[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Herstellen eines Verbundwerkstoffes
aus Chrom und Kupfer als Kontaktwerkstoff für Mittelspannungs-Vakuum-Leistungsschälter.
[0002] Als Kontaktmaterial für Vakuum-Leistungsschalter hat sich bereits der Verbundwerkstoff
CrCu mit etwa 40 bis 60 % Cr gut bewährt. Dabei gewährleistet die Komponente Cu eine
hinreichende elektrische und thermische Leitfähigkeit, während das Gerüstmaterial
Cr sowohl abbrandmindernd als auch mit seinem im Vergleich zu Wolfram niedrigen Schmelzpunkt
von etwa 2173 K die Gefahr einer schädlichen thermischen Elektronenemission beseitigt.
Außerdem setzt das Cr die Verschweißneigung der Kontaktstücke stark herab und besitzt
gute Gettereigenschaften.
[0003] Für die Herstellung des Verbundwerkstoffes CrCu kommen aufgrund der Mischungslücke
im System Cr-Cu für den gewünschten Konzentrationsbereich von etwa 40 bis 60 % Cr-Gehalt
nur pulvermetallurgische Verfahren in Betracht. Am gebräuchlichsten ist das Herstellen
von Preßkörpern aus Cr-Pulver oder CrCu-Pulvermischunqen, deren Poren nach der Sinterung
mit flüssigem Cu aufgefüllt werden. Derartige Sintertränkverfahren sowie auch die
übrigen bekannten pulvermetallurgischen Verfahren sind wegen der Oxidationsneiqung
des Chroms schwierig zu beherrschen. Insbesondere besteht die Gefahr, durch schlechte
Benetzbarkeit einzelner Kornflächen oder Passivschichtbildung Poren- oder Tränkfehler
zu erhalten. Auch wenn diese nur in der Größenordnung von 5 bis 50 um liegen, kann
durch sie eine Beeinträchtigung des Schaltverhaltens bewirkt werden. In der Praxis
ergibt sich daraus eine gewisse Streubreite im Ausschaltvermögen.
[0004] Bei anderen bekannten Verfahren werden z.B. poröse Rohlinge durch Pressen oder Schütten
von Metallpulver hergestellt, die entweder aus reinem Cr-Pulver bestehen oder bei
denen zum Erzielen einer flüssigen Phase beim Sintern ein oder mehrere weitere Pulverzusätze
dem Cr-Pulver zugemischt werden. Das anschließende Sintern im Hochvakuum oder reinem
Schutzgas bei Temperaturen von 1573 K bis 1773 K führt zu einer gewünschten Ausbildung
von Sinterbrücken zwischen den Pulverkörnern, so daß ein Anstieg der Gerüstfestigkeit
erfolgt, der eine problemlose Handhabung der porösen-Sinterrohlinge nach dem Sinterprozeß
erlaubt. In einem weiteren Arbeitsganq werden die Rohlinge dann in Tränkformen eingelegt
oder auf Tränkunterlagen aufgelegt, erhalten als Auf- oder Unterlage eine dem Porenvolumen
entsprechende Menge an Tränkmetall, in diesem Fall Kupfer, und werden wiederum im
Hochvakuum oder reinem Schutzgas über die Schmelztemperatur des Tränkmetalls erhitzt.
Hierbei tritt durch Kapillarkräfte eine Infiltration des porösen Gerüstes ein.
[0005] Mit den vorstehend beschriebenen Tränkverfahren zur Herstellung der Cr-Cu-Verbundwerkstoffe
lassen sich jedoch trotz sorgfältigster Arbeitsweise keine völlig fehlerfreien Tränkungen
erzielen: Dafür sind im wesentlichen drei Gründe verantwortlich:
Beim Umchargieren der Öfen zwischen Sinter- und Tränkprozeß kommt es bei den stark
getteraktiven Cr-Gerüsten zu einer Neubelegung der Gerüstoberfläche mit dünnen Oxid-
bzw. chemiesorbierten Gashäuten, die die Benetzunq mit dem flüssigen Tränkmetall erschweren.
Aus thermodynamischen Gründen treten diese Oxidationsprozesse bereits unterhalb von
etwa 1000 K selbst im Hochvakuum und in reinem Schutzgas auf, da sich in wirtschaftlich
anwendbaren Öfen keine Sauerstoff - partialdrücke unter 10-10 mb erzielen lassen. Als Resultat dieser Erscheinung treten Tränkfehler auf, die sich
in Form von Mikrolunkern und Poren äußern.
[0006] Durch den Sinterprozeß und die damit verbundene Ausbildung von Sinterbrücken werden
schlecht zugängliche Porenbereiche erhalten, die von flüssigem Tränkmetall gar nicht
oder nur unvollkommen erreicht werden. Damit ist auch die Möglichkeit, reduzierende
Substanzen wie z.B. Kohlenstoff über die flüssige Tränkmetallphase an das Gerüstmetall
zu brinqen, eingeschränkt, so daß in diesen Restporenbereichen, die von der Sinterbrückenbildung
herrühren, Restoxide vorhanden sind, die das Schaltvermögen des Werkstoffes beeinträchtigen.
[0007] Durch die versteifende Wirkung fester Sinterbrücken wird die Möglichkeit des Gerüstmaterials
zur Deformation beträchtlich verringert. Wird das mit Cu oder Legierungen davon imprägnierte
Cr-Gerüst von der Infiltrationstemperatur des flüssigen Tränkmetalls abgekühlt, so
tritt wegen der unterschiedlichen Wärmeausdehnungen zwischen Cr und Cu ein Volumendefizit
auf, das durch einen gemeinsamen gleichmäßigen Schrumpf von Gerüst- und Tränkmetall
nicht auf
qefangen werden kann. Diese bekannte Erscheinung kann ebenfalls zu Fehlstellen und
im Lichtmikroskop unsichtbaren Mikroporositäten führen, die die Qualität des Werkstoffes
für Hochleistungsschaltaufgaben verschlechtern können.
[0008] Es ist versucht worden, diese Störungen zu vermeiden. So kann z.B. Cr-Pulver und
Cu-Pulver gemischt werden, dadurch unterbleibt eine direkte Berührung der Cr-Körner
weitgehend und es bilden sich im anschließenden Sinterprozeß keine oder nur vereinzelte
deformationsbehindernde Sinterbrücken aus. Obwohl dieser Fertigungsprozeß die sterische
Behinderung der Cr-Partikel aufhebt, kann mit einem derartigen Werkstoff keine ausreichende
Schaltleistung erzielt werden. Ursache dafür ist die Wechselwirkung zwischen dem üblicherweise
mit etwa 500 ppm sauerstoffverunreinigtem Cu-Pulver und dem getteraktiven Cr-Pulver.
Bereits unterhalb 1273 K, d.h. also 1000°C, wird dabei bei einsetzender Cu20-Dissoziation
das oxidationsfreudige Cr-Pulver aufoxidiert. Wegen der hohen Oxidationswärme des
Cr kommt es zur Ausbildung stabiler Oberflächenoxide, die durch eine normale Vakuumentgasung
Dicht mehr entfernt werden können.
[0009] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein neues Verfahren zu entwickeln,
mit dem es möglich ist, einen hochwertigen Kontaktwerkstoff aus Chrom und Kupfer herzustellen,
der den Anforderungen von Vakuum-Mittelspannungs-Leistungsschaltern bis 36 kV Betriebsspannung
und Ausschaltströmen oberhalb 30 kA genügt, und bei dem die vorerwähnten Fehlerquellen
sowie zusätzlich die Verwendung von Cu-Pulver mit hohem Sauerstoffgehalt vermieden
werden.
[0010] Gemäß der Erfindung wird die Aufgabe dadurch gelöst, daß Cr-Pulver in eine ent
qaste Form geschüttet wird, daß auf das Cr-Pulver ein Stück aus sauerstoffarmen Kupfer
gelegt wird, daß anschließend die Form mit einem porösen Deckel verschlossen wird,
daß dann die Form in einem Hochvakuumofen bei Raumtemperatur entgast wird, bis ein
Druck von besser als 10
-4 mb erreicht ist, daß danach die Ofentemperatur auf eine möglichst hohe Temperatur
unterhalb der Schmelztemperatur von Kupfer erhöht wird, daß diese Ofentemperatur solange
konstant gehalten wird, bis ein konstanter Ofeninnendruck von besser als 10
-4mb erreicht ist, und daß anschließend ohne Zwischenabkühlen die Ofentemperatur weiter
erhöht wird bis zu einem Endwert von 100 K bis 200 K oberhalb der Schmelztemperatur
des Kupfers und diese Temperatur solange beibehalten wird, bis die in der Cr-Pulvermischung
enthaltene Porosität vollständig vom flüssigen Kupfer ausgefüllt ist.
[0011] Die Ofentemperatur dicht unterhalb des Schmelzpunktes von Kupfer kann bei einer technischen
Durchführung bei 1273 K {± 20 K liegen. Bei dieser Temperatur wird der Ofen etwa eine
Stunde konstant gehalten, wobei vorzugsweise ein Ofeninnendruck im Bereich von 10
-5 mb erreicht wird. Die Haltezeit bei der Temperatur oberhalb des Schmelzpunktes von
Kupfer liegt vorzugsweise bei 20 bis 30 Minuten.
[0012] Für das erfindungsgemäße Verfahren kann aluminothermisch oder elektrolytisch hergestelltes
Chrom verwendet werden. Im ersten Fall sollte das Cr-Pulver eine Teilchengrößenverteilung
von 50 um bis 200 um haben, vorzugsweise aber mit Anteilen von mindestens 150 um;
im zweiten Fall kann die Teilchengröße darunter und zwar im Bereich ab 25 µm liegen.
[0013] Weiterhin hat es sich als zweckmäßig erwiesen, eine Arbeitsform aus Graphit zu verwenden,
weil Kohlenstoff im flüssigen Kupfer in geringer Menge löslich ist und daher über
einen Transport in der flüssigen Phase als Reduktionsmittel für Cr-Oxidverunreinigungen
Anwendung findet.
[0014] Besonders vorteilhaft bei der Erfindung ist, daß kein festigkeitssteigernder Sinterprozeß
mit Ausbildung von stabilen Sinterbrücken durchgeführt, sondern daß unmittelbar von
der in einer Form befindlichen Cr-Pulverschüttung ausgegangen wird. Ohne Umchargieren
des Ofens und zusätzliche Handhabung von Sinterrohlingen kann das Porenvolumen der
Pulverschüttung vollständig mit flüssigem Kupfer aufgefüllt werden, so daß sich ein
praktisch porenfreier Verbundwerkstoff ergibt.
[0015] Anhand nachfolgender Ausführunqsbeispiele wird die Erfindung im einzelnen beschrieben:
Bei Verwendung von aluminothermisch hergestelltem Chrom mit einem maximalen Sauerstoffgehalt
von 500 ppm wird das daraus erzeugte Cr-Pulver mit einer Teilchengröße mit Anteilen
von mindestens 150 um in eine vorher entgaste Graphitform eingefüllt. Der Tiegel besitzt
z.B. einen Durchmesser von 85 mm und eine Länge von 250 mm und wird bis zu einer Höhe
von etwa 180 mm mit Cr-Pulver gefüllt. Auf das Cr-Pulver wird sauerstoffarmes Kupfer
als massives Stück aufgelegt, das den restlichen Tiegelinhalt füllt. Der Tiegel wird
mit einem porösen Graphitdeckel verschlossen und im Hochvakuumofen zunächst solange
bei Raumtemperatur entgast, bis ein Druck im Bereich von 10-5 mb, also besser als 10-4 mb erreicht ist. Anschließend wird mit dem Aufheizen begonnen, das immer dann unterbrochen
wird, wenn der Druck auf über 10-4 mb ansteiqt. Bei einer Temperatur von etwa 1273 K

, also unterhalb der Schmelztemperatur von Kupfer (TSm = 1356 K), ist die eigentliche Entgasungstemperatur erreicht, die für eine Stunde,
mindestens jedoch aber bis wieder ein Ofeninnendruck besser als 10-4 mb erreicht ist, beibehalten wird. Anschließend wird ohne Zwischenabkühlen die Temperatur
weiter erhöht, bis zu einem Endwert, der 100 K bis 200 K oberhalb des Schmelzpunktes
von Kupfer liegt. Die Temperatur kann z.B. 1473 K sein, wobei bei dieser Temperatur
nach etwa 30 Minuten ein praktisch vollständiges Ausfüllen der Poren in der Cr-Schüttung
mit flüssigem Kupfer erreicht ist.
[0016] Bei einem anderen Ausführungsbeispiel wird elektrolytisch hergestelltes Chrom verwendet,
das einen maximalen Sauerstoffgehalt von ebenfalls 500 ppm hat. Das daraus erzeugte
Cr-Pulver kann aber in diesem Fall eine Teilchengrößenverteilung haben, die kleiner
als bei aluminothermisch hergestelltem Chrom ist, beispielsweise mit Teilchengrößen
ab 25 pm. Ansonsten werden die einzelnen Verfahrensteilschritte entsprechend dem ersten
Beispiel durchgeführt.
[0017] Nach vollständiger Porenfül'lung wird der gemäß obigen Beispielen hergestellte Rohling
unter Vakuum abgekühlt. Nach dem Erkalten kann der Cr-Cu-Verbundblock in Kontaktstücke
der erforderlichen Geometrie zerlegt werden. Werden metallographische Anschliffe des
Werkstoffes hergestellt, so ist erkennbar, daß der mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
hergestellte Verbundwerkstoff praktisch keine festigkeitssteigernden Sinterbrücken
und praktisch keine Poren aufweist. Mit dem neuen Verfahren können somit reproduzierbar
auf Cr-Cu- Basis Kontaktstücke erzeugt werden, welche geeignete Eigenschaften für
Mittelspannungs-Vakuum-Leistungsschalter haben.
[0018] Bei dem auf Cr-Cu-Basis beschriebenen Ausführungsbeispielen sind in an sich bekannter
Weise weitere Elemente als Zusätze verwendbar: Beispielsweise können einerseits durch
Titan und Zirkon als Legierungsbestandteile zum Kupfer die Gettereigenschaften verbessert
werden; andererseits können Eisen, Kobalt oder Nickel dem Cr-Pulver zugesetzt werden,
um dadurch die Benetzunqseigenschaften zu verbessern.
[0019] Die Handhabung der genannten Zusätze bei Cr-Cu-Verbundwerkstoffen ist im Zusammenhang
mit der Erfindunq beherrschbar und ändert nichts Grundsätzliches am beschriebenen
Herstellungsverfahren.
1. Verfahren zum Herstellen eines Verbundwerkstoffes aus Chrom und Kupfer als Kontaktwerkstoff
für Mittelspannungs-Vakuum-Leistungsschalter, gekennzeichnet durch folgende Verfahrensschritte:
a) Cr-Pulver wird in eine entgaste Arbeitsform geschüttet,
b) auf das Cr-Pulver wird ein Stück aus sauerstoffarmem Kupfer gelegt,
c) anschließend wird die Arbeitsform mit einem porösen Deckel verschlossen,
d) dann wird die Arbeitsform in einem Hochvakuumofen bei Raumtemperatur entgast, bis
ein Druck von besser als 10-4 mb erreicht ist,
e) danach wird die Ofentemperatur auf eine möglichst hohe Temperatur unterhalb der
Schmelztemperatur von Kupfer erhöht,
f) diese Ofentemperatur wird solange konstant gehalten, bis ein konstanter Offeninnendruck
von besser als 10-4 mb erreicht ist,
g) anschließend wird ohne Zwischenabkühlen die Ofentemperatur weiter erhöht bis zu
einem Endwert von 100 K bis 200 K oberhalb der Schmelztemperatur des Kupfers und diese
Temperatur solange beibehalten, bis die in der Cr-Pulverschüttung enthaltene Porosität
vollständig vom flüssigen Kupfer ausgefüllt ist.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , daß die Ofentemperatur bei
Verfahrensschritt e) 1273 K

ist.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , daß der Druck bei Verfahrensschritt
d) und f) im Bereich von 10-5 mb liegt.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , daß die Haltezeit bei Verfahrensschritt
f) etwa eine Stunde ist.
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , daß die Halbezeit bei Verfahrensschritt
g) 20 bis 30 Minuten ist.
6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , daß bei Verwendung von aluminothermisch
hergestelltem Chrom das daraus erzeugte Cr-Pulver eine Teilchengrößenverteilung zwischen
50 um und 200 um hat.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet , daß Cr-Pulver mit einer Teilchengröße
mit Anteilen von mindestens 150 µm verwendet wird.
8. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , daß bei Verwendung von elektrolytisch
hergestelltem Chrom das daraus erzeugte Cr-Pulver eine Teilchengrößenverteilung zwischen
25 um und 200 um hat.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet , daß eine Arbeitsform
aus Graphit verwendet wird.