der Platinscheidung werden mit Schwefeloxid gesättigt und in einem
Druckreaktor nach Zugabe von 10 g Tellur 3 Stunden bei 150 °C unter Rühren behandelt.
Die Metallgehalte (mg/l) vor und nach der Behandlung betrugen:

9. 700 ml einer salzsauren, NH4CL-haltigen Abfallösung aus der Platinscheidung werden in einem Druckbehälter nach
Zugabe von 40 g Tellur 3 Stunden bei 200 °C behandelt. Die Metallgehalte (mg/l) vor
und nach der Behandlung betrugen:

10. 700 ml einer silberhaltigen Fixierbad-Abfallösung mit 4000 mg Ag/1 werden in einem
Druckbehälter mit 5 g Tellur versetzt und unter Rühren 3 Stunden bei 150 °C behandelt.
Der Silbergehalt im Filtrat beträgt 1 mg/l.
1. Verfahren zur Gewinnung von Edelmetallen aus verdünnten wässrigen oder nichtwässrigen
Lösungen, die Salze von Unedelmetallen und/oder andere schwerflüchtige anorganische
oder organische Verbindungen enthalten, dadurch gekennzeichnet, daß die Edelmetalle
durch Zusatz von elementarem Tellur, oder reduzierbaren Tellurver- bindungen zur Lösung bei Temperaturen von 100 bis 250°C niedergeschlagen
werden und der Niederschlag auf bekannte Weise aufgearbeitet wird.
2. Verfahren zur Gewinnung von Edelmetal'len nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß die Zugabe des Tellurs oder der Tellurverbindungen bei Temperaturen von 120 bis
200° C erfolgt.
3. Verfahren zur Gewinnung von Edelmetallen nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet,
daß die Fällung bei Anwesenheit niedrigsiedender Lösungsmittel in einem geschlossenen
Druckbehälter durchgeführt wird.