(19)
(11) EP 0 101 126 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.02.1984  Patentblatt  1984/08

(21) Anmeldenummer: 83201149.8

(22) Anmeldetag:  03.08.1983
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C23G 1/02, C02F 9/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 18.08.1982 DE 3230603

(71) Anmelder: METALLGESELLSCHAFT AG
D-60015 Frankfurt (DE)

(72) Erfinder:
  • Rones, Josef
    D-6000 Frankfurt am Main (DE)
  • Möller, Siegfried
    D-6000 Frankfurt am Main (DE)
  • Moesner, Kurt
    D-6050 Offenbach am Main (DE)

(74) Vertreter: Fischer, Ernst, Dr. 
c/o Metallgesellschaft AG, Reuterweg 14
D-60323 Frankfurt
D-60323 Frankfurt (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Behandlung abgearbeiteter Beizpasten


    (57) Bei einem Verfahren zum Überführen von auf Metalloberflächen befindlichen abgearbeiteten, fluoridhaltigen Beizpasten in umweltverträgliche Produkte bringt man auf die abgearbeitete Beizpaste eine wäßrige Calciumcarbonat sowie Alkalihydrogencarbonat enthaltende Paste mit einem pH-Wert von max. 9,5 auf. Die Partikelgröße des Calciumcarbonats darf max. 5 µm betragen und sollte unterhalb 2 µm, vorzugsweise unter 1 µm, liegen.
    Die Paste enthält zweckmäßigerweise 20 bis 50 Gew.-% Calciumcarbonat und 20 bis 50 Gew.-% Alkalihydrogencarbonat, gegebenenfalls noch 0.1 bis 10 g/kg Paste Tensid.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Überführen von auf Metalloberflächen befindlichen abgearbeiteten, fluoridhaltigen Beizpasten in umweltverträgliche Produkte.

    [0002] Es ist üblich, von Metalloberflächen, z.B. aus Stahl und/oder Aluminium und deren Legierung, unansehnliche und korrosionsfördernde Oxidschichten, wie sie z.B. bei der Wärmebehandlung von Metallen (Schweißen) oder durch Wirkung der Umgebung entstehen, zu beseitigen. Dies geschieht überwiegend mit Säurelösungen z.B. auf Basis Salzsäure, Schwefelsäure, Phosphorsäure oder auch Flußsäure.

    [0003] Insbesondere bei großen Teilen oder örtlicher Oxidbildung können auf die zu reinigenden Stellen auch säurehaltige Pasten aufgebracht werden. Dadurch wird ein Teil der Oxide und das mit ihnen verhaftete Grundmetall aufgelöst, so daß die Oxide die Haftung zur Metalloberfläche verlieren. Sie werden nach angemessener Zeit mit Wasser abgespült bzw. durch Bürsten entfernt.

    [0004] Eine derartige Beiz- oder Entrostungspaste auf Basis Phosphorsäure enthält z.B. als Verdickungsmittel verseifbares öl oder eine in eine Seife überführbare Fettsäure (DE-AS 10 82 475).

    [0005] Ein anderes bekanntes Reinigungs- und Ätzmittel besteht aus Flußsäure, einer Magnesiumverbindung, mindestens einer Säure aus der Gruppe Salpetersäure, Phosphorsäure und Schwefelsäure in Form von freier Säure oder in Form ihrer Salze sowie einer bestimmten Sulfonsäure (DE-AS 19 50 560).

    [0006] Schließlich sind Beiz- und Entrostungspasten vorgeschlagen worden, die neben Fluoridionen eine Mischung von Verbindungen des Calciums sowie des dreiwertigen Eisens und/oder Aluminiums enthalten und eine Acidität entsprechend wenigstens 10 Gew.-% freier Säure (berechnet als 100%iges HF) aufweist (DE-OS 31 05 508). Derartige Beizpasten sind vornehmlich zur Behandlung von legierten Stählen vorgesehen.

    [0007] Im Unterschied zur Verwendung von Beizflüssigkeiten tritt beim Einsatz von fluoridhaltigen Beizpasten insofern ein besonderes Problem auf, als einerseits die sonst üblichen Spülbehälter in der Regel nicht zur Verfügung stehen und andererseits die beim Abspülen der abgearbeiteten Beizpasten gebildeten stark sauren fluoridhaltigen Abwässer nicht ohne weitere Nachbehandlung abgelassen oder anderweitig verworfen werden dürfen.

    [0008] Soweit möglich, ist es allgemein üblich, derartige Abwässer zu sammeln und mit Calciumhydroxid auf einen pH-Wert von 6,5 bis 9,5 einzustellen. Bei der Reaktion entstehen unlösliche Calciumfluoride, die abgeschieden werden können, während die klare Flüssigkeit abgelassen wird.

    [0009] Schwierigkeiten ergeben sich hierbei insofern, als Lösungen bzw. Aufschlämmungen von Calciumhydroxid bzw. Kalkmilch oft nachreagieren, so daß es zu einer Uberdosierung mit der Folge eines erneuten pH-Wert-Anstieges über die zugelassene Grenze hinaus kommen kann. Die Behandlung der Abwässer bedarf daher einer genauen Prüfung der Alkalität und einer oft zeitraubenden Einstellung mit mehreren Kontrollen.

    [0010] Andere Vorschläge, die fluoridhaltigen sauren Abwässer über granuliertes Calciumcarbonat, z.B. Marmor, fließen zu lassen, sind schon deswegen wenig brauchbar, als sich die Calciumcarbonat-Oberfläche schnell mit unlöslichem Calciumfluorid bedeckt und so dem weiteren Reaktionsablauf entzogen ist.

    [0011] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zum Uberführen von auf Metalloberflächen befindlichen abgearbeiteten Beizpasten bereitzustellen, das die Nachteile der bekannten Verfahren vermeidet und dennoch einfach und ohne kostenmäßigen Aufwand durchführbar ist.

    [0012] Die Aufgabe wird gelöst, indem das Verfahren der eingangs genannten Art entsprechend der Erfindung derart ausgestaltet wird, daß man auf die abgearbeitete Beizpaste eine wäßrige, Calciumcarbonat mit einer Partikelgröße von max. 5 um sowie Alkalihydrogencarbonat enthaltende Paste mit einem pH-Wert von max. 9,5 aufbringt.

    [0013] Die Menge der angebotenen Calciumionen muß so hoch sein, daß die Fluoridionen der abgearbeiteten Beizpaste durch das Calcium in unlösliches Calciumfluorid überführt werden können. Die gleichzeitige Gegenwart von Alkalihydrogencarbonat wirkt neutralisierend, wobei der pH-Wert in wäßriger Lösung - auch bei Uberdosierung - nicht über 8,4 steigt (gemessen als l%ige Natriumbicarbonatlösung).

    [0014] Durch einen geringfügigen Zusatz alkalischer Verbindungen, z.B. von Natriumcarbonat, kann im Bedarfsfall der pH-Wert auf max. 9,5 erhöht werden.

    [0015] Die Partikelgröße des Calciumcarbonats spielt insofern eine Rolle, als Partikeln, die größer als 5 /um sind, nur noch unvollkommen reagieren. Durch Bildung einer äußeren Calciumfluorid-Schicht wird das innere Calciumcarbonat einer weiteren Reaktion mit Fluoridionen oder Säure entzogen. Mit zunehmender Feinheit des Calciumcarbonats wird die Vollständigkeit der Umsetzung, aber auch die Geschwindigkeit der Reaktion vergrößert. Zusätzlich verbessert sich die Streichfähigkeit der Paste.

    [0016] Eine bevorzugte Ausgestaltung der Erfindung sieht daher vor, eine Paste aufzubringen, deren Calciumcarbonat-Komponente eine Partikelgroße unterhalb 2 /um, vorzugsweise unterhalb 1 /um, aufweist.

    [0017] Besonders zweckmäßig ist der Einsatz von durch einen Fällungsprozeß gebildetem Calciumcarbonat.

    [0018] Eine weitere, besonders vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung besteht darin, auf die abgearbeitete Beizpaste eine Paste aufzubringen, die Calciumcarbonat in einer Menge von 20 bis 50 Gew.-%, vorzugsweise 30 bis 40 Gew.-%, und Alkalihydrogencarbonat in einer Menge von 20 bis 50 Gew.-%, vorzugsweise 30 bis 40 Gew.-%, (berechnet als NaHC03), enthält.

    [0019] Einen besonders guten Verlauf der Paste und eine weitere Beschleunigung der Reaktion läßt sich erzielen, wenn man in weitereer zweckmäßiger Ausgestaltung des Verfahrens eine Paste aufbringt, die Tensid in einer Menge von 0,1 bis 10 g/kg Paste, vorzugsweise 0,3 bis 3 g/kg Paste, enthält. Als Tenside sind besonders geeignet nichtionogene oder anionaktive Tenside, insbesondere äthoxylierte Alkylphenole.

    [0020] Je nach den bestehenden Vorschriften hinsichtlich Abwasserbeschaffenheit kann es weiterhin zweckmäßig sein, eine Paste aufzubringen, deren pH-Wert 8 bis 9 beträgt.

    [0021] Die Aufbringung der Paste erfolgt üblicherweise durch Pinselauftrag. Insbesondere bei geringer eingestellter Viskosität ist jedoch auch die Aufbringung im Spritzverfahren möglich. Die jeweils aufzubringende Menge sollte mindestens ebenso groß sein wie die Menge aufgebrachter Beizpaste. Ein Überschuß ist wegen der Umweltverträglichkeit absolut problemlos.

    [0022] Die Uberführung der abgearbeiteten Beizpaste in umweltfreundliche Produkte ist mit einer Kohlendioxidgasentwicklung verbunden, deren Abschluß gleichzeitig das Ende der Raktion anzeigt. Eine Beobachtung des Reaktionsablaufes, etwa durch die Messung des pH-Wertes, ist daher entbehrlich. Die Dauer der Umsetzung liegt im allgemeinen innerhalb von 1 bis 5 min.

    [0023] Nach dem Abschluß der Reaktion werden die auf der Metalloberfläche befindlichen Umsetzungsprodukte am zweckmäßigsten mit Wasser entfernt. Je nach Beschaffenheit der behandelten Metalloberfläche kann dies durch Abbürsten oder Abspritzen erfolgen. Sofern die Möglichkeit gegeben ist, kann die Waschflüssigkeit durch Filtrieren oder Dekantieren von unlöslichen Bestandteilen befreit und die wäßrige Phase in die Kanalisation abgelassen werden.

    [0024] Die herausragendsten Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens sind, daß die zur Formulierung der Paste erforderlichen Chemikalien preisgünstig sind, daß die Paste eine hohe Lagerfähigkeit aufweist und der Umgang mit ihr keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen erfordert. Ein wesentlicher weiterer Vorteil ist, daß die Dosierung keine Schwierigkeiten bereitet, insbesondere selbst eine erhebliche Uberdosierung keinerlei Sondermaßnahmen erforderlich macht. Schließlich sind auch die erhaltenen Umsetzungsprodukte ohne besondere Maßnahmen deponierbar bzw. ihre wäßrige Phase in eine gegebenenfalls vorhandene Kanalisation ableitbar.

    [0025] Die Erfindung wird im folgenden näher und beispielsweise erläutert.

    [0026] Zur Vorbereitung der Versuche wurde auf verschiedene, mit einer Schweißnaht versehene Rohrabschnitte aus Chromnickelstahl eine Beizpaste in einer Menge von 100 g/m Schweißnaht aufgebracht. Die Beizpaste bestand aus

    [0027] 



    [0028] Die Einwirkungsdauer war auf 15 min eingestellt.

    Beispiel 1



    [0029] Zum Vergleich wurde auf eine Teilchengröße von 10 bis 15 /um aufgemahlenes Calciumcarbonat mit Wasser zu einer Paste mit einem Feststoffgehalt von 40 Gew.-% (pH-Wert 8,5) vermischt und in einer Menge von 100 g/m Schweißnaht auf die abgearbeitete Beizpaste aufgebracht. Nach einer Einwirkungszeit von 5 min und Abspülen der Umsetzungsprodukte wurde eine Waschflüssigkeit mit einem pH-Wert von 4,0 und einem Gehalt von 180 mg/1 Fluoridionen erhalten. Die Waschflüssigkeit konnte ohne eine pH-Wert-Korrektur nicht abgelassen werden.

    [0030] Auch eine Verdoppelung der auf die Beizpaste aufgebrachten Pastenmenge und damit eine beträchtliche Erhöhung des Calcium-Angebotes veränderte das Ergebnis nur unwesentlich. Es wurde eine Waschflüssigkeit mit einem pH-Wert von 5,0 und einem Fluoridgehalt von 140 mg/1 erhalten, die wiederum in unbehandelter Form nicht deponierbar bzw. ablaßbar war.

    Beispiel 2



    [0031] Ebenfalls zum Vergleich wurde aus gefälltem Calciumcarbonat mit einer Partikelgröße von ca. 1 um eine Paste von eben- falls 40 Gew.-% Feststoffanteil (pH-Wert 8,5) angesetzt und in . einer Menge von 100 g/m Schweißnaht auf die abgearbeitete Beizpaste aufgebracht.

    [0032] Nach einer Einwirkungszeit von 5 min wurden die Umsetzungsprodukte abgespült und eine Waschflüssigkeit mit einem pH-Wert von 5,4 und einem Fluoridgehalt von 70 mg/l erhalten. Auch sie durfte ohne pH-Wert-Korrektur nicht abgelassen werden.

    Beispiel 3



    [0033] Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens wurde eine Paste hergestellt, die aus

    bestand. Sie wurde wiederum in einer Menge von 100 g/m Schweißnaht auf die abgearbeitete Beizpaste aufgebracht und nach 5 min Einwirkungsdauer abgespült.

    [0034] Die erhaltene Waschflüssigkeit besaß einen pH-Wert von 7,2 und einen Fluoridgehalt von 20 mg/l. Sie konnte ohne weitere Behandlung, d.h. lediglich nach Dekantation der wasserunlöslichen Bestandteile, in die Kanalisation abgelassen werden.

    Beispiel 4



    [0035] Das Beispiel 3 wurde wiederholt mit der Variante, daß die Auftragsmenge auf 200 g/m Schweißnaht verdoppelt wurde.

    [0036] Trotz des erheblichen Überschusses wurde auch hierbei eine Waschflussigkeit erhalten, deren pH-Wert nur 7,8 und deren Fluoridgehalt 16 mg/1 betrug und die, wie im Falle des Beispiels 3, in die Kanalisation abgelassen werden konnte.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Überführen von auf Metalloberflächen befindlichen abgearbeiteten, fluoridhaltigen Beizpasten in umweltverträgliche Produkte, dadurch gekennzeihnet, daß man auf die abgearbeitete Beizpaste eine wäßrige Calciumcarbonat mit einer Partikelgröße von max. 5 /um sowie Alkalihydrogencarbonat enthaltende Paste mit einem pH-Wert von max. 9,5 aufbringt.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man eine Paste aufbringt, deren Calciumcarbonat-Komponente eine Partikelgröße unterhalb 2 um, vorzugsweise unter 1 /um, aufweist.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß man eine Paste aufbringt, die Calciumcarbonat in einer Menge von 20 bis 50 Gew.-%, vorzugsweise 30 bis 40 Gew.-%, enthält.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß man eine Paste aufbringt, die Alkalihydrogencarbonat in Mengen von 20 bis 50 Gew.-%, vorzugsweise 30 bis 40 Gew.-%, berechnet als NaHCO3, enthält.
     
    5. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß man eine Paste aufbringt, die Tensid in einer Menge von 0,1 bis 10 g/kg Paste, vorzugsweise 0,3 bis 3 g/kg Paste, enthält.
     
    6. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß man eine Paste aufbringt, deren pH-Wert 8 bis 9 beträgt.
     
    7. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß man nach Beendigung der Umsetzung die gebildeten Produkte durch Einwirkung von Wasser entfernt.