[0001] Die Erfindung bezieht sich auf Mörtel mit mineralischen Bindemitteln und Beschichtungsstoffe
mit organischen Bindemitteln, in die eine textile Armierung eingebettet ist. In der
Regel handelt es sich um sehr reißfeste Glasseidengewebe, die durch eine Kunstharz-
oder Silicon-Beschichtung gegen den Angriff des Alkalis des Zements geschützt sind.
Diese zum Einbetten in hochwertige mineralische Putze oder Kunstharzputze bestimmten
Gewebe sind außerdem noch schiebefest ausgerüstet, d.h., die Berührungspunkte der
Fäden sind - meist mit einem Kunstharz - verklebt, so daß das Gewebe eine geometrisch
stabile Struktur erhält.
[0002] Die Gewebeverstärkung ist bei der Oberbeschichtung von Außendämmsystemen üblich,
die aus Gründen der Energieeinsparung im letzten Jahrzehnt erheblich an Bedeutung
gewonnen haben. Eine einschalige Außendämmung besteht beispielsweise aus Dämmplatten
aus Hartschaumstoff, insbesondere Polystyrol, die mit der Außenwand des Hauses verklebt
sind und die eine Oberbeschichtung aus Dispersionsputz erhalten haben. Durch die materialbedingte
Schrumpfung der Hartschaumplatten und Temperatur- und Wettereinflüsse treten erhebliche
Spannungen zwischen den Dämmplatten und der Putzbeschichtung auf. Das kann zu einem
Abscheren dieses Außenputzes von den Dämmplatten und zur Rißbildung in der Deckschicht
führen und zwar insbesondere dort, wo die Dämmplatten aneinander stoßen. Zur Vermeidung
der Rißbildung wird die Armierung mit alkaligeschützten, schiebefest ausgerüsteten
Glasseidengeweben vorgesehen. Diese Glasgewebe bestehen in Kette und Schuß aus ungedrehtem
Garn bzw. aus Fäden, die nur eine Schutzdrehung von beispielsweise weniger als 30
Touren pro Meter erhalten haben.
[0003] Es hat sich nun überraschenderweise herausgestellt, daß die zur Armierung verwendeten
Glasgewebe selbst zur Rißbildung der Beschichtung beitragen, weil sie das Schwinden
oder eine Ausdehnung des Putzes nicht mehr mit vollziehen können, wenn sie nach dessen
Erhärtung fest darin eingebettet sind. Glasfäden haben zwar eine hohe Reißfestigkeit,
aber eine schlechte Querstabilität und sie brechen daher leicht, wenn sie gedehnt
oder gestaucht werden. Während die Kettfäden, bedingt durch ihre Leinen-oder Dreherbindung
die Stauchung, insbesondere beim Erhärten der Putzschicht, und eine später auftretende
Längenveränderung mitmachen können, ist das bei den Schußfäden aus der praktisch unelastischen
Glasseide nicht der Fall. Diese wirken vielmehr als eine starre versteifende Armierung,
die auftretenden Längenveränderungen Widerstand entgegensetzt. Bei der Stauchung sprengt
der Schußfaden den Mörtel ab, der dann quer zum Schußfaden reißt. So kommt es bei
vertikaler Verlegung gesamter Bahnen auch zu einer vertikalen Rißbildung. Während
man bisher annahm, daß die Rißbildung der Oberbeschichtung aus mineralischen oder
kunstharzgebundenen Putzen durch dessen Dehnungsverhalten bestimmt wird und versuchte,
den Ausdehnungskoeffizienten des Putzes dem der Dämmplatten anzupassen, hat die Anmelderin
jetzt erkannt, daß auch das zur Verstärkung eingesetzte Glasseidengewebe in der geschilderten
Weise zur Rißbildung beiträgt.
[0004] Hier schafft die Erfindung Abhilfe, indem sie bei Mörteln mit mineralischen Bindemitteln
und Beschichtungsstoffen mit organischen Bindemitteln als textile Armierung ein verseifungs-
und schiebefest au-sgerüstetesaweitmaschiges Gewebe oder Gewirke vorsieht, das in
Längs- und Querrichtung eine Reißfestigkeit von wenigstens 1200 N pro 5 cm und eine
Elastizität von mindestens 3 % hat.
[0005] Das erfindungsgemäß einzusetzende Gewebe sollte ganz oder überwiegend aus Glas- und/oder
Kohlenstoffasern bestehen. Die Mitverwendung hochreißfester organischer Fasern, z.B.
aus Polyamiden, Polyestern oder Aramiden ist zur Erzielung spezieller mechanischer
Eigenschaften möglich und kann durch die Verwendung eines Mischgarns oder eines Misch-
gewebes erfolgen.
[0006] Glasgewebe aus gedrehtem Zwirn sind an sich bekannt und wurden für spezielle Anwendungen,
beispielsweise in der Filtertechnik, eingesetzt. Unabhängig von dem erfindungsgemäßen
speziellen Einsatzzweck ist es jedoch sehr ungewöhnlich, bei einem solchen Glasgewebe
eine einfache Kette, d.h. ein ungezwirntes Garn als Kettfaden, aber einen gedrehten
Zwirn als Schußfaden vorzusehen.
[0007] Ein als textile Verstärkung von mineralischen oder kunstharzgebundenen Beschichtungsmaterial
besonders geeignetes Glasgewebe ist beispielsweise aus einem Dreherstrang von 136
tex pro Faden aufgebaut, d.h., das Kettgarn hat eine Garnstärke von 136 tex. Darin
haben die Einzelfilamente in der Regel einen Durchmesser von 9 oder 13 µm. Für die
Schußfäden werden Glasfäden der gleichen Feinheit von beispielsweise 136 tex auf 150
Touren durch Z
-Drehung hochgedreht und dann mindestens zwei dieser Fäden in S-Drehung mit etwa 135
Touren gegengedreht, d.h. verzwirnt. In dem weitmaschigen Gittergewebe kommen dann
auf 10 cm 7 bis 45 Dreherstränge, d.h. 7 bis 35 Fäden als Kette und 7 bis 35, insbesondere
24 bis 25 Fäden pro 10 cm als Schuß. Dieses Gewebe hat vorzugsweise ein Flächengewicht
von 100 - 600 g/m
2, eine Elastizität in Kett- und Schußrichtung von 3 - 10, insbesondere 3 - 6 % und
pro 5 cm Breite eine Reißfestigkeit in Kettrichtung über 1800 N und in Schußrichtung
über 1300 N.
[0008] Es ist möglich, auch für die Kettfäden ein gezwirntes Garn zu verwenden. Dadurch
verteuert sich die Herstellung des Gewebes, ohne daß dadurch, verglichen mit einer
einfachen Kette, wesentliche Vorteile für die textile Armierung von Mörteln mit mineralischen
Bindemitteln oder Beschichtungsstoffen mit organischen Bindemitteln verbunden sind.
Die Form des Gitters hat keinen entscheidenden Einfluß auf den Einsatz des Gewebes
als textile Armierung. In der Regel sind Kett- und Schußfäden senkrecht zueinander
angeordnet, aber auch andere geometrische Formen des Gitters, z.B. Rhomben oder Sechsecke
sind möglich.
[0009] Eine in Längs- und Querrichtung elastische textile Armierung z.B. für Deckenputze
oder insbesondere für die Oberbeschichtungen der Hartschaumplatten in den bekannten
Außendämmsystemen, kann auch ein loses Gewirke aus Glas-oder Kohlenstoffasern sein.
Eine solche Wirkware zeichnet sich durch 20 bis 25 % Dehnung in Längsrichtung und
eine Dehnung in Querrichtung bis zu 10 % aus. Die zur Herstellung der Wirkware benutzte
Glasseide kann gezwirnt sein, in der Regel genügt aber eine Schutzdrehung.
[0010] Bei der Verwendung der in beiden Hauptrichtungen elastischen und zugleich hochreißfesten
Gewebe oder Gewirke in Vollwärmeschutzsystemen traten keine durch Temperaturbelastungen
oder Schwindung der Deckschicht herrührende Risse mehr auf. Es zeigte sich vielmehr,
daß diese elastischen Gewebe oder Gewirke den Längenveränderungen der Einbettmassen
bei Wärme und Kälte keinen Widerstand entgegen setzen, so daß die Rißbildung unterbleibt.
[0011] Ein solches Vollwärmeschutzsystem hat beispielsweise folgenden Aufbau.
[0012] An der tragenden Wand werden abgelagerte Polystyrol-Hartschaumplatten mit einem Raumgewicht
von 15 bis 30 kg/m
3 und einer Plattendicke von 3 bis 20 cm durch Verkleben oder mit Dübeln angebracht.
Dann wird ein hydraulisch erhärtender, mit organischen Aditiven vergüterter Verbundmörtel
aufgerackelt, und das erfindungsgemäß zu verwendende elastische Gewebe oder Gewirke
aufgelegt und oberflächlich eingedrückt. Anschließend kann direkt eine Dekorbeschichtung
mit einer Druckfestigkeit unter 2,5 N/cm
2 auf die Verbundschicht aufgetragen werden. Bei Einsatz von Dekorschichten mit einer
Druckfestigkeit über 2,5 N/mm2 empfiehlt es sich, auf die Verbundschicht zunächst
eine Dehnungsausgleichsschicht aus einem elastischen, gering plastischen dispergierten
Kunststoff und einem Gemenge aus organischem bzw. anorganischen Füllstoffen einer
Korngröße von 10 bis 500 gm aufzutragen.
[0013] In der Zeichnung ist als Beispiel verkleinert ein Vollwärmeschutzsystem mit einem
Mörtel oder Beschichtungsstoff 6 dargestellt, der mit einem eingebetteten Gittergewebe
3 verstärkt ist. Der Ausschnitt zeigt vergrößert das Gittergewebe 3 mit einer Kette
als einfachen Dreherstrang 4 und einem gezwirnten Schußfaden 5. Für die Herstellung
dieser Oberbeschichtung wird der vergütete Verbundmörtel 6 auf die Dämmplatte 2 zunächst
in Streifen 7 aufgerackelt, dann das Gittergewebe 3 aufgelegt und durch oberflächliches
Eindrücken in den Verbundmörtel eingebettet. Anschließend kann noch ein Dekorputz
1 aufgebracht werden.
1. Mörtel mit mineralischen Bindemitteln oder Beschichtungsstoff mit organischen Bindemitteln
mit textiler Armierung, dadurch gekennzeichnet, daß es als Armierung ein verseifungs-
und schiebefest ausgerüstetes weitmaschiges Gewebe oder Gewirke enthält, das in Längs-
und Querrichtung eine Reißfestigkeit von wenigstens 1200 N pro 5 cm und eine Elastizität
von mindestens 3 % hat.
2. Mörtel oder Beschichtungsstoff nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch ein Gewebe
oder Gewirke auf Basis von Glas- und/oder Kohlenstoffasern.
3. Mörtel oder Beschichtungsstoff nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet;
daß das Gewebe oder Gewirke ein Flächengewicht von 100 bis 600 g/m2 hat.
4. Mörtel oder Beschichtungsstoff nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß
das Gewebe ein weitmaschiges Gittergewebe aus Glasseide ist, bei dem der Schußfaden
ein gezwirntes Garn ist.
5. Mörtel oder Beschichtungsstoff nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß der
Kettfaden ein ungezwirntes Garn ist.
6. Mörtel oder Beschichtungsstoff nach Anspruch 1 bis 6,i dadurch gekennzeichnet,
daß das Gewebe pro 5 cm Breite eine Reißfestigkeit in Kettrichtung (Längsrichtung)
über 1800 N und in Schußrichtung (Querrichtung) über 1300 N hat.
7. Mörtel oder Beschichtungsstoff nach Anspruch 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß
das Gewebe eine Elastizität in Kett- und Schußrichtung von 3 bis 10, insbesondere
3 bis 6 % hat.
8. Mörtel oder Beschichtungsstoff nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß
es ein weitmaschiges Glasseidengewirke enthält, das in Längsrichtung eine Dehnung
von 5 - 25 % und in Querrichtung eine Dehnung von 3 - 10 % besitzt.