(19)
(11) EP 0 106 986 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.05.1984  Patentblatt  1984/18

(21) Anmeldenummer: 83108616.0

(22) Anmeldetag:  01.09.1983
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3E04F 13/02, E04F 13/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 21.10.1982 DE 3238993

(71) Anmelder: ispo GmbH
D-65830 Kriftel (DE)

(72) Erfinder:
  • Nicklas, Hans
    D-6100 Darmstadt (DE)
  • Werner, Ute
    D-6236 Bad Soden (DE)
  • Pruzina, Christoph
    D-6229 Walluf 2 (DE)

(74) Vertreter: Eggert, Hans-Gunther, Dr. 
Räderscheidtstrasse 1
50935 Köln
50935 Köln (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Mörtel oder Beschichtungsstoff mit textiler Armierung


    (57) Bei Putzschichten und der Oberbeschichtung von Au-Bendämmsystemen kommt es durch Temperatur- und Wettereinflüsse zu Rißbildungen, zu denen auch die zur Armierung verwendeten Glasgewebe beitragen, weil sie das Schwinden oder eine Ausdehnung des Putzes nach dessen Erhärtung nicht mehr mit vollziehen können. Hier schafft die Erfindung Abhilfe, indem sie als Armierung ein verseifungs-und schiebefest ausgerüstetes weitmaschiges Gewebe oder Gewirke vorsieht, das in Längs- und Querrichtung eine Reißfestigkeit von wenigstens 1200 N pro 5 cm und eine Elastizität von mindestens 3% hat.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf Mörtel mit mineralischen Bindemitteln und Beschichtungsstoffe mit organischen Bindemitteln, in die eine textile Armierung eingebettet ist. In der Regel handelt es sich um sehr reißfeste Glasseidengewebe, die durch eine Kunstharz- oder Silicon-Beschichtung gegen den Angriff des Alkalis des Zements geschützt sind. Diese zum Einbetten in hochwertige mineralische Putze oder Kunstharzputze bestimmten Gewebe sind außerdem noch schiebefest ausgerüstet, d.h., die Berührungspunkte der Fäden sind - meist mit einem Kunstharz - verklebt, so daß das Gewebe eine geometrisch stabile Struktur erhält.

    [0002] Die Gewebeverstärkung ist bei der Oberbeschichtung von Außendämmsystemen üblich, die aus Gründen der Energieeinsparung im letzten Jahrzehnt erheblich an Bedeutung gewonnen haben. Eine einschalige Außendämmung besteht beispielsweise aus Dämmplatten aus Hartschaumstoff, insbesondere Polystyrol, die mit der Außenwand des Hauses verklebt sind und die eine Oberbeschichtung aus Dispersionsputz erhalten haben. Durch die materialbedingte Schrumpfung der Hartschaumplatten und Temperatur- und Wettereinflüsse treten erhebliche Spannungen zwischen den Dämmplatten und der Putzbeschichtung auf. Das kann zu einem Abscheren dieses Außenputzes von den Dämmplatten und zur Rißbildung in der Deckschicht führen und zwar insbesondere dort, wo die Dämmplatten aneinander stoßen. Zur Vermeidung der Rißbildung wird die Armierung mit alkaligeschützten, schiebefest ausgerüsteten Glasseidengeweben vorgesehen. Diese Glasgewebe bestehen in Kette und Schuß aus ungedrehtem Garn bzw. aus Fäden, die nur eine Schutzdrehung von beispielsweise weniger als 30 Touren pro Meter erhalten haben.

    [0003] Es hat sich nun überraschenderweise herausgestellt, daß die zur Armierung verwendeten Glasgewebe selbst zur Rißbildung der Beschichtung beitragen, weil sie das Schwinden oder eine Ausdehnung des Putzes nicht mehr mit vollziehen können, wenn sie nach dessen Erhärtung fest darin eingebettet sind. Glasfäden haben zwar eine hohe Reißfestigkeit, aber eine schlechte Querstabilität und sie brechen daher leicht, wenn sie gedehnt oder gestaucht werden. Während die Kettfäden, bedingt durch ihre Leinen-oder Dreherbindung die Stauchung, insbesondere beim Erhärten der Putzschicht, und eine später auftretende Längenveränderung mitmachen können, ist das bei den Schußfäden aus der praktisch unelastischen Glasseide nicht der Fall. Diese wirken vielmehr als eine starre versteifende Armierung, die auftretenden Längenveränderungen Widerstand entgegensetzt. Bei der Stauchung sprengt der Schußfaden den Mörtel ab, der dann quer zum Schußfaden reißt. So kommt es bei vertikaler Verlegung gesamter Bahnen auch zu einer vertikalen Rißbildung. Während man bisher annahm, daß die Rißbildung der Oberbeschichtung aus mineralischen oder kunstharzgebundenen Putzen durch dessen Dehnungsverhalten bestimmt wird und versuchte, den Ausdehnungskoeffizienten des Putzes dem der Dämmplatten anzupassen, hat die Anmelderin jetzt erkannt, daß auch das zur Verstärkung eingesetzte Glasseidengewebe in der geschilderten Weise zur Rißbildung beiträgt.

    [0004] Hier schafft die Erfindung Abhilfe, indem sie bei Mörteln mit mineralischen Bindemitteln und Beschichtungsstoffen mit organischen Bindemitteln als textile Armierung ein verseifungs- und schiebefest au-sgerüstetesaweitmaschiges Gewebe oder Gewirke vorsieht, das in Längs- und Querrichtung eine Reißfestigkeit von wenigstens 1200 N pro 5 cm und eine Elastizität von mindestens 3 % hat.

    [0005] Das erfindungsgemäß einzusetzende Gewebe sollte ganz oder überwiegend aus Glas- und/oder Kohlenstoffasern bestehen. Die Mitverwendung hochreißfester organischer Fasern, z.B. aus Polyamiden, Polyestern oder Aramiden ist zur Erzielung spezieller mechanischer Eigenschaften möglich und kann durch die Verwendung eines Mischgarns oder eines Misch- gewebes erfolgen.

    [0006] Glasgewebe aus gedrehtem Zwirn sind an sich bekannt und wurden für spezielle Anwendungen, beispielsweise in der Filtertechnik, eingesetzt. Unabhängig von dem erfindungsgemäßen speziellen Einsatzzweck ist es jedoch sehr ungewöhnlich, bei einem solchen Glasgewebe eine einfache Kette, d.h. ein ungezwirntes Garn als Kettfaden, aber einen gedrehten Zwirn als Schußfaden vorzusehen.

    [0007] Ein als textile Verstärkung von mineralischen oder kunstharzgebundenen Beschichtungsmaterial besonders geeignetes Glasgewebe ist beispielsweise aus einem Dreherstrang von 136 tex pro Faden aufgebaut, d.h., das Kettgarn hat eine Garnstärke von 136 tex. Darin haben die Einzelfilamente in der Regel einen Durchmesser von 9 oder 13 µm. Für die Schußfäden werden Glasfäden der gleichen Feinheit von beispielsweise 136 tex auf 150 Touren durch Z-Drehung hochgedreht und dann mindestens zwei dieser Fäden in S-Drehung mit etwa 135 Touren gegengedreht, d.h. verzwirnt. In dem weitmaschigen Gittergewebe kommen dann auf 10 cm 7 bis 45 Dreherstränge, d.h. 7 bis 35 Fäden als Kette und 7 bis 35, insbesondere 24 bis 25 Fäden pro 10 cm als Schuß. Dieses Gewebe hat vorzugsweise ein Flächengewicht von 100 - 600 g/m2, eine Elastizität in Kett- und Schußrichtung von 3 - 10, insbesondere 3 - 6 % und pro 5 cm Breite eine Reißfestigkeit in Kettrichtung über 1800 N und in Schußrichtung über 1300 N.

    [0008] Es ist möglich, auch für die Kettfäden ein gezwirntes Garn zu verwenden. Dadurch verteuert sich die Herstellung des Gewebes, ohne daß dadurch, verglichen mit einer einfachen Kette, wesentliche Vorteile für die textile Armierung von Mörteln mit mineralischen Bindemitteln oder Beschichtungsstoffen mit organischen Bindemitteln verbunden sind. Die Form des Gitters hat keinen entscheidenden Einfluß auf den Einsatz des Gewebes als textile Armierung. In der Regel sind Kett- und Schußfäden senkrecht zueinander angeordnet, aber auch andere geometrische Formen des Gitters, z.B. Rhomben oder Sechsecke sind möglich.

    [0009] Eine in Längs- und Querrichtung elastische textile Armierung z.B. für Deckenputze oder insbesondere für die Oberbeschichtungen der Hartschaumplatten in den bekannten Außendämmsystemen, kann auch ein loses Gewirke aus Glas-oder Kohlenstoffasern sein. Eine solche Wirkware zeichnet sich durch 20 bis 25 % Dehnung in Längsrichtung und eine Dehnung in Querrichtung bis zu 10 % aus. Die zur Herstellung der Wirkware benutzte Glasseide kann gezwirnt sein, in der Regel genügt aber eine Schutzdrehung.

    [0010] Bei der Verwendung der in beiden Hauptrichtungen elastischen und zugleich hochreißfesten Gewebe oder Gewirke in Vollwärmeschutzsystemen traten keine durch Temperaturbelastungen oder Schwindung der Deckschicht herrührende Risse mehr auf. Es zeigte sich vielmehr, daß diese elastischen Gewebe oder Gewirke den Längenveränderungen der Einbettmassen bei Wärme und Kälte keinen Widerstand entgegen setzen, so daß die Rißbildung unterbleibt.

    [0011] Ein solches Vollwärmeschutzsystem hat beispielsweise folgenden Aufbau.

    [0012] An der tragenden Wand werden abgelagerte Polystyrol-Hartschaumplatten mit einem Raumgewicht von 15 bis 30 kg/m3 und einer Plattendicke von 3 bis 20 cm durch Verkleben oder mit Dübeln angebracht. Dann wird ein hydraulisch erhärtender, mit organischen Aditiven vergüterter Verbundmörtel aufgerackelt, und das erfindungsgemäß zu verwendende elastische Gewebe oder Gewirke aufgelegt und oberflächlich eingedrückt. Anschließend kann direkt eine Dekorbeschichtung mit einer Druckfestigkeit unter 2,5 N/cm2 auf die Verbundschicht aufgetragen werden. Bei Einsatz von Dekorschichten mit einer Druckfestigkeit über 2,5 N/mm2 empfiehlt es sich, auf die Verbundschicht zunächst eine Dehnungsausgleichsschicht aus einem elastischen, gering plastischen dispergierten Kunststoff und einem Gemenge aus organischem bzw. anorganischen Füllstoffen einer Korngröße von 10 bis 500 gm aufzutragen.

    [0013] In der Zeichnung ist als Beispiel verkleinert ein Vollwärmeschutzsystem mit einem Mörtel oder Beschichtungsstoff 6 dargestellt, der mit einem eingebetteten Gittergewebe 3 verstärkt ist. Der Ausschnitt zeigt vergrößert das Gittergewebe 3 mit einer Kette als einfachen Dreherstrang 4 und einem gezwirnten Schußfaden 5. Für die Herstellung dieser Oberbeschichtung wird der vergütete Verbundmörtel 6 auf die Dämmplatte 2 zunächst in Streifen 7 aufgerackelt, dann das Gittergewebe 3 aufgelegt und durch oberflächliches Eindrücken in den Verbundmörtel eingebettet. Anschließend kann noch ein Dekorputz 1 aufgebracht werden.


    Ansprüche

    1. Mörtel mit mineralischen Bindemitteln oder Beschichtungsstoff mit organischen Bindemitteln mit textiler Armierung, dadurch gekennzeichnet, daß es als Armierung ein verseifungs- und schiebefest ausgerüstetes weitmaschiges Gewebe oder Gewirke enthält, das in Längs- und Querrichtung eine Reißfestigkeit von wenigstens 1200 N pro 5 cm und eine Elastizität von mindestens 3 % hat.
     
    2. Mörtel oder Beschichtungsstoff nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch ein Gewebe oder Gewirke auf Basis von Glas- und/oder Kohlenstoffasern.
     
    3. Mörtel oder Beschichtungsstoff nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet; daß das Gewebe oder Gewirke ein Flächengewicht von 100 bis 600 g/m2 hat.
     
    4. Mörtel oder Beschichtungsstoff nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Gewebe ein weitmaschiges Gittergewebe aus Glasseide ist, bei dem der Schußfaden ein gezwirntes Garn ist.
     
    5. Mörtel oder Beschichtungsstoff nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Kettfaden ein ungezwirntes Garn ist.
     
    6. Mörtel oder Beschichtungsstoff nach Anspruch 1 bis 6,i dadurch gekennzeichnet, daß das Gewebe pro 5 cm Breite eine Reißfestigkeit in Kettrichtung (Längsrichtung) über 1800 N und in Schußrichtung (Querrichtung) über 1300 N hat.
     
    7. Mörtel oder Beschichtungsstoff nach Anspruch 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Gewebe eine Elastizität in Kett- und Schußrichtung von 3 bis 10, insbesondere 3 bis 6 % hat.
     
    8. Mörtel oder Beschichtungsstoff nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß es ein weitmaschiges Glasseidengewirke enthält, das in Längsrichtung eine Dehnung von 5 - 25 % und in Querrichtung eine Dehnung von 3 - 10 % besitzt.
     




    Zeichnung